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Serie Quartiere: Allmendingen
from ThunMagazin 02/2022
by WEBER VERLAG
SERIE QUARTIERE
Das Quartier, das fast alles hat
Ländlich und doch urban, peripher und gleichwohl gut erschlossen, wohnlich und dennoch reich an Gewerbegebieten. Das Quartier Allmendingen in Thun ist ausgesprochen vielfältig.
Beschauliche Wohnhäuser, Naherholungsgebiete fast vor der Haustür, eine Post, eine Kirche, eine Arztpraxis, ein grosses Einkaufszentrum, ein Fussballstadion, ein Golfplatz, geschäftige Gewerbezonen: Das alles gehört zu Allmendingen in Thun. «Wir haben hier alles, was man braucht – und noch ein bisschen mehr», sagt Piero Catani, Leistpräsident in Allmendingen.
Quartier neben der Stadt
Allmendingen befindet sich am westlichen Rand der Stadt. Das Quartier liegt vielmehr neben der Stadt als in der Stadt. Denn Allmendingen ist nicht mit der Siedlungsfläche des übrigen Stadtgebiets zusammengewachsen. Zudem wirkt die Autobahn, die dazwischenliegt, wie ein Raumtrenner. Im Süden grenzt das Quartier an die Allmend des Thuner Waffenplatzes, nördlich und westlich wachsen üppige Wälder. Man ist rasch im Grünen, im Wald, im Haslimoos oder am Wochenende auf der Allmend, und man ist ebenso rasch im Stadtzentrum. Mit dem Autobahnanschluss ist das Quartier auch gut an die Region angebunden.
Dörflicher Charakter
Die spezielle Lage ist wesentlich für Allmendingens Charakter. «Wir sind hier ein bisschen für uns und doch Teil der Stadt», so Catani. Das Quartier habe einen ausgeprägten Dorfcharakter. «Die Menschen in Allmendingen fühlen sich wohl als Thunerinnen und Thuner, sehen sich aber auch als Dorfbewohnende.» Die rund 2200 Einwohnerinnen und Einwohner nennen ihr Quartier denn auch «Dörfli». Dieses Dörfliche zeige sich einerseits in den diversen Angeboten und Dienstleistungen wie den Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten oder der Kirche und der Post, andererseits auch in der Nähe zur Natur und im Kleinräumigen. «Hier ist man nicht fremd. Das schätze ich sehr», sagt Piero Catani. «Ein Neuzugezogener erzählte mir letzthin, wie erstaunt er war, als er auf der Strasse überall gegrüsst wurde.»
Quartierleben pflegen
Das Quartier- oder Dorfleben müsse man allerdings pflegen, ergänzt der Leistpräsident. Der Leist organisiert dazu zum Beispiel Anlässe, u.a. ein Neujahrsraclette für alle Einwohnerinnen und Einwohner in Allmendingen. Zudem setzt er sich für Anliegen aus dem Quartier ein und stärkt die Vereine, indem er ihnen zum Beispiel in der Leist-Zeitschrift eine Plattform bietet. «Wir wollen kein Schlafort werden. Allmendingen soll leben», so Catani. Das sei allerdings eine Herausforderung. Er spüre, dass sich die Menschen heute nicht mehr verpflichten oder längerfristig engagieren wollen. Vereine im Quartier helfen mit, dem entgegenzuwirken, zum Beispiel der lokale Fussballclub, der Turnverein, die Musikgesellschaft oder das Allmendinger Chörli. Ihre Mitglieder sind nicht nur in den Trainings- und Probelokalen zu finden, sondern auch im Restaurant Kreuz in Allmendingen, einem der Treffpunkte für die örtliche Bevöl-
Bild links: Das Allmendingen-Quartier liegt am westlichen Rand der Stadt Thun. Bild rechte Seite oben: Allmendingen besticht durch seine Vielfalt, u.a. mit urbanen Freizeitgebieten, Gewerbezonen und Natur. Bild rechte Seite links: Auch die StockhornArena, Heimat des FC Thun, ist Teil des Allmendingen-Quartiers. Bild rechte Seite rechts: Leistpräsident Piero Catani wünscht sich ein Quartierzentrum, zum Beispiel bei der Kirche.



kerung. «Für mehr Austausch und Zusammenhalt schwebt mir ein Quartierzentrum vor, etwa bei der Kirche», sagt Piero Catani.
Auch Urbanes ist zu finden
Die spezielle, periphere Lage des Quartiers sorgt nicht nur für den dörflichen Charakter, sondern ist zusammen mit der guten Erschliessung auch ausschlaggebend für Wirtschafts- und Freizeitangebote. Damit hat das Quartier auch urbane Eigenschaften. Im Osten von Allmendingen, gegenüber der Autobahn, befinden sich das Fussballstadion und das grosse Einkaufszentrum «Panorama Center». Im Südosten und im Norden prägen zwei Gewerbezonen das Quartier, das «Bierigut» und das Gebiet «Allmendingen Nord». In Ersterem ist zum Beispiel das grosse Technologieunternehmen Schleuniger angesiedelt. Zu Zweiterem gehören nebst dem Verkehrsprüfzentrum auch der Golfplatz und die Karateschule «Kensai-Karate-Do», die in einem tempelartigen Bau beheimatet ist. In diesem grossen Massivholzbau, dem grössten der Schweiz, befindet sich zudem die Gaststube im Tempel, die auch als Klublokal des Golfclubs Thunersee fungiert.
Ehemalige römische Kultstätte
Der Begriff «Tempel» ist im Norden von Allmendingen nicht zufällig zu finden. Zu römischer Zeit, vom 1. bis zum 3. Jahrhundert n. Chr., befand sich in Allmendingen ein Tempelbezirk, ein kultisches Zentrum der Region. Das gallo-römische Heiligtum bestand aus mehreren kleinen Tempeln, Wirtschafts- und Unterkunftsgebäuden und war von einer Mauer umgeben. Bei Ausgrabungen im 19. und 20. Jahrhundert konnten unter anderem Überreste von Gebäuden und Skulpturen geborgen und der Tempelbezirk rekonstruiert werden. Bei der Entdeckung im Jahr 1824 war C.F.L. Lohner, der Thuner Landammann und Heimatforscher, federführend.
Urkundlich erwähnt wird Allmendingen erstmals 1287. Der Name Allmendingen stammt vermutlich von der Geländebezeichnung der Umgebung, der Allmend. Bis zur Eingemeindung 1920 gehörte Allmendingen zur Gemeinde Strättligen.
Text: Cilia Julen Bilder: Patrick Liechti, Peter Jost, zvg