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Die Ausgezeichneten

Beiz des Jahres La Fourchette in Basel

Das «La Fourchette» ist so einfach wie wünschenswert. Klein, aber fein. Französisch, aber in Basel. Kein Heckmeck, keine Zierleisten und schon gar keine Pipette, keine Häubchen, keine Baukastenküche, kein gar nichts. Einfach Genuss pur von und mit Laetitia Oser und Valentin Brotbek. Zucchinitranchen mit Crème fraîche und Dill an einer WeissweinSafran-Sauce, blanchierte Aprikosen, gefüllt mit Ziegenfrischkäse und Thymian, oder eine aromatische (!) Tomate im Kräutermantel sind Gaumentänze, die in ihrer Schlichtheit verblüffen und kulinarische Freuden auslösen. Auch das Carpaccio vom Poulet und Fenchel an einer Zitronensauce, das Auberginentatar mit Chili und Soja, der zarte Rindsbraten an einer exzellenten Kirschensauce oder das perfekte Haselnusseis überzeugen. Dazu Naturweine, die teilweise den Gaumen fordern, aber nicht überfordern. Nun ja, sagen wir, der eine oder andere Wein tut’s, für Weinnasen ist’s aber eine spannende Auseinandersetzung. Im «La Fourchette» wird die Gastronomie nicht neu erfunden, aber sie präsentiert sich ungemein entspannt, manchmal überraschend und vor allem zahlbar. Immer am letzten Mittwoch des Monats knallen die Korken, sitzen die Gäste am langen Tisch, trinken sieben Weine und essen sieben kleine Gerichte. Für «Le Flaschenöffner» müssen sich die Gäste anmelden, ist die Anzahl Plätze doch beschränkt und der Andrang gross. Auf das Leben!

Bisherige Auszeichnungen:

2019: «Bad» in Schönenbuch, Basel Land 2020: «Schäfli» in Uznach, St. Gallen 2021: «Bacchus» in Hildisrieden, Luzern Land 2022: «Ludmilla» in Bern

Newcomer Maria’s Esszimmer im Seetal, Aargau

Wussten Sie, dass der Vorname «Maria» die lateinische Variante des hebräischen Namens «Mirjam» ist? Nein? Ich auch nicht. Aber Mirjam Strub weiss es und hat aus ihrem Esszimmer «Maria's Esszimmer» geformt, weil es sich schöner liest und ausspricht als «Maria's Esszimmer». Dass es in Beinwil am See überhaupt ein stilvolles «Esszimmer» gibt, hat auch damit zu tun, dass Mirjam Strub schon als kleines Mädchen lieber hinter dem Buffet stand und mithalf, Kaffeelöffel abzutrocknen, als den Erwachsenen am Beizentisch zuzuhören. 2017 verwirklicht Mirjam Strub ihren Traum vom eigenen Gasthaus; mit dem altehrwürdigen Restaurant Seetal findet sie das richtige Objekt, um ihre Ideen erfolgreich umsetzen zu können. Das Fundament zum nachhaltigen Erfolg bildet ihr achtköpfiges Team (im Bild mit Karin, l. und Vivi, r.), das global denkt und regional einkauft. Klar passen zu «Maria's Esszimmer» Consommé mit Fettaugen und hausgemachten Flädli, Siedfleisch-Carpaccio mit Kräutervinaigrette, luftige Kartoffelgnocchi, Hacktätschli und Kutteln. Fehlen dürfen weder Cordon bleu noch Kalbsleber und ab und zu gibt’s auch ein Clubsandwich, das nach allen Regeln der Kunst zubereitet wird. Fazit: «Maria’s Esszimmer» im Seetal ist eine unprätentiöse Wirtschaft mit herzlichen Mitarbeiterinnen und geerdeten Stammgästen. Applaus!

Bisherige Auszeichnungen:

2019: «Moment» in Bern 2020: «Morgensonne» in Wilen, Thurgau 2021: «Brasserie Uno» in Zermatt, Wallis 2022: «Magdi» in Luzern

Lebenswerk Annegreth’s Schützenstube in Schaffhausen

Das kulinarische Kammerspiel findet in der Küche statt, das stilsichere Varieté auf der hauseigenen Bühne. Bühne frei. Applaus. Erster Akt: Der Gast tritt ein, setzt sich hin, bestellt, der Service eilt, in der Küche schmort der Braten, das Vorstadt Varieté tritt auf, der Gast staunt, steht auf, klatscht, setzt sich wieder hin. Vorhang! Zweiter Akt: Der Herd heizt, der tranchierte Braten tritt auf, der Service ab, der Gast isst und schwelgt, trinkt, zahlt und kommt wieder. Ein Wiederholungstäter – wie alle Besucher des Esstheaters. Die Winterabende des Vorstadt Varietés in der «Schützenstube» haben Kultstatus und sind bei den Einheimischen ebenso beliebt, wie es die Gastgeberinnen Annegreth Eggenberg und Anita Schwegler seit 20 Jahren sind. Wer lieber ohne Bühne und Vorhang isst, besucht die «Schützenstube» ausserhalb der Theatersaison und freut sich über eine marktfrische Küche. Annegreth Eggenberg mag keinen Firlefanz, lieber verwendet sie alte Gemüsesorten oder geht auf Pilzsuche in den Wald. Ihr Beziehungsnetz zu lokalen und regionalen Produzenten ist umfassend, und alles, so auch die Frites, die Currys, die Fonds, das Ketchup, das Brot und der Rotweinessig, ist fait maison. Anita Schwegler empfiehlt den Gästen ihre durchdachte Weinauswahl, die immer wieder mit diversen heimischen Gewächsen überrascht. Küche und Service arbeiten Hand in Hand, das Ganze verkörpert die Leichtigkeit des Seins in der Schwere des Alltags. Schön, nicht?

Bisherige Auszeichnungen:

2019: «Bären» in Birrwil, Aargau 2020: «Alte Post» in Aeugstertal, Zürich Land 2021: «Gasthof zum Brunnen» in Fraubrunnen, Bern Land 2022: «Ristoro Taneda» in Cadagno, Tessin

Die etwas andere Beiz La Maison du Prieur in Romainmôtier, Waadt

Das Priorhaus ist voller Geschichte, das im Winter verschlafene Romainmôtier wäre die perfekte Kulisse für einen Historienfilm oder einen düsteren Krimi, dann, wenn im November die Nebelschwaden und nicht mehr die Tagestouristen um die Ecken der stattlichen Häuser schleichen. Um es auf den Punkt zu bringen: Romainmôtier ist so einzigartig wie sein «La Maison du Prieur», in dem mittendrin Ueli Indermühle steht, der seit Jahrzehnten. Als Gastgeber, Koch, Traiteur und Freund der Künste verpasst er dem Haus den kulinarisch würdigen Rahmen. Er bedient zehn, 30 oder auch Hunderte von Gästen mit der gleichen Sorgfalt und Perfektion. Er ist ein Spitzenkoch, der kein Aufheben um sich macht, aber nichts dem Zufall überlässt. Klar produziert er eine exzellente Foie gras (das gehört zur Waadt wie das Amen in der Kirche), aber auch die saftigen Coquelets, über dem knisternden Kaminfeuer geschmort und mit ausgelassener Butter serviert, sekundiert von einer ausgezeichneten Rösti, sind Momentaufnahmen, die im Gaumen haften bleiben. Wer das erste Mal diesen Ort besucht, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Auch nach Erhalt der Rechnung, die die Zufriedenheit nach dem vorzüglichen Mahl nur unterstreicht. Diverse Wege locken zum Verdauungsspaziergang: wem nicht danach ist, hält sich am Eau-devie fest und geniesst die einzigartigen Gemäuer, das Kaminfeuer und die Abtei, deren Besichtigung zur Pflicht gehört. Auch für Atheisten. Möge das hier mit Ueli noch lange so weitergehen!

Bisherige Auszeichnungen:

2019: «Metzg» in Zürich 2020: «Chez-le-Baron» in Epauvillers, Jura 2021: «Jazzkantine» in Luzern 2022: «Mediterrane Leckereien» in Solothurn

Unter einem Dach Berghotel Zur Sau in Abländschen, Bern Land

Am 18. November 2018 stand Thomas Frei, der «Bernerhof»-Wirt aus Gstaad, wie er sich bescheiden nennt, vor dem «Croix Blanche» in Abländschen – im Dorf am Ende oder am Anfang der Welt, je nachdem, wie es die Betrachterin sieht. Das «Weisse Kreuz» war zu mieten. Thomas Frei ist eine Spürnase, ein langjähriger Gastrosoph, der weiss, was funktioniert und was nicht. Nach einer Zigarrenlänge war für ihn und seinen Copain Hans Peter Reust klar, dass die Bernerhof AG dieses Haus mieten und in ein sympathisches Berghotel verwandeln wird. Das Fundament für die Erfolgsgeschichte haben Géraldine und Patrick Rolle gelegt, die das sonnengegerbte Haus gekauft und mit viel Liebe zum Detail und mit noch mehr Geld wachgeküsst haben. Das Gemüse, vier Tonnen Kartoffeln, einige Alpschweine und der Rohmilchkäse, alles lokal, sind Ausrufezeichen des Berghotels, das zeigt, dass hier in Abländschen keine Theoretiker, sondern Praktiker am Werk sind. In der stilvollen Unterkunft verstehen es die herzlichen Gastgeber Regina Ottiger (m.) und Clà Frei (l.), ein urbanes Publikum anzuziehen. Das Haus verfügt über eine gediegene Lounge mit Kaminofen: in den kleinen und grossen Zimmern, je nach Lust und Portemonnaie, schläft es sich angenehm ruhig, und in der Küche dominieren mit Ralph Pietsch (r.) Souveränität und Können. Am Morgen wartet ein Frühstück mit lokalen Produkten und einer perfekten Betreuung durch die Frau Doris aus Graz. Charmanter kann ein Tag nicht beginnen.

Bisherige Auszeichnungen:

2019: «Auberge du Mouton» in Porrentruy, Jura 2020: «Rössli» in Mogelsberg, St. Gallen 2021: «Berghotel Mettmen» oberhalb von Schwanden, Glarus 2022: «Spinas» im Val Bever, Graubünden

Einkauf Klosterhof in Zug

Grüne Wiesen, auf denen die Galloway-Rinder grasen, wenn sie sich tagsüber wegen der Rossbrämen nicht im Stall an einer Portion Heu gütlich tun, Schafe und Hochstammbäume, soweit das Auge reicht. Wovon die Rede ist? Von Zug. Nicht vom Kanton, sondern von der Stadt, die für den Rest der Schweiz eigentlich als Finanzplatz berühmt ist. Dass keine gläsernen Hochhäuser hier stehen, hat mit dem Kloster Maria Opferung zu tun, das den Klosterhof der Familie Horat (im Bild Bea und Chrigel Horat-Grob) bereits in der vierten Generation verpachtet. Das Ganze ist eine friedliche Oase zwischen Stadtmitte und Stadtfriedhof, die den Lärm und die Hektik des Alltags schluckt und Ruhe und Beschaulichkeit vermittelt. Zumindest auf den ersten Blick. Dahinter steckt viel Arbeit, die ein solches Anwesen erfordert, und es sind auch drei Familien, die im Bauernhaus leben und den Klosterhof bewirtschaften. Der Hofladen ist klein, schlicht eingerichtet und verbirgt diverse Schätze. Zum Beispiel das Gemüse aus dem Klostergarten (u. a. alte Tomatensorten), für den Vreni verantwortlich ist, oder den besten Kirsch, den ich kenne, der in der hofeigenen Brennerei von Bertha und Ferdi destilliert wird. Alle Produkte kommen aus dem Hause Horat, so auch das exzellente Lamm- und Rindfleisch, das portionsgerecht verkauft wird, wobei wir ja alle wissen, dass die Vierbeiner nicht nur aus Koteletts und Filets bestehen. Eben! Gerade in Zeiten wie diesen verkörpert der «Klosterhof» ein Stück heile Welt. Nicht als theoretisches Lippenbekenntnis, sondern als gelebter Alltag. Danke für so viel Nachhaltigkeit!

Bisherige Auszeichnungen:

2019: «Batavia Épicerie Moderne» in Biel, Bern Land 2020: «Dorfladen Studinger» in Biel-Benken, Basel Land 2021: «Cherzen-Jeger» in Solothurn 2022: «Pastiamo Comestibles» in Stäfa, Zürich Land

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