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Susanne Burger: «Ich mache mich für eine sachliche Diskussion stark

Susanne Burger: «Ich mache mich für eine sachliche Diskussion stark»

Andreas Affolter, Redaktor

An der kommenden Delegiertenversammlung des SPV stellt sich Susanne Burger zur Wahl als neue Zentralpräsidentin. Wir stellen sie vor und fragen nach ihrer Perspektive für den Berufsverband und die Podologie.

«Ich bin 56-jährig, aber dank meinen Söhnen und dem Kontakt mit Studierenden vergesse ich das Alter», lacht Susanne Burger. Aufgewachsen ist sie im Kanton Schwyz, am Zürichsee. Sie machte eine Lehre als medizinische Praxisassistentin und bildete sich zur Podologin weiter; 1985 erhielt sie den Abschluss als Podologin SPV. Nach der Heirat zog sie mit ihrem Mann nach Visp. Seither sind 33 Jahre vergangen: «Das Wallis ist meine Heimat». Zur Familie gehören drei erwachsene Söhne. «Ich war immer berufstätig in der eigenen Podologie-Praxis. In der Kleinkinderphase war das nicht ganz einfach. Ich dachte ab und an ans Aufhören, jedoch erreichte mich immer dann eine interessante Anfrage podologischer Art oder es fand sich eine geeignete Kinderbetreuung.» Es war für Susanne Burger nie selbstverständlich, mit Familie in einer Randregion berufstätig sein zu können: «Ich arbeitete auch unkonventionell, machte Hausbesuche, ging in betreute Wohngemeinschaften, manchmal für nur eine Behandlung, um rechtzeitig zurück bei den Kindern zu sein. Am liebsten arbeitete ich im Visper Spital auf der Haemodialyse. Die gemeinsame Erarbeitung einer Behandlungsstrategie mit Pflegefachfrauen und Medizinern war lehrreich für alle Beteiligten.» Schon damals vernetzte sich Susanne Burger und es war ihr wichtig, die verschiedenen Sichtweisen zu einem Ganzen zusammenzufügen. Grosse Bedeutung hatte für sie stets die Weiterbildung – auch bei zeitweise kleinem Arbeits pensum. Daher nutzte sie noch längere Zeit die Angebote ihres früheren Verbandes der medizinischen Praxisassistentinnen.

Aufenthalt in Amerika

Eine neue Erfahrung ergab sich durch den beruflichen Werdegang ihres Mannes, der von 2007 bis 2009 in den USA ein Mandat erhielt. Am Anfang sei es nicht einfach gewesen, weil sie nicht auf einen solchen Mentalitätsunterschied gefasst gewesen sei, erinnert sich Susanne Burger. Auch sei sie mit ihrem «British English» immer wieder in unverhoffte Situationskomik geraten. Als Podologin hat sie nicht gearbeitet. Susanne Burger erlebte den Börsencrash und die Folgen des Systems im «Land der unbegrenzten Möglichkeiten»: «Gutsituierte Amerikaner verloren von einem Tag auf den andern alles, ihre Häuser wurden konfisziert, ein soziales Netz gab es kaum.» Sie verfolgte den Wahlkampf von Barack Obama vor Ort: «Die Politik ist sehr volatil, viel ist auf Show aufgebaut. Die Amerikaner ticken ganz anders als wir, sie sind viel radikaler.» Im Vergleich schätzt sie es, dass in der Schweiz Sachpolitik betrieben wird – «auch wenn ich feststelle, dass wir uns von dem Machtgehabe etwas anstecken lassen.» Für Susanne Burger ist klar: «Kurzfristige Erfolge sind manchmal schlecht für die Langzeitstrategie. Ich bin für eine solide Auslegeordnung, auf deren Basis dann mögliche Lösungen erarbeitet werden können. Das gilt auch für unsere Verbandspolitik.»

HF-Studium absolviert

Von 2006 bis 2013 gehörte Susanne Burger schon einmal dem Zentralvorstand des SPV an. Ein Teil dieser Zeit fiel mit ihrem AmerikaAufenthalt zusammen. «Ich habe alle zwei bis drei Wochen mit Isabelle Küttel telefoniert und ansonsten die Korrespondenz über E

Mail abgewickelt. Für die DV bin ich natürlich in die Schweiz gekommen.» Es sei übrigens interessant gewesen, das Geschehen aus Distanz zu verfolgen. «Und als wir zurückkamen, war es bereichernd, wieder am gleichen Tisch sitzen zu können.» Nach der Rückkehr in die Schweiz eröffnete Susanne Burger 2010 in Visp eine moderne Podologiepraxis. 2012 bis 2015 absolvierte sie den ersten Studiengang Podologie HF. Auf diesen Zeitpunkt trat sie aus dem ZV aus – «einerseits wegen des Arbeitsaufwandes, andererseits, um allfällige Interessenkonflikte zu vermeiden.» 2016 erhielt Susanne Burger die Anfrage, ob sie in den Zentralvorstand zurückkehren wolle. «Ich hatte die Verbandstätigkeit immer interessant gefunden. Die Mitglieder des ZV sind solide Schafferinnen und Schaffer. Und es war auch die Zeit, als sich unsere Familie neu organisierte. So sagte ich zu und übernahm das Ressort Weiterbildung.»

Berufspolitisch viel passiert

Susanne Burger weist mit Nachdruck darauf hin, dass sich in der Podologie in den letzten 10 – 15 Jahren berufspolitisch sehr viel getan hat. Die Ausbildung ist professionalisiert und auf Bundesebene reglementiert worden: die eidgenössische Grundbildung (EFZ) sowie anschliessend die höhere Fachschule (HF). «Das sind Meilensteine, hinter denen extrem viel Arbeit steckt – insbesondere auch des ZV. Die politischen Schritte sind aufwändig, es braucht Zeit.» Als Beispiel nennt sie die HF: Erarbeitung des Rahmenlehrplans, Anerkennungsverfahren durch das SBFI, Referenzbildungsgang, eidgenössische Anerkennung 1 Jahr nach Abschluss. Jetzt kandidiert Susanne Burger für das Präsidium des Zentralvorstandes. «An der Strategiesitzung haben wir diskutiert, wer dieses Amt übernehmen könnte, und ich konnte mir dies vorstellen.» Ihre HF-Ausbildung sieht sie als Brücke zu den Jungen: «Beruflich bin ich zeitgemäss. Ich weiss, was es heisst, neben dem beruflichen Alltag solide Lernarbeit zu leisten.» In Kontakt mit der höheren Fachschule und den Studierenden steht sie heute noch, indem sie Arbeiten der jetzigen HFStudierenden korrigiert. Was wären ihre Ziele als Zentralpräsidentin des SPV? «Erst wenn man die Jacke anzieht, erhält man auch eine Vorstellung, was damit verbunden ist», formuliert es Susanne Burger. «Meinen Auftrag sehe ich darin, die ZV-Mitglieder zu begleiten, ihre Ressortarbeit an den Sitzungen, die ich leite, zu bündeln und die Koordination mit der Geschäftsstelle vorzunehmen.» Im Vordergrund stehe, die berufspolitischen Projekte weiterzuführen. Am Herzen liegt Susanne Burger, junge Mitglieder für die Verbandsarbeit zu begeistern und sie einzuführen. «Ich stelle mich auch deshalb zur Wahl, um Frauen, die sich im Moment vielleicht in der Familienphase befinden, Zeit zu geben. So kann rechtzeitig eine Nachfolgeplanung erfolgen.»

Informationsaustausch ist wichtig

Ein grosses Anliegen ist Susanne Burger die Information. Sie erinnert daran, dass vor zehn Jahren die Statuten im Sinne einer «Zweiparlamentspolitik» mit Verbandskonferenz und Delegiertenversammlung angepasst wurden. «Das war ein wichtiger Entscheid, um strukturiert agieren zu können.» Diese Organe gelte es auch für den Informationsaustausch zu nutzen. So könnten insbesondere Missverständnisse geklärt werden. Susanne Burger macht sich für eine sachliche Diskussion stark. Gefährlich sei eine latente Unzufriedenheit, die sich nicht festmachen lasse; dann sei auch eine Lösung schwierig. Damit spielt sie auf die Positionierung von Podologie SPV, HFP, EFZ und HF an. «Beim SPV- und HFP-Abschluss haben wir uns für die Besitzstandwahrung eingesetzt. Die EFZ-Ausbildung muss mit anderen eidgenössischen Grundbildungen harmonieren und findet auf Sekundarstufe II statt. Der HF-Bildungsgang vermittelt zusätzliche Kompetenzen und ist auf der Tertiärstufe angesiedelt. Dass sich dadurch die berufspolitischen Gewichte leicht verschieben, ist eigentlich nur logisch.» Und: «Ob angestellt oder selbstständig erwerbend: Podologie ist ein interessanter, vielschichtiger und herausfordernder Beruf.» Das Angestelltenverhältnis biete gerade Frauen die Möglichkeit, ihr Pensum je nach familiärer Situation anzupassen. Der Zentralvorstand mache nicht auf Show, sondern behandle die Themen seriös und wolle seinen Mitgliedern so etwas bieten. Das passe zu ihrer besonnenen Art, meint Susanne Burger abschliessend. «Ich denke, als Zentralpräsidentin würde mir meine Lebenserfahrung zugutekommen. Ich bin belastbar und positioniere mich, wenn es der Sache dient.»

Susanne Burger pflegt gerne den Gedankenaustausch. (Bild vom Jubiläumskongress im Trafo Baden)