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Faber

Title 02 Interview

ARTIST IM INTERVIEW

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Kaum ein Musiker hat im deutschsprachigen Raum im Jahr 2019 so viel Aufsehen erregt wie Faber. Grund dafür waren äußerst provokante Textpassagen aus seiner Single „Das Boot ist voll“, die er einige Tage nach der ersten Veröffentlichung umschrieb und entschärfte. Der Skandal und vor allem sein Umgang mit ihm wurden heiß diskutiert. Dies soll an dieser Stelle nicht weiter fortgeführt werden, denn Julian Pollina versucht, nach eigener Aussage, viel daraus zu lernen. Dass er auf seinem aktuellen Album dank gekonnter Rollenspiele den Finger aber in andere gesellschaftliche Wunden legt, ist jedoch unbestritten. Im Interview stellt er dazu eine wichtige Sache klar: Es ist nicht nicht ernst, auch wenn es lustig klingt!

MAGDALENA LECHNER & AMY MAHMOUDI

„I Fucking Love My Life“ – Wie zynisch dürfen wir diesen Albumtitel verstehen?

Sehr. (lacht)

res Generationenportrait. Auch „Generation Youporn“ spielt auf diese ständigen Ambivalenzen an. Sind wir als Generation Y oder Millenials ein Widerspruch in sich? Du versetzt dich in deinen Songs oft in Und wie sollen wir damit vor allem in Beunterschiedliche Rollen und analysierst zug auf unsere Sozialisation überhaupt darin die verschiedensten Themen aus umgehen? der Ich-Perspektive. Das ist anscheinend Es fällt auf, dass vor allem Leute in unserem für manche häufig nicht ganz klar. Wie Alter in der westlichen Welt damit zu schaffen oft fühlst du dich in dem Zusammenhang haben. Wie man das ändern kann, weiß ich missverstanden? nicht. (lacht) Menschen, die zehn Jahre jünger

Das kommt schon vor. Vielleicht passiert das sind als wir, haben eine ganz andere Dringlichauch einfach keit, Dinge zu ändern, zu selten in der Popmusik-Welt, deshalb müssen „Das Dümmste, das ich gemacht habe, ist, dass und sind konsequenter. Wenn man sich „Fridays for Future“ sich die Men- ich mir gewünscht habe, ansieht, merkt man schen erst daran gewöhnen. Es Musiker zu werden.“ das. Die paar Jahre machen dabei schon sind auch schon etwas aus. Ich glaube, Leute rausgelaufen mit Worten wie: „Für Nazi- Menschen, die noch mal 15 Jahre älter sind als Scheiß gibt‘s keinen Applaus!“ Da merkt man ich, sind noch politikverdrossener. dann schon, dass man nicht immer verstanden wird. „Doch dank deinem Facebook-Profil weißt du, dass es dich noch gibt.“ Wenn man es Dieses Spiel mit der Provokation hat na- nicht postet, ist es nicht passiert, oder? türlich auch seine Schattenseiten. Wie Ja, irgendwie schon. (lacht) Doch man kann geht ein sensibler Mensch, der du ja an- ja mittlerweile auch alles ganz gut faken. Nur geblich bist, mit diesen um? weil man es postet, ist es also noch lange nicht

Ehrlich gesagt, kann ich nicht so gut damit passiert. umgehen … vor allem in letzter Zeit sogar eher sehr schlecht. In „Das Leben sei nur eine Zahl“ beschäftigst du dich noch eingehender mit der Vor allem „Das Boot ist voll“ erntete teil- Thematik. Wie oft ertappst du dich vielweise sehr heftige Kommentare auf Social leicht auch selbst bei dieser Art von IchMedia. Wie hast du die verarbeitet? Definition über die Selbstdarstellung auf

Dazu sind von vielen verschiedenen Seiten Social Media? heftige Kommentare gekommen. Leute, die Ich versuche, darauf zu achten. Manchmal mir den Tod wünschen, versuche ich ganz zu funktioniert das auch, aber ich schaue trotzignorieren – auch wenn es mir nicht egal ist. dem viel zu oft rein und habe auch gemerkt, Die Kritik, die von der linken Seite kam, habe dass mir das auf eine unangenehme Art und ich mir mehr zu Herzen genommen. Das ist Weise wichtig ist. Das finde ich eigentlich sueigentlich genau mein Umfeld und normaler- per lächerlich. Bei mir ist das aber auch mehr weise bin ich oft gleicher Meinung. Ich probie- ein Arbeitsding. Ich habe keine privaten Profile. re, viel dazu zu lernen. Gewisse Teile waren auch ein bisschen polemisch. Da muss man ja Wenn man den Titel „Jung und dumm“ fast glauben, dass alle Beteiligten Lust auf ei- wörtlich nimmt: Was war das Dümmste, nen Skandal hatten, weil sich das für alle lohnt. das du in jungen Jahren getan hast? Das Dümmste, das ich gemacht habe, ist, „Ich steh für gar nichts und für gar nichts dass ich mir gewünscht habe, Musiker zu steh ich ein“ aus „Top“ ist ein wunderba- werden … überall hinzukommen und ein

krasses Leben zu führen. Wenn man ein richtiger Glückspilz ist, dann muss man ganz vorsichtig damit sein, was man sich wünscht.

In diesem Kontext wirkt „Highlight“ wie eine deutliche Ansage an die Branche und ihre Verführungen. Gehst du heute anders damit um als vielleicht noch vor zwei Jahren?

Es ist für mich auf jeden Fall eine ganz andere Situation als vor zwei Jahren. Damals war alles noch schön und cool. Nicht, dass ich es jetzt nicht auch genieße, aber es gibt Teile, bei denen ich mittlerweile sagen muss: Vielleicht ist das gar nichts für mich. Ich kann mir auf jeden Fall nicht vorstellen, bekannter zu sein als jetzt. Es ist schwierig dabei einen guten Weg einzuschlagen und sich gehen zu lassen. Gerade, wenn man lange auf Tour ist, hat man hauptsächlich mit Leuten zu tun, zu denen man in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis steht. Man muss aufpassen, dass man die Bewunderung, die man bekommt, nicht mit Freundschaft oder Liebe verwechselt.

„Im Endeffekt muss man das machen, womit man selber leben kann.“

Satire darf ja bekanntlich alles. Gilt das auch für Musik?

Man darf über alles Witze machen, aber es kommt auf den Witz drauf an. So darf man auch in der Musik jedes Wort benutzen, das man möchte. Es kommt halt darauf an, wo und wann. Im Endeffekt muss man das machen, womit man selber leben kann. Im letzten Interview mit VOLUME hast du gesagt: „Ich sehe mich oft mit der Diskussion konfrontiert, dass doch alles mega ironisch ist. Das ist es aber nicht.“ Hat sich das mittlerweile verändert?

Ich glaube, was ich da sagen wollte, war: Es ist nicht nicht ernst, auch wenn es lustig klingt. Auch wenn es nicht ich bin, der das sagt, heißt das noch lange nicht, dass es deshalb ironisch ist. Ironisch wäre ein bisschen zu lieb.

Bei der Zusatzshow-Ankündigung für Wien hast du auf Facebook geschrieben: „Bringt den HC mit – ich hab ja so viele Fragen“. Welche Frage würdest du ihm als Erstes stellen?

Fuck, jetzt habe ich die Möglichkeit und mir fällt natürlich nichts ein. (lacht) Doch wahrscheinlich würde ich fragen, wie ihm in den Sinn gekommen ist, für ein bisschen Macht eine europäische Demokratie zu verkaufen. „Wie konntest du SO dumm sein?“ Aber vielleicht ist die richtige Frage einfach nur: „Warum?“. Ich würde auch „Danke“ sagen, denn wäre es nicht so ernst, wäre es auch witzig gewesen.

Wir sagen danke für das Gespräch!

FABER LIVE:

09.03.2020 WIEN, ARENA 12.08.2020 WIEN, ARENA OPEN AIR

AKTUELLER RELEASE:

„I FUCKING LOVE MY LIFE“ ------------> VOLUME #78

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