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Verkrümmt, entzündet, aus der Reihe: Erkrankungen der Zehen

Die Zehen sind in ihrer Bedeutung verkannt. Wem ist schon klar, dass die Großzehe der Motor der Füße ist? Oder dass die Nervenenden der Zehen es den Füßen ermöglichen, Balance zu halten und das Körpergewicht beim Gehen zu tragen? Ohne die Zehen wäre die Funktion des Fußes zunichte, Fehlstellungen der Zehen sind deshalb kein Klacks. Denn sie führen nicht nur zu teils schweren Beschwerden, sondern wirken sich auf den gesamten Körper aus.

Hallux valgus

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Der Hallux Valgus oder „Ballenzeh" ist die häufigste Zehendeformität. Sein Erscheinungsbild ist unverwechselbar: Der meist verdickte und entzündungsanfällige Großzehenballen schiebt sich nach innen, die Großzehe wird dabei immer schiefer und drückt nach außen gegen die anderen Zehen oder überlagert diese sogar – Orthopäden sprechen hier von einer ValgusStellung. Im Verlauf kann sich daraus eine schmerzhafte Arthrose des Großzehengrundgelenks entwickeln, das in der Folge komplett versteift. Die Symptome des Hallux valgus sind n Schmerzen, vor allem beim Gehen, am

Großzehengelenk und am Großzehenballen und/oder unter dem Vorfußballen und den Mittelfußknochen der

Kleinzehen, da diese Bereiche typischerweise überbelastet werden n verminderte Beweglichkeit der Großzehe n ein verändertes Laufverhalten (Schonhaltung), das dann zu Beschwerden in anderen Bereichen, wie insbesondere den Knien oder Hüftgelenken, führen kann n Rötung und Ballenbildung n Schleimbeutelentzündung n Seitabweichung und Rotation der Großzehe n Hühneraugen, Druckstellen und Hautrötungen

Nicht immer verursacht ein Hallux valgus starke Beschwerden – ein Zusammenhang zwischen dem Grad der Fehlstellung und dem Ausmaß der Schmerzen besteht nicht. Die Wahrscheinlichkeit eines Knorpelverschleißes im Großzehengrundgelenk ist jedoch umso höher, je ausgeprägter die Fehlstellung und somit die Fehlbelastung des Gelenks ist.

Viele Faktoren führen zum Hallux valgus

Kein „Ballenzeh" ohne Spreizfuß: „Es ist das zentrale Merkmal des Hallux valgus, dass der erste Mittelfußknochen abweicht. Beim Ballenzeh ist deshalb immer eine Spreizfußkomponente vorhanden", erklärt der Münchner Orthopäde und Fußchirurg Dr. Ralph Ullmann. Der Grund: Beim Spreizfuß kommt es infolge der Absenkung des Fußquergewölbes zu einer Lageveränderung der Zehen und insbesondere der Großzehe, was die Entstehung eines Hallux valgus begünstigt. Doch nicht jeder Spreizfuß führt zur Ausbildung eines Hallux valgus; hier spielen zusätzliche Faktoren eine Rolle: n genetische Disposition n Schwäche des Bindegewebes n schwache Fußmuskulatur n Probleme der Fußstatik n Übergewicht n häufiges langes Stehen n rheumatische oder andere Gelenkerkrankungen n ein falsch verheilter Knochenbruch n häufiges Tragen ungeeigneten Schuhwerks. Hammerzeh, Krallenzeh, Schwanenhalsdeformität – die bildhaften Namen von Zehenfehlstellungen sprechen für sich. Wie kommt es, dass Zehen sich verkrümmen, verlagern und unnatürliche Positionen entwickeln? Und wie lassen sich diese Deformitäten behandeln? Ein Überblick.

Nachtlagerungsschienen wie diese können der Verschlimmerung des Hallux valgus vorbeugen und Schmerzen lindern

Medikamente bei Ballenentzündungen

Bei schmerzhaften Ballenentzündungen sind entzündungshemmende Medikamente (NSAR) angezeigt, etwa Ibuprofen oder Diclofenac. Auch lokal wirkende feuchtkalte Umschläge mit Ethacridin-haltigen Salben, Salbenverbände (Diclofenac), Umschläge mit Rivanol (Wirkstoff: Ethacridinlactat) oder Povidon-Jod kommen infrage. Manchmal ist eine ergänzende Behandlung mit Antibiotika vonnöten. Was das Schuhwerk angeht, steht fest: „High Heels“ sind ein Risikofaktor für den Hallux valgus. Denn zu enge hochhackige Schuhe zwingen die große Zehe in eine unnatürliche und stark abgewinkelte Position. Die Fußmuskulatur verliert so an Kraft, das wiederum verstärkt die Fehlstellung der Zehen.

Eine Hauptursache der HalluxEntstehung sind also Schuhe, Frauen sind deshalb signifikant häufiger betroffen als Männer – die Geschlechterverteilung beträgt hier neun zu eins!

Trainieren oder operieren?

Der Schweregrad der Fehlstellung sowie der Beschwerden entscheidet darüber, ob der Hallux valgus konservativ oder chirurgisch behandelt wird. Zur konservativen Therapie gehören: n Druckentlastung n Orthesen:

Nachtlagerungsschienen halten die Zehen nachts in ihrer natürlichen Stellung.

Dieselbe Funktion haben Zehenabstandshalter wie etwa Schaumstoffeinlagen zwischen den ersten beiden Zehen. Auch Aussparungen am Schuh oder eine Polsterung des Ballens wirken unterstützend.

Diese passiven Maßnahmen können das

Fortschreiten der HalluxSymptome verzögern, eine Heilung ist dadurch nicht möglich. n Taping n Bequeme Schuhe:

Flache Absätze und eher steife Sohlen geben dem Fuß Stabilität n Barfuß gehen n Spreizfußeinlagen n Fußgymnastik zur Stärkung der Fußmuskulatur n Medikamente n Manuelle Therapie

An der Ursache des Hallux valgus setzt die manuelle Therapie an: Erst eine manuelle Mobilisierung beim Physiotherapeuten oder der Physiotherapeutin, dann eine funktionelle Technik. Sie muss das, was durch die manuelle Therapie an Flexibilität erreicht wurde, mittels Kräftigungsübungen stabilisieren. Die passiv erreichte Funktion müssen Patient*innen durch Übungen zuhause zu erhalten versuchen.

Wenn die konservative Behandlung keine Linderung bringt, ist eine chirurgische Korrektur der Großzehenfehlstellung angezeigt. „Für eine Operation spricht, wenn beim Patienten eine relevante Fehlstellung der Großzehe und nachvollziehbare Beschwerden vorliegen, die man durch eine OP lindern kann", sagt der Fußexperte Ullmann.

Ein chirurgischer Eingriff ist angezeigt bei n dauerhaften Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. n fortgeschrittenem Gelenkverschleiß, n chronischer Entzündung des Großzehenballens n zunehmender Versteifung des Zehs

Da die langfristigen Ergebnisse bei einer gelenkerhaltenden Operation besser sind, sollte möglichst letztere erfolgen. Voraussetzung ist, dass noch genug Gelenkknorpel und eine ausreichende Beweglichkeit des Gelenks vorhanden sind. Andernfalls läuft es meistens auf eine Arthrodese, eine Versteifung des Gelenks, heraus.

Dem Hallux valgus effektiv vorbeugen

Für den Hallux valgus gibt es zwar eine erbliche Neigung, doch die meisten Risikofaktoren sind vermeidbar oder können zumindest abgemildert werden. Die beste Prävention ist es, die Füße regelmäßig aktiv und passiv zu trainieren, um deren natürliche Flexibilität zu erhalten. Das Zusammenspiel von Bändern, Sehnen, Muskeln, Knochen und Gelenken ermöglicht den Füßen vielfältige Bewegungen und einen stabilen Stand. Folgende weitere Maßnahmen beugen der HalluxBildung vor: n so oft wie möglich barfuß oder in Aktivschuhen laufen n die Füße nicht in hochhackige Schuhe zwängen n Übergewicht vermeiden oder abbauen.

Hallux rigidus

Platz zwei der häufigsten Fußerkrankungen belegt nach dem Hallux valgus der Hallux rigidus, wörtlich: „steifer Zeh" – im Frühstadium wird die Erkrankung auch als Hallux limitus („eingeschränkter Zeh") bezeichnet. Beim Hallux rigidus handelt es sich um eine meist einseitig auftretende Arthrose des Großzehengrundgelenks, also um einen progressiven Knorpelverschleiß und eine zunehmende Verengung des Gelenkspalts. Diese degenerativen Prozesse gehen mit einer schmerzhaften Gelenkentzündung und einer kontinuierlich abnehmenden Beweglichkeit einher. Im fortgeschrittenen Stadium verschwindet der Gelenksspalt ganz und es kommt zum typischen Merkmal des Hallux rigidus: zur vollständigen Versteifung des Gelenks. Das Beschwerdebild einer Arthrose des Großzehengrundgelenks beginnt oft schon in der Jugend. Klassische Symptome des Hallux rigidus sind n verminderte Beweglichkeit des Großzehengrundgelenks n Rötung, Überwärmung, Schwellung und Druckschmerz n je nach Schwergrad Schmerzen beim

Gehen und Abrollen, aber auch beim

Stehen und sogar im Ruhezustand n verändertes Gangbild oder Hinken infolge einer Schonhaltung n Abrollen über die Fußaußenkante n Tendenz zur Innenrotation des Fußes n Steifigkeit des Gelenks n Knie und Hüftprobleme bei fortgeschrittener Arthrose als Folge der Kausalkette aus Schmerzen, Fehlbelastung, verändertem Gangbild und Schonhaltung

So kommt es zum Knorpelverschleiß

Ursache des Hallux rigidus ist immer eine übermäßige Abnutzung des Knorpels im Großzehengrundgelenk. Was diese verursacht, ist nicht abschließend geklärt, es spielen aber verschiedene Auslöser eine Rolle: n eine genetisch bedingte Neigung zu Arthrose n Sportverletzungen, die den Gelenkknorpel schädigen n Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus und rheumatische Erkrankungen, z. B. rheumatoide Arthritis und Gicht n Fußfehlstellungen wie Hallux valgus n häufiges Tragen hochhackiger, enger

Schuhe n eine Verkürzung der Achillessehne n ein abgeflachtes Fußgewölbe und in der

Folge ein stark verlängerter erster Strahl der Zehe und deren Fehlbelastung n Mikroverletzungen im Großzehengrundgelenk

Das Fortschreiten der Arthrose verzögern

Ziel der Therapie ist es, das Voranschreiten der Gelenkabnutzung zu bremsen oder im besten Falle zu stoppen sowie die Beschwerden zu lindern. Welche Maßnahmen hierfür geeignet sind, hängt vom Schweregrad der Arthrose ab. Im frühen Stadium wirken konservative Maßnahmen dem Knorpelverschleiß entgegen: n das Tragen bequemer, flacher Schuhe n spezielle orthopädische Einlagen n Schienenversorgung des ersten Zehenknochens n Ballenvertiefung in der Schuhsohle n physiotherapeutische Traktionsbehandlung und Mobilisierung der Sesambeine (diese fungieren als Abstandhalter zwischen Sehnen und Knochen) n Dehnung der Plantarsehne n Übungen und Fußgymnastik n Barfußlaufen n physikalische Therapie, z. B. Wärmeund Kältetherapie zur Anregung der

Selbstheilungsprozesse n entzündungshemmende Kortisoninjektionen n die Injektion homöopathischer Medikamente

Spezielle orthopädische Einlagen unterstützen den Fuß in seiner individuellen Form, stabilisieren den Vorfuß und entlasten das Großzehengrundgelenk durch eine spezielle Verarbeitung, welche die Abrollbewegung beim Gehen dämpft. Hallux rigidus – Symptome

Leitsymptome eines Hallux rigidus sind Schmerzen infolge kleiner Verknöcherungen und knöcherner Anlagerungen, sogenannter Osteophyten, im Gelenksbereich. Drücken schlecht passende Schuhe auf diese knubbeligen Gebilde, wird dadurch das umliegende Gewebe gereizt und es kommt zu Schmerzen.

Ein Fußproblem kommt selten allein: Zum Hallux rigidus gesellt sich hier der Nagelpilz. Beide sind gut behandelbar, die Therapie ist allerdings zeitaufwändig.

Injektionen bei Arthrose

Studien sprechen auch dafür, dass knorpelschützende Hyaluronsäure-Injektionen und Eigenblutbehandlungen vielen eine mehrmonatige oder sogar mehrjährige Schmerzlinderung schenken können. Hyaluronsäure, die von Natur aus bei Gesunden als „Schmierstoff“ in der Gelenkflüssigkeit vorhanden ist, wirkt nährend und regenerierend auf den Knorpel. Erfolgreich ist die Hyaluronsäuretherapie vor allem in den Anfangsstadien der Arthrose, wenn noch genug eigener Knorpel vorhanden ist.

Auch die Eigenblutbehandlung schenkt manchen Betroffenen bei Arthrose im Anfangsstadium Schmerzlinderung. Die Therapie mit dem sogenannten PRP (Platelet Rich Plasma) kann als Injektion ins Großzehengelenk die Beschwerden lindern und die Beweglichkeit deutlich verbessern. Aussagekräftige, größere Studien gibt es zur PRP-Injektion bei Hallux rigidus aber noch nicht. Die meist aus Carbon hergestellten Einlagen beugen einer Schonhaltung und einem ungünstigen Gangbild vor: n Die Ballenrolle, eine Wölbung der Einlegesohle hinter den Zehengrundgelenken, entlastet den Fuß beim Abrollen. n Die Hallux rigidusFeder federt Beschwerden buchstäblich ab. In diese spezielle Einlegesohle ist im Bereich der

Großzehe eine Feder aus Metall oder

Kunststoff eingearbeitet, welche die Abrollbewegung erleichtert, das Gelenk entlastet und Schmerzen reduziert

Liegt der Arthrose eine andere Erkrankung wie etwa Gicht zugrunde, wird zunächst diese behandelt.

Bei starker Gelenkabnutzung: Operieren!

Ist die Knorpelabnutzung zu weit fortgeschritten, sind nichtinvasive Maßnahmen kaum erfolgreich und eine Operation ist erforderlich. Hier stehen verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung – am häufigsten kommen die Cheilektomie und die Arthrodese zum Einsatz.

Cheilektomie Die Cheilektomie ist eine häufig angewandte gelenkerhaltende Operationsmethode zur Arthrosetherapie. Ziel des Eingriffs ist eine bessere Beweglichkeit sowie eine Reduktion der Schmerzen.

Bei dem Verfahren schneidet der Operateur etwa ein Drittel der Gelenkfläche keilförmig heraus, außerdem wird der verengte Gelenkspalt von pathologischen Faktoren befreit: Knorpelverdickungen und Knochenanbauten, die für die Beschwerden verantwortlich sind, werden entfernt. Besonders Schmerzen beim Abrollen und infolge von Druck auf den Ballen gehen dadurch zurück oder verschwinden ganz.

Arthrodese Die Gelenkversteifung oder Arthrodese ist das am häufigsten angewandte Verfahren zur chirurgischen Behandlung eines Hallux rigidus. Sie wird angewandt, wenn gelenkund bewegungserhaltende Maßnahmen nicht mehr in Frage kommen.

Eine Arthrodese ist angezeigt, wenn n das Hauptsymptom Schmerzen bei der

Abrollbewegung sind n eine schwere Verlaufsform bei relativ jungen, körperlich noch aktiven Patient*innen vorliegt

Durch einen Längsschnitt über dem Großzehengrundgelenk verschafft sich der Chirurg bei der Arthrodese Zugang zum Gelenk. Die Gelenkflächen mit noch vorhandenem Knorpel werden dann zerstört und durch Knochenfusion miteinander verbunden. Diese Versteifung hebt zwar die Beweglichkeit des Gelenks dauerhaft auf, die Einschränkung wird jedoch durch die anderen Gelenke kompensiert. Die funktionellen Ergebnisse der Arthrodese bei Hallux rigidus sind sehr gut, die Patient*innen sind in der Regel schmerzfrei, die Belastbarkeit ist wiederhergestellt. Die Arthrodese ist deshalb die Therapie der Wahl bei schweren Formen des Hallux rigidus bei jüngeren Menschen. Für die Arthrodese spricht außerdem, dass es mit der Endoprothetik, also dem Gelenkersatz bei Hallux rigidus, noch keine Langzeiterfahrungen gibt. Eine Arthrodese des Großzehengrundgelenks ist kontraindiziert bei: n akuten Infektionen des Gelenks n Arthrosen zwischen den einzelnen Zehengliedern n Osteoporose n diabetischem Fuß (kann zu Wundheilungsstörungen führen) n schlechtem Zustand der Haut (erschwert die Versteifung) n Fußwurzelarthrose

Dem Hallux rigidus effektiv vorbeugen

Um der Entstehung einer Arthrose des Großzehengrundgelenks vorzubeugen, sollte vermieden werden, was diese begünstigt. Die beste Prävention stellen folgende Maßnahmen dar: n das Tragen fußgesunder Schuhe

n sportliche Aktivität mit Maß und ohne ungesunde Übertreibung, insbesondere beim Joggen n präventiv angewandte orthopädische

Einlagen bei Fehlstellungen im Großzehengrundgelenk

Kleinzehendeformitäten

Die Kleinzehen haben eine wichtige Funktion für die Stabilität des Fußes und helfen beim Abstoßen und Ausbalancieren. Wegen ihres charakteristischen klinischen Bilds sind Deformitäten durch eine bloße Sichtdiagnose erkennbar, eine Röntgendarstellung ist meist nicht nötig. Die im fortgeschrittenen Stadium oft bizarr anmutenden Fehlstellungen sind weitverbreitet und treten fast immer im Zusammenhang mit anderen Deformitäten des Vorfußes wie Hallux valgus, Hohlfuß oder KnickSenkfuß auf. Orthopäd*innen identifizieren Kleinzehendeformitäten nicht nur an ihrem typischen Erscheinungsbild, sondern auch an den ebenso typischen Schwielen und Druckstellen. Im Frühstadium sind Fehlstellungen der kleinen Zehen oft schmerzlos und Betroffene haben außer kosmetischen kaum andere Probleme damit. Im Laufe der Zeit kann sich die Deformität aber verschlimmern und zu äußerst schmerzhaften Hühneraugen und Druckstellen führen, die das Tragen normaler Schuhe unmöglich machen. Ist die Position einer Zehe verändert, kommt es oft zur Verdrängung anderer Zehen, die schlimmstenfalls im Grundgelenk ausgerenkt werden. Die häufigsten Kleinzehendeformitäten sind:

Hammerzehe Bei einer Hammerzehe ist das Grundgelenk überstreckt und das Mittelgelenk befindet sich in einer Plantarflexion – in einer starken Beugung. Das Endgelenk der Zehe steht dadurch in einer Dorsalflexion und die Zehenspitze zeigt hammerartig zum Boden. Fußexperten unterscheiden flexible und fixierte Hammerzehen. Die fixierte Form kann nicht mehr korrigiert und in die ursprüngliche Position reponiert werden, bei der flexiblen Form ist dies aber möglich. Mallet-Zehe (Endgelenk-Hammerzehe) Bei dieser eher seltenen Variante der Hammerzehe ist nur das ZehenEndglied gebeugt. Das Zehengrund und mittelgelenk sind überstreckt, das Zehenendgelenk befindet sich in einer fast rechtwinkeligen Plantarflexion. Meist tritt diese Fehlstellung an der zweiten oder dritten Zehe auf.

Krallen- oder Klauenzehe Die Fehlstellung bei einer Krallenzehe entspricht der einer Hammerzehe, doch während bei letzterer die Zehenkuppe noch den Boden berührt, ist dies bei der Krallenzehe nicht mehr möglich. Bei beiden Deformitäten entwickeln sich im Verlauf schmerzhafte Schwielen. Und bei beiden sind die Zehen im Frühstadium noch beweglich, später steift jedoch das Mittelgelenk in einer Fehlposition ein. Im Endstadium kugelt die Zehe im Grundgelenk häufig sogar aus.

Schwanenhalsdeformität Bei dieser Fehlstellung ist das Endgelenk einer Zehe unnatürlich gebeugt. Anders als bei der Hammer und Krallenzehe entsteht diese Verkrümmung jedoch infolge von Traumata, entzündlichen Gelenkerkrankungen, rheumatoider Arthritis oder PsoriasisArthritis.

Digitus superductus Digitus superductus, wörtlich „überlagernder Zeh", ist eine komplexe Fehlstellung des Vorfußes, bei der verschiedene Fehlstellungen kombiniert auftreten. Die wichtigsten Varianten sind die Reiterzehe (Digitus secundus superductus) und der Schneiderballen (Digitus quintus varus superductus).

Sieht harmlos aus, kann aber zu starken Schmerzen führen und die gesamte Körperstatik aus dem Lot bringen: die Mallet-Zehe

Die Reiterzehe im Detail

Die zweite Zehe weicht seitlich ab, ihr Grundgelenk ist überstreckt. In der Folge überlagert die Zehe die benachbarten Zehen und reibt am Schuh, sodass es zu Druckstellen und Clavi am Zehenmittelgelenk kommt. Fast immer ist ein Hallux valgus verantwortlich für die Entstehung einer Reiterzehe: Die nach außen abweichende Großzehe drängt die zweite Zehe nach oben, was zu einer Daueranspannung in der Plantarplatte führt, der stabilisierenden Bandstruktur unterhalb des Grundgelenks. Im Verlauf wird diese Struktur geschädigt und es kommt zur Destabilisierung des Grundgelenks bis hin zur Luxation, also Verrenkung. Die zweite Zehe wandert nach oben und überkreuzt die Großzehe. Der Schneiderballen (Digitus quintus varus superductus) Ähnlich wie an der Großzehe kann es auch an der kleinen Zehe zu Fehlstellungen und zur Ballenbildung kommen, wenn der fünfte Mittelfußstrahl zu weit abgespreizt ist. Dann bildet sich am Köpfchen des Mittelfußknochens eine schmerzhafte Schwiele, die im Schuh drückt. Der Schneiderballen ist eine weit verbreitete Deformität der kleinen Zehe: Infolge einer knöchernen Vorwölbung des fünften Mittelfußköpfchens weicht die Zehe nach innen ab. Dies kann isoliert auftreten, meist aber steht die Fehlstellung in Verbindung mit einem Spreizfuß oder einem Hallux valgus. Im Schuh wird die abstehende Zehe dann einwärts gedrückt und durch den Zug von Muskeln und Sehnen in Richtung der vierten Zehe gezogen, was zur Bildung des Schneiderballens, der schiefstehenden kleinen Fußzehe, führt. .

Die Ursachen sind vielfältig

So eindeutig sich Fehlstellungen der Kleinzehen präsentieren, so komplex können ihre Ursachen sein. Die wichtigsten sind n regelmäßiges Tragen von engen, spitz zulaufenden Schuhen mit hohen Absätzen, die den Fuß einzwängen und die

Zehenspitzen zurückdrängen. n andere Fehlstellungen wie Spreiz, Plattoder Knickfuß n genetische Disposition n entzündlichrheumatische Erkrankungen (bei Schneiderballen und Schwanenhalsdeformität) n Absenkung des Fußquergewölbes n neurologische Erkrankungen n Traumata

Unabhängig von der eigentlichen Ursache ist bei fast allen KleinzehenFehlstellungen das Gleichgewicht zwischen der intrinsischen und der extrinsischen Fußmuskulatur gestört: Die intrinsischen Fußmuskeln entspringen im Fußskelett und ermöglichen die Beugung und Streckung der Zehen und stabilisieren das Fußgewölbe. Die extrinsischen Fußmuskeln haben ihren Ursprung außerhalb des Fußskeletts, etwa im Unterschenkel. Ihre Sehnen übertragen den Muskelzug auf den Fuß und sind unter anderem für die Beugung und Streckung des Fußes zuständig.

Kräftigen, Stützen und Operieren

Wie bei Hallux valgus und Hallux rigidus gibt es auch bei Kleinzehendeformitäten sowohl konservative als auch operative Therapieoptionen. Ziel der konservativen Therapie ist vor allem die Abschwächung der Spreizfußproblematik, um eine Verschlimmerung der jeweiligen Zehendeformität zu verzögern und den Bewegungsspielraum zu verbessern. Entsprechende Maßnahmen sind n weite, gepolsterte und der Fehlstellung angepasste Schuhe n maßgefertigte orthopädische Einlagen, die das Quer und Längsgewölbe des

Fußes sowie das Mittelfußköpfchen unterstützen und die Unterseite der Zehenspitzen weich betten n Zwischenzehenpolster, Zehenhülsen,

Zehenzügel, Nachtschienen n Entlastung n Pflege der Druckstellen n Physiotherapie und Fußtraining:

Gezielte Spreizübungen der Zehen und

Übungen zur Kräftigung der Längsund Querwölbung reduzieren Beschwerden und wirken der Fehlstellung und einer Fehlbelastung entgegen n Barfußlaufen

Eine chirurgische Korrektur empfiehlt sich, wenn die Deformität ausgeprägt ist und die konservative Behandlung keine Besserung bringt. Der Eingriff sollte nicht zu lange hinausgezögert werden, da die Fehlstellung mit starken Schmerzen und einer entsprechenden Schonhaltung einhergeht, welche die gesamte Körperstatik aus dem Lot bringt. u

Korrespondenzadresse Christine Preiherr Fachjournalistin Blutenburgstr. 18, 80636 München E-Mail: preiherr@t-online.de

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