MAGAZIN VISIT WINTER 2020

Visit

Nr. 4 Winter 2020

Magazin von Pro Senectute Kanton Zürich www.pszh.ch

Auf der Reise zum Ich Wir leben im Jetzt, aber zu uns gehören auch Erinnerungen, Illusionen, Träume. Eine «Reise nach innen» fördert Erstaunliches zutage.

Kurz Feri ena und ufen tha mög lich lte

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INHALT Liebe Leserin, lieber Leser «Weisst du noch?»: Nicht nur an Familienfesten, Dienstjubiläen oder Klassenzusammenkünften schwelgen wir gerne in Erinnerungen, denken zurück an frühere Tage, als unsere Welt eine andere war. Das Telefon hatte noch eine Wählscheibe, erste Miniröcke flanierten durchs Dorf und von der Langspielplatte tönte die wunderbare Stimme von Edith Piaf: «Non, je ne regrette rien.»

Foto Titelseite : Daniel Rihs ; Seite 3: Daniel Rihs, Ayse Yavas

Wir alle spüren es: Je mehr Geburtstage wir feiern, desto farbiger leben die Erinnerungen.

Sie sind nach den Worten des Schriftstellers Jean Paul (1763–1825) «das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können».

So ganz stimmt das nicht. Denn Rückblicke sind nicht nur erfreulich. Manche bedrücken, einige schmerzen. «Aber Erinnerungen kümmern sich nicht darum, ob wir sie gern haben oder nicht», weiss der Schriftsteller und Kabarettist Franz Hohler (siehe Seite 9): «Alle zusammen – gut oder schlecht – ergeben einen Gang durchs Leben, den es zu akzeptieren gilt.» Ganz ähnlich sieht es die Zürcher Psychotherapeutin Geneviève Grimm-Montel im Visit-Interview ab Seite 12: «Unsere Identität besteht aus Erinnerungen. Sie sind etwas sehr Kostbares, dem man besonders Sorge tragen sollte.» Dazu zählen positive Erlebnisse wie auch schwierigere Phasen, sagt Geneviève Grimm: «Erinnerungen können quälend sein, aber auch Heilung bringen.»

In diesem Visit laden wir Sie ein zu einer Reise nach innen, in die Welt der Erinnerungen, der Träume und der Fantasie. Denn gedankliche Reisen können gerade in diesen herbstlichen Tagen eine wertvolle Kraftquelle sein.

Erinnerungen auffrischen, Erlebtes teilen und Geschichten hervorholen: Lassen Sie sich von den Beiträgen in diesem Visit inspirieren! Sie finden darin bestimmt auch viele Anregungen für Ihren persönlichen Alltag.

4 Wir leben im Hier und Jetzt, aber wir leben auch mit Illusionen, Träumen und Erinnerungen. Eine «Reise nach innen» kann Augen öffnen.

12 «Erinnerungen sind Bausteine menschlicher Identität», sagt Psychotherapeutin Geneviève Grimm-Montel.

LEBENSRAUM 4 «Die Reise nach innen kann viele Augen öffnen» 7 Wacher Geist, offene Ohren: Porträt von Franz Hohler 10 «Ich gehe oft innerlich auf Spaziergang»: Porträt der Clownerin Gardi Hutter 12 «Erinnerungen sind die Bausteine menschlicher Identität»: Im Gespräch mit der Psychotherapeutin Geneviève Grimm-Montel

LEBENSART

Véronique Tischhauser-Ducrot

15 Ein Leben voller Leidenschaft: Volkskundlerin Edith Schweizer-­ Völker (81) 18 «Das Alter ist bunter geworden»: Véronique Tischhauser-Ducrot, neue Geschäftsleiterin von Pro Senectute Kanton Zürich

34 Farben, Formen, Fantasie­welten.

Eine frühmorgendliche Fotowanderung mit der Zürcher Fotografin Ayse Yavas.

26 Wie zufrieden sind die Freiwilligen von Pro Senectute Kanton Zürich? Eine Umfrage zeigt: Wer für andere da ist, tut sich selbst Gutes

LEBENSLUST 30 Studie zeigt: Die Senioren werden immer onlinefähiger 34 Farben, Formen, Fantasie­ welten – eine Fotowanderung 38 An den Ufern des Sarnersees 42 Rätsel 44 Marktplatz 45 Impressum 46 Goldene Zeiten: Erinnerungen an den Winter

BEILAGE AKTIV Agenda mit Veranstaltungen und Kursen von Pro Senectute Kanton Zürich

Vorsitzende der Geschäftsleitung

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LEBENSRAUM

«Die Reise nach innen kann viele Augen öffnen» Wir leben im Jetzt, aber wir leben auch mit Erinnerungen, Illusionen, Träumen. Eine Reise nach innen fördert oft Erstaunliches zutage.

Text: Markus Sutter Fotos: Daniel Rihs

«Die phantastische Reise» heisst ein uralter Klassiker, ein Science-Fiction-Film aus dem Jahre 1966. Eine Gruppe von Menschen, die zu Winzlingen verkleinert wurden, reist mit einem miniaturisierten U-Boot durch die Blutbahnen eines Wissenschafters und erlebt im Körper zahlreiche Abenteuer.

Unter einer «Reise nach innen», wie das Kernthema dieser Ausgabe lautet, kann man sich vieles vorstellen. In aller Regel ist damit allerdings nicht etwas Physisches wie im erwähnten Science Fiction-Streifen gemeint. Auch kaum wohl ein Arzt, der ein Koloskop (Schlauch) durch den Dickdarm schiebt und dieses Organ mit einer Kamera im Körperinnern nach einer möglichen Erkrankung absucht.

Nein, vielmehr geht es bei einer Reise nach innen um Themen wie Selbsterkenntnis, Seelenheil, Spirituelles, Erinnerungen. «Die Erinnerung ist ein Weg, an dem festzuhalten, was du liebst, an dem, was du bist, an dem, was du niemals verlieren willst.» Diese Worte stammen von einer Filmfigur namens Kevin Arnold, der einst in einer populären amerikanischen Serie mitmachte. Erinnerungen sind und bleiben Teil unseres Bewusstseins. Ein Ereignis von früher kann uns entscheidend prägen, zum Beispiel in bestimmten Situationen Angst, Unsicherheit oder Aggressionen auslösen – aber auch Freude und Genugtuung.

«Unsere Identität besteht aus Erinnerungen. Sie sind deshalb etwas sehr Kostbares, zu dem man besonders Sorge tragen sollte», sagt die Psychotherapeutin Dr. Geneviève Grimm-Montel im Interview in dieser Ausgabe (ab Seite 12).

Vieles bleibt in uns drin Ins Ich abzutauchen, von früher erzählen, kann die unterschiedlichsten Gefühle auslösen, auch sehr befreiend wirken. Was aber, wenn diese Möglichkeit nicht mehr besteht, weil erworbene Denkfähigkeiten, Orientierung und Sprache infolge einer Demenz verloren gegangen sind?

Dr. Christoph Held, langjähriger Heimarzt und Gerontopsychiater in Pflegezentren der Stadt Zürich, hat Lebensgeschichten von Alzheimerpatienten in seinem Buch «Bewohner» dokumentiert (Dörlemann-Verlag, 2017). Alles, was wir in unserem Leben erlebt hätten, mache unser Ich aus. Die Erschütterung passiere, wenn bei Demenz das autobiografische Gedächtnis verloren gehe. Aber auch wenn diese Patienten nicht mehr wüssten, wer sie waren, seien sie Menschen mit einem äusserst sensiblen Verhalten, sagte er einmal in einem Interview.

Und zudem: Was wir gelernt und geübt haben, geht nicht so schnell verloren. Sprachen, Lieder, Sprüche, Witze: Das alles bleibt oft länger erhalten, ist quasi in uns drin. Im Umgang mit Demenzpatienten wird deshalb von Fachleuten gerne auf Humor gesetzt, um die Patienten emotional erreichen zu können.

Der beste Weg zur Besserung Eine Reise ins Innere mit einem Blick in die Vergangenheit dient nicht zuletzt dazu, uns selbst besser kennenzulernen und zu begreifen. Auch was das eigene Verhalten anbetrifft. «Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Besserung», heisst ein uns altbekanntes Sprichwort. Eine Reise nach Visit Winter 2020

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innen zu machen, erfordert allerdings die Bereitschaft zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst.

Doch wollen wir das überhaupt? Der Schriftsteller Hermann Hesse hat in seinem Roman «Demian» einmal Folgendes zu diesem Thema festgehalten: «Das weiss ich heute: Nichts auf der Welt ist dem Menschen mehr zuwider, als den Weg zu gehen, der ihn zu sich selber führt.»

Wichtige Selbsterkenntnis Denn zu erkennen, wer wir wirklich sind, ist oft ein langer und teilweise auch schmerzhafter Prozess. Der Abgleich zwischen Selbst- und Fremdbild fällt nicht leicht. «Ich bin ja gar nicht so», heisst es nicht selten. Im Positiven oder im Negativen. In den Buchläden sind unzählige Bücher zu dieser Thematik zu finden. Tenor: «Keine Persönlichkeitsentwicklung ohne Selbsterkenntnis. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mehr über sich herausfinden können.»

Definitionsgemäss versteht man unter Selbsterkenntnis die Warum sind wir so, Erkenntnis einer Person über wieso denken und das eigene Selbst. Grundvoraussetzung dafür ist ein reflexives handeln wir, wie wir und möglichst objektives Bees tun? wusstsein über unser Denken und das eigene Verhalten. Warum sind wir so, wieso denken und handeln wir, wie wir es tun? Bei einem derartigen Prozess sollten eigene Standpunkte und Handlungen ehrlich auf den Prüfstand kommen.

Keine leichte Sache. Die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung und Reflexion ist in der Psychologie eine wesentliche Grundlage für die eigene Entwicklung.

Seelenheilung durch Meditation Der immer wieder zu hörende Rat «Sei doch einfach ganz dich selbst» mag gut gemeint sein. Wir beurteilen schnell andere, beschreiben deren Stärken und Schwächen. Aber uns selbst erkennen zu können, wie wir wirklich sind, erfordert einigen Mut. Vielleicht enthüllt das Ergebnis gewisse Defizite und deutet auf einen Handlungs­ bedarf hin.

Es gibt durchaus Menschen, die diesen Schritt wagen. So zählt die Gesprächstherapie zu den häufigsten Formen der Psychotherapie. Sinn und Zweck besteht darin, sich selber besser kennen zu lernen, auch weiterzuentwickeln und Verhaltensmuster zu interpretieren. Der Weg ins Innere ist erfolgversprechend, wenn sich der Patient oder die Patientin öffnen kann. Dies wiederum erfordert eine grosse Vertrauensbasis zwischen einer Therapeutin und einem Patienten, wie Geneviève Grimm-Montel festhält.

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Eine Reise nach innen anzutreten, zu sich selber zu finden, ist auch ein zentraler Bestandteil der Meditation. «Mithilfe der Meditation werden Sie feststellen, dass Sie niemals allein sind, sondern in allen Lebenssituationen geführt und behütet werden. Entdecken Sie sich selbst und Ihre ureigenen Kräfte: So finden Sie mithilfe Ihres Seelenführers innere Kraft und Sicherheit», heisst es da etwa. Auf diesen Nenner lassen sich zahlreiche Meditations-Sachbücher zusammenfassen.

Meditation ist quasi eine Art geistige Versenkung, die das Hier und Jetzt ausblendet und uns in einen Zustand der inneren Harmonie katapultieren soll. Die Rede ist auch davon, dass sich der Geist beruhigt und alles auf die Atmung konzentriert wird. Diese jahrtausendealte Weisheitslehre Indiens will ein besseres Körpergefühl vermitteln. Welche Signale sendet der Körper aus?

Wo drückt persönlich der Schuh?

Befindlichkeiten besser kennenzulernen und den eigenen Körper bewusster wahrzunehmen, ist auch das A und O von Yoga. Denn unser Geist, der Sitz unserer Gedankenwelt, ist ständig aktiv und wird immer wieder von zahlreichen Reizungen überflutet. Die Gedanken kommen nicht mehr zur Ruhe.

Innehalten, reflektieren, zu sich selbst finden Eine inzwischen recht populär gewordene Möglichkeit, sich dieser Reizüberflutung zumindest während einer kurzen Zeitspanne zu entziehen, bietet eine Auszeit in einem Kloster. «Ich will mir alle ein oder zwei Jahre einmal Zeit für mich selbst nehmen», sagte mir ein Kollege aus der Managergilde, der in seinem ausserklösterlichen Leben von Termin zu Termin rennt. Innehalten, reflektieren, zu sich selbst finden, statt stets getrieben und fremdbestimmt zu werden: Ein Kloster kann Abstand und Ruhe schenken, eine Grundvoraussetzung, um ins Ich vorzudringen. Das Leben soll auf einen wirken können, der Seelenführer für innere Kraft und Sicherheit sorgen.

Ein Weg zur Selbstfindung ist schliesslich auch die Hypnose. «Selbstfindung mit Hypnose, das eigene Selbst und den Weg erkennen»: Mit diesem Slogan wirbt eine Firma. Der Begriff Hypnose entstammt dem Griechischen und bedeutet so viel wie «Schlaf». Hypnose soll einen direkten Zugang zu sich selbst ermöglichen. Doch es handelt sich nicht wirklich um Schlaf, eher um einen tranceähnlichen, entspannten und angstfreien Zustand.

Er erlaubt, ganz sich selbst zu sein, frei von Erwartungen und gesellschaftlichen Normen, und soll einen unverstellten Blick auf die eigenen Träume und Wünsche ermöglichen.

Die Möglichkeiten, sein eigenes Ich zu ergründen, sind so vielfältig wie das Leben selbst.

«Die Augen sind meine Antennen»: Franz Hohler in seinem Arbeits­zimmer.

Wacher Geist, offene Augen und Ohren Träume sind für den Schriftsteller und Kabarettisten Franz Hohler sehr wichtig.

Er reist gerne, weil dies die Augen für das Andere öffnet und so zur «Vitaminzufuhr für die Wahrnehmung» wird.

Text: Robert Bösiger Foto: Daniel Rihs

«Ds Totemügerli». Diese Kurzgeschichte rund um die beiden Halbstarken «Schöppelimunggi» und «Houderebäseler», 1967 geschrieben, brachte dem Schriftsteller, Kabarettisten und Liedermacher Franz Hohler wohl seinerzeit den Durchbruch.

Unvergessen bleiben die berndeutschen Aus­ drücke, die Hohler mit selber erfundenen mischte. Letztere klangen so gut nach Berndeutsch, dass sie zum Teil auch heute noch verwendet werden. Wer weiss: Vielleicht hat es Franz Hohler ja «agschnäggelet», bei allen Auftritten immer das «Mügerli» vorzutragen. Denn heutzutage gehört Visit Winter 2020

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es nicht mehr wie selbstverständlich zu seinem Repertoire. Nun: Schliesslich hat Hohler seither auch viele neue Programme und Bücher geschrieben, die mehr als genug (neuen) Stoff für Auftritte und Lesungen hergeben.

«Alle Erinnerungen zusammen – gut oder schlecht – ergeben einen Gang durchs Leben, und den gilt es zu akzeptieren.»

Der Mann und das Cello Franz Hohler (77) wächst in Olten auf. Nach der Matura studiert er Germanistik und Romanistik an der Universität Zürich. Während der Studienzeit führt er sein erstes Soloprogramm «Pizzicato» auf (1965). Er bricht sein Studium ab, um sich ganz und gar der Kunst zu widmen. Schon bald zeigt sich: Hohler ist vielseitig begabt: Er kann Geschichten schreiben, erzählen, Lieder komponieren, singen und spielen. Das Cello wird ihm zur ständigen Begleiterin.

Oft arbeitet er zusammen mit anderen Künstlern. So etwa mit dem Pantomimen René Quellet (Kindersendung «Spielhaus»), den Kabarettisten Emil Steinberger und Hanns Dieter Hüsch (1925– 2005). In den letzten Jahren wichtiger geworden ist für Hohler das Schreiben. So sind eine ganze Reihe von Geschichten und Büchern entstanden.

Franz Hohler

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Und so sind es vor allem Lesungen, die der in Zürich Oerlikon wohnende Schriftsteller bestreitet. Obwohl: Corona-bedingt musste Hohler zahlreiche Lesungen aus seinem jüngsten Buch «Fahrplanmässiger Aufenthalt» (Verlag Luchterhand) absagen.

In diesem Buch geht es ums Reisen – und um die Geschichten dazu. Franz Hohler, oft mit dem Zug unterwegs, lässt uns teilhaben an seinen Beobachtungen und seinem Blick fürs Detail. Und dies wie von ihm gewohnt in kurzweiliger, oft augenzwinkernder Form – selbst dann, wenn es ihm selber nicht zum Lachen ist und er «politisch» wird.

Das Alter und die Preise Es gehört zu Franz Hohlers grossen Fähigkeiten, mit wachem Geist, offenen Augen («das sind meine Antennen») und Ohren durch die Welt zu gehen. So fällt ihm der Stoff für seine Geschichten buchstäblich vor die Füsse.

Sein Cello hat Hohler in den Vorruhestand geschickt. Und selber möchte er auch immer «pensionierter» werden. Schliesslich werde auch er älter, wie er sagt. Im Jahre 2017 hat er das Gedichtbändchen «Alt?» publiziert. Bei Lesungen hat er dazu jeweils den Beatles-Klassiker «When I’m Sixty-Four» in seiner Dialektfassung vorgetragen: «Weni mol alt bi, sächzgi und meh, i hoff, es goht no lang, machsch mer denn von Zyt zu Zyt e Münzetee, chunsch am Sunntig mit mer a See …?»

Seit über 50 Jahren verheiratet ist Franz Hohler übrigens mit seiner Jugendliebe, der Psychologin Ursula Nagel (77). 2004 publizierte sie selber ­einen Gedichtband («Öpper het mini Chnöche vertuuschet»). Das Ehepaar Hohler hat zwei Söhne.

Die Liste von Hohlers Auszeichnungen und Preisen ist sehr lang. Sie reicht vom Conrad-­ Ferdi-nand-Meyer-Preis (1968) über den Binding-­ Preis für Natur- und Umweltschutz (2001) und den Salzburger Ehrenstier für das Lebenswerk (2008) bis zum Johann-Peter-Hebel-Preis (2014).

«Fantasie ist unsere stille Begleiterin» Ein Gespräch mit Franz Hohler zum Reisen nach innen und aussen.

Wie wichtig ist das Reisen für Sie? Franz Hohler: Reisen öffnet die Augen für das

Erinnerungen sind es ja oft, die eine Reise nach innen ermöglichen. Wie wichtig sind sie für Sie?

Andere; es ist eine Vitaminzufuhr für die Wahrnehmung. Das Reisen ist aber nicht unentbehrlich, denn das Andere kann auch vor meinem Gartentor vorbeikommen.

Sehr wichtig. Wenn ich gebeten werde, etwas zu einem bestimmten Thema zu schreiben, kommt mir oft als Erstes eine Erinnerung hoch.

Worauf schauen Sie besonders, wenn Sie verreisen?

Am wichtigsten ist mir, die eigenen Augen offen zu halten. Ich weiss ja nicht im Voraus, was mir begegnet. Sehenswürdigkeiten gegenüber bin ich eher zurückhaltend. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, schaue ich sie gerne an, aber vieles, was nicht im Reiseführer steht, ist ebenso sehens­ würdig oder erlebenswürdig. Auf der Busfahrt in die Eremitage St. Petersburg wurde mir mein Portemonnaie gestohlen – von wahren Meisterdieben.

Die Ermitage bleibt für mich mit diesem Diebstahl verbunden.

Reisen Sie eher im Inland oder im Ausland?

Ich bin gern in Ländern, in denen andere Sprachen gesprochen werden und andere Lebensbedingungen herrschen. Wäre ich nie in der sogenannten Dritten Welt gewesen, würde mir etwas fehlen. Aber auch das Inland kennt man weniger gut, als man meint, und es hält viele Überraschungen bereit. Darüber habe ich in meinen Büchern «52 Wanderungen» und «Spaziergänge» geschrieben.

Gibt es so etwas wie eine Lieblings- oder Herzensdestination für Sie?

Ja, eine Alp im Maggiatal, auf der wir inmitten eines wilden Waldes eine Hütte haben, und ein Haus im Hochtal Avers in Graubünden.

Wie gehen Sie um mit Erinnerungen? Bleiben nur die guten?

Jean Paul hat gesagt, die Erinnerung sei das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können. Dem wäre hinzuzufügen, dass es ebenso gut eine Hölle sein kann. Wenn wir dieser Hölle entfliehen wollen, ist es gut, wenn wir mit jemandem darüber sprechen können. Aber Erinnerungen sind hartnäckig und kümmern sich nicht darum, ob wir sie gern haben oder nicht.

Alle Erinnerungen zusammen – gut oder schlecht – ergeben ja einen Gang durchs Leben, und den gilt es zu akzeptieren.

«Ich bin religiös, nur glaube ich nichts»: Franz Hohler

Tagträumen: Macht Franz Hohler auch hie und da davon Gebrauch?

Ja. Eine Geschichte erfinden heisst eigentlich nichts anderes als Tagträumen.

Wie steht es mit der Fähigkeit, Fantasiewelten zu erbauen? Ist das bei Ihnen nicht ein Stück weit gleichbedeutend mit dem Erzählen von Geschichten?

Wenn man einen Schritt aus der Wirklichkeit in die Gedankenwelt tut, dann läuft eine stille Begleiterin mit, die Fantasie, und wenn wir gut hinhören, erzählt sie schon Geschichten. Wir müssen ihr Sorge tragen, denn erfundene Geschichten sind Nahrung für die Wirklichkeit.

Und wie steht es mit dem «Reisen nach innen»?

Was verstehen Sie darunter, Franz Hohler?

Zum Beispiel die Träume aufschreiben und über sie nachdenken. Es sind ja Nachrichten aus den entlegenen Gebieten des eigenen Reiches, Nachrichten, die in einer Bildersprache verfasst sind, die wir nicht beherrschen. Vielleicht ist gerade dies unsere eigentliche Muttersprache.

Welche Rolle spielen das Spirituelle und das Religiöse für Sie?

Sie nimmt im Alter eher zu. Ich bin religiös, wie jeder Mensch, nur glaube ich nichts.

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Hat gelernt, auch alleine heiter zu sein: Gardi Hutter beim Pflegen ihrer Clownschuhe.

«Ich gehe oft innerlich auf Spaziergang» Ohne Worte, aber mit viel Mimik schafft es die «Clownerin» Gardi Hutter, dass sie vom Publikum auf der ganzen Welt verstanden wird. Hutter reist gerne – sowohl in fremde Länder als auch in die eigenen Fantasiewelten.

Text: Robert Bösiger Foto: Daniel Rihs

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Gardi Hutter (67) erreichen wir an einem Morgen per Skype in ihrem Heim in Arzo TI, nahe der Landesgrenze zu Italien. Gerade hat sie sich einen Kaffee zubereitet. Damit, sagt sie, beginne für sie die Reise in den Tag – nach aussen sozusagen.

Dann erzählt sie uns, wie sie morgens nach dem Aufwachen beim Teetrinken immer noch eine Stunde im Bett bleibe und «die Gedanken nach innen schweifen lasse». Sie sinniere dann über

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dies und jenes, blicke aus dem Fenster, gehe «innerlich spazieren» und staune oft über das, was sie untergründig beschäftige. Hie und da kommen ihr dann auch Gedanken, die sie sich notiere. Und die – wer weiss – später in Programme einfliessen.

Vom Theater zum Clown Gardi Hutter kommt am 5. März 1953 in Altstätten SG zur Welt. Als junge Frau besucht sie zunächst das katholische Internat, «weil meine Eltern finden, ich sei zu wild und zu ‹buebig›». Dann absolviert sie das Handelsschuldiplom. Im Alter von 22 Jahren beginnt sie eine klassische Schauspiel- und Theaterpädagogik-Ausbildung an der Schauspiel-Akademie in Zürich. Die Eltern hätten es relativ gelassen genommen, dass sie keinen «richtigen Beruf» erlernt habe – in der Meinung, sie heirate ja doch bald.

Ab den 1980er Jahren tritt Gardi Hutter auf Kleinkunstbühnen auf, damals vor allem noch in Italien, der Schweiz und Deutschland. Wie wir heute wissen, hat sie sich dann aber rasch als selbstständige «Clownerin» (ein Begriff von ihr selber) etabliert und eigene Programme zur Aufführung gebracht. Bis heute dürften es in diesen gut vier Jahrzehnten über 3700 Vorstellungen in 35 Ländern sein, die sie gegeben hat.

Vom Blick hinter die Bergkette Das führt uns zum Thema Reisen. «Ich habe diesen Beruf auch deshalb gewählt, weil ich gern reise», sagt sie. Schon als Kind sei sie oft auf einer Wiese gelegen und habe sich über die Bergkette in die Welt hinaus ge(tag)träumt. Das Reisen im Zusammenhang mit Tourneen sei noch viel schöner als jenes als reine Touristin. Denn sie werde abgeholt, umsorgt und von Einheimischen mit den lokalen Gepflogenheiten vertraut gemacht. Als Tourist sei man halt nur Teil der zahlenden Masse.

Wären wir nicht in Zeiten von Corona, Gardi Hutter wäre derzeit unterwegs in Neuseeland. «Es wurmt mich extrem, weil ich bisher noch nie da gewesen bin», gesteht sie und beginnt zu erzählen, wie viel ihr das Reisen in fremde Länder bedeutet. «Ich bin immer wieder fasziniert, wie gleich und doch anders die Menschen andernorts sind.» Ihre Stücke, die ja ohne Worte auskommen, könne sie auf der ganzen Welt spielen. «Überall kommen die Programme an, überall kommt es im Publikum zu ähnlichen Emotionen. Das Publikum folgt mir in eine Fantasiewelt und kann dabei die aktuelle Welt mit all ihren Sorgen und Problemen vergessen. Es erstaunt mich immer wieder, dass dies auf der ganzen Welt funktioniert.» Ob China, Brasilien oder sonstwo, sie lachen überall an den gleichen Stellen.

In diesem Zusammenhang würde es sie wirklich mal interessieren, wie die Reaktionen von Primaten auf ihre Programme ausfallen würden.

«Ja», sagt sie, «das wäre ein lustiges Experiment, mal vor Orang-Utang zu spielen. Ich muss ja auch über sie lachen. Sie sind so menschlich. Oder besser: Wir sind so tierisch.»

Von der Wut auf die Kirche Auf die Frage, ob beim «innerlichen Spazierengehen» das Spirituelle und das Religiöse auch eine Rolle spielen, wird Gardi Hutter nachdenklich und sagt: «Das Religiöse im Sinne einer Zugehörigkeit zu einer Kirche nicht, das Spirituelle aber schon.» Hier sei «die Lucke nach oben» ziemlich gross. Sie war schon früh empfänglich für spirituelles Erleben. «Beim Empfangen der Hostie in der Kirche ‹spürte› ich Jesus in mir.» Dieses Spüren – oder Imaginieren – sei auch beim Theaterspie- «Das Publikum folgt mir in len der Grundmechanismus.

«Ich bin immer wieder be- eine Fantasiewelt – auf der rührt davon, wie das Publi- ganzen Welt.» Gardi Hutter kum mitgeht, obwohl es im Grunde doch weiss, dass alles nur Fake und gespielt ist. Trotzdem sind die Menschen berührt, lachen, weinen. Und wenn der ganze Saal vom gleichen Gefühl getragen wird, ähnelt das einer Messe – einfach ohne Kirche.»

Mit der Kirche hatte Gardi Hutter schon früh ihre Probleme und danach «nur noch grosse Wut über deren Frauenverachtung». Sie habe eine Zeit lang sogar damit geliebäugelt, Klosterfrau zu werden. Doch dann seien ihre Zweifel an der Kirche gewachsen, was dazu führte, «dass ich die Türen vor der Kirche verschlossen habe».

Fast nur noch positive Erinnerungen Zur Reise nach innen gehören auch Erinnerungen. Bis zu ihrer grossen Lebenskrise – etwa mit vierzig – habe sie in ihrem inneren Museum nur schwere schwarze Helgen an den Wänden gehabt.

Dann aber habe sie dank Freundinnen und Therapien mehr zu sich gefunden und jetzt hängen da auch frohe helle Bilder. Der frühere «Trotzmodus», der zum Aufbruch notwendig gewesen sei, aber sie jetzt nur noch blockierte, sei nun weg und sie könne leben – fasziniert von dem, was geschieht und kommt.

Gardi Hutter hat mit zunehmendem Alter gelernt, auch alleine heiter zu sein. Nun, da ein Buch über sie entsteht (es soll im Frühjahr 2021 im Verlag Hier+Jetzt erscheinen), sei sie stark damit beschäftigt, sich zu erinnern und die verstaubten Schachteln auf den oberen Gestellen runterzuholen und zu durchforsten. Was da nicht alles zum Vorschein komme …

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«Erinnerungen sind die Bausteine menschlicher Identität» Die eigene Vergangenheit zu reflektieren, kann massgebend dazu beitragen, gewisse Dinge aus dem Leben besser ­zu verstehen und zu verarbeiten: Davon ist die Psychotherapeutin Geneviève Grimm-Montel überzeugt.

Interview: Markus Sutter Foto: Daniel Rihs

Frau Grimm-Montel, Sie haben 2018 ein Buch mit dem Titel «Der Lebensrückblick in der Psychotherapie mit älteren Menschen» publiziert.

Kann man aus dem Titel ableiten, dass Erzählungen von früher eine positive Wirkung auf die Psyche auszulösen vermögen?

Geneviève Grimm-Montel: Auf jeden Fall, wenn

Ich habe Bekannte in Deutschland, deren Grosseltern trotz Drängen ihrer Enkel nicht über die Zeit des Nationalsozialismus sprechen wollten.

Erleben Sie solche Verweigerungshaltungen ­selber auch?

Gerade Scham und Schuldgefühle sind wichtige Themen in der Psychotherapie. Was den Zweiten Weltkrieg anbetrifft, habe ich Erfahrungen mit auch nicht in jedem Fall. Menschen erzählen älteren Menschen gemacht, die zu den Opfern grundsätzlich gerne aus ihrem Leben. «Weisch zählten. Holocaust-Betrofno?» heisst eine häufig gefene wollten nicht über stellte Frage. Unsere Identidiese Zeit sprechen, weil tät besteht aus Erinnerungen.

«Es ist nie zu spät, an der sie Angst vor einer RetrauSie sind deshalb etwas sehr Kostbares, zu dem man beGeschichte eines erfüllten matisierung hatten. In solchen Situationen ist es sonders Sorge tragen sollte.

Lebens zu arbeiten.» besonders wichtig, äusDie Frage nach dem «Wer bin Geneviève Grimm-Montel serst behutsam vorzugeich?» ermöglicht eine Integrahen. Mit Scham ist nach tion von allem, was zum eigemeiner Erfahrung übrinen Leben gehört. Dazu zähgens noch schwieriger umzugehen als mit len sowohl positive Erlebnisse als auch schwieSchuld. Schuldhaftes Verhalten kann man oft rigere Phasen. Erinnerungen können quälend wiedergutmachen. Scham dagegen hat mit dem sein, aber auch Heilung bringen.

Urteil von anderen zu tun, ohne dass wir darauf einen Einfluss haben.

Ein bekanntes Sprichwort lautet: Reden ist

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­ ilber, Schweigen ist Gold. Soll man bei einem S Lebensrückblick über alles sprechen, zumindest mit der therapeutischen Fachperson?

Wie gehen Sie mit Schuld- oder Schamgefühlen von Patienten um?

In einer Therapie geht es zuerst vor allem darum, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Das ist die Voraussetzung für den Therapieerfolg. Die Therapie soll einen Raum bieten, in dem jemand alles sagen darf, ohne befürchten zu müssen, an den Pranger gestellt, für das Tun oder Unterlassen verurteilt zu werden. Als Therapeutin muss ich aber auch respektieren, wenn sich jemand nicht zu jedem Thema äussern will.

Ich erinnere mich an eine ältere Frau, die einem strengkatholischen Milieu entstammt und mit 20 Jahren eine Abtreibung vorgenommen hat. Aus Angst vor der Reaktion ihres Umfeldes hat sie jahrzehntelang niemandem davon erzählt. Das änderte sich erst, als sie in der Therapie Vertrauen fasste und endlich reden durfte und wollte. Die Scham hat sich in der Folge wie aufgelöst und sie war sehr erleichtert.

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Kann eine gedankliche Reise in die Vergangenheit, das Auffrischen von Erinnerungen, dazu führen, dass ein verängstigter Mensch seine Ängste wieder verliert, ein Verunsicherter an Selbstbewusstsein gewinnt?

sich andere, die die Sache ganz anders erlebt ­haben. In Erinnerung bleiben nur Ereignisse, die eine emotionale Bedeutung haben. Den ganz grossen Rest haben wir vergessen.

Durchaus. Ängste sollte man nicht verdrängen, sondern ansprechen und versuchen, den Grund dafür herauszufinden. Anliegen der Therapie ist es, den Betroffenen so zu stärken, dass er die Angst überwinden kann. Letztlich geht es darum, dass die Person ihre eigenen Ressourcen entdeckt und die psychische Widerstandskraft unter fachlicher Mithilfe wieder aufzubauen vermag.

Was antworten Sie einer Person, die sagt, «vorbei ist vorbei», ich kann die Dinge eh nicht mehr ändern?

Ich würde dieser Person sagen, dass sich im Leben in der Tat gewisse Dinge zwar nicht mehr rückgängig machen lassen, aber dass man beim Rückblick eine andere Sicht darauf bekommen kann.

Das sollte das Ziel der Therapie sein. Es ist nie zu spät, an der Geschichte eines erfüllten Lebens zu arbeiten.

Sind Sie der Meinung, dass frühere Erlebnisse, die man als Kind oder junger Erwachsener ­gemacht hat, einen massgebenden Einfluss auf das zukünftige Verhalten haben?

Ja, bestimmt. Es gibt gewisse Dinge, die uns prägen, in positivem oder negativem Sinn. Was uns prägt, bleibt. Man kann jedoch Prägungen aus einer neuen Sicht beurteilen und anders damit umgehen.

Welche Voraussetzungen müssen oder sollten erfüllt sein, damit das Erzählen – quasi eine ­Reise nach innen – auch Sinn gibt und zu einem therapeutischen Erfolg führt?

Die Fähigkeit zur Selbstreflektion ist die Voraussetzung für eine Reise nach innen. Menschen, die nicht fähig oder nicht willens sind, über sich selber nachzudenken und das eigene Selbstbild in Frage zu stellen, denen fehlt die Motivation für eine Therapie. Das eigene Selbstbild in Frage zu stellen – gerade im Alter – braucht viel Mut. Kommt es vor, dass Sie den Patienten klarmachen, dass sie die Wahrheit sagen müssten?

Sonst könnten Sie ihnen nicht helfen?

Ich kann niemanden zur Wahrheit zwingen, zumal die Wahrheit immer subjektiv ist. Laut dem Psychoanalytiker Sigmund Freud ist die biografische Wahrheit nicht zu haben. Dass es die biografische Wahrheit nicht gibt, kommt immer wieder an Familienfesten zum Ausdruck. Da erzählt der Grossvater eine Geschichte, und sofort melden

Persönlich Dr. phil. Geneviève Grimm-Montel (75) arbeitet als eidgenössisch anerkannte Psychotherapeutin in eigener Praxis. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Lebensrückblickstherapie im höheren ­Lebensalter. Über dieses Thema hat sie auch promoviert. Sie ist verheiratet, hat eine Tochter und wohnt im Kanton Zürich.

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Von Kindsbeinen an hat sich Edith Schweizer-VÜlker fßr andere Länder und andere Kulturen interessiert.

LEBENSART

Die Neugierige Ihr Leben, sagt die Basler Volkskundlerin Edith Schweizer-Völker, habe immer aus Leidenschaften bestanden. Und noch heute sei sie neugierig und zukunftsorientiert. Ein Besuch an den Gestaden des Rheins in Basel.

Text: Robert Bösiger Foto: Christian Roth

«Ich habe alles in mich aufgesogen, was mich interessiert hat.» Das sagt Edith Schweizer-Völker (81) auf die Frage, was sie studiert hat. Konkret studiert hat die im Basler Dreiländereck bekannte Volkskundlerin und Kulturjournalistin an der Universität Basel die Fächer Anthropologie, Ethnologie, Volkskunde und Kunstgeschichte. Zudem absolvierte sie ein Semester an der Sorbonne in Paris, «etwas, das man als Baslerin einfach machen musste».

Die Neugier wurde Edith Schweizer-Völker sozusagen in die Wiege gelegt. Der Vater Paul, ein Grafiker, und die Mutter Elvina aus Mulhouse gaben ihr ein behütetes Zuhause, zeigten ihr handkehrum aber auch, dass die Welt nicht nur aus dem St. Johann-Quartier in Basel bestand.

Noch gut mag sie sich an die Kriegsjahre besinnen und daran, dass sie ihre Grosseltern mütterlicherseits der geschlossenen Grenzen wegen bis nach Kriegsende nie hat sehen können. Ebenfalls unvergessen bleiben ihr das regelmässige Verdunkeln, das Grollen der Bombardements aus dem nahen Elsass und die Angst einflössenden Sirenen.

Studium erst nach der Heirat Studiert hat die quirlige Baslerin mit den wachen Augen erst nach der Heirat mit dem Lehrer und Rektor Felix Schweizer ab Mitte der 1960er Jahre.

Mühe habe sie damals bloss mit dem Umstand gehabt, dass sie plötzlich ihren Mädchennamen Völker verloren habe. Dazu sagt sie heute: «Ich bin doch nicht einfach eine Frau Schweizer. Das wäre mir viel zu eng!» So nennt sie sich seither Edith Schweizer-Völker.

Zunächst findet sie eine Anstellung beim Karger-­ Verlag. Dieser Verlag, ursprünglich in Berlin gegründet und von der Familie Karger wegen zunehmender Repressionen seitens der Nazis nach Basel verlegt, ist heute der grösste wissenschaftliche und medizinische Fachverlag der Schweiz.

Begeisterte Volkskundlerin …

Schon bald möchte sie mehr schreiben. Edith Schweizer heuert zunächst bei den «Basler Nachrichten» an. Dann kam ihr Engagement beim Magazin «B wie Basel» und bei der Dreiland-Beilage der «Basler Zeitung». Über diese spannende Zeit spricht sie mit grosser Begeisterung.

Ihr erstes Buch, «Butzimummel – Narro – Chluri», wo sie sich der Volksbräuche im Dreiland annimmt, prägt sie und macht sie zur ausgewiesenen und gefragten Kennerin auf ihrem Gebiet.

Vor allem auch in Fasnachtskreisen macht sie sich einen Namen. Den publizistischen Durchbruch indes schafft sie mit den beiden Werken «Mythische Orte am Oberrhein» in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Martin Schulte-Kellinghaus. Diese Bücher seien in der Tat ein «Renner», wie sie mit Freude sagt – und dies bereits in der dritten Auflage. … und eingefleischte Fasnächtlerin Dass die Fasnacht in ihrem Leben eine zentrale Rolle spielt, erkennt man in ihrer Wohnung auf der Kleinbasler Seite des Rheins auf Schritt und Tritt. Da hängen Larven, Bilder und Laternenfragmente – und buchstäblich ganz aus dem Häuschen sind wir beim Besuch des stillen Örtchens, das bei ihr den Namen «Fasnachtskabinett» trägt und entsprechend eingerichtet ist.

Zum ersten Mal an die Fasnacht geht sie mit Nachbarskindern im Jahre 1946. Es ist damals die erste Fasnacht nach einer längeren Durststrecke – während des Krieges fand sie nicht statt. Sie hätten sich verkleidet und seien mit einem Leiterwagen als «Schyssdräggziigli» in die Stadt gegangen. Seither sei sie dem Fasnachtsvirus erlegen, berichtet Edith Schweizer-Völker.

Später, mit 20 Jahren, formiert sie mit Gleichgesinnten die Clique «Suurampfle». Sie lernt Piccolo. Auch heute lässt die angefressene Fasnächtlerin keine Fasnacht aus. Immer am Visit Winter 2020

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LEBENSART

«Ich habe alles in mich aufgesogen, was mich interessiert hat.»

Edith Schweizer-Völker

Edith (vorne links) als kleines Mädchen 1949 in den Winterferien in Flums zusammen mit ihrer Familie: Vater Paul, Mutter Elvina und Brüderchen Robert Völker.

Auf dem unteren Bild ist Edith Schweizer-­Völker als junge Frau anno 1965 zu sehen.

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Visit Winter 2020

Fasnachtsdienstag schlüpfe sie in ihr «Goschdym» und gehe auf die Piste. Sie mag lieber nicht daran denken, dass die Fasnacht 2021 womöglich erneut dem Coronavirus zum Opfer fallen könnte.

Das adoptierte Kind Kinder wollte sie bis 30 keine, dann aber schon.

Bei einer Reise mit ihrem Mann durch Indien hätten sie die vielen Waisen gesehen und sich entschlossen, ein Kind zu adoptieren. Edith Schweizer erzählt: «Überraschenderweise kam dann von Terre des hommes kein Kleinkind, sondern ein Buschi. Ich habe noch schnell einen Crashkurs absolviert, um wenigstens anständig einen Schoppen machen zu können.» Heute ist aus dem seinerzeitigen kambodschanischen Flüchtlingskind Noë Sovann ein gestandener Mann geworden, der im Bauteam der Parkanlagen und Spielplätze der Stadt Winterthur tätig ist.

Seit damals habe sie Asien ins Herz geschlossen, räumt sie ein. Ihre Lieblings- und Herzensdestination sei Südostasien. Und natürlich ihre «grenzenlose» Dreiland-Region Basel.

Mit ihrem derzeitigen Leben ist Edith Schweizer-Völker zufrieden. Sie lebe eher in der Zukunft als in der Vergangenheit, gesteht sie. Derzeit sei sie sehr an der weiteren Entwicklung des Kleinbasler Klybeckquartiers interessiert. Dieses Quartier war bis vor wenigen Jahren von der chemischen Industrie geprägt, «jetzt aber entsteht so viel Tolles hier». So erstaunt es nicht, dass sie auch für die Kleinbasler Quartierzeitung namens «mozaik» regelmässig in die Tasten haut.

Kulturgut Totentanz Mit dem Spirituellen befasse sie sich eher am Rande. Und mit Religion – respektvoll beobachtend – beim Volksbrauchtum und fasziniert von der Vielfalt der Ausdrucksformen. Ihre Lebenserinnerungen bedeuten ihr viel. Vor allem die guten, wie sie präzisiert. «Doch, selbstverständlich», antwortet sie auf die Frage, ob sie sich auch mit dem Älterwerden, dem Alter und letztlich mit dem Ende beschäftige. So richtig bewusst geworden, dass sie nun «alt» sei, sei ihr das erst mit 80 Jahren geworden. «Bis dahin habe ich das Älterwerden gar nicht richtig realisiert – wohl auch, weil ich meistens gesund war.»

Dem Tod sei sie erstmals beim frühen Tod ihres Vaters begegnet, indirekt aber auch, indem sie sich gerne und oft mit dem «Totentanz» bei der Predigerkirche befasst habe. Über dieses Basler Kulturgut habe sie oft geschrieben und auch Vorträge gehalten. «Ich habe mich seinerzeit wahnsinnig genervt, als man die Tram-Haltestelle plötzlich von ‹Totentanz› in ‹Universitätsspital› umbenannt hat.»

PUBLIREPORTAGE

Was man gegen Einsamkeit im Alter tun kann Ältere Menschen tragen ein besonders grosses Risiko, einsam zu werden.

Einsamkeitsgefühle wirken sich negativ auf die Lebensqualität und die Gesundheit aus. Die neue Website www.gesund-zh.ch ermöglicht über 65-jährigen Menschen aus dem Kanton Zürich, etwas gegen die Einsamkeit zu tun.

«Seit ich alleine bin, fühle ich mich einsam», erzählt Therese Tobler*. Nach der Trennung von ihrem Partner quälten die 69-Jährige Gefühle der Einsamkeit.

«Einsamkeit ist ein schmerzlicher Mangel an Nähe, den jemand über einen gewissen Zeitraum erfährt», sagt Bettina Ugolini, Leiterin der Beratungsstelle Leben im Alter am Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich.

Einsamen Menschen fehle das Gefühl, von anderen Personen beachtet, gebraucht und anerkannt zu werden.

Bild: Gettyimages

Ereignisse können Einsamkeit hervorrufen Ältere Menschen haben ein besonders hohes Risiko, einsam zu werden. Denn mit dem Älterwerden nimmt die Anzahl an Kontakten ab. «Vertraute Menschen sterben und für diese Beziehungen gibt es oftmals keinen Ersatz», so Bettina Ugolini. Oft sind Gefühle von Einsamkeit mit Ereignissen verknüpft wie dem Tod eines geliebten Menschen, Isolation durch Krankheit oder Trennung – wie im Fall von Therese Tobler.

Negative Folgen für die Gesundheit Einsamkeit schränkt nicht nur die Lebensqualität ein, sie schadet auch der Gesundheit. «Gefühle der Einsamkeit können zu Stress und Depressionen und zu Kopfschmerzen, Herzproblemen und Bluthochdruck führen», erklärt Bettina Ugolini. Die meisten einsamen Menschen ziehen sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. Das macht es schwer, aus der Einsamkeit herauszufinden. Das kennt auch Therese Tobler: «Wenn ich mich einsam fühle, hilft nichts. Ich sitze zu Hause und habe keine Kraft, Kontakt zu suchen.»

Aktiv zu sein und gemeinsam etwas zu erleben, kann gegen Einsamkeit helfen.

Aktiv werden, Menschen treffen Therese Tobler ist es gelungen, etwas gegen die Einsamkeit zu tun. Sie schloss sich an ihrem Wohnort ZÄMEGOLAUFE an. Hier können Menschen ab 60 Jahren in ihrer Wohngemeinde regelmässig, kostenlos und ohne Anmeldung gemeinsam spazieren gehen.

ZÄMEGOLAUFE ist eines von rund 60 Angeboten, die auf der neuen Website www.gesund-zh.ch zu finden sind.

Die Website umfasst Angebote, die gegen Einsamkeit helfen können.

«Beziehungen auffrischen und pflegen, aktiv sein und sich engagieren: All dies kann gegen Einsamkeit helfen», empfiehlt Bettina Ugolini. «Ich rate Menschen, offen auf andere zuzugehen, Gelegenheiten zu nutzen und beim Einkaufen oder Spazierengehen einer Person mal zuzulächeln, damit ein Kontakt entstehen kann.» *Name geändert

Neue Website gegen Einsamkeit Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich hat eine neue Website für Menschen ab 65 Jahren aufgeschaltet. Die Website www.gesund-zh.ch führt Angebote aus dem Kanton Zürich auf, die das Wohlbefinden stärken. Die Angebote ermöglichen es, Neues zu lernen, Kontakt zu knüpfen sowie Hilfe anzunehmen oder anzubieten. Und dies entweder am Computer, ohne Computer zu Hause oder auswärts mit Menschen.

LEBENSART

«Das Alter ist bunter geworden» Ihr Start im neuen Job fiel in eine aussergewöhnliche Zeit. Mitten in der Corona-Pandemie hat Véronique Tischhauser-Ducrot den Vorsitz der Geschäftsleitung von Pro Senectute Kanton Zürich übernommen. Was sind ihre Erkenntnisse aus den ersten Monaten? Und wie sieht sie die Zukunft der gemeinnützigen Organisation?

Interview: Ivo Bachmann Foto: Renate Wernli

«Aktivierung, soziale Kontakte und Bewegung – das sind die entscheidenden Faktoren, um im Alter selbstständig leben zu können»: Véronique Tischhauser-Ducrot.

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Visit Winter 2020

Sie sind seit Anfang Juli Vorsitzende der ­G eschäftsleitung von Pro Senectute Kanton ­Zürich. Was hat Sie an dieser Aufgabe besonders gereizt?

Véronique Tischhauser: Das Altern ist ein Prozess, der uns alle betrifft – er ist die Geschichte des Menschen. Und Menschen und ihre Geschichte interessieren mich. Schon in meiner bisherigen beruflichen Laufbahn habe ich mich mit den Bedürfnissen des Alters beschäftigt. Zuerst in der Versicherungsbranche, als ich mit Fragen der finanziellen Altersvorsorge zu tun hatte. Danach während rund 10 Jahren im Gesundheitswesen. Die heutige Aufgabe ist so gesehen wie eine Weiterentwicklung meiner früheren Tätigkeiten. Zudem: Wenn man die Möglichkeit hat, sich für Pro Senectute Kanton Zürich engagieren zu dürfen, dann ist das eine grosse Chance und spannende Aufgabe.

Wer einen neuen Job antritt, hat ein persön­ liches Bild von der Organisation. Haben sich Ihre Vorstellungen erfüllt?

Ich habe unglaublich engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennengelernt, an allen Stellen und in allen Bereichen. Die Motivation ist überall spürbar wie auch die Verbundenheit mit der älteren Bevölkerung. Das hat mich sehr gefreut.

Sie haben Ihre neue Aufgabe mitten in der ­Corona-Pandemie übernommen.

Ja, das war eine sehr spezielle Situation. Zuerst befürchtete ich, meinen Job im Homeoffice starten zu müssen. Das war dann zum Glück nicht der Fall. Im Juni konnten unsere Dienstleistungszentren wieder öffnen und die Mitarbeitenden allmählich zurückkehren ins Büro. Das hat den Einstieg erleichtert. Doch die Pandemie prägt unseren Alltag nach wie vor stark. Wir setzen uns regelmässig mit unseren Schutzkonzepten auseinander und den Rahmenbedingungen, die unabdingbar sind, um sicher arbeiten und Leute in unseren Zentren empfangen zu können. Viele Menschen sind verunsichert. Unsere Mitarbeitenden unterhalten sich darüber Tag für Tag mit unseren Kundinnen und Kunden, beraten und unterstützen sie.

Gibt es bereits Lehren, die Sie aus dieser Pandemie ziehen, spezielle Erkenntnisse vielleicht auch für die Zeit nach Corona?

Ja, da gibt es einiges. Unsere Organisation war dank einer modernen Infrastruktur glücklicherweise gut aufgestellt: Unsere Mitarbeitenden konnten sofort ins Homeoffice wechseln. Und sie machten damit insgesamt gute Erfahrungen. Darauf wollen wir aufbauen, indem wir Arbeitsformen und Teamarbeit neu denken und flexibler

gestalten. Bei den Dienstleistungen hat sich gezeigt, dass wir den Kontakt zu vielen unserer Kundinnen und Kunden auch über Telefon oder E-Mail erfreulich gut pflegen konnten. Es war sogar möglich, Sozialberatungen telefonisch zu führen. Das zeigt, dass sich unsere Dienstleistungen weiterentwickeln und digitaler werden können.

Menschen über 65 sind von der Corona-­ Pandemie besonders stark tangiert.

Sie gelten gemeinhin als Risikogruppe …

Da braucht es unbedingt eine differenziertere Definition und genauere Regelungen, um die «Auch in zehn Jahren Menschen zu schützen. Pro wird die Armut nicht Senectute kämpft dafür, dass verschwunden sein.» ältere Menschen nicht pauschal als Risikogruppe dekla- Véronique Tischhauser-Ducrot riert werden. Denn man darf nicht vergessen: Viele ältere Menschen sind sehr aktiv und sozial engagiert – allein bei Pro Senectute Kanton Zürich gibt es rund 3500 Freiwillige.

Sie wollen sich engagieren.

Die Generation der Babyboomer geht momentan in Rente. Manche Neurentner haben jedoch das Gefühl, Pro Senectute sei etwas für die «richtig alten Leute». Was entgegnen Sie ihnen?

Klar, das Alter ist bunter geworden. Unsere Kundinnen und Kunden bilden mehr als eine Generation.

Die Situation und die Bedürfnisse sind entsprechend vielfältig. Doch Aktivierung, soziale Kontakte, Bewegung – das sind die entscheidenden Faktoren, um auch im Alter selbstständig zu Hause leben zu können. Das ist der Kern unserer Arbeit: die Prävention. Und dafür gibt es keine Altersgrenze.

Dennoch: Es gilt, die Interessen von 60-Jährigen genauso abzudecken wie die Bedürfnisse von 100-jährigen Menschen.

Das ist tatsächlich ein riesiger Spagat. Aber unser Auftrag und unsere Angebote richten sich nicht nur nach dem Alter. Sie orientieren sich am konkreten Unterstützungsbedarf. Wie hoch ist etwa der Verlust bestimmter Fähigkeiten, wie gross sind die Einschränkungen? Es gibt Seniorinnen und Senioren, die auch mit 90 Jahren kaum Hilfe brauchen, weil sie noch fit und aktiv sind. Umgekehrt haben manche Menschen, die an der Schwelle zur Pensionierung stehen, bereits Unterstützung nötig – etwa weil sich ihre persönliche oder familiäre Situation so verändert hat, dass sie gewisse Dinge nicht mehr selber erledigen können. Wir wollen die Menschen dort abholen und unterstützen, wo sie stehen – sei es in Kursen, mit finanzieller oder administrativer Unterstützung oder über unsere Sozialberatung. >> Visit Winter 2020

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LEBENSART

Pro Senectute Kanton Zürich will eine Grundversorgung für alle Bereiche der Altersarbeit bieten. Was bedeutet das?

Heute prägt die medizinische Sicht das Bild der Altersarbeit und der Altershilfe – also vor allem die Perspektive der Pflege. Das verdeutlicht auch eine neue Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen. Unser Anliegen ist, dass das Verständnis der Altershilfe breiter wird. Viele ältere Menschen brauchen medizinische Pflege erst in einer späten Lebensphase. Aber schon früher wünschen sie Aktivierungsangebote und gezielte Unterstützung, damit sie weiterhin gut zu Hause und selbstbestimmt leben können. Das ist letztlich auch das Ziel der Politik: Menschen sollen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Es braucht also mehr Betreuung und Unterstützung auch in nichtmedizinischen Belangen.

«Junge Senioren sind heute sehr viel aktiver. Über ein freiwilliges Engagement können sie ihr Know-how, ihre Erfahrung weitergeben und so auch persönlich viel Befriedigung erfahren.»

Véronique Tischhauser-Ducrot

Immer mehr ältere Menschen sind online, ­nutzen digitale Dienstleistungen. Wie reagiert Pro Senectute Kanton Zürich auf diesen Trend?

Eine Studie von Pro Senectute hat kürzlich aufgezeigt, dass sich die Internetnutzung in den letzten 20 Jahren praktisch verdoppelt hat. Bei den heute 80-Jährigen liegt jedoch ein «Digitalisierungsgraben» – wer älter ist, nutzt meistens analoge Medien und Kommunikationsmittel.

Unsere Dienstleistungen müssen folglich so flexibel ausgestaltet sein, dass sie beide Seiten ansprechen. Nehmen wir das Beispiel CasaGusto: Unseren Mahlzeitendienst kann man online im Internet, aber weiterhin auch telefonisch bestellen. Wichtig ist, dass wir die Entwicklung begleiten und auf eine konkrete Situation reagieren können – wie zum Beispiel jetzt während der Corona-Pandemie. Wir haben etwa bei AvantAge, unserer Fachstelle für Alter und Arbeit, sehr schnell Online-Seminare angeboten.

Und wie waren die Reaktionen?

Insgesamt sehr gut. Aus solchen Erfahrungen lernen wir.

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Visit Winter 2020

Von aussen betrachtet hat Pro Senectute Kanton Zürich zwei Gesichter. Sie ist zum einen eine gemeinnützige Einrichtung, zum andern eine Anbieterin auch kommerzieller Dienstleistungen. Ist diese Doppelrolle nicht problematisch?

Das ist wie Kopf und Zahl auf einer Münze – sie gehören zusammen. Wir können unser Gesamtangebot nur aufrechterhalten, weil wir professionell organisiert sind und manche Dienstleistungen zu Marktpreisen erbringen. Ohne diese Einnahmen könnten wir etwa die kostenlose Sozialberatung nicht finanzieren. Pro Senectute Kanton Zürich leistet pro Jahr rund 3 Millionen Franken direkte Finanzhilfe. Niederschwellig, einfach und direkt unterstützen wir Menschen, die finanzielle Schwierigkeiten haben. Dabei sind wir auch auf Spenden angewiesen. Und wir sind verpflichtet, dass dieses Geld zielgerichtet und effizient eingesetzt wird. Bei Pro Senectute Kanton Zürich fliessen denn auch nur 14 Prozent unserer Einnahmen in die Administration. Der Zewo-Standard liegt bei 25 Prozent.

Was macht aus Ihrer Sicht denn eigentlich die «Seele» der Organisation aus?

Unsere Mitarbeitenden und unsere Freiwilligen!

Wir sind zwar eine alte Organisation, vor über 100 Jahren gegründet. Aber wir sind immer noch sehr agil. Unser Motto – «gemeinsam stärker» – leben am besten unsere Mitarbeitenden und Freiwilligen, die Tag für Tag vor Ort sind.

Apropos Freiwillige: Wie kann man auch künftig genug Menschen für unentgeltliche Arbeit motivieren?

Unsere Freiwilligen sind sehr wichtig. Sie sind

unser Gesicht vor Ort und bilden das direkte Bindeglied zwischen unseren Dienstleistungen und den Kundinnen und Kunden. Freiwillige engagieren sich im Schnitt mehr als sechs Jahre. Das ist schön. Aber wir sehen auch, dass eine gewisse Verjüngung nötig wird. Wir müssen uns überlegen, wie wir Interessierte auch in kurzfristigere, projektbezogene Aktivitäten einbinden können.

Junge Senioren sind heute sehr viel aktiver. Über ein freiwilliges Engagement können sie ihr Knowhow, ihre Erfahrung weitergeben und so auch persönlich viel Befriedigung erfahren. Und nicht zuletzt wird über den Einsatz von Freiwilligen die Solidarität unter den Generationen gefördert.

Das ist uns wichtig.

Dass Freiwilligenarbeit entschädigt wird – ein Thema?

das ist der Zement unserer Gesellschaft. Anderseits werden sich auch Senioren individueller und schneller informieren, Dienstleistungen und Angebote digital beziehen wollen. Doch was wir nicht vergessen dürfen: Auch in zehn Jahren wird die Armut nicht aus der Schweiz verschwunden sein. Unsere diesbezüglichen Dienstleistungen werden weiterhin nötig sein. Und ich hoffe, dass wir die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und dem Kanton vertiefen können mit dem Ziel einer umfassenden integrierten Altersarbeit.

Pro Senectute Kanton Zürich wird wohl noch wichtiger werden – allein schon, weil es immer mehr ältere Menschen gibt.

Lassen Sie es mich so sagen: Unsere Rolle wird wichtiger. Wir selber sind nicht wichtig. Die alten Menschen sind es.

Das ist im Moment eine grosse Diskussion – innerhalb von Pro Senectute, aber auch zusammen mit dem Bund. Freiwillige dürfen nur eine kleine Spesenvergütung erhalten. Aber je komplexer die Dienstleistungen werden und je umfangreicher und intensiver der Einsatz, desto wichtiger wird es, dass man auch über eine gewisse Entschädigung diskutiert. Selbstverständlich soll Freiwilligenarbeit nicht mit einem Lohn abgegolten werden. Aber eine Wertschätzung auch in Form einer adäquaten Spesenentschädigung ist sicher angezeigt.

Wie wichtig ist die Vernetzung mit anderen Fachorganisationen?

Sehr wichtig! Unsere ganze Welt ist vernetzter geworden. Dem müssen auch wir uns stellen. Durch Synergien und Vernetzung entstehen vielfach bessere Lösungen – und oft kreativere Ideen, weil man sich mit verschiedenen Leuten zusammentut und gemeinsam diskutiert. Wir haben bereits verschiedene Vernetzungs- und Synergieprojekte … … zum Beispiel CareNet+, das unter anderem im Knonaueramt lanciert worden ist.

CareNet+ ist ein gutes Beispiel. Es geht darum, komplexe individuelle Situationen vernetzter anzuschauen und unter den verschiedenen Akteuren sinnvoll zu koordinieren. Wir planen, dass wir mit den Gemeinden im Knonaueramt ab 2021 Leistungsvereinbarungen treffen und von der Projekt- in die Betriebsphase übergehen können.

Wo sehen Sie Pro Senectute Kanton Zürich in 10 Jahren?

Digital und lokal: Das werden wohl die zwei Hauptpfeiler sein. Lokal die sozialen Kontakte und die direkte Verbindung über unsere Freiwilligen vor Ort – das wird und muss bleiben, denn

Persönlich Véronique Tischhauser-Ducrot (49) ist seit Juli 2020 Vorsitzende der Geschäftsleitung von Pro Senectute Kanton Zürich. Sie blickt auf eine langjährige berufliche Erfahrung in führenden Funktionen privater Unternehmen und öffentlicher Organisationen zurück, zuletzt als Geschäftsführerin der Spitex Zürichsee und als Vorstandsmitglied des Spitex-Verbandes des Kantons Zürich. Véronique Tischhauser hat an der Universität Genf Politische Wissenschaften studiert und sich in berufsbegleitenden Ausbildungen auf die Bereiche interne Kommunikation, Public Relations, Vertriebs- und Unternehmenskommunikation spezialisiert, zuletzt über ein Zusatzstudium in Nonprofit-Management am Center for Philanthropy Studies der Universität Basel. Die gebürtige Genferin wohnt mit ihrer Familie in Stäfa.

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PUBLIREPORTAGE

So viel Extra muss sein: Das neue Gigaset E720 Elegantes Telefon mit Features für mehr Komfort und Sicherheit für Menschen mit besonderen Ansprüchen.

Ein neues High-End-Gerät erweitert das Festnetztelefon-Portfolio von Gigaset: Das E720 zeichnet sich durch einfache Bedienbarkeit und gewohnt hohe Verarbeitungsqualität aus. Egal ob im Alltag oder in Notsituationen, das DECT-Telefon unterstützt die gesamte Familie in jeder Lebenslage. Mit hilfreichen Funktionen wie sprechenden Wähltasten, Schutz vor unerwünschten Anrufen oder der direkten Übertragung des Anrufes auf ein Hörgerät macht das Telefonieren auch bei körperlichen Einschränkungen wieder Spass.

Eine aussergewöhnlich hohe Audioqualität haben alle Modelle gemeinsam. Die optimierte Akustik sorgt selbst im Freisprechmodus für beste Verständlichkeit. Ist es im Hintergrund etwas lauter, ist das für das Gigaset E720 kein Problem. Die Software passt die Rufton- und Hörerlautstärke automatisch an die Umgebung an und die Rauschunterdrückung filtert Hintergrundgeräusche. Und wenn die Hörerlautstärke dann doch mal etwas höher sein muss, genügt ein sanfter Druck auf die Funktionstaste an der Seite des Mobilteils. Hörgeräte-kompatibel waren bereits einige Modelle der E-Serie – doch mit dem E720 geht Gigaset noch einen Schritt weiter: Nun kann der Anruf direkt via Bluetooth 4.2 auf ein kompatibles Hörgerät übertragen werden. So erleben Personen mit Hörbeeinträchtigungen gestiegenen Komfort und eine ganz neue Klangqualität beim Telefonieren.

Sicherheit geht vor Das Gigaset E720 ist ein komfortables Telefon für Familien – es erleichtert aber auch gerade älteren Menschen

Das Gigaset E720 Mobilteil in Schwarz mit edlen Chrom­ applikationen, dank ECO-DECT immer strahlungsarm.

oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen die Kommunikation. Ein Druck auf die Direktwahltaste A löst eine Notfall-Kette aus. Bis zu vier hinterlegte Telefonnummern werden der Reihe nach angerufen, bis jemand abhebt. Im Notfall muss so nicht lange nach der richtigen Nummer gesucht, sondern nur eine Taste gedrückt werden. Diese Funktion ist auch von den Gigaset­Seniorenhandys bekannt.

Wenn sich Eltern oder Grosseltern länger nicht melden und auch auf Anrufe nicht reagieren, löst das bei Familienmitgliedern grosse Sorge aus. Nicht immer ist es möglich, persönlich zum Wohnort von Angerufenen zu kommen.

Das Gigaset E720 bietet die Funktion einer automatischen Anrufannahme.

Ausgewählte Personen können damit im Notfall in den Raum hineinhören und -sprechen.

Dies erfolgt ausschliess­lich nach doppelter Authentifizierung und ist nur Rufnummern erlaubt, die zuvor festgelegt wurden. Die neuen Gigaset E720 Modelle sind ab sofort in der Farbe Schwarz erhältlich. Das E720 ist für CHF 109.– und das E720HX (Universal-Mobilteil) für CHF 105.– erhältlich.

Gigaset ist ein international agierendes Unternehmen im Bereich der Kommunikationstechnologie. Die Gesellschaft ist Europas Marktführer bei DECT-­ Telefonen und rangiert auch international mit etwa 900 Mitarbeitern und Vertriebsaktivitäten in circa 50 Ländern an führender Stelle. Die Geschäftsaktivi­ täten beinhalten neben DECT-Telefonen auch ein umfang­reiches Smartphone-Portfolio, Cloud-basierte Smart Home Sicherheits-, Komfort- und Assistenzlösungen sowie Geschäftstelefonie-Lösungen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie Unter­ nehmen aus dem Enterprise-Segment.

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LEBENSART

Über die geschenkten 25 Jahre Der Philosoph Ludwig Hasler hat ein kritisches aber durchaus spannendes und witziges Buch darüber geschrieben, was es heisst, in der heutigen Zeit alt zu werden. Eine Buchbesprechung.

Text: Riccardo Bonfranchi

Ludwig Hasler: Für ein Alter, das noch was vorhat.

Mitwirken an der Zukunft. Verlag rüffer & rub, Zürich 2019 (3. Aufl.).

Vorneweg: Das Buch liest sich gut, vermeidet einen universitär-hochgebildeten Stil und ist sehr unterhaltsam.

Die Ausgangsfrage, die sich der Autor Ludwig Hasler (76) stellt, ist die: «Was tun mit 25 geschenkten Jahren?» In durchaus nicht ironischer Art und Weise stellt er den Reisetourismus vieler älterer Menschen dar. Wenn man diese Passagen liest, könnte man auf den ersten Blick meinen, Hasler überzeichnet die Situation. Aber das ist nicht der Fall, weil für viele ältere Menschen das Reisen zu einem festen Bestandteil ihres Lebens gehört.

Wovor laufen wir da weg?

Aber, so fragt Hasler: Ist dieses ständige Unterwegs-Sein zum Alter passend? «Bringen wir nur uns selber in Bewegung oder lassen wir uns ­unentwegt bewegen?» Wovor laufen wir weg? Dies ist eine weitere Frage, die Hasler aufwirft. So kommt er folgerichtig darauf zu sprechen, dass viele ältere Menschen depressiv sind und / oder unvernünftig Alkohol konsumieren. Diverse ­Studien belegen dies.

Eine andere Frage könnte sich bei der Lektüre stellen: Ist diese intensive Reisetätigkeit nicht auch ein Versuch, der eigenen Depression ent­ fliehen zu können? Sich mit immer neuen Reizen die eigenen Sinne zu betäuben, erscheint für viele Anzeige

fragen und antworten aus anthroposophischer sicht

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Visit Winter 2020

ältere Menschen eine Bewältigungsstrategie ihres Lebensabends zu sein. Selbstverständlich ist dieses Reisen mit Bussen und Kreuzfahrtschiffen nicht ganz billig. Hasler legt dar, dass es eine nicht zu unterschätzende Zahl älterer Menschen gibt, denen es in der Nachkriegszeit recht gut ergangen ist und die sich dieses Altershobby leisten können.

Was also soll der Mensch im Alter tun?

Kommen wir zum Fazit, das Ludwig Hasler älteren Menschen empfiehlt. Der Untertitel seines Buches lautet: «Mitwirken an der Zukunft». Im Buch vervollständigt er dann diese Aufforderung noch mit dem wichtigen Zusatz: «… Zukunft, die nicht mehr die meinige ist.» Tatsächlich: Noch unsere Grosseltern hatten nach ihrer Pensionierung kaum­ 25 weitere Jahre zu leben. Wir aber schon. Und deshalb ist die Frage, wir wir damit umgehen wollen, von entscheidender Bedeutung: Wir Alten sind in der Geschichte der Menschheit die erste Generation, die einerseits so langlebig ist und anderseits, in der westlichen Welt zumindest, in der Regel über ein gesichertes (Renten-)Einkommen verfügt. Kann es sich der Mensch erlauben, rund 25 Jahre lang passives Mitglied unserer Gesellschaft zu sein? Was also soll der Mensch tun?­ Er muss sich in frei- und selbst gewählter Akti­ vität zum Mitwirken in und an der Gesellschaft entscheiden.

Was haben wir Alten nun zu bieten, fragt ­Ludwig Hasler. Eine ganze Menge, davon ist er überzeugt: «Die Jungen sind mit dem frischen Wissen unterwegs, wir Älteren mit mehr Erfahrung im Handeln.» Hasler zeigt einige Beispiele hierfür auf. Er bezeichnet Erfahrung als Bedingung «aller Weltvertrautheit».

Schliessen wir mit einem Zitat von Ludwig Hasler aus seinem Buch: «Er (der ältere Mensch) braucht die Bereitschaft zu Trial & Error mit sich selbst, die Freude am Herumprobieren, den Humor beim Scheitern.» Auch wenn man die Früchte ­davon eventuell selber nicht mehr ernten kann.

Visit verlost zehn Bücher von Ludwig Hasler in unserem Preisrätsel auf Seite 42.

Tipps zum Thema Ausgewählt von der Pro Senectute Bibliothek

Bücher

Filme Wie Brausepulver auf der Zunge – glücklich sein ist keine Frage des Alters. Greta Silver.

München; Scorpio; 2018

Jetzt ist die beste Zeit, das Leben zu geniessen. Glücklich sein ist keine Frage des Alters.

«Ein grosses Glück ist dieses Alter. Und so bunt. Das hätte ich mir in jüngeren Jahren niemals träumen lassen. Wenn ich morgens aufwache, kribbelt die Freude auf den neuen Tag schon in mir. Was wird heute alles Tolles passieren?

Ich bin froh, dass dieses ganze Rumgezappel von früher vorbei ist und ich nur noch das tue, was mir Spass macht.

Ich muss nicht. Ich will. Das ist der Unterschied. Ich kann tun, was ich möchte. Und ich will eine Menge und brauche mir diese Zeit nicht zu stehlen. Jede Zeit ist meine Zeit.»

«Als ich mit etwa 30 Jahren verstand, dass ich selbst für mein Glück verantwortlich bin, trat ich raus aus der Opferrolle und handelte.»

Reifes Leben. Eine spirituelle Reise. Richard Rohr. Freiburg i.Br. Herder, 2012 Richard Rohrs Buch über die spirituelle Dimen­ sion des Älter- und Reiferwerdens: Was ist von Bedeutung auf der Lebensreise? Während Menschen in der ersten Hälfte in Beruf und Partnerschaft an der «Form» ihres Lebens arbeiten, rückt später dessen «Inhalt» in den Mittelpunkt. Darüber entscheiden nicht Altersstufen, sondern die Erfahrungen des Loslassens und wie wir damit umgehen – auf dem Weg zu unserem «wahren Selbst». «Bei den Aufgaben der ersten Lebenshälfte geht es nur darum, den Ausgangspunkt für unsere spirituelle Reise zu finden. Sie sind nicht mehr als eine Aufwärmübung. Sie sind das Floss, doch nicht das Ufer. In der ersten Lebenshälfte geht es darum, den Inhalt des Drehbuchs festzulegen, aber in der zweiten Hälfte müssen wir es tatsächlich schreiben und leben.

Machen Sie sich also bereit für das grosse Abenteuer!»

Papst Franziskus. Ein Mann seines Wortes.

Die Welt braucht Hoffnung. Vom preisge­ krönten Regisseur Wim Wenders. Zürich: Universal Studios, 2018 Ein Film, der in einer aussergewöhnlichen Zusammenarbeit mit dem Vatikan entstanden ist. Im Zentrum dieses Porträts stehen die Gedanken des Papstes, alle ihm wichtigen Themen, aktuelle Fragen zu globalen Herausforderungen und sein Reformstreben innerhalb ­ der Kirche. Ein Film für alle Menschen guten Willens, in dem es in der Tat um uns alle, um jedermanns Probleme und Themen geht, die jeden von uns betreffen. Sowohl für Christen als auch für Skeptiker und Kritiker und für Menschen, die nichts mit Religion am Hut haben.

Wim Wenders zu seinem Film: «Das ist die treibende Kraft hinter meinen Filmen: Ich mache Filme für etwas, nicht gegen etwas … Ich wollte ihn selber sprechen lassen und Ihnen die Möglichkeit geben, ihm direkt in die Augen zu sehen. Nur so sind Sie in der Lage, sich eine Meinung zu bilden. Schauen Sie selbst! … Das hier ist nicht in erster Linie ein «religiöser» Film. Das ist ein Film über unsere Welt und über uns Menschen heute.»

Le grand voyage. Ein Film von Ismaël Ferroukhi. Ennetbaden: Trigon-Film, 2005 Der 2004 mit dem «Leone del futuro» ausgezeichnete Film «Le grand voyage» des Marokkaners Ismaël Ferroukhi erzählt von einem Vater, der mit einem seiner Söhne als Pilger nach Mekka fährt. Das stille, verinnerlichte ­Roadmovie zeigt beispielhaft, dass Reise Lernen, zu tiefst Leben und Lernen sein kann. Wichtig ist die innere Reise, vom Vater zum Sohn und vom Sohn zum Vater, die konflikt­reiche Annäherung zweier Figuren, deren Werte und ­Lebenshaltung anfangs Gegenpole bilden.

Die Zeit ist ein grosser Lehrer: Gelassen älter werden. Lewis Richmond. München: Kösel, 2016 Die erste Wahrheit des Älterwerdens ist auch die erste Wahrheit der buddhistischen Lehre: Alles verändert sich. Lewis Richmond zeigt, wie diese Entwicklungen den weiteren Verlauf unseres Lebens positiv beeinflussen, da sie neue Möglichkeiten eröffnen, Wiederanfänge ermöglichen und eine Fülle von Wertschätzung und Dankbarkeit bereithalten. Ein stärkender Begleiter durch die Schlüsselstadien des Alterns.

Alle vorgestellten Medien können in der Pro Senectute Bibliothek ausgeliehen werden: Tel. 044 283 89 81 bibliothek@prosenectute.ch biblio.prosenectute.ch

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LEBENSART

Wer für andere da ist, tut sich selbst Gutes Pro Senectute Kanton Zürich ist mit der Ausgestaltung und dem Angebot an Freiwilligenaufgaben auf dem richtigen Weg – doch es gibt auch Optimierungspotenzial.

Dies zeigt eine neue Umfrage. Text: Andrea Kippe

0.35 % nicht zufrieden 0.21 % gar nicht zufrieden 40.73 % zufrieden

53.35 % sehr zufrieden

Wie zufrieden sind Freiwillige mit ihrem Engagement?

5.36 % teils / teils

«Uns interessierte, was Menschen dazu bewegt, sich für Pro Senectute Kanton Zürich zu engagieren, und wie zufrieden unsere Freiwilligen mit ihrem Engagement sind», sagt Kathrin Schwarz, Stabsmitarbeiterin Freiwilligen- und Ehrenamtlichenarbeit bei Pro Senectute Kanton Zürich. «Wir wollten ausserdem herausfinden, wo wir uns verbessern können.» Im April 2020 erhielten deshalb alle Freiwilligen, Ehrenamtlichen und Freien Mitarbeitenden einen Fragebogen zugestellt. Über 1500 von ihnen nahmen sich die Zeit, ihn auszufüllen, was einem Rücklauf von etwas mehr als 45 Prozent entspricht.

Hohe Zufriedenheit auch ohne materielle Entschädigung Ganz im Dunkeln tappten die Verantwortlichen natürlich nicht – schliesslich hat Pro Senectute Kanton Zürich viel Erfahrung mit Freiwilligenarbeit und pflegt im Alltag den Austausch regelmässig und auf verschiedenen Kanälen. Besonders gefreut hat sich Kathrin Schwarz darüber, dass fast 95 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer mit ihren Aufgaben zufrieden oder sehr zufrieden sind.

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Dabei sticht insbesondere das Angebot «Generationen im Klassenzimmer (GiK)» hervor: Es geniesst fast 80 Prozent «sehr zufriedene» Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Kathrin Schwarz sieht dafür verschiedene Gründe: ‹Generationen im Klassenzimmer› bietet die Möglichkeit, klar umrissene Aufgaben zu übernehmen. Die Führung liegt bei der Lehrperson und der Schule, während sich der Senior oder die Seniorin individuell mit seiner/ihrer Persönlichkeit einbringen kann.»

Viele ältere Menschen verbrächten zudem gerne Zeit mit Kindern und liessen sich von deren Lebendigkeit und Dynamik anstecken.

Nicht nur bei GiK sind Werte wie zwischen­ menschliche Begegnungen, Beziehungen, aber auch Dankbarkeit relevanter als materielle Anerkennung: Für über 95 Prozent der Freiwilligen bedeutet die Wertschätzung durch die Kundinnen und Kunden viel – und sie erhalten sie auch.

Fast zwei Drittel aller Befragten geben gleichzeitig an, dass eine materielle Entschädigung nicht so wichtig sei.

Menschen inspirieren Menschen Dass gemäss der Umfrage von Pro Senectute Kanton Zürich langfristige und regelmässige Engagements besonders beliebt sind, mag überraschen, denn allgemeine Trends in der Freiwilligenarbeit in der Schweiz deuten eher in Richtung temporäre kurzfristige Einsätze. Kathrin Schwarz führt das etwa auf die Altersstruktur bei den Freiwilligen von Pro Senectute Kanton Zürich zurück, sind doch die allermeisten von ihnen über 60 Jahre alt.

Sie haben einerseits entsprechend verfügbare Zeit, andererseits auch Bedürfnisse wie eine Alltagsstruktur nach der Pensionierung oder der regelmässige persönliche Kontakt zu anderen Menschen und den jüngeren Generationen.

Unabhängig von ihrem Alter hätten sich die Befragten mehrheitlich sehr bewusst für ein Engagement entschieden. Das Helfen sowie das

Weitergeben von Erfahrung und das Erwerben neuer Fähigkeiten sind dabei die kraftvollsten Motivatoren. So antwortet eine Umfrageteilnehmerin auf die offen formulierte Frage «Was macht Ihnen besonders Freude an Ihrem Engagement?», dass sie besonders den Austausch mit Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen schätze: «Ich kann etwas weitergeben, ich erhalte etwas zurück. Gerne unterstütze ich die jungen Menschen in den schulischen Fächern, aber auch auf ihrem Sprung in die Lehre, ins Erwachsenenleben.»

Gemeinsam etwas zu bewegen und sich persönlich weiterzuentwickeln, motiviert ausserdem knapp zwei Fünftel der Freiwilligen.

Rund drei Prozent aller Freiwilligen bei Pro Senectute Kanton Zürich sind unter 50 Jahre alt, wobei auch die Altersgruppe 20 bis 30 vertreten ist. Ihre Beweggründe sind dieselben wie bei den anderen: vor allem helfen und etwas Gutes, Sinnvolles tun. Jüngere empfinden zudem die Lebenserfahrung und die Lebensgeschichten der älteren Generation als Inspiration.

Zwei von drei Freiwilligen begeben sich mit ihrem Engagement auf Neuland, das mit ihrer ursprünglichen beruflichen Tätigkeit nichts zu tun hat.

Herausforderungen der Ortsvertretungen Am unteren Ende der Zufriedenheitsskala rangieren mit rund einem Drittel sehr zufriedenen und immerhin auch einigen nicht zufriedenen Umfrageteilnehmenden die Ehrenamtlichen der Ortsvertretungen. «Ortsvertretungen haben hinsichtlich der zeitlichen und inhaltlichen Ausgestaltung einen relativ grossen Spielraum», sagt Kathrin Schwarz. Das birgt auch Herausforderungen: «Wir spüren, dass eher klare Vorgaben gewünscht

sind», sagt sie. «Die Altersarbeit in den Gemeinden ist heute sehr gut aufgestellt. Lücken auszumachen und sich zu positionieren, wird für die Ortsvertretungen immer anspruchsvoller. Kommt dazu, dass der administrative Aufwand nicht zu unterschätzen und ziemlich unbeliebt ist, denn es gilt ja nicht nur Vorgaben von Pro Senectute Kanton Zürich einzuhalten, sondern es kommen noch jene vom Bund und von Pro Senectute Schweiz dazu.»

Das Gemeinschaftsgefühl stärken Kathrin Schwarz sagt, dass die Freiwilligenarbeit auch zukünftig die bewährten Funktionen haben wird, nämlich für die älteren Menschen da zu sein, den Generationendialog zu fördern und sinngebende, befriedigende Aufgaben und Angebote bereitzustellen. Begegnungen und der Austausch der Freiwilligen untereinander sollen weiterhin durch Anlässe und Weiterbildung gefördert werden.

Es werde indes auch neue Kurse geben und man strebe eine grössere zeitliche Bandbreite und bei Bedarf Wiederholungen an, so dass mehr Freiwillige als heute die Möglichkeit hätten, ihre Wunschkurse zu besuchen, so Schwarz.

Ausserdem sollen neue Kommunikationswege erschlossen werden, um die Freiwilligen besser zu erreichen und einzubinden, denn viele fühlen sich – auch dies eine zentrale Erkenntnis der Befragung – nur bedingt als Teil der Organisation Pro Senectute Kanton Zürich. «Wir alle – ob Mitarbeitende oder freiwillig Engagierte – setzen uns mit viel Freude und Energie gemeinsam für die älteren Menschen im Kanton ein. Dieses Gemeinschaftsgefühl liegt uns am Herzen und wir möchten es stärken.»

Was motiviert Freiwillige für ihr Engagement? (Mehrfachnennung möglich) Ich engagiere mich, …

… weil ich so anderen Menschen helfen kann. 77.46 %

… weil ich dabei mit anderen Menschen zusammenkomme.

0 %

… weil ich so mein persönliches Netzwerk pflegen kann.

19.30 %

… weil ich dabei mit anderen etwas bewegen kann. 38.80 %

… weil mein Umfeld dies von mir erwartet.

… weil mir die Tätigkeit auch für die berufliche Laufbahn etwas nützt.

1.13 % 1.69 %

… weil ich mich dabei persönlich weiterentwickeln kann. 38.52 % … damit ich eigene Probleme selbst in die Hand nehmen kann.

1.83 %

… weil ich dadurch meine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen kann. 62.54 % … weil ich dadurch meine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen erweitern kann. 43.38 %

Weiteres 18.87 %

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PUBLIREPORTAGE

Jetzt sind die Senioren auch online Der Name der Studie «Digitale Senioren», in Auftrag gegeben von Pro Senectute Schweiz, trifft den Nagel auf den Kopf: Die ältere Generation ist in der digitalen Welt angekommen.

Text: Roland Schäfli

Die Studie des Zentrums für Gerontologie, im Auftrag von Pro Senectute und finanziell unterstützt von Raiffeisen Schweiz, bringt es an den Tag: Herrschten noch vor wenigen Jahren Berührungsängste vor dem Internet, erkennen nun immer mehr Seniorinnen und Senioren die Vorteile der modernen Technologien. Das Bundesamt für Statistik hat bereits ermittelt: Jeder Zweite der über 70-Jährigen nutzt Informations- und Kommunikationstechniken (vgl. dazu auch das Interview auf Seite 30).

Bancomat und ÖV-Ticketautomat sind unterdessen fester Bestandteil im Leben der älteren Menschen. Auch Rentner, welche sich nicht zu den häufigen Besuchern des Internets zählen, bauen Hemmschwellen ab: selbst SelfCheck­­o ut-Kassen verlieren ihren Schrecken. Die Corona-Pandemie hat zudem dafür gesorgt, dass Methoden des kontaktlosen Bezahlens – wie etwa die Bezahl-App Twint – stärker genutzt werden.

Im Pensionsalter kommen nun Jahr­ gänge an, die im Berufs- und Privat­ leben mit modernen Technologien gearbeitet haben. Monika Greter kann in der Sozialberatung der Zürcher Pro Senectute immer häufiger feststellen, dass die Senioren sich vor einer Beratung bereits im Internet informiert haben.

Twint immer beliebter Auch eine Auswirkung von Corona: die ältere Generation hat das digitale Geld schätzen gelernt. Mit der kostenlosen Bezahl-App Twint zahlen Sie im Café, an der Kasse – und auch der «Batzen» wird den Enkeln als Guthaben überwiesen. Die Registrierung ist einfach, in Ihrer Raiffeisenbank erklärt man Ihnen gerne, wie schnell Sie Twint nutzen können.

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Fortschritt nicht aufhalten Digitale Technologien werden gesellschaftlich immer relevanter. Und auch wenn ältere Personen in der Regel länger als jüngere Menschen haben, bis sie sich mit einem neuen Angebot anfreunden, so schreitet doch die digitale Transformation fort. Die meisten der Befragten waren sich einig, dass der Fortschritt sich nicht aufhalten lässt.

Viele könnten sich ihr Leben ohne technische Geräte gar nicht mehr vorstellen.

«Das Internet erspart viel Lauferei»: Dieser Aussage konnten sich viele Ältere anschliessen. Ein Drittel stimmte der Meinung zu, das Internet «ermöglicht, im Alter länger selbständig zu bleiben». Allerdings fühlen sich ältere Menschen, denen der Zugang weniger einfach fällt, nicht selten «inkompetent» oder gar «ausgeschlossen». So klingelte bei der Infoline der Pro Senecute während des Lockdowns immer wieder das Telefon mit dieser Anfrage: Auf welchem Weg kann man sich

Am Raiffeisen Erlebnisdesk (RED) im aargauischen Nussbaumen lässt sich Kundin Trudy Waltenspühl gerade von Kundenberaterin Martina Laube das «Twinten» erklären.

Foto: Isabel Burger

von seinem Finanzinstitut Bargeld nach Hause senden lassen? Ein Problem, das Senioren, die sich schon in der digitalen Welt bewegen, nicht mehr kennen.

Raiffeisen Erlebnis Desk Im Alltag kommen ältere Menschen immer häufiger in Kontakt mit digitalisierten Dienstleistungen. Auch im Umgang mit Finanzinstituten wird zunehmend Usus, Angebote wie Bancomaten und E-Banking zu nutzen, die ein hohes Mass an Selbstständigkeit voraussetzen.

In den Schalterhallen der Raiffeisenbanken ist ein interessantes Pilot­­pro­ jekt im Gang, das die Hemmschwelle weiter abbauen dürfte. An über 20 Standorten wird die digitale Bank bereits berührbar. Am «Raiffeisen Erlebnis Desk», kurz RED genannt, kann man sich auf dem Touchscreen, also einem berührungsempfindlichen Bildschirm, Prinzipien wie etwa Twint erklären lassen – eben jene Hilfsmittel,

die viele Senioren noch aus Gründen wie «Kompliziertheit», «zu hoher Aufwand beim Erlernen», ja sogar «Sicherheitsbedenken» meiden.

Marco Frei, Bankleiter der Raiffeisenbank in Nussbaumen im Kanton Aargau, zieht positive Bilanz: «Die Demonstration des E-Banking zählt eindeutig zu den meistgewählten Favoriten: eine einfache und unkomplizierte Einführung ins digitale Banking.» Nach der Vorführung am Erlebnisdesk zeigten sich nicht wenige ältere Personen moti­ viert, das Erlernte zu Hause gleich in die Tat umzusetzen.

Misstrauen nicht verschwunden Tatsächlich ist es so, dass nicht nur mangelndes Verständnis von der ­Nutzung abhält. Gerade dem E-Banking gegenüber sind vorwiegend ältere S enioren misstrauisch eingestellt. ­ Dazu Sozialberaterin Monika Greter: «Sie haben Angst, dass ein Unbekannter Zugang zum Konto erhält.» So erteilen sie ihren Helfern zwar Vollmacht, aber

nicht die Erlaubnis, ihre Bankgeschäfte übers E-Banking abzuwickeln.

Die persönliche Beratung vermag diese Bedenken zu zerstreuen. Bei der Raiffeisenbank Würenlingen melden sich monatlich immerhin ein halbes Dutzend mehrheitlich ältere Personen für die persönliche Einführung zum E-Banking an. Erst kürzlich unternahm eine 77-Jährige die ersten Schritte im elektronischen Bankgeschäft, wie sich Kundenberaterin Martina Laube lebhaft erinnert: «Wie viele ihres Jahrgangs hatte sie Angst, durch einen ­falschen Tastendruck versehentlich Unbefugten Zugang zum Konto zu verschaffen.»

Diese verständliche, aber unbegründete Furcht wich bald einer grossen Erleichterung – und der Freude darüber, wie schnell die einfache Handhabung zu verstehen ist. Selten habe jemand nach der halbstündigen Einführung noch Bedarf an weiterer Unter­ stützung, sagt Laube, «und ein Schwatz liegt in dieser Zeit auch noch drin».

LEBENSLUST

«Senioren werden immer onlinefähiger» Pro Senectute Schweiz hat erneut eine Studie in Auftrag gegeben, die den Umgang der älteren Generationen mit der Digitalisierung untersucht. Peter Burri Follath, Leiter Kommunikation von Pro Senectute Schweiz, kommentiert die Ergebnisse.

Interview: Robert Bösiger

Die ältere Generation, besagt die von Pro Senectute in Auftrag gegebene Studie, sei in digitaler Hinsicht deutlich fitter als früher. Hat Sie dieses Ergebnis überrascht, Herr Burri Follath?

Peter Burri Follath: Grundsätzlich ist diese Ent-

wicklung nicht überraschend. Sie war zu erwarten, da seit Jahren praktisch nur Personen ins Pensionsalter kommen, die die neuen Technologien in ihrem Arbeitsumfeld genutzt haben.

Peter Burri Follath, Leiter Kommuni­ kation von Pro Senectute Schweiz.

30

Lässt sich tatsächlich generell sagen, dass die Menschen 65+ der Digitalisierung grundsätzlich positiv gegenüberstehen? Im Alltag mache ich andere Erfahrungen: Ältere Menschen, die nicht zurechtkommen mit einfachsten Tools und am liebsten ganz abhängen möchten ….

Dass der Zuwachs an Onlinerinnen und Onlinern im Pensionsalter nebst dem oben beschriebenen Effekt weiter zunimmt. Das hat mitunter damit zu tun, dass Pro Senectute nach wie vor diese Kompetenzen in unzähligen Kursen fördert – auch bei jenen älteren Menschen, die in ihrem Leben keine Erfahrung mit diesen Geräten gemacht haben, nun aber etwas Neues lernen wollen.

Natürlich gibt es diese Menschen auch. Aber auch wir «Jungen» regen uns ab und zu auf über ein nicht funktionierendes E-Mail-Programm, Viren, die uns das Leben schwermachen, oder ein Update, das dazu führt, dass alle Einstellungen neu sind oder in einer Applikation plötzlich alles anders aussieht. Die Weiterentwicklung der Geräte fordert uns alle immer wieder aufs Neue heraus. So ist es nur verständlich, dass im Umgang mit den digitalen Hilfsmitteln Frust aufkommen kann und man am liebsten aufgeben möchte. Aber es gibt auch sehr viel Seniorinnen und Senioren, die solche «Herausforderungen» als Chance sehen, diese nutzen und dazulernen wollen.

Die Studie besagt, dass vor allem das Smart­ phone an Beliebtheit zugenommen hat bei den Menschen über 65 Jahren. Das allein heisst ja noch nicht zwingend, dass die ältere Generation grundsätzlich digitaler geworden ist, oder?

Es gibt sie aber noch, jene älteren Menschen, die von Computern und digitalen Angeboten nichts wissen möchten. Was lässt sich da tun, damit diese Offliner nicht zwischen Stuhl und Bank fallen und abgehängt werden?

Könnte man meinen, doch das Smartphone ist heute das Gerät für den Zugang zur digitalen Welt. Das sieht man daran, dass das eigentliche Telefonieren auf dem Smartphone auch bei Seniorinnen und Senioren nur eine von vielen genutzten Anwendungen ist, die gern gebraucht wird. Ein Smartphone zu nutzen, heisst, einen Computer zu bedienen. In diesem Sinne haben meines Erachtens die digitalen Kompetenzen der älteren Bevölkerung klar zugenommen. Man geht heute viel intuitiver mit den neuen digitalen Alltagshelfern um.

Will heissen: Neue digitale Technologien zu erlernen, ist heute weniger anstrengend als noch vor 20 Jahren.

Es sind nach wie vor gut 400 000 Personen im Pensionsalter offline unterwegs. Hier ist es besonders wichtig, dass Organisationen wie insbesondere Pro Senectute ihnen zur Seite stehen und dabei helfen, im immer digitaleren Alltag zurechtzukommen. In unserem Kanton gibt es sehr viele Ortsvertretungen von Pro Senectute Kanton Zürich, die helfen und sehr aktiv sind. Wir dürfen aber auch die Angehörigen, Freunde, Bekannten oder vielleicht sogar Nachbarn nicht vergessen, die Seniorinnen und Senioren bei Fragen zum Umgang mit den Geräten und beim Erlernen beispielsweise neuer Kommunikationsformen unterstützen. Gerade während des Corona-Lockdowns haben diese Netzwerke sehr gut gespielt.

Welches Umfrageergebnis hat Sie persönlich am meisten überrascht?

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2010 2015 2020

38% 56% 74%

ONLINER NACH ALTER Für Jungsenioren ist die Internetnutzung selbstverständlich geworden.

Man hat im Zusammenhang mit der Corona-­ Krise des Öfteren von einem kräftigen Digitalisierungsschub gesprochen. Macht die Studie diesbezüglich auch Aussagen?

Digitale Technologien böten älteren Menschen «grosse Chancen» und nähmen auch vermehrt Einfluss auf deren Leben, wird oft behauptet.

In welcher Form denn und wo vor allem?

Die Erhebungen für diese Studie wurden vor der Die Möglichkeiten der Online-Kommunikation Corona-Pandemie gemacht. Somit sind keine sind ein grosser Mehrwert – gerade für Familien, Aussagen dazu möglich. Wir haben aber festge- die vielleicht nicht mehr am selben Ort leben. Für stellt, dass Corona zwar keinen grossen Effekt sie ist es vorstellbar, dass gewisse Dienste eine auf die Zunahme der Onlinerinnen und Onliner spannende Ergänzung im Kampf gegen die Einhaben wird, sehr wohl aber auf die Anwendungs- samkeit im Alter sein könnten. Auch das Online-­ kompetenzen. Denn Seniorinnen und Senioren Shopping kann zu einer grossen Erleichterung im waren ­in Zeiten der physischen Distanz und des Alltag werden: Man kann sich beispielsweise beRückzugs ins Private plötzlich gezwungen, sich quem das schwere Mineralwasser in die Wohnung Onliner Aktuell nutzen Noch nie, aber interessant liefern lassen.

Aber auch punkto Gesundheitsförmit Themen wie «Online-Shopping» auseinanderFitness-App 17.8 12.4 Krankenkassen App 12.7 18.2 nie, aber interessant Onliner Aktuell nutzen Noch derung kann ein Smartphone zum Motivator für zusetzen und neue Wege der digitalen KontaktVitalfunktionen messen 5.4 20.3 Fitness-App 17.8 12.4 App zur Kommunikation 2.1 24.4 Krankenkassen App 12.7mit ÄrztInnen/Apotheke 18.2 nie, Onliner Aktuell nutzen Noch nie,aber aberinteressant interessant Onliner Aktuell nutzen Noch mehr Bewegung sein.

Denn praktisch jedes Gerät pflege zu finden – Whatsapp oder Zoom waren App zur Erinnerung an Medikamente 1.4 23.6 Vitalfunktionen messen 5.4 20.3 Fitness-App 17.8 12.4 Fitness-App 17.8 12.4 App zur Kommunikation mit ÄrztInnen/Apotheke 2.1 24.4 Krankenkassen App 12.7 18.2 Krankenkassen App 12.7 sagt mir18.2 wie Möglichkeiten, um mit Bild und Ton mit den AppFazur Erinnerung an Medikamente 1.4 interessant 23.6 viel ich mich bewegt habe.

Vitalfunktionen messen 5.4 heute, 20.3 Onliner Aktuell nutzen Noch nie, aber Vitalfunktionen messen 5.4 20.3 App zur Kommunikation mit ÄrztInnen/Apotheke 2.1 24.4 Fitness-App 17.8 12.4 App zur Kommunikation mit ÄrztInnen/Apotheke 2.1 24.4 Natürlich es aber milien zu kommunizieren. Doch dies musste Appzur zurErinnerung Erinnerung an Medikamente 1.4 23.6 der Mensch selbst, der frei Krankenkassen App 12.7 18.2 ist1.4 App an Medikamente 23.6 Vitalfunktionen messen 5.4 20.3 entscheidet, was er nutzen möchte. Niemand eingeübt werden und bedurfte der Unterstützung App zur Kommunikation mit ÄrztInnen/Apotheke 2.1 wie24.4 App zur Erinnerung an Medikamente 1.4 23.6 der Familienmitglieder. Hinzu kommt, dass die- wird zur Digitalisierung gezwungen. se digitalen Kontakte nicht nur einmal stattfanden, die Bedienung dieser Instrumente also im- Können Sie die Vorbehalte älterer Menschen mer und immer wieder geübt wurde. Somit hat gegenüber digitalen Lösungen nachvollziehen die ältere Bevölkerung vielleicht auch gezwun- und dass sie Mühe haben, die g­ ewohnten genermassen ihre technischen Fähigkeiten aus- analogen Anwendungen und Dienstleistungen aufzugeben? >> gebaut.

65–69

95%

70–74

85%

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73%

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85+

35%

Onliner nach Alter:

GRUNDE FUR DIE NICHTNUTZUNG Für jüngereMEDIEN Senioren DER DIGITALEN HABEN ist die Internet­ SICHERHEITS­ BEDENKEN nutzung E R K E NselbstverNEN KEINEN PERSÖNLICHEN N U T Z E Ngeworden. ständlich

74%

61%

37%

WÜNSCHEN SICH UNTERSTÜTZUNG BEIM ERLERNEN

NUTZUNGSHAUFIGKEIT GERATE Der Fernseher bleibt der zentrale Informationskanal, das Smartphone wird zunehmend wichtiger.

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MOBILE INTERNETNUTZUNG Die Nutzung des Internets auf mobilen Endgeräten hat sich LEBENSLUST in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt.

Natürlich verstehen wir diese Einstellung. Man darf aber nicht vergessen, dass nicht nur Seniorinnen und Senioren Mühe damit haben, Gewohntes aufzugeben. Das geht uns allen so und liegt in der Natur des Menschen. Tatsache ist, dass die Digitalisierung passiert und diese Entwicklungen nicht aufzuhalten sind. Meines Erachtens ist es nach wie vor wichtig, dass wir unsere Energie nicht in die Ablehnung neuer Technologien stecken, sondern diese Energie nutzen, um Neues zu lernen.

IGITAL ENIORS 2020

Müsste Pro Senectute (statt Studien in Auftrag zu geben) nicht eher dafür besorgt sein, die Berührungsängste der älteren Menschen digitalen Ange­boten und Apps gegenüber ab­zubauen?

2015 31% 68% 2020 grösserer Effekt erzielt werden. Im Kampf gegen die Vereinsamung im Alter kann die Technologie ebenfalls vermehrt eingesetzt werden. Denn die soziale Isolation hat einen sehr negativen Einfluss auf die Gesundheit.

Die Nutzung des Internets auf mobilen Endgeräten hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt.

FAVORISIERTE INTERNETANWENDUNGEN (2010, 2015, 2020)

Wir bauen Berührungsängste ganz konkret und schweizweit ab. Und das seit mehr als 20 Jahren.

Letztes Jahr fanden beispielsweise im ganzen Wie stehen die älteren Menschen digitalen Land rund 10 000 Kurse rund um digitale Kompe- Dienstleistungen gegenüber – zum Beispiel beim Ausfüllen der Steuererklärung oder bei tenzen statt. Aber die Forschung ist ebenfalls INFORMATIONSSUCHE wichtig, um eine gute Grundlage zu haben: Wel- einem elektronischen Patientendossier?

E ­MA ILS che Berührungsängste gibt es? Wo liegen bei der Hier überwiegen die Vorteile digitaler Lösungen.

Nutzung oder Bedienung der Geräte die Schwie- Steuererklärungen oder andere administrative UND TELEFONIE rigkeiten? Welche Kompetenzen sind für die älte- CHAT Arbeiten werden vereinfacht – wenn die neuen ren Menschen spannend? Welche Wünsche stehen Prozesse erklärt werden. Bei Daten rund um die FAH R PL ÄNE im Raum?

Gesundheit sind die Online-Lösungen hinsichtlich Natürlich ist entscheidend, wie diese Erkennt- der Speicherung und überall möglichen Abfrage G E SUNDH E I TS I NF OS nisse aus der Forschung in den Alltag transferiert ebenfalls sehr praktisch. Das heisst: Im Ernstfall und genutzt werden. Welche Art von Massnahmen kann die digitale Speicherung der GesundheitsdaZE I TUNG E N und Kursen lassen sich ableiten? Was sind die ten gewährleisten, dass diese schnell gefunden Bedürfnisse der älteren Menschen betreffend werden. Anhand der Online-Tickets der SBB lassen E ­B ANKI NG ­digitalen Kompetenzen? Das geht nicht ohne sich ganz konkrete Vorteile beschreiben, die von ­Basiswissen. Mit der Erfahrung aus den unzähli- älteren bereits ONL Menschen I NE ­ SH OPPI NGsehr oft genutzt werden: gen Begegnungen mit Seniorinnen und Senioren Ich kann sicher und in Ruhe in meinen eigenen in unserer täglichen Arbeit, gezielter Forschung vier Wänden für DI meine SOC Ialles AL ME A Reise in den öffentliund den richtigen Schlüssen daraus kann schliesschen Verkehrsmitteln vorbereiten und muss nicht elle Pro Senectute Schweiz: 0 konsultieren 20 40 80 100 lich das Richtige gefördert werden. Wir wissen am Bahnhof einen Automaten und 60 osenectute.ch l 079 811 07 36 zum Beispiel, dass gerade das sichere Handling mich bei dessen Bedienung stressen lassen. Heute, mit einer Kreditkarte ein grosses Thema ist. So nach fast einer Dekade mit solchen Lösungen, haprüfen wir jetzt, eigens dazu einen Kurs zu ma- ben wir uns an diese Annehmlichkeiten gewohnt chen. Und wir versuchen, die Kreditkartenanbie- und wollen sie nicht mehr missen. ter dazu zu motivieren, selbst Hilfeleistungen zu bieten. Das geht nicht ohne klare Fakten. Die Studie wurde vollumfänglich von privaten Partnern Persönlich B E S I T ZE N E I N finanziert, sprich, auch diese haben ein Interesse ONE daran zu wissen, was sich bei den Seniorinnen PeterSMARTPH Burri Follath (50) ist Leiter Kommuniund Senioren in Sachen Digitalisierung tut. kation bei Pro Senectute Schweiz, hat einen NUT ZEN WEAR ABLES MBA in digitalem Marketing, ist MarketingW I E SMART WATCHES Begrüsst Pro Senectute den Einsatz von und Kommunikationsspezialist, eidg. dipl.

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LEBENSLUST

Farben, Formen, Fantasiewelten Die Zürcher Fotografin Ayse Yavas macht sich an einem frühen Morgen Ende September auf, um mit der Kamera Fantasiewelten einzufangen.

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Zunächst beobachtet die Fotografin, auf der Quaibrücke zwischen Bellevue und Bürkliplatz stehend, dass die Fischer im Begriff sind, hinauszufahren. Das ist für sie ein Zeichen des Herbstes – auch, weil noch frühmorgendlicher Dunst in der Luft liegt und es etwas später tagt.

Weiter gehts zum Bürkliplatz. Hier finden jeweils dienstags und freitags ab morgens 6 Uhr Märkte statt. Verkauft werden saisongerecht vor allem Früchte und Gemüse, aber auch selbstgepresste Apfelsäfte. Es ist eine Welt für

sich, und es fällt leicht, in diese Welt einzutauchen und die Hektik zu vergessen. Im Hintergrund erwacht die Sonne und schickt die ersten Sonnenstrahlen hinab zur Erde. Dank ihrem Licht werden die herbstlichen Farben der Kastanienbäume erst so richtig sichtbar.

Viele Boote beim Bauschänzli sind bereits winterfest gemacht. Sie warten geduldig auf den nächsten Frühling. Ob sie in den kommenden Monaten auch Schneeflocken erleben werden?

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LEBENSLUST

Die Wanderung dem Ufer des Sarnersees entlang bietet Ruhe, schöne Blickwinkel und derzeit eine grosse Baustelle.

Im «Brünig Park» kommt man als Besucher zum Staunen. Sogar ein Restaurant, die «Cantina Caverna», hat es hier tief im Felsen (Bild rechts).

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An den Gestaden des Sarnersees Die Senioren-Wandergruppe Meilen hat die östliche Seite des Sarnersees von Giswil nach Sarnen erwandert. Bei schönem Wetter wurde das Unterfangen zu einem angenehmen Spaziergang. Zuvor gab’s noch eine Felserkundung.

Text und Fotos: Robert Bösiger

Die Wanderung der Senioren-Wandergruppe ­Meilen beginnt mit einer Premiere (für den Berichterstatter). Am Bahnhof in Meilen wartet nämlich ein Reisecar, der die über 50 Teilnehmenden in die Zentralschweiz fährt – selbstverständlich alle ausgerüstet mit Nasen-Mund-Masken. Bei ihnen habe die Reiseart per Car durchaus Tradition, sagt Wanderleiter Peter Schmid (77).

Leider dauert es gut und gerne eine Stunde, bis der Bus die morgendlichen Staus und Baustellen der Stadt Zürich hinter sich lassen und nun zügiger Richtung Luzern verkehren kann. Vorbei an Sarnen und entlang dem Sarnersee erreichen wir zunächst Lungern am gleichnamigen See. Dort hält der Car in einem Gewerbegebiet vor einer Felswand.

Kaffee im «Brünig Park» Ein paar Schritte durch einen Stollen und schon erreichen wir die helle und freundliche Cantina Caverna. Hier geniessen wir den Starterkaffee.

Das modern eingerichtete Restaurant liegt rund 30 Meter tief im Felsen. Es ist Teil der schweizweit einzigartigen Tunnel- und Kavernenanlage «Brünig Park» für Sport, Genuss und Anlässe. Die Firma Gasser Felstechnik AG hat hier in den vergangenen Jahren in Eigeninitiative eine imposante Location in den Fels gehauen und gesprengt. Aus der ganzen Schweiz, aber auch aus dem Ausland kommen Schützen-Nationalmannschaften zum Training und Feuerwehrleute, um hier den Tunnel-Notfall zu üben. Eine kurze Besichtigung der in den Fels gehauenen, weltweit grössten unterirdischen Schiessanlage beeindruckt uns.

Uferwanderung am Sarnersee Aber letztlich sind wir in die Zentralschweiz gekommen, um uns zu bewegen. So transportiert uns der Reisecar vom Lungernsee zurück nach Giswil. Von hier aus wandert die Fraktion der

«Gemütlichen» direkt nach Sachseln bis zum Resturant Engel. Und die «Marschtüchtigen» machen sich auf, entlang dem Sarnersee nach Sarnen zu wandern. Zunächst geht es ein Stück weit entlang dem kantonalen Naturschutzgebiet «Hahnenried». Nun, auch diese Wanderung gehört bei näherer Betrachtung zur Kategorie «leicht», denn Höhenmeter sind nahezu keine zu bewältigen. Die Wege bestehen streckenweise aus Kies und Asphalt und sind gut zu begehen.

Schilf und Wasservögel auf Schritt und Tritt Waren die Wetterprognosen vor Stunden noch zweifelhaft, so können wir einen mehrheitlich sonnigen Tag geniessen mit angenehmen Temperaturen. Der Sarnersee zeigt sich uns von seiner friedlichen und klaren Seite. Er liegt in einem von den eiszeitlichen Gletschern ausgeschliffenen breiten Tal, eingebettet zwischen den Höhenzügen von Jänzi und Arnigrat. In dem rund 7,5 km2 grossen See sollen etwa 20 verschiedene Fischarten heimisch sein, vorwiegend Egli und Felchen.

Das Ufer des Sarnersees ist mit artenreichen Pflanzen bewachsen – und erwartungsgemäss mit viel Schilf umgeben. Mehrfach überqueren wir Stege und Wasserläufe. Wir passieren den kleinen Bootshafen des Wassersportvereins Giswil. Hie und da wird die Ruhe kurzzeitig gestört durch Züge, die auf der rechter Hand gelegenen Bahnstrecke verkehren. Teilweise sind die Wegabschnitte domestiziert, teilweise gehen wir entlang von idyllischen Uferpromenaden mit Schilf und Wasservögeln.

Auf der Höhe von Sachseln passieren wir das hiesige Strandbad. Vom Bahnhof Sachseln aus können wir in der Ferne unser Wanderziel Sarnen schon gut erkennen. Der Wegweiser gibt uns Hinweise auf lohnende andere Ziele in der nahen Umgebung: Zu erwähnen wäre selbstverständlich Flüeli-Ranft als Heimat und Wirkungsstätte des Visit Winter 2020

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LEBENSLUST

Wegweiser Hinfahrt und Rückfahrt Mit dem ÖV oder per Reisecar Wanderzeit Von Giswil nach Sachseln zirka 1½ Stunden, von Giswil nach Sarnen zirka 2 Stunden. Da alles dem ­Sarnersee (469 m ü. M.) entlang führt, ist die Wanderung eben. Mit leichten Wander- oder Sportschuhen ist die Strecke gut zu meistern.

Sehenswürdigkeiten Es gibt einiges zu sehen in diesem Gebiet nebst Lungernund Sarnersee.

Eingang zur fantastischen Welt des «Brünig Park» und der Cantina Caverna.

als Bruder Klaus bekannten Niklaus von Flüe (mit etwas mehr als einer Stunde Wanderzeit). Erstens. Und zweitens würde von hier aus eine rund siebenstündige Wanderung hinauf zur Älggialp führen und damit zum geografischen Mittelpunkt der Schweiz.

Bauen zur Sicherheit vor Hochwasser Etwas lockerer hätten wir es, würden wir auf das nächste Schiff (vielleicht die MS Seestern) der Sarnersee-Schifffahrt warten, um uns auf eine Rundfahrt mitnehmen zu lassen. Indes, uns zieht es weiter dem Ufer entlang. Plötzlich irgendwo zwischen Sachseln und Sarnen verändert sich unser Weg: Wir gehen entlang von mächtigen in den Untergrund getriebenen Stelen und werden über Stege rund um die Baugruben umgeleitet. Das im Bau befindliche Einlaufbauwerk im «Zwetschgenmätteli» bildet den Eingang zu einem Entlastungsstollen. Im Falle eines drohenden Hochwassers wird man künftig Seewasser durch diesen Stollen ab­ leiten und so den Seepegel regulieren.

Die Arbeiten stehen im Zusammenhang mit der Hochwassersicherheit.

Zentrales Element des Projekts Hochwassersicherheit Sarneraatal ist dieser 40

Visit Winter 2020

Lungern: - «Brünig Park» - Turm der zerstörten alten Pfarr­ kirche St. Katharina - Pfarrkirche Herz Jesu mit terrassierter Friedhofsanlage Giswil: - Burgruine Rudenz - St. Anton-Kapelle im Kleinteil - St. Laurentius-Pfarrkirche mit Bein­ haus (1661) und Sigristenhaus - Turmruine Rosenberg (13. Jh.) Sachseln: - Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Theodul - Einsiedelei des Bruder Klaus und die beiden Ranftkapellen im Ranft beim Dorf Flüeli-Ranft - Museum Bruder Klaus Sarnen: - Pfarrkirche St. Peter und Paul als Kulturgut von nationaler Bedeutung

Hochwasserentlastungsstollen, der vom Sarnersee bis knapp unterhalb des Wichelsees bei Alpnach führt. Diese Arbeiten wurden 2018 im Gefolge der Hochwasserkatastrophe von August 2005 begonnen und werden noch rund sechs Jahre andauern.

Nur Minuten später erreichen wir den weitläufigen Seefeldpark mit seinem Campingplatz, dem Erlebnisbad und

- Kollegiumskirche St. Martin - Frauenkloster St. Andreas - Schützen- und Zeughaus Landenberg in Sarnen, wo jeweils die Obwaldner Landsgemeinde stattfindet - Historisches Museum Obwalden in der ehemaligen Kaserne - Hexenturm Einkehrmöglichkeiten: Restaurant Cantina Caverna Walchistrasse 30, 6078 Lungern Tel. 041 679 77 22 info@cantina-caverna.ch cantina-caverna.ch Landgasthof Grossteil Rütistrasse 12, 6074 Giswil Tel. 041 675 11 08 info@grossteil.ch grossteil.ch Gasthaus Engel Brünigstrasse 100, 6072 Sachseln Tel. 041 660 36 46 info@engel-sachseln.ch engel-sachseln.ch Restaurant Seefeld Park Seestrasse 20, 6060 Sarnen Tel. 079 241 22 24 restaurant@seefeldpark.ch restaurantseefeld-sarnen.ch Senioren-Wandergruppe Meilen Peter Schmid Tel. 079 236 22 89 pemaschmid@bluewin.ch pszh.ch/gruppe/wandergruppe-­ meilen

der Anlegestelle der Sarnersee-Schiffe.

Hier werden wir vom Reisebus aufgegabelt und zurück nach Sachseln verbracht. Im Gasthaus Engel, wo wir wieder auf die Gruppe der «Gemütlichen» treffen, werden die hungrigen Mäuler mit einem einfachen Mahl verpflegt.

Nach dem Essen bringt der Reisecar die Senioren-Wandergruppe Meilen zurück in ihre Heimat.

Landauf und landab gibt es viele Gruppen von engagierten Seniorinnen und Senioren.

«

Wir unterstützen Seniorengruppen, die aus eigener Kraft etwas auf die Beine stellen Seniorengruppen engagieren sich auf vielerlei Weise: • Organisation von geselligen Zusammenkünften (z. B. mit Jass oder Lotto), von Ausflügen (z. B. Carfahrten) und Reisen, von Tanznachmittagen, von gemeinsamen Feiern (z. B. Samichlaus, Weihnachten) oder von Mittagstischen,

»

• Organisation von Besuchsdiensten und Hilfeleistungen in der Nachbarschaft (z. B. Einkauf, handwerkliche Leistungen, IT-Nothilfe, Krankenbesuche),

• Organisation von Treffen zum Singen, Musizieren, Theaterspielen, Geschichtenschreiben, Fotografieren, Radiomachen etc.,

• Organisation von noch manch anderem, das dazu beiträgt, dass Kontakte gepflegt werden können, dass niemand vergessen geht und dass das Leben lebendig bleibt.

Wir unterstützen Seniorengruppen, die vom ehrenamtlichen Engagement der Seniorinnen und Senioren selbst leben (und vielleicht ein wenig von professioneller Hilfe durch Mitarbeitende von Altersorganisationen, Gemeinden oder Kirchen). Bedingung ist, dass es sich bei den Gruppen nicht um «Eintagsfliegen» handelt, sondern dass eine gewisse Konstanz da ist. Nötig ist nicht unbedingt eine Vereinsstruktur, aber doch eine glaubwürdige Kontrolle der Verwendung der Geldmittel.

Beiträge an Löhne oder Mieten werden keine ausgerichtet.

Alle Details zur Gesuchseinreichung finden Sie im Internet unter www.hatt-bucher-stiftung.ch.

Mit Fragen können Sie sich gerne an unsere Gesuchsverantwortliche, Frau Monika Pfister, wenden.

E-Mail: gesuche@hatt-bucher-stiftung.ch, oder Telefon: 044 250 44 50.

Gesuche können auch für mehrere Anlässe miteinander oder für ein ganzes Jahresprogramm gestellt werden. Gesuche für Veranstaltungen müssen so rechtzeitig eingereicht werden, dass wir vor der Durchführung entscheiden können.

Die nächsten Eingabetermine für Gesuche sind: 1. Februar 2021 und 26. April 2021. Der Stiftungsrat entscheidet jeweils gut sechs Wochen nach dem Eingabeschluss.

Es ist der Hatt-Bucher-Stiftung bewusst, dass Veranstaltungen und Ausflüge zurzeit wegen der Pandemie nur unter erschwerten Bedingungen möglich sind. Sie unterstützt Seniorengruppen, die – unter Einhaltung aller Regeln – trotzdem «etwas auf die Beine stellen», und trägt Mehrkosten, die sich allenfalls daraus ergeben, solidarisch mit.

LEBENSLUST

Gewinnen Sie ein Buch «Für ein Alter, das noch was vorhat» (siehe Seite 24)

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Das gewinnen Sie: eines von 10 Büchern 1. – 10. Preis L udwig Hasler: Für ein Alter, das noch was vorhat.

Erfahren Sie mehr über das Buch von Ludwig Hasler auf der Seite 24 dieser Visit-Ausgabe.

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Visit Winter 2020

Sudoku So nehmen Sie an der Verlosung teil Senden Sie eine Postkarte mit dem ­Lö­sungswort und Ihrer vollständigen Adresse an : Pro Senectute Kanton ­ Zürich, Magazin Visit, Forchstrasse 145, Postfach, 8032 Zürich.

Oder ein E-Mail an: raetsel@pszh.ch Pro Person ist nur eine Einsendung erlaubt.

Die Gewinnerinnen und Gewinner werden ausgelost und ­direkt benachrichtigt.

Der Rechtsweg ist aus­geschlossen.

Einsendeschluss : 31. Dezember 2020 Lösungen Preis­rätsel aus Visit 3 / 2020

So funktioniert Sudoku Füllen Sie das Gitter so aus, dass jede Reihe, jede Spalte, alle 3 x 3 Boxen die Zahlen 1 bis 9 enthalten.

Alle Neune in einer Reihe : Eine ausgefüllte Reihe muss jede der ­an­gegebenen Zahlen beinhalten. Es ist pro Zelle nur eine Zahl e ­ in­zugeben. Es gibt neun Reihen in dem Raster­ gitter, für die alle d ­ asselbe gilt.

LÖSUNGSWORT: KL APPS TUHL

Gewinnerinnen und Gewinner Visit-Preisrätsel 3 / 2020 1.–10. Preis Ursula S. Ludwig-Fischer, Bülach Madeleine Hof, Richterswil Franco Battilana, Benglen Susanna Ruch, Pfäffikon ZH Romy Dietiker, Volketswil Rita Nijhof, Winkel Liselotte Wipfli, Zürich Ruth Willisegger, Seuzach Hans-Joachim Behling, Dachsen Alois Schmed, Bachenbülach Lösung Sudoku aus Visit 3 /2020

Visit Winter 2020

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LEBENSLUST

Marktplatz Wir bieten Ihnen die Möglichkeit zu einem kostenlosen, nicht kommerziellen ­Privatinserat. Senden Sie Ihren Text an: marktplatz@pszh.ch oder per Post an: Pro Senectute Kanton Zürich, Marktplatz, Forchstrasse 145, 8032 Zürich.

Oder benutzen Sie untenstehenden Talon.

Wir bemühen uns, möglichst alle Inserate im Visit zu veröffentlichen.

Wir bitten jedoch um Verständnis, dass kein Anspruch auf Publi­kation besteht.

Einsendeschluss : 31. Dezember 2020

Zu verkaufen Weber-Gasgrill, grosses Modell, wenig gebraucht. Jürg Gfeller, 044 821 80 73, bettina.gfeller@gmx.net 1 Damen-Leder-Jacke grün + 1 Herren-­ Lederjacke braun + 1 schöner Rucksack zum Wandern. 8 Puppen zum Ausstellen (CHF 5.– pro Stück). Verschiedene Damenkleider Gr. 44 + Stiefel und verschiedene Schuhe Gr. 38–40.

M. Thérèse Heimo, Anna-Heer-Strasse 18, 8057 Zürich, 044 361 75 35 Weck-Sterilisierhafen, Entsafter und Zubehör, sehr schönes ovales Philippe-Salontischli (2 Schubladen), Berner Hängegänterli mit 2 Schubladen, Tragräf, Spinnrad, Stabelle, Birchmeier-Spritzetause 10 L, Palme 2,5 m hoch. 044 920 43 21 13 Bände WELTRUNDSCHAU 1960–1973.

Illustrierte Geschichte. Autor Erich Gysling.

CHF 100.– für alle Bände. Robert Widmer, 079 456 30 32

Neues Poker-Familienset-Spiel (als Weihnachtsgeschenk). CHF 60.–. Cita Stadler, Buchholzstrasse 45, 8053 Zürich, 044 383 63 15

Bücher-Gestell, Nussbaum, 4 Tablare, Ab­lagefach, mit 2 Schubladen (90 cm), Breite (oben) 96 cm. Liselotte Nievergelt, Mühlehaldenstrasse 3, 8953 Dietikon, 044 740 40 76

Eine Rolle schönes altes Leinen, 1x gewaschen, ca. 75 x 800 cm. Auch kleinere Teile möglich.

Milly Fleury, Wiesliacher 6, 8053 Zürich, 044 381 65 68, nfpostzh@gmx.ch

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Marke Sigvaris L Long Open Toe. Rosemary Ryf, Burgstrasse 204, 8706 Meilen, 044 923 54 83, ryf1@gmx.ch

Privat inserieren Ich möchte in der nächsten Visit-­Ausgabe ein kostenloses Inserat ­platzieren unter der Rubrik Zu verkaufen Zu verschenken Gesucht Reisen, Ferien , Erholung Allerlei Ihr Inserat nehmen wir gerne auch per E-Mail entgegen: marktplatz@pszh.ch Bitte geben Sie im Betreff die ent­ sprechende Rubrik an.

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Visit Winter 2020

Text ( maximal 50 Wörter )

Vorname, Name Adresse, PLZ, Ort Tel.

E-Mail

Bitte ankreuzen, was im Inserat erscheinen soll.

6-teilige komplette Fondue-Garnitur.

6-teilige Raclette-Garnitur. Beides mit Rechaud. Gertrud Voitel, Untere Hohlgasse 10, 8404 Winterthur, 052 242 55 70 Bügelmaschine Mod. SATRAP-rollpress zu verschenken. Die Bügelmaschine ist klappbar mit Ausziehstange und Fussbedienung.

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Allerlei Ich habe eine Elna-Lotus-Nähmaschine, die ich wenig brauche. Vermutlich infolge langen Nichtgebrauchs läuft sie nicht mehr, der Unterfadenteil ist kaputt. Die Maschine ist etwa 50 Jahre alt. Kann sie jemand flicken? Erika Panday, 044 923 35 13, pan.tan@bluewin.ch Dipl. Mechanikermeister mit polymechanischer Werkstatt, pensioniert, möchte weiter behilflich sein beim Lösen von mechanischen Problemen. Werner Frey, Sonnenbühlstr. 8, 8305 Dietlikon, 044 833 30 91, 9–10 Uhr

Visit ist das Magazin von Pro Senectute ­Kanton Zürich. Es richtet sich an Spenderinnen und Spender sowie an die interessierte Öffentlichkeit.

Erscheinungsweise/Auflage

Vierteljährlich, 24 634 Expl. (Wemf) Verlag und Redaktion

Leitung Marketing und Kommunikation

Monica Flückiger Redaktionelle Realisation, Konzept und L ayout

bachmann medien ag, Basel www.bachmannmedien.ch Redaktionsmitglieder

Ivo Bachmann, Robert Bösiger, Ariane Denogent, Monika Greter, Daniel Rihs, Karin Schmidiger, Rita Torcasso, Flurin Truog Mitarbeitende dieser Ausgabe

Andrea Kippe, Christian Roth, Markus Sutter, Renate Wernli, Ayse Yavas Druck

Vogt-Schild Druck AG Inserate

Zürichsee Werbe AG Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa Tel. 044 928 56 11, Fax 044 928 56 00, visit@fachmedien.ch www.fachmedien.ch Abonnement + Adressänderungen

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Visit Winter 2020

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GOLDENE ZEITEN

Als man sogar in der Stadt noch schlitteln konnte: Kindergarten- und Schulkinder 1958 in ZĂźrich.

Bildquelle: Schweizerisches Sozialarchiv

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Visit Winter 2020

Erinnerungen an den Winter Von Ivo Bachmann*

Ach, waren das noch Zeiten! Frau Holle schüttelte ihre Kissen, als gäbe es kein Morgen. Nächtelang fielen grosse weisse Flocken vom Himmel, tanzten vor den Doppelfenstern der Häuser, legten sich auf Bäume und Dächer, bedeckten Wiesen und Strassen.

In manchem Kinderzimmer fiel vor Freude kaum ein Auge zu. Und tags darauf, zu früher Morgenstunde, hüpften wir aus den Betten, schlüpften in eine Skihose, zwängten Kopf und Arme durch den dicken Wollpullover und unsere Füsse in die handgestrickten Socken. Rasch noch eine Kappe über die Ohren gezogen und die Schnürsenkel der Winterschuhe gebunden – und hinaus ging es ins Paradies.

Fast knietief versanken wir im Schnee, zogen schwer schnaufend einen Schlitten durch die weisse Pracht oder schnallten uns die Holzskier, Marke «Schuss», unter die Füsse, um eine Spur zu unserer kleinen Piste am nächsten Hügel zu ziehen. Wir rollten mächtige Schneemänner und bauten prächtige Schneeburgen. Und waren wir mal richtig erschöpft, liessen wir uns rücklings in den Neuschnee fallen, schauten hinauf in das weiss verpuderte Astwerk der Bäume und in die endlose Weite des himmlischen Winters, ruckelten unsere Arme und Beine rauf und runter, hin und her und formten Engelchen in den Schnee. Erst ein Kribbeln und Zwicken in den Füssen – wir nannten es Chuenägele – zwang uns zurück nach Hause auf den wohlig warmen Kachelofen.

So war der Winter damals: Schnee in Hülle und Fülle, ein klirrend kaltes Paradies. Ein Schneepflug bahnte in frühen Morgenstunden kräftig rumpelnd den Weg durchs Dorf. Eisige Zapfen hingen von den Dächern. Tümpel und Weiher versanken unter dicken Eisschichten. Zuweilen waren auch grosse Gewässer verglast – wie im Winter 1963: Seegfrörni am Zürich- und am Bodensee, ein richtiges Volksfest!

Sogar Klosterfrauen, so zeigen Bilddokumente aus jener Zeit, flanierten entrückt übers Eis. Winter wie damals gibt es heute nicht mehr. Oder trügt die Erinnerung? War jede Schneeflocke einfach nur sehr viel bezaubernder – in jenen Wintertagen, als wir mit Kinderaugen die Welt entdeckten?

Versanken wir nur deshalb so tief im Schnee, weil unsere Beine knapp zur Ofenbank reichten?

Visit

Frühling 2021

Auch ein Journalist der Berliner Tageszeitung taz ist diesen Fragen nachgegangen. Er erlebte seine Kindheit in einem kleinen Dorf im niedersächsischen Landkreis Göttingen – also ziemlich flach zur Erde, gut 200 Meter über Meer. Dennoch waren in seiner Erinnerung die Winter damals deutlich weisser – zuweilen richtig «streng», wie seine Mutter unter die Winterbilder in sein Fotoalbum geschrieben habe.

Und heute? Seine eigenen Töchter hätten in den letzten zehn Jahren noch kaum je Schnee erlebt, klagt der Journalist. Er hat deshalb beim Wetterdienst

Winter wie damals gibt es nicht mehr. Oder trügt die Erinnerung?

War jede Schneeflocke einfach nur sehr viel bezaubernder? nachgefragt. Ergebnis: Zwar gab es in den zehn Jahren von 1979 bis 1988 in seiner einstigen Heimat insgesamt über 600 Tage mit Schneedecke und in den Jahren 2010 bis 2019 nur noch knapp 400 – aber zwischendurch auch stets, damals wie heute, lange Wochen ohne jede weisse Wonne. Sein Fazit: «Meine Erinnerung täuscht ganz einfach. Die Tage mit Schnee, die ich mir in den Wintermonaten so gewünscht habe, haben sich zu langen, weissen, strengen Wintern verdichtet. Wunsch und Erinnerung sind eins geworden.»

Wissenschaftlich erhärtet ist: Die Erde erwärmt sich als Folge des weltweiten Klimawandels. Die jährlichen Durchschnittstemperaturen steigen, auch im Winter. Gleichzeitig häufen sich Wetterextreme.

Durchaus möglich also, dass wir auch in laueren Wintern hin und wieder trotzdem noch im Schnee versinken – vielleicht sogar mehr, als uns lieb ist.

Weil Frau Holle ihre Kissen schüttelt, als gäbe es kein Morgen. Ach, werden das noch Zeiten! * Ivo Bachmann ist Geschäftsführer von bachmann medien ag, die auch das Visit redaktionell begleitet. Er war zuvor unter anderem Chefredaktor des « Beobachters » und der « Basler Zeitung ».

Das Thema im nächsten Visit: Gemeinschaften entdecken Wenn sich familiäre und berufliche Strukturen verändern, werden Interessengemeinschaften wichtiger. Man frönt Hobbys, trifft sich mit Gleichgesinnten und entdeckt Neues. Visit fragt nach, welche Gemeinschaften und Entdeckungen das Leben älterer Menschen bereichert haben.

Visit Winter 2020

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Wir sind für Sie da – Sozialberatung Finanzen, Gesundheit, Lebensgestaltung, Wohnen, Vorsorge, Recht – Finanzdienstleistungen Büroassistenz, Steuererklärungs- und Treuhanddienst, Rentenverwaltung – Hilfen zu Hause Pro Senectute Home – Pflege und Betreuung zu Hause, CasaGusto – Mahlzeitendienst, Umzugs- und Packhilfe – Freizeitgestaltung Bewegung und Sport, Bildung und Kultur – Freiwilliges Engagement in den Gemeinden, Besuchsdienst, Treuhanddienst, Bewegung und Sport, Generationen im Klassenzimmer etc.

– Beratung in der Altersarbeit Beratung von Gemeinden und Institutionen, Pensionierungsvorbereitung

Limmattal und Knonaueramt, Schlieren, Telefon 058 451 52 00 Oberland, Wetzikon, Telefon 058 451 53 40 Pfannenstiel, Meilen, Telefon 058 451 53 20 Unterland und Furttal, Bülach, Telefon 058 451 53 00 Winterthur und Weinland, Winterthur, Telefon 058 451 54 00 Zimmerberg, Horgen, Telefon 058 451 51 20 Stadt Zürich, Zürich, Telefon 058 451 50 00

Unse r stlei e stu cent ngser

Dien

Kanton Zürich www.pszh.ch