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PEDALRITTER ZWISCHEN SCHLÖSSERN UND WEINBERGEN
AUF DEM SAALERADWEG VON WEISSENFELS NACH MERSEBURG
Ein Erlebnisbericht von Victoria Grimm
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Romantisch und gemütlich soll es zugehen am Saaleradweg, der kleinen, 25 Jahre jungen Schwester des Elberadwegs: Barocke Schlösser und idyllische Weinberge erheben sich links und rechts des Ufers auf 150 Kilometern durch Sachsen-Anhalt, bevor sich der Fluss bei Barby mit der großen Schwester Elbe vereint.
Für mich soll es an einem sonnigen Spätsommertag auf einem Teilstück der Etappe 7 von Weißenfels nach Merseburg gehen. Für die 25 Kilometer lange Strecke benötige ich laut Karten-App netto etwa anderthalb Stunden. Aber für mich soll es ein gemütlicher Tagesausflug an der Saale werden. Bequemer Streckenverlauf inklusive: Der Saaleradweg verspricht flache, asphaltierte Wege, ausgeschilderte Routen und keine steilen Anstie ge. Eine gute Tour auch für Menschen mit normal ausgeprägter Oberschenkelmuskulatur.

Beschaulich - der Saaleradweg
Investition- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt
DOCH SCHON IM ZUG AB HALLE komme ich mir wie eine blutige Fahranfängerin vor. Meine Mitradler, die von Naumburg aus starten wollen, sind mit gepolsterten Radlerhosen und prakti schen Lenkertaschen mit folierter SmartphoneHalterung ausgestattet. Radprofis, denke ich mir respektvoll und schultere verunsichert meinen voll bepackten Rucksack. In Weißenfels, dem Tor zum Burgenlandkreis, angekommen, unternehme ich einen Abstecher in Richtung Zentrum. Aber ich komme nicht weit. Schon der Weg in die Stadt belohnt mich mit einem tollen Blick über den Fluss. Hoch oben thront das frühbarocke Schloss NeuAugustusburg, das Wahrzeichen der ehemaligen Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Weißen fels. Die 40.000 Einwohner-Stadt liegt günstig an der alten Handelsstraße Via Regia, welche die Stadt zum kulturellen Zentrum im Süden Sachsen-Anhalts machte.
NACH EINEM KURZEN BUMMEL durch die Innenstadt vorbei am Kloster Sankt Claren und der Schlosskirche mache ich mich auf den Weg Richtung Norden. An einer Parkanlage in Nähe des Bahnhofs schwinge ich mich auf den Sattel. Der Weg ist eben und frei, ich komme zügig voran und bin sogar schneller unterwegs als der Fluss rechts neben mir. Einzig der Ausblick auf die malerischen Weinberge lässt mich meine Fahrt verlangsamen.Mir huscht ein Lächeln übers Gesicht, die Reben beweisen, dass selbst nördlich des 50. Breitengrades noch genüss lich gespuckt und gegurgelt wird. Weiter führt mich meine beschauliche Tour vorbei am Weindorf Burg werben, an der Ruine der Wehrkirche in Schkortleben, an grasenden Rindern und Schafen und duftenden Apfelgärten.
IN DER SOLESTADT BAD DÜRRENBERG gönne ich meinen Oberschenkeln eine Pause und schlende re am Gradierwerk zur Salzgewinnung entlang, welches zu den längsten in Deutschland zählt. Die Luft hier ist angenehm frisch, den Kurpark umweht eine leichte Brise, hier kann ich richtig tief durchatmen und den trockenen Spätsommertag vergessen.

Radweg ntlang der Saale - weniger stark befahren als der Elberadweg
Investition- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt
Denn hier gibt es seit den erfolgreichen Bohrversuchen von Johann Gottfried Borlach im 18. Jahrhundert einen ständigen Solefluss. Sole, das ist salziges Wasser natürlichen Ursprungs mit einem hohen Gehalt an Mineralsalzen wie Jod, Sulfur oder Radon. Das Mu seum im Borlachturm dokumentiert die Geschichte der Salzgewinnung und die Entwicklung Dürren bergs zum Badeort. In die Kaltinhalierhalle komme ich leider nicht – die Bauarbeiten sind Vorboten der Landesgartenschau, die 2022 hier stattfinden wird. Zu gerne hätte ich mich mit salziger Luft förmlich einnebeln lassen. Denn Salzanwendungen sind gut für Haut, Gelenke und die Atemwege. So muss ich meine Radtour ohne Wellness-Einlage fortsetzen und trete wieder in die Pedale.
ICH LASSE DIE CHEMIESTADT LEUNA hinter mir und nach ein paar holprigen Passagen bin ich der Saale wieder ganz nah. Auf der gesamten Strecke kommen mir nur ab und an Radler entgegen. So habe ich den Radweg für mich und kann mein eige nes Tempo bestimmen.
In Merseburg, dem einstigen Bischofssitz, erwarten mich mit Dom und Schloss zwei wahre architektonische Highlights. Hoch erhebt sich das Ensemble links der Saale, das den Besucher bis zu 1 000 Jahre in die Vergangenheit zu König Otto I., Kaiser Heinrich II. und auch Martin Luther trägt, der hier in der Kathe drale predigte.
Nach meiner Besichtigung lasse ich die Tour im romantischen Schlossgarten ausklingen und merke: Ich habe noch Reserven. Es ist früher Nachmittag und ich entschließe mich spontan, auch noch die 15 Kilometer bis nach Halle entlang der Saale zu radeln. Ich weiß ja, es lauern keine tückischen Anstiege auf dem Weg und: Ich habe freie Fahrt.