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Bücher

Perspektiven für Landschaft(en)

Was Frau oder Mann unter »Landschaft« verstehen, ja verstehen können, muss per se stark variieren, findet sich dieser Begriff doch in den unterschiedlichsten Zusammenhängen, so dass sich bisweilen der Eindruck aufdrängt, er ließe sich je nach Gusto verwenden und mit Gedankenschwere aufladen, und zwar unabhängig von seiner ursprünglichen, laut Duden relativ streng umrissenen Bedeutung. Über die Frage diskutieren zu wollen, ob Behörden-, Geheimdienst-, Kunst- oder Parteienlandschaften, zumindest in puncto Sprachgebrauch, sinnstiftend sind, erscheint deshalb wohl eher müßig. Ähnliches, aber keineswegs Gleiches gilt für die Landschaftsgestaltung, ergo für eine durchaus ehrwürdig zu nennende akademische Disziplin von (weiterhin) kaum zu bestreitender Relevanz, die in der öffentlichen Wahrnehmung dank vieler Baumarktprospekte und -anleitungen dennoch oft und gerne mit einem Betätigungsfeld für mehr oder weniger motivierte Laien verwechselt wird – mit höchst unschönen Resultaten, wie zahllose Vorgärten in den meisten Vororten fast aller Groß- und Kleinstädte mit Aplomb zu veranschaulichen pflegen. Ein Buch, das dem (originären) Wesenskern von Landschaft und Landschaftsgestaltung nachzuspüren, ihn letztlich einzukreisen und solcherart substantiell zu unterfüttern versucht, vermag hier also für Abhilfe zu sorgen. Und genau das leistet »Vier Perspektiven landschaftsarchitektonischen Denkens«, indem es den Blick auf grundlegende Problemstellungen lenkt und derart nicht nur diskurskundige Experten zum (kritischen) Nachdenken über eine Profession anregt, bei der das enge, sich gegenseitig befruchtende Zusammenwirken von Theoriebildung, Reflexion und Entwurfserarbeitung stets eine oder eben die Prämisse für qualitätsvolle Realisierungsbeispiele war und ist. In mancher Hinsicht auf den von Jürgen Weidinger zuvor im selben Verlag herausgegebenen Publikationen »Entwurfsbasiert Forschen«, »Designing Knowledge« und »Atmosphäre Entwerfen«, inzwischen sogar in zweiter Auflage lieferbar, basierend und sie in gewisser Weise (thematisch) ergänzend und auch vertiefend, gliedert sich der jetzige Band in drei umfassende, im Prinzip als elementar einzuordnende Kapitel namens »Einleitung«, »Aufsätze« und »Gespräche« – samt und sonders der Intention verpflichtet, in Auseinandersetzung mit den Konzepten »Urbaner Metabolismus«, »Designing Urban Nature«, »Alltagstauglichkeit« und »Atmosphäre« zu (er)klären: »Was ist gute Landschaftsarchitektur?« Das heißt, es wird zunächst analysiert und später beantwortet, welche Impulse jene vier Konzepte vermitteln und wie sie im Endeffekt das Entwerfen beeinflussen (sollten), wobei selbiges Vorgehen als eine Form der Reflexion bezeichnet wird, durch die sich landschaftsarchitektonisches Denken de facto definiere. Eine detaillierte Beschäftigung mit den in Summe 256 Seiten voller Inhalt lohnt sich (infolgedessen) uneingeschränkt. Michael Wiederspahn

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Sebastian Feldhusen (Hrsg.): Vier Perspektiven landschaftsarchitektonischen Denkens. Universitätsverlag der Technischen Universität Berlin, Berlin 2019. 256 S., zahlr. Abb., kt., 15 €.

Rosaroter Panzer-Schneepflug

Eine Besonderheit guter Tagungsdokumentationen ist ihre meist breitangelegte Perspektive auf ein wichtiges Thema. Eine weitere lag in Vor-Corona-Zeiten in der Möglichkeit, den Austausch samt aufgekommenen neuen offenen Fragen in einem Resümee zusammenzutragen und so eine lebendige Momentaufnahme von Debatten zu geben. Die nachfolgend vorgestellte und – das sei vorweggenommen – außerordentlich empfehlenswerte Publikation weist vieles davon auf. Sie ist die Dokumentation einer gemeinsamen Tagung, die das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum (BLDAM) mit dem Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF Potsdam) im Herbst 2017 unter dem Titel »Kommunismus unter Denkmalschutz? – Denkmalpflege als historische Aufklärung« veranstaltete. Wurde bis Anfang der 2000er Jahre vielfach abgerissen oder eingelagert, stellen sich fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung mehrheitlich restauratorische Fragen bezüglich der verbliebenen Zeitzeugen. Und die lassen sich, wie ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, nicht immer eindeutig klassifizieren. Denn mittlerweile ist es zu Überschreibungen, Überlagerungen und teilweise zu verfälschenden Aneignungen der einstmals eindeutigen Botschaftsträger gekommen. Damit wären wir beim rosaroten Panzer. Das ehemalige Panzerdenkmal in Kleinmachnow scheint in diesem Kontext wie ein Brennglas, das die vielfältigen Formen der Rezeption, Aneignung und auch Überformung der »Hinterlassenschaften« bis hin zur Relokation dieser Zeit exemplarisch verdeutlicht. Vom Panzer zum rosaroten Schneepflug, vom Siegessymbol zur trotzigen Gegenweltdarstellung, versinnbildlicht es in einem Objekt die Schwierigkeiten, mit denen die Tagung sich konfrontiert sah. Die Herausgeber haben es verstanden, die Exzerpte der Vorträge in mehrheitlich knapp und verständlich gefasste Darstellungen zu überführen und mit großzügigen, häufig farbigen Abbildungen illustrieren zu lassen. Und ja, auch in dieser Veröffentlichung finden sich ein paar thematische Ausreißer, die eher verwirren denn erhellen. Auch hätte man sich im Nachgang der Veranstaltung in der Dokumentation eine resümeehafte Zusammenfassung der offenen Fragen und der Kontroversen gewünscht, die es – wie ein auf Youtube zugänglicher Mitschnitt verdeutlicht – eindeutig gab. Das in seiner Komplexität überzeugende, gelegentlich in scheinbarer Widersprüchlichkeit gefangene und dabei immer verständlich bleibende Dokument einer immer neue Fragen aufwerfenden Vergangenheitsbewältigung sei mit seinen kleineren handwerklichen Schwächen jedem empfohlen, der sich, von medialen Erregungsmechanismen befreit, mit den baulichen Hinterlassenschaften sozialistischer Vergangenheit kritisch zu befassen bereit ist. Elisabeth Plessen

Danyel, Jürgen; Drachenberg, Thomas; Zündorf, Irmgard (Hrsg.): Kommunismus unter Denkmalschutz?. Denkmalpflege als historische Aufklärung. Reihe: Forschungen und Beiträge zur Denkmalpflege im Land Brandenburg Band 16. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2018. 178 S., zahlr. Farb- und SW-Abb., geb., 39 €