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I. DAS 16. JAHRHUNDERT – EIN TIEFGREIFENDER UMBRUCH DES WELTBILDES

Mit der Expansion des Osmanischen Reiches und der Einnahme Konstantinopels 1453 durch Sultan Mehmed II. (1451-81) war der Landweg nach China wie auch zu den Gewürzen Indiens und Ostindiens abgeschnitten. Das veranlasste die Seefahrernation Portugal, dann Spanien und später Frankreich, Holland und England Seewege nach Indien zu suchen, wofür zunächst vor allem verlässliches Kartenmaterial notwendig wurde. Die nebenstehende Karte des Paolo dal Pozzo Toscanelli von 1474 zeigt, wie gering die Kenntnis der Welt westlich Gibraltars war. Westlich von Afrika vermutete er nur Cipango (Japan), Mangi (Süd-China)und Cathay (Nord-China).

Die großen Seefahrer bereiteten ihre Reiseprojekte mit dem intensiven Studium aller verfügbaren Karten vor, die auf der Grundlage des geozentrischen Weltbildes des Ptolemäus (um 150 n. Chr.) entstanden, wie z.B. die mittelalterlichen Portolankarten. Jede Navigation auf den Meeren erforderte gute Kenntnisse der Sternenpositionen, die mit Hilfe von Jakobstab und Gunter-Quadrant beobachtet wurden. Die sich dadurch rasant entwickelnde Astronomie ließ bald auch das antike geozentrische Weltbild (die Sterne kreisen um die Erde) durch ein heliozentrisches Weltbild (die Erde wie die Sterne kreisen um die Sonne) ersetzen. Wie sich damit Mathematik, Physik, Astronomie, Medizin, Kunst und Geisteswissenschaften entwickelten, öffnete sich der Blick auf die sichtbare Welt – das neue Weltbild bedeutete einen tiefgreifenden Umbruch des Weltbildes und gleichermaßen des Bildes vom Menschen.

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Auch frühere Reisebeschreibungen wie die des Marco Polo von China nach Venedig (ersch.1298), des irischen Mönches Brendan über den Atlantik oder das ‘Imago Mundi‘ des Pierre d‘Ailly (1410) wurden intensiv studiert, weil jedes solcher Seefahrt-Projekte argumentativ untermauert werden musste, um finanziert zu werden, und damit unter Erfolgszwang stand. So dokumentierten die Seefahrer jede ihrer Reisen zur Rechtfertigung gegenüber ihren Finanziers und machten ihre Seefahrten praktisch wie theoretisch nachvollziehbar. Die neu entdeckten Inseln und Kontinente veränderten selbstverständlich auch die Herrschaftsstrukturen in Europa – die Kolonisierung dieser neuen Welten wurde zu einer weiteren Variante des Machtzuwachses neben der Heiratspolitik, der Bündnispolitik oder den traditionellen kriegerischen Auseinandersetzungen.

Abb.1 Karte von Paolo dal Pozzo Toscanelli von 1474

Es sollen nicht nur die jeweiligen Fakten aufgeführt, sondern vor allem auch die damit verbundenen persönlichen Schicksale dargestellt werden, um einen möglichst lebendigen, nachvollziehbaren Zeitspiegel entwickeln zu können.

Mit Blick auf den Weserraum wirkten sich die verändernden Herrschaftsstrukturen in Europa über das habsburgische Kaiserreich auch auf die Fürstentümer Norddeutschlands und den gesellschaftlichen Alltag aus. Handel und Gewerbe veränderten sich grundlegend mit dem aufkommenden, neuen Münzwesen, das ganz neue Möglichkeiten des Kredites, des Erwerbs und des Handels mit dem Ziel der Gewinnmaxierung über Zinsen schuf. Es machte gleichermaßen aber auch Betrug durch Falschmünzerei oder Vertrags-Manipulationen möglich.