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Tom Karg

Von Baurausch und Bastelwahn

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Ich bin ‘n bisschen hide and seek.

Tom Karg kniet auf dem Fliesenboden im Gang und zerteilt Holzlatten mit der „Kreischsäge“. Für den geplanten Winterrundgang im Bau 74 baut der Produktdesigner Aufsteller für Plakate und Wegweiser. Ohnehin hat Tom einige seiner Arbeiten in der Stadt verteilt. „Auf Partys stelle ich Möbel auf, damit sich die Leute hinsetzen können.“ Meist sind diese schon weit vorher geplant. So stehen etwa im Filmhaus zwei gelbe Sitzmöbel. Auch Auf AEG, der Quelle und dem Gelände des Z-Baus findet man seine räumlichen Objekte aus Dachlatten-Gerippen, wie etwa Pavillons.

Nach einem kurzen Aufenthalt bin ich geblieben.

Der Produktdesigner studierte in Saarbrücken. Nach dem Masterabschluss arbeitete er in Berlin. Schließlich lockte Tom das Aus der Quelle zurück in die Heimat. Paradiesisch waren für den Gestalter die 80 m² Arbeitsfläche, Lagerräume und die Möglichkeit, auf der Dachterrasse zu arbeiten. Seit 2015 ist er „Zwischennutzer“ im Bau 74.

Kryptisch, cool, Les Ampoules.

Tom aka Les Ampoules arbeitet meist mit Materialien aus Containern oder Internetportalen. „Reduce, reuse, recycle“ zählen zu seinen zentrale Grundsätze. So stammen auch all seine Werkzeuge aus zweiter Hand.

„Bei gebrauchtem ‚Matri‘ ist die Hemmschwelle weg, da sind schon Löcher drin. Außerdem können Limitationen sehr inspirieren.“ Aus den Sachen entstehen etwa Leuchten, Vasen, Möbel oder Spielzeug. „Es ist ein langsamer Prozess oft vergeht ein Jahr, bis der Prototyp steht.“

Hier ist Dreck, Staub, Lärm.

Seine Arbeits- und Lagerflächen verteilen sich im Bau 74 auf zwei Räume. Der „Dreckraum“ wirkt wie eine Mischung aus Labor und Küche. Neben einer Küchenmaschine, um Gießmassen anzurühren, befinden sich dort Mikrowelle, Gussformen, Kompressor und CNC-Fräse. Wie in seinem anderen Raum reichen die Lagerflächen bis knapp unter die abgehängte Decke.

Mir hat die Fensterhöhe hier nicht gefallen und dann hab‘ ich gleich Paletten zu einem Podest verbaut.

In der oberen Hälfte des Türstocks hängt ein schmaler japanischer Vorhang, genannt ‚Noren‘. „So kannst du eine offene Tür haben, gleichwohl sind die Leute nicht gezwungen, direkt mit dir zu interagieren. Ab und zu bekomme ich Besuch und mein Fachwissen ist bei kleine Reparaturen gefragt. Ich mag offene Türen.“ Im zweiten Raum des Tüftlers erinnern mintgrüne Metallregale an die Quelle. Sie sind mit Arbeitsnischen und einer Miniküche ausgestattet. Auf einem Podest befinden sich der Schreibtisch mit PC-Arbeitsplatz und selbstverständlich Sitzgelegenheiten. „Vor dem Einzug habe ich auch das Zimmer am Rechner geplant — wie eigentlich alles was ich baue. Möbel und Maschinen wurden ausgemessen und in einen Raumplan eingegliedert. Gerade im 3D-Modell kannst du Problemen vorbeugen und Zeit und Kraft sparen.“ Zwar verteilen sich Toms Arbeiten bereits im gesamten Stadtgebiet oder stehen auf seiner Homepage zum Verkauf, jedoch wären viele Objekte ohne die günstigen Mieten und Zwischennutzung kaum realisierbar gewesen. Besonders die Möglichkeit zu experimentieren geben dem Produktdesigner wichtige Impulse.

Text: Simon Gubo

Fotos: Kilian Reil

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