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Bäume der Beziehungen.

Der Stammbaum ist ein bereits im 18. Jahrhundert bei bürgerlichen Familien beliebtes genealogisches Diagramm, das bis heute seine Anziehungskraft nicht verloren hat.

Unten steht das Ahnenpaar, davon ausgehend wächst der Stamm empor, verästelt sich allmählich in den nachkommenden Generationen und vermittelt so das Bild einer blühenden Familiengeschichte.

Stammbäume erwecken den Anschein, eine Familie lasse sich als klar strukturiertes Beziehungsgeflecht darstellen – sei dies in Form naturalistischer, baumähnlicher oder eher abstrakter Diagramme. Allerdings zeigt jeder Stammbaum nur eine von vielen möglichen Familienkonstellationen, wobei er das Verwandtsein nicht einfach abbildet, sondern aktiv herstellt.

Der Stammbaum der Familie Merian wächst auf einem Hügel über der Stadt Basel und illustriert die Verankerung der Familie in der Region.

Foto: Universität Basel, Christian Flierl

Für die Betrachtenden unsichtbar bleiben nicht nur die aufwendige genealogische Vorarbeit und die grossen Datenmengen, die zusammengetragen werden müssen, bevor sich ein detailliertes Diagramm zeichnen lässt. Unsichtbar bleiben auch die Entscheidungen darüber, wer von den möglichen Familienmitgliedern schliesslich im Stammbaum gezeigt wird.

Wegen der grossen Menge an Daten entwickelten die Familienforscher neue Techniken, um Beziehungen zwischen vielen Personen zu strukturieren. Johann Rudolf Burckhardt erfasste in seinen Stammtafeln über 600 Personen aus 18 Generationen, die er mithilfe von Zahlen, Nummern und Symbolen ordnete.

Foto: Universität Basel, Christian Flierl

Anhand der Quellen im Staatsarchiv Basel-Stadt lassen sich solche Aspekte der Stammbaumpraxis jedoch nachvollziehen. Die Historikerin Fiona Vicent untersucht, wie hiesige Bürgerfamilien im 18. und 19. Jahrhundert genealogische Daten gesammelt und angeordnet haben, welche Theorien und Techniken dieser Tätigkeit zugrunde liegen und wie die Stammbäume genutzt wurden.

Hingen die Stammbäume in Privaträumen aus oder wurden sie nur zu bestimmten Gelegenheiten hervorgenommen? Über die Nutzung der repräsentativen Diagramme ist erst wenig bekannt.

Foto: Universität Basel, Christian Flierl

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