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Im Kampf gegen das schmutzige Geld von Kleptokraten

JAN BORCHERT

Die Bekämpfung von Geldwäsche ist eines der Fokusthemen von Transparency Deutschland für die Jahre 2020 und 2021. Viele Probleme können jedoch nur auf europäischer oder internationaler Ebene angegangen werden. Passend dazu beschäftigt sich das EU-Büro von Transparency International in einer Online Seminarreihe mit dem Thema.

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Zum Auftakt Mitte Oktober diskutierten drei Expertinnen und Experten, welche Lehren die EU aus bisherigen Erfahrungen ziehen sollte. Als Aufhänger und aktuelles Beispiel dienten die Luanda Leaks. Die im Januar 2020 veröffentlichten Dokumente zeigen, wie Isabel dos Santos, Tochter des ehemaligen angolanischen Präsidenten und mutmaßlich reichste Frau Afrikas, ihr rund zwei Milliarden US-Dollar schweres Firmennetzwerk durch zugespielte staatliche Aufträge aufbauen und die Gewinne durch Investitionen in Firmen in der EU waschen konnte. Der Fall steht exemplarisch für „Kleptokraten“, also Herrschende, die sich und ihre Entourage unzulässig bereichern.

Ein Kernproblem im Kampf gegen Geldwäsche, so die ehemalige EU-Abgeordnete Ana Gomes, sei politischer Unwillen — sowohl auf europäischer Ebene als auch in ihrer Heimat Portugal, das besonders enge Verbindungen zu Angola hat. Dort haben einige Banken und Unternehmen mit Beteiligung von dos Santos ihren Sitz. „Niemand tat etwas dagegen“, sagt sie über dos Santos illegale Aktivitäten, für die es schon früh Anzeichen gegeben habe. Gomes kritisiert vor allem die engen Verbindungen von Anwaltskanzleien und Unternehmensberatungen zu politischen Entscheidungsträgern. Teilweise würden dieselben Anwälte Kriminelle und Politiker beraten. Das liege auch am Prinzip der „revolving door“ — Wechseln von Staatsbediensteten in die Wirtschaft und umgekehrt.

Auch technische Hindernisse erschweren die effektive Verfolgung und Konfiszierung illegal erwirtschafteter Gelder. Laut Frederic Pierson, Leiter des Büros für kriminelle Vermögenswerte bei Europol, würden nur 2,2 Prozent der in der EU vermuteten kriminellen Vermögenswerte (temporär) eingefroren. Diese müssten zu ihrem Ausgangsort zurückverfolgt werden. Ist ein Vermögen bereits ins Ausland abgewandert, sei eine gute Kooperation zwischen den Polizeibehörden der verschiedenen EULänder wichtig. Laut Pierson funktioniere diese unterschiedlich gut. Gerade in der Coronakrise sei aber besser zusammengearbeitet worden, dies müsse in Zukunft institutionalisiert werden.

Der schwierigste Schritt sei jedoch die Rückführung der Gelder zu den Opfern. Gerade bei Vermögensabschöpfung durch Kleptokraten sei die Identifikation der Opfer schwierig, meistens handele es sich um alle Bürgerinnen und Bürger eines Landes. Dann könne eine Rückführung ins Ursprungsland auch schnell wieder Kleptokraten in die Hände spielen. Aufgrund der schwierigen Lage würde nur die Hälfte der konfiszierten Vermögenswerte tatsächlich zurückgeführt.

Ernesto Savona, Direktor von Transcrime, einer Forschungsstelle für Transnationale Kriminalität in Mailand, sieht Hindernisse vor allem in der europäischen Zusammenarbeit. Mitgliedsstaaten müssten Konfiszierungen in anderen EU-Ländern anerkennen. Ansonsten sei die Rückführung von ins Ausland abgeflossenen Geldern schwierig. Eine EU Verordnung von 2017 zur gegenseitigen Anerkennung der Einfrierung von Vermögenswerten sei ein guter Schritt dahin. Zudem gebe es zwischen den EU-Ländern zu viele unterschiedliche Formen der Konfiszierung. Ursprünglich dazu gedacht, mehr Formen von Geldwäsche abzudecken, führe diese Bandbreite an Möglichkeiten zu Ineffizienzen. Savona plädiert daher für eine Vereinfachung der Konfiszierungsformen.

Insgesamt blickten die Expertinnen und Experten optimistisch in die Zukunft. Wenn die verbesserte Zusammenarbeit aus der Coronapandemie weitergeführt werde, könne der Kampf gegen Geldwäsche nicht nur illegale Aktivitäten eindämmen, sondern auch einen Beitrag zu größeren Zielen wie der Bekämpfung von Fluchtursachen leisten.