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Die „Kirche meiner Träume“ unserer Leser

Lesen Sie hier eine Auswahl von Antworten, die uns geschickt wurden

Der Name Kirche (vom griech. kūriakós = des Herren; lat. ecclesia = die Schar der Herausgerufenen; deutsch Gemeinde) sagt, dass unter Kirche „das von Gott gerufene Volk“ (Zweites Vatikanisches Konzil) zu verstehen ist. Ich gehe „zur Kirche“, um in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen zu beten. Christus selbst tritt in der liturgischen Feier unsichtbar, aber wirksam bei der Spendung der Sakramente in Erscheinung. Soweit so gut. In meiner Kirche finde ich noch vieles mehr: sie schenkt mir Raum für wertvolle Begegnungen und ist ein bergender Raum, in dem ich fröhlich sein, aber auch trauern kann, wo ich mich geborgen fühle und mich über jeden Kontakt mit anderen Menschen freue. Sie ist ein Haus für alle Menschen, ... denn vor Gott sind alle Menschen gleich (röm 2,11)! Ein Raum für Freude und Offenheit. Offenheit für neue Formen und Dienste, damit wir die Menschen von heute erreichen können. Und die Gleichberechtigung von Frau und Mann würde sicher nicht am Kirchenportal meiner Kirche enden.

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Nina Chalupsky

Ich erwarte mir von meiner Kirche, dass sie weiterhin die beste Lehre aller Zeiten verkündet, in Worten, Taten und Haltungen. Im Bewusstsein, dass sie durch diese Tätigkeit seit 2000 Jahren zur Humanisierung der menschlichen Gesellschaft beiträgt, soll sie anerkennen, dass auch andere kirchliche Gemeinschaften und abrahamitische Religionen daran Anteil haben, ohne Angst auf sie zugehen und mit ihnen gemeinsam auftreten, nicht nur einmal im Jahr. Bedingung dafür bleibt natürlich eine im betreffenden Bereich mit dem Christentum vereinbare Haltung der anderen Gemeinschaft.

Manchmal frage ich mich, was denn Jesus von dieser Kirche halten würde, wäre er hier auf Erden. Und dann bin ich mir ziemlich sicher, es würde ihm vieles nicht gefallen. Ich glaube, wir Christ:innen sollen mehr darauf schauen, was uns die Bibel lehrt, nämlich wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist. Er war immer klar auf der Seite derer, denen Ungerechtigkeit widerfahren ist. Er hat sich für Menschen „am Rand der Gesellschaft“ eingesetzt. Er hat Unrecht, falsche Entwicklungen angesprochen und andere Wege aufgezeigt. Er war zur damaligen Zeit ein Revoluzzer, einer, der die gesellschaftspolitischen Zustände kritisiert hat. Und er hat immer wieder die unendliche Liebe Gottes gepredigt. Wenn ich von einer Kirche der Zukunft träume, träume ich von einer Gemeinschaft, die auf Augenhöhe miteinander ihren Glauben lebt, jede Person nach ihren Möglichkeiten und Berufungen. Geschwisterlichkeit ist ein wichtiger Punkt, respektvoller und achtsamer Umgang miteinander. In der Kirche Jesu Christi, von der ich träume, gibt es auch keine hierarchischen Strukturen, wo zwischen Geweihten und Nichtgeweihten unterschieden wird. Ich träume von einer Kirche, die den Menschen Freiheit, Selbstbestimmtheit, Ermutigung und die bedingungslose Liebe Gottes vermittelt. Und alle sind dazu eingeladen und aufgerufen, ein Stück dazu beizutragen, ganz konkret in unserer Pfarre. Ulrike Lahner-Trimmel

In der Kirche möchte ich meinen Glauben leben können, Hoffnung schöpfen können und mich besinnen können. Ich möchte vertrauen können sowie meiner Seele Frieden an diesem Ort schenken. Kirche bedeutet für mich, Jesus Christus zu begegnen – gemeinsam mit bestimmten Menschen, mit anderen Gläubigen in einer Feier.

Mirela Petrovic

Besonders aber soll das für aus der Kirche ausgetretene und glaubenslose Menschen gelten, viele von ihnen wurden religiös erzogen, haben religiöses Wissen und leben ein mit dem Christentum vereinbares Leben, aber nach negativen Erlebnissen mit der Kirche hat diese keinen Platz mehr in ihrem Leben, oder es ist in ihrem durch die Naturwissenschaften restlos erklärten Weltbild Gott vermeintlich überflüssig geworden. Sie sollen nicht als Verlorene betrachtet werden, sondern als Menschen, die einen anderen Weg gehen, der vielleicht auch ans Ziel führt. Amtsträger der Kirche – alles Menschen – haben im Lauf der Zeit viel Gutes und viel Schlechtes getan, so wie andere Einrichtungen auch. Sie sollen das Schlechte einfach zugeben und in Zukunft besser machen. Dafür ist auch schon viel geschehen, aber die Gleichberechtigung der Frauen fehlt noch immer, obwohl sie zum Beispiel bei den Wortgottesdiensten hervorragende Arbeit leisten.

Edith Marjanovic

Auch in der Jungschar haben wir uns mit zwischen 13 und 15 Jahre alten Jugendlichen mit dem Thema beschäftigt. Eine spannende Diskussion hat mehrere positive und einen negativen Aspekt ergeben. Als besonders toll finden es die Jugendlichen, dass sie mit der Kirche „schöne Momente” erleben – so sind sie hier in Inzersdorf aufgewachsen, wurden getauft und gehen seit vielen Jahren in die Jungschar. Dieses Erleben von „Gemeinschaft” ist das Schönste, was sie mit Kirche assoziieren: Nicht nur in der Jungschar haben sie viele gute Freund*innen gefunden, auch in der Pfarrgemeinde haben sie sich z.B. mit Bekannten ihrer Eltern vernetzt und so neue Menschen kennengelernt. Ein weiterer Aspekt (auch wenn dies nicht für alle zutrifft) ist die Stärkung des Glaubens. Nach der Taufe und der Erstkommunion haben bereits viele das Sakrament der Firmung erhalten – für manche wurde so der Glaube und wiederum die Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft gestärkt. Der wichtigste Aspekt, den die Jugendlichen jedoch kritisieren, ist die Rolle des Geldes in der Kirche. In Hinblick auf die Kirchensteuer ist hier zusammenfassend eine Sichtweise bedeutend: Wenn du nichts zahlst, bist du nicht dabei. Oder anders: Nicht auf die Größe des eigenen Glaubens kommt es an, ob man Christ-Sein in Gemeinschaft leben darf, sondern auf die Größe des Geldbeutels. Philipp Lang

Was bedeutet Heiliges Leben? Gott verherrlichen – ein Leben fern von Sünde und Bösem führen, was nur durch Gottes Unterstützung und das Innewohnen des Heiligen Geistes in uns möglich ist – Jesus als Heiland anerkennen – dem Willen Gottes gehorchen – dem Nächsten beistehen – Demut praktizieren Dr. Hedwig Brandl

Verkündigung

zum Einschlafen – Wer an seinen Mitmenschen vorbeikommuniziert, erntet bestenfalls Kopfschütteln oder ein mildes Lächeln von jenen, die sich eben nicht angesprochen fühlen. Das kann jedem passieren, auch Kirchenvertretern. Gerade die Kirche läuft Gefahr, dass ihre Verkündigung immer weniger Menschen erreicht – einen „heiligen Rest“. Dabei hat Jesus uns aufgetragen: „Geht hinaus in die ganze Welt!“ (mk 16,15). Hat er uns zu allen Geschöpfen geschickt oder nur zu denen, die in die Kirche kommen? Da heißt es, raus aus der Blase und den Anschluss an die heutige Lebenswelt nicht verlieren! Nicht bei rein rückwärtsgerichteten Botschaften stehenbleiben und im Zurückschauen zur Salzsäule erstarren, ist gefragt (gen 19,26). Mutige und heutige Ansagen, die aufrütteln und die verkrustete Salzschicht aufbrechen, bringen uns weiter! Die „gute alte Zeit“ von morgen ist jetzt! Um den Zeitgeist wahrzunehmen, muss ich ja nicht gleich jedem Trend nachjagen. Vielmehr gilt es, heute hinzuhören, was Gott uns sagen will, und es dann auch zu tun! Es gilt, notwendige und Not-wendende Impulse zu setzen und die wunderbare Message vom „Leben in Fülle“ mit neuer Lebendigkeit zu teilen!

Die Kirche, wie ich sie mir in Zukunft erträume, richtet sich ganz stark an Jesus aus, ist mutig und hat die Geschlechtergerechtigkeit umgesetzt. Alle Menschen wissen sich geliebt von Gott und lernen täglich diese Gewissheit umzusetzen. Die Gewaltenteilung ist umgesetzt. Die Altäre stehen in der Mitte der Gotteshäuser und alle Feiernden stehen und sitzen rundherum, auch bei der Wandlung, die alle Feiernden gemeinsam sprechen.

Oliver Meidl, Auszug aus Be Strong!, Buchschmiede, 2023

Eine Gruppe Menschen, die auf Zeit gewählt, für die Liturgie, Organisation, Finanzen und Theologische Fachkenntnis zuständig ist, versteht sich selber als große „Ermöglicher“. Das heißt: Sie fördert und unterstützt alle Menschen, dass unzählige Charismen gehoben werden und Platz finden (dem Hl. Geist wird Großes zugetraut). Für diese Leitungsaufgaben wird die Kompetenz und die jeweilige Ausbildung für die Qualifikation genutzt und nicht die Weihe.

Vielfalt wird als hoher Wert angesehen. Der Zölibat ist freiwillig.

Bischöf:innen werden gewählt.

Meine Kirche, ein Zelt

Mach den Raum deines Zeltes weit, spann deine Zelttücher aus, ohne zu sparen! Mach deine Zeltseile lang und deine Zeltpflöcke fest! (aus dem alten testament, prophet jesaja 54,2)

Ein Zelt als Kirche, die Kirche als Zelt – das ist ein ungewohntes Bild. Mir gefällt es aber gut und es passt in unsere Zeit, denke ich. Das Kirchenzelt steht für eine Kirche, die sich auf den Weg mit den Menschen, zu den Menschen macht. Jede und jeder ist im Kirchenzelt willkommen. Denn die Zelttücher sind weit aufgespannt, wer vorbeischaut, kann gerne auch eintreten und Platz nehmen. Im Kirchenzelt ist viel Platz. Aber nicht alles, was sich im Laufe der Zeit angesammelt hat, kann untergebracht werden. Von Zeit zu Zeit muss zusammengeräumt werden. Dann einigen wir uns darauf, welche Schätze wir im Kirchenzelt behalten. Und wir entscheiden, von welchen Vorstellungen wir uns trennen und welche Traditionen wir zurücklassen. Die Zeltseile und Zeltpflöcke unseres Kirchenzeltes sind fest verankert. Das ist wichtig. Die Reise ist lang, nicht alles ist vorhersehbar, der Boden unter unseren Füßen ist zeitweise steinig und unsicher. Fest verankert ist unser Kirchenzelt in Gott und in Jesus Christus. Über die Glaubenserfahrungen der Menschen mit Gott und Jesus erzählt die Bibel. Sie bekommt als besonderer Schatz einen Ehrenplatz im Kirchenzelt. In diesen Tagen ist viel von Reformen in der Kirche zu lesen und zu hören. Papst Franziskus hat in einem Schreiben über die Erneuerung der Kirche (Arbeitsdokument für die Kontinentalversammlung zum Synodalen Prozess) als Einleitung das Bild vom Zelt (jes 54,2) verwendet. Das macht Hoffnung und gibt Zuversicht, dass die Kirche sich nun wirklich auf den Weg macht. Frauen und Männer, Jung und Alt, Arm und Reich, Gläubige und Priester – gemeinsam, gleichberechtigt, auf Augenhöhe. Um glaubwürdig vom Evangelium, der guten Botschaft Jesu Christi, zu reden und um zukunftsfähig die Welt mitzugestalten.

Die prunkvollen Messgewänder finden sich ausschließlich im Museum.

So wie Jesus mit seinen Jüngern unterwegs war, ist auch die Kirche ständig am Weitergehen, Versuchen, Pilgern und macht den Raum des Zeltes weit (Motto des Synodalen Prozesses), denn sie weiß um die Geborgenheit in Gott. Brigitte Knell

Träumen in der Kirche heißt für mich, mit Mitmenschen eine attraktive Gemeinschaft formen, die einem/einer eine Heimat und Geborgenheit schenkt. Ich bin fasziniert von jener wunderschönen Szene im Evangelium, wenn Jesus erfährt, dass seine Mutter und Verwandte nach ihm suchen. Da erzählt Jesus: „Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? …Wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“ (mt 12,48.50) Da entdecken wir eine Berufung zur Gemeinschaft, die uns zu Familie macht und gleichzeitig Kirche bildet. Diese Kirche, die lebende Gemeinschaft, nährt sich mit dem Wort Gottes und der Heiligen Eucharistie. Träumen in der Kirche bedeutet, sich über die vielen Initiativen freuen, den Blick auf das Ganze bewahren, im Dialog bleiben und nach dem Miteinander suchen. Das Miteinander in der Kirche bedeutet, den gemeinsamen Weg mit den Nachfolgern Petri gehen. Jesus sagte zu Petrus: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ (mt 16,18) Es ist also nicht meine, sondern es ist eine Kirche Jesu Christi. Träumen in der Kirche heißt, eine Geschwisterlichkeit zu pflegen, die dient, die Menschen Mut macht, heilt und erneuert. Das geschieht durch den Heiligen Geist. Wir glauben: Gott hat Jesus von den Toten auferweckt und will in ihm alles erneuern. An dieser Erneuerung lasst uns teilnehmen und die Frohe Botschaft verkünden. Gesegnete Fastenzeit und Frohe Ostern wünsche ich Dir/Euch/ Ihnen.

Ulrike Heimhilcher-Dohnal

Pfarrer Zvonko Brezovski

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