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Traumplätze & Sterneköche

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Party and Play

Party and Play

ier sollen im Herbst 2023 an drei Tagen insgesamt rund 200 000 Zuschauer erscheinen? Der 44. Ryder Cup findet im Marco Simone Golf und Country Club in der Nähe Roms statt. Die Anfahrtswege sind schmal – bei unserem Besuch an einem Donnerstagmorgen sind die kleinen Strässchen hoffnungslos überfüllt, es ist eng, und man benötigt schon eine ausgeprägte Fantasie, um sich vorzustellen, wie das dann sein wird, wenn die Golfwelt hier zu Gast ist. Auch das Klubhaus verströmt aktuell noch eher den Charme eines schwer in die Jahre gekommenen Landgasthofes; das Anwesen ist verwittert, die Garderoben sind relativ schäbig, das Restaurant ist rustikal. Aber wir sind hier, um Golf zu spielen auf einem traumhaften Platz, der nicht umsonst ausgewählt worden ist, um Spielstätte eines der bedeutendsten Sportevents der Welt zu sein. Es ist für uns der Höhepunkt einer knappen Woche mit der Costa Smeralda unter dem Motto «Cruise und Golf» quer durchs Mittelmeer.

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23 GOLFPLÄTZE STEHEN ZUR AUSWAHL

Das Programm ist verlockend. Die Route führt in sieben Nächten von Barcelona über Mallorca, Palermo, Rom, Savona und Marseille zurück nach Barcelona. Bei fünf der sechs Stopps stehen insgesamt 23 Golfplätze zur Auswahl, in Palermo werden jede Menge interessante Landausflüge als Alternative angeboten.

Es gibt bei «Cruise und Golf» zahlreiche unterschiedliche Angebote mit drei oder vier Green Fees inklusive. Die Preise beginnen ab 850 Franken für eine Woche, wobei es einen Zuschlag gibt, wenn man allein unterwegs ist. Zusammen mit einer Woche auf dem Schiff (Essen und viele Extras inbegriffen) kommt man ohne Flüge auf etwas mehr als 2000 Franken.

Das Konzept ist bestechend für Menschen, die gerne unter anderen Menschen sind. Die Costa Smeralda ist eines der weltweit grössten und schönsten Kreuzfahrtschiffe. Bei Vollbelegung sind es mehr als 6500 Passagiere, die sich auf zwanzig Decks verteilen. Selbstverständlich hat es ein Casino, viele Vergnügungsmöglichkeiten, einen 4500 Quadratmeter grossen Wellnessbereich, ein riesiges, prächtig ausgestattetes Gym, weitere Sportanlagen, mehrere Pools, Dutzende von Restaurants und Bars, Discos und Jazzlokalen, Nachtclubs und Theatern – und viele weitere Annehmlichkeiten, die den Aufenthalt an Bord zum Genuss machen.

Sternek Che Aus Drei L Ndern

Nach kurzer Angewöhnungszeit findet man sich auf dem gigantischen Schiff ganz passabel zurecht. Italien zeigt sich von seiner schönsten Seite, es ist ein Sinnbild der Italianità mit ihrer einzigartigen Atmosphäre und Architektur – vom Kolosseum als Epizentrum der Unterhaltung über die Piazza di Spagna als grosse Treppe am Heck weit über dem Meer bis hin zum Kunstmuseum, in dem sich die bekanntesten und besten Designer Italiens präsentieren. Selbstverständlich verspricht Costa Kreuzfahrten, das Schiff möglichst umweltbewusst gestaltet zu haben; angetrieben wird die Costa Smeralda etwa von LNG, dem saubersten fossilen Brennstoff.

Rund um die Trips auf die Golfplätze wird es einem auf diesem Kreuzer der Superlative nie langweilig. Die Idee, ein Kreuzfahrtschiff mit Golf zu verbinden, funktioniert zweifellos – wir könnten uns eine Reise mit ein paar Kumpels problemlos vorstellen und hätten jede Menge Spass. Unter den 23 angebotenen Plätzen, mit denen Costa eine Zusammenarbeit fixiert hat, sind einige richtig berühmte Kurse. In Barcelona etwa der PGA Catalunya, auf Mallorca der Alcanada-Platz, in Rom eben der Marco-Simone-Kurs, in Marseille der Golf d’Aix-en-Provence, um nur einige zu nennen.

Auf unserer Reise spielen wir in Mallorca den Son-Gual-Kurs, der nahe am Flughafen liegt. Dementsprechend ist die Lärmkulisse durch die Flugzeuge vorerst irritierend, aber nach kurzer Zeit hat man sich daran gewöhnt. Und weil die eigene Performance dürftig ist, stellt man sich schon nach wenigen Löchern freudig vor, wie man sich später auf dem obersten Deck am Pool im Sonnenuntergang einen feinen Drink zum Apéro genehmigen wird – bei einem aufregenden DJ-Set. Die Stimmung an Bord ist fröhlich, wobei es erstaunlich problemlos möglich ist, der feierwütigen Masse aus dem Weg zu gehen.

Allein Die

MÖGLICHKEIT, EINEN RYDER-CUPKURS ZU SPIELEN, KÖNNTE OHNEHIN FÜR VIELE ANREIZ

GENUG SEIN. ALLERDINGS

MUSS MAN SICH BEEILEN…

So bietet das Restaurant Archipelago ein feines, hochklassiges Menü mit edler Weinbegleitung von drei Sterneköchen an – aus Italien, Spanien und Frankreich. Die weltbekannten Köche Bruno Barbieri, Ángel León und Hélène Darroze interpretieren Zutaten, Traditionen und Rezepte jedes Reiseziels der Kreuzfahrt neu. Das soll zwar nicht nur Golfer anlocken, ist aber auf jeden Fall ein vorzüglicher Grund mehr für den genussvollen Spieler, eine Reise auf der Costa Smeralda in Betracht zu ziehen. Ein Mitreisender meint, dass durchaus noch mehr geboten werden könnte für jene Golfer, die es gerne gediegen mögen. Die Veranstalter betonen, dass es Raum für Sonderwünsche hat – es ist am Ende alles eine Frage des Preises. So kosten auch die besten Golfplätze mehr.

Viele Weitere Ideen

An Projekten und Ideen fehlt es keineswegs. So könnten Runden mit bekannten Pros ebenso ins Programm aufgenommen werden wie spezielle Übungswochen. Auf dem Schiff selber soll bald ein Range-Bereich aufgestellt werden mit modernen Tracking-Maschinen, Putting Greens und weiteren Trainingsmöglichkeiten. Auch Kooperationen mit Schlägerherstellern stehen kurz vor dem Abschluss, dann sollen die neuesten Driver und Eisen, Wedges und Putter als Leihmaterial zur Verfügung stehen.

Letztlich aber wollen Golferinnen und Golfer auf so einer Reise möglichst viel Spass auf dem Platz haben. Mit der grossen Auswahl an Kursen könnte man die Schlaufe durchs Mittelmeer auch mehrmals in Serie drehen und immer wieder auf anderen Plätzen aufteen. Allein die Möglichkeit, einen RyderCup-Kurs zu spielen, könnte ohnehin für viele Anreiz genug sein. Allerdings muss man sich beeilen; irgendwann Anfang 2023 dürfte der Marco Simone Golf and Country Club für das breite Publikum gesperrt werden. Nicht nur, um auf dem wunderbaren Platz weitere Anpassungen vorzunehmen, sondern auch, um das gesamte Gelände auf ein angemessenes Ryder-Cup-Niveau zu hieven. Geld steht offenbar genügend zur Verfügung, mehrere Trakte sollen gar ganz abgerissen und neu aufgebaut werden. Das Areal dürfte im Herbst 2023 nicht mehr wiederzuerkennen sein.

Wer in diesem Herbst auf dem Marco Simone spielt, kann sich allerdings schwer vorstellen, wie das alles noch umgesetzt werden soll. Wobei: In Italien gelingt ja vieles immer irgendwie (und oft auf den letzten Drücker), die finalen Bauarbeiten werden vermutlich am Abend vor der Anreise der Golf-Superstars beendet sein. Wir würden gerne noch einmal hier spielen, bevor der Golfclub seinen leicht mottigen Charme verliert. Denn es ist ein toller Matchplay-Platz, auf dem wir schwer an unsere Grenzen gestossen sind. Aber nun wissen wir immerhin ganz genau, wie die 18 Löcher zu spielen sind. •

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