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Die Sozialzahl

Direkte Demokratie in der Klimakrise

Von der Klimakrise sind alle betroffen. Also sollten auch alle Bewohner*innen mitbestimmen können, wie die Klimapolitik in ihrem Land gestaltet wird. Das dem in der Schweiz in keiner Weise so ist, kann am Beispiel der Abstimmung vom 13. Juni 2021 über das CO2Gesetz illustriert werden. Die von einer breiten Allianz von Bundesratsparteien, Umweltorganisationen und Wirtschaftsverbänden befürwortete Vorlage wurde mit einem knappen Mehr von 51,6 Prozent der Stimmenden bei einer hohen Stimmbeteiligung von 59,7 Prozent abgelehnt. Die Differenz zwischen der Anzahl der Ja und der NeinStimmen betrug 103114 Stimmen. Sie gaben den Ausschlag und verhinderten so, dass die Schweiz zu einem Instrumentarium gekommen wäre, das geholfen hätte, die Klimaziele zu erreichen, zu denen sich das Land verpflichtet hat.

Welche prozentuale Bedeutung kommt nun den 1671150 Personen zu, die mit ihrem Nein die Richtung der Klimapolitik entscheidend beeinflusst haben, wenn wir sie in Relation zu den Stimmberechtigten, der Schweizer Bevölkerung und der Gesamtbevölkerung setzen? zählte das Bundesamt für Statistik 6 462 819 Personen dazu. Gemessen an dieser Bevölkerungszahl betrug der Anteil der ablehnenden Mehrheit noch 26 Prozent.

Doch auch die ausländische Bevölkerung wird die Folgen des Neins zum CO2Gesetz zu spüren bekommen. Rechnen wir auch diese Menschen dazu, kommen wir auf eine Gesamtbevölkerung von 8680890 Personen. Der Anteil der NeinSager*innen zum CO2Gesetz beträgt dann noch 19 Prozent! Dabei müssen wir uns bewusst sein, dass wir damit noch immer nicht alle Personen, die in der Schweiz leben, berücksichtigt haben. So fehlen viele Diplomat*innen, aber auch Asylsuchende, die weniger als ein Jahr in der Schweiz sind, sowie die Sans Papiers.

Eine Minderheit von knapp einem Fünftel der Menschen in der Schweiz hat also den klimapolitischen Kurs für die nächsten Jahre bestimmt, weil die einen nicht abstimmen gingen und die anderen nicht stimmberechtigt waren. Wer möchte, dass die Abstimmungsresultate den Willen der Bewohner*innen dieses Landes besser abbilden, muss sich nicht nur für ein Stimmrechtalter 16 engagieren, sondern vor allem auch dafür einsetzen, dass die ausländische Bevölkerung an solchen Abstimmungen teilnehmen kann. Einem Viertel der Bewohner*innen dieses Landes in wichtigen Fragen die Mitentscheidung zu verweigern, ist kein gutes Zeichen für die gesellschaftliche Teilhabe und die politische Integration in diesem Land.

Stimmberechtigt waren an diesem Abstimmungssonntag 5 509 334 Schweizer*innen, die älter als 18 Jahre waren. Der Anteil der NeinSager*innen beträgt in diesem Vergleich 30 Prozent. Kinder und Jugendliche werden unter den Folgen der Klimakrise besonders leiden. Ihre Stimme kam nicht zu Geltung. Zählen wir sie zu den Stimmberechtigten, kommen wir zur schweizerischen Wohnbevölkerung. Ende März 2021

PROF. DR. CARLO KNÖPFEL ist Dozent am Institut Sozialplanung, Organisationaler Wandel und Stadtentwicklung der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Anteil Nein-Stimmen zum CO2-Gesetz im Verhältnis zu den Bevölkerungsgrössen

8 680 890 :

Gesamte Wohnbevölkerung

6 462 819 : 5 509 334:

Schweizerische Wohnbevölkerung

Stimmberechtigte

3 287 720:

Stimmende beim CO2-Gesetz

1 67 1 150 :

Nein-Stimmen