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WELLEN IM XXL FORMAT
Gelegen an der Atlantikküste, zwischen Lissabon und Porto, entstehen durch die Kombination zweier Naturgegebenheiten die wahrscheinlich größten surfbaren Wellen auf der Welt. Nazaré ist das Mekka des Big Wave Surfens. Dass sich ausgerechnet hier die Riesenwellen bilden, hat vor allem zwei Gründe. Erstens: Genau vor der Küste des Ortes befindet sich der Nazaré Canyon, ein Meeresgraben, von über 230 Kilometern Länge und bis zu 5.000 Metern Tiefe. Das Ende der Schlucht endet unmittelbar vor der Küste. So entstehen auf engstem Raum große Unterschiede in der Wassertiefe. Zweitens: Bei entsprechenden Bedingungen wird eine Strömung entlang des Strandes an dem Felsvorsprung in das Meer gelenkt, sodass sich eine weitere Vergrößerung der Wellen ergibt. Bei der richtigen Dünung entstehen hier Wellen, die regelmäßig mit mehr als 20 Meter Höhe brechen. Das geschieht in Nazaré vor allem in den Wintermonaten zwischen Oktober und März.

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Ein Gef Hrliches Spiel
Dass man auf seinem Board bei derart hohen Wellen nicht einfach rauspaddeln kann, dürfte jedem klar sein. Die Surfer werden daher mit einem Jetski hinaus und schließlich auf die brechende Welle gezogen. Dann geht es los – der Ritt ihres Lebens. Mit einer Geschwindigkeit von teilweise über 80 km/h riden die Big Wave Surfer auf den monströsen Wellen und müssen dabei deren unvorstellbaren Kräften trotzen. Gerade deshalb ist Big Wave Surfen eine ganz eigene Sportart, die nicht einmal jeder Top-Surfer, geschweige denn ein durchschnittlicher Surfer, ausüben kann und sollte, sondern nur diejenigen, die genau darauf hintrainieren. Weil das nicht jeder Surfer so sieht und akzeptiert, kommt es in Nazaré deshalb immer wieder zu schweren Verletzungen, die schon oft nur wegen des großen Sicherheitsnetzes vor Ort nicht tödlich endeten. Um sich das mal vor Augen zu führen: An den Tagen mit den größten Wellen, besteht das Team eines Top Big Wave Surfers aus mehr als 20 Leuten. Zu dem Jetski-Fahrer, der den Surfer auf die Welle zieht, kommen zwei weitere bemannte Rettungsjetskis hinzu, genau wie ein Arzt, mehrere Lifeguards und Rettungsschwimmer, ein extra Rettungsteam am Strand und ein Krankenwagen mit Sanitätern. Und dennoch kann es passieren, dass ein erfahrener Big Wave Surfer nicht lebend aus den Wellen herauskommt. Denn die Zeit für eine Rettung ist extrem knapp. Alle 15 Sekunden kommt die nächste Welle und mit ihr wird die Wahrscheinlichkeit immer geringer, den Surfer noch bei Bewusstsein aus dem Weißwasser zu retten. Erstmals starb in Nazaré Anfang des Jahres sogar ein Big Wave Surfer. Der erfahrene Brasilianer Marcio Freire schaffte es nach einem Sturz nicht lebend an Land.
Die Faszination
Doch so dramatisch das ist: Mit der Gefahr, der Unberechenbarkeit und dem Nervenkitzel, kommt natürlich auch die Spannung. Wie bei jedem Extremsport sind es genau diese Dinge, die das Big Wave Surfen so faszinierend machen. Surfer gegen Welle, Mensch gegen Urgewalt. Nazaré ist etwas ganz Besonderes.


Der deutsche Surfer SEBASTIAN STEUDTNER (Bild links) ist Weltrekordhalter im Big Wave Surfen. Der 37 Jahre alte gebürtige Nürnberger, der schon im Alter von 16 Jahren allein nach Hawaii auswanderte, surfte am 29. Oktober 2020 in Nazaré eine Welle mit der nachträglich gemessenen Höhe von 26,21 Metern, durch die er weltweite Bekanntheit erlangte. Im Dezember 2018 hatte Steudtner zudem dem brasilianischen Surfer Pedro Scooby bei einem Wipe Out in Nazaré das Leben gerettet, als er ihn bewusstlos vor dem Ertrinken bewahrte.




2021 reisten Sie rund 25.000 km quer durch Europa von Lissabon nach Lappland. Wie entstehen Ihre Routen?




Es ist eine Mischung aus einem kleinen Konzept und Spontanität. Ich diesem Fall hat es mich sehr interessiert, auf entschleunigte Weise, die schönsten Orte Europas zu entdecken. Natürlich schaue ich vorab, wo zieht es mich hin, wo könnten schöne Fotos entstehen. Meine Eindrücke bündele ich und verpacke die Essenz in meine Geschichten. Einen direkten Weg aber gibt es ebenso wenig wie im Leben.
Sie haben auf dieser Tour 14 verschiedene Länder durchquert. Welches Land hat Ihnen am besten gefallen und welches hat Sie besonders beeindruckt?
