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1 Die rechtliche Gliederung von Sachen
from Recht 08 - SV
1 Die rechtliche Gliederung von Sachen
Der Begriff «Sache» wird in den Art.641 ff. ZGB nicht speziell definiert. Unter Sachen im Sinne des Sachenrechts verstehen wir solche Gegenstände, die wir anfassen können. Nicht materiell vorhandene Sachen, beispielsweise die Rechte von Komponisten an ihren Musikstücken, werden deshalb nicht im ZGB, sondern in Spezialgesetzen (z. B. dem Urheberrecht) geregelt.
Während unter Fahrniseigentum bewegliche körperliche Sachen verstanden werden, wie z. B. Fahrzeuge oder Möbelstücke, umfasst Grundeigentum unbewegliche Sachen (Grundstücke, Liegenschaften oder Stockwerkeigentum). In der rechtlichen Betrachtungsweise zählen Tiere grundsätzlich auch zu den «Sachen». Zwar gibt es einen «Grundsatzartikel Tier» (Art. 641a ZGB), wonach Tiere keine Sachen sind. In einigen Bereichen sind deshalb spezielle Regeln für Tiere vorgesehen. Falls es jedoch für ein bestimmtes Problem im Zusammenhang mit einem Tier keine tierspezifische Regelung gibt, werden nach wie vor die für Sachen geltenden Vorschriften angewandt.
■ Gliederung der verschiedenen «Sachen»
Sachen
Materielle Sachen
Sachen, die körperlich vorhanden sind
Unbewegliche Sachen Bewegliche Sachen
z.B. Liegenschaften, Stockwerkeigentum z.B. Fahrzeuge, Möbel
Grundeigentum Fahrniseigentum
werden im ZGB geregelt
Tiere
Sind gemäss Art. 641a ZGB keine Sachen; gelten aber dann als Sachen, wenn keine besonderen Regeln bestehen
Immaterielle Sachen
Sachen, die körperlich nicht nicht vorhanden sind
«Geistige» Sachen
z.B. musikalische oder literarische Werke, Patente, Lizenzen
in Spezialgesetzen geregelt, z.B. Urheberrechtsgesetz, Patentgesetz Gemäss Art.641a ZGB gelten Haustiere nicht als Sachen; ihnen kommt eine besondere Stellung zwischen natürlichen Personen und «herkömmlichen Sachen» zu. Mit dem seit 2003 geltenden Gesetz hat man in der Gesetzgebung dem in unserer Gesellschaft gewandelten Empfinden Rechnung getragen, wonach Tiere nicht als Sachen, sondern als empfindsame Lebewesen behandelt werden sollten, deren Würde nicht verletzt werden darf. Der erwähnte «Grundsatzartikel Tiere» hat Auswirkungen auf mehrere Rechtsbereiche, z. B. auf das Erbrecht, das Fundrecht, das Haftpflichtrecht oder das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG). ■ Erbrecht: Zwar sind Tiere nicht rechtsfähig, entsprechend auch nicht erbfähig, und können deshalb nicht als Erben eingesetzt werden. Wird aber trotzdem ein Haustier testamentarisch mit einem Erbteil oder einem Vermächtnis, z. B. einer grösseren Geldsumme, bedacht, so gilt dies neu gemäss Art. 482 Abs. 4 ZGB als eine «Zuwendung an ein Tier».
Damit muss die mit der Auflage belastete Person dafür sorgen, dass die dem Haustier vermachte Summe so eingesetzt wird, dass für das betreffende Tier art- und tiergerecht gesorgt wird, d. h., dass das Haustier an einem «guten Plätzchen» untergebracht wird. ■ Fundrecht: Wird ein Haustier gefunden, und es meldet sich kein Eigentümer, so kann die Finderin (oder ein Tierheim) gemäss Art. 722 Abs. 1bis ZGB bereits nach zwei Monaten über das Tier verfügen (und nicht erst nach fünf Jahren, wie dies für gefundene
Sachen generell gilt). ■ Haftpflichtrecht: Wird z.B. ein Hund durch ein Auto angefahren, so können bei schwerwiegenden Verletzungen hohe Kosten für die tierärztliche Behandlung anfallen. Ein Schadensverursacher muss nun dem Tierhalter die Behandlungs- und Heilungskosten vergüten, auch wenn diese den Wert des Tieres übersteigen (Art. 42 Abs. 3 OR). Das Gericht hat ferner im Falle einer Verletzung oder Tötung eines Haustieres die Möglichkeit, dem
Tierhalter eine Genugtuungssumme zuzusprechen für den gefühlsmässigen Wert, den das Tier für ihn hatte (Art. 43 Abs. 1bis OR). ■ Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG): Im Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG wird schliesslich die Unpfändbarkeit von Haustieren festgelegt. Es ist einleuchtend, dass die (wie bei «Sachen» mögliche) Pfändung, d.h. amtliche Beschlagnahmung, eines wertvollen Haustieres, z. B. einer Rassekatze oder eines Rassehundes, für eine sich in Zahlungsschwierigkeiten befindliche Person einen schwerwiegenden Eingriff darstellt. Diese
Rechtsnorm gilt (wie auch alle bisher erwähnten) ausdrücklich nur für Haustiere, d. h.
Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- und Erwerbszwecken gehalten werden.
