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Warum wir dich in St. Pauli Lemgo noch brauchen

»Von der Gemeinde getragen zu werden: ein unschätzbarer Wert«

Warum bist du in St. Pauli? Wie bist du hierher gekommen?

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Martina Reuter hat verschiedene Gemeindemitglieder –männlich und weiblich in der Altersspanne zwischen »U20« und »Ü60« – befragt, was sie an der St. PauliGemeinde besonders schätzen.

STEFAN: »Pauli ist meine geistliche Heimat, mein Ankerpunkt. Ich habe es erleben dürfen, von der Gemeinde getragen zu werden – ein unschätzbarer Wert, den ich nicht missen möchte. Vor Jahren bin ich quasi durch Zufall im Jugend-Bistro aufgeschlagen – und seitdem geblieben.«

»Ich schätze die Vielfalt der Prediger und der Predigtstile …«

HILDEGARD: »Bereits vor 20 Jahren war ich für einige Zeit in der Pauligemeinde und war von Pastor Schneiders Predigten beeindruckt. Seit nunmehr 11 Jahren bin ich wieder in der Pauligemeinde und habe hier mein Zuhause gefunden. Ich schätze die Vielfalt der Prediger und der Predigtstile und dass unterschiedliche Ausrichtungen in der Gemeinde aufgefangen werden.«

»An der Gemeinde gefällt mir ihre Offenheit.«

JON: »Ich kam mit der Pauligemeinde in Kontakt, weil mich Freunde zum Jugendgottesdienst eingeladen hatten. Mittlerweile arbeite ich da auch mit und mache Musik. An der Gemeinde gefällt mir ihre Offenheit. Ich kann meinen Glauben leben ohne strenge Vorgaben. Gott steht im Mittelpunkt, und der Umgang miteinander und mit der Leitung ist positiv.«

JÖRG: »Wir sind über den Klassenlehrer unserer Tochter zur Gemeinde gekommen. Er hat uns den Flyer zur Familienfreizeit 2010 nach Cuxhaven übergeben, wir haben uns angemeldet und neben Kai und Almut Mauritz viele nette Leute kennengelernt. Im Anschluss haben wir mehr und mehr die Gottesdienste in Pauli besucht. Was mich motiviert, die Pauli-Gemeinde zu besuchen, sind die netten Leute, die ansprechenden Gottesdienste, das Rahmenprogramm, z. B. das Männerwochenende und natürlich Kai Mauritz, der nicht nur Pastor ist, wenn das Licht angeht, sondern immer.« »Ich bin gerne in der Gemeinde, weil ich dort im Laufe der Zeit viele Kon- takte und Freundschaf- ten geknüpft habe.«

ANN-KRISTIN: »In die Gemeinde wurde ich hineingeboren und bin von klein auf dabei. Mir gefällt an Pauli, dass jüngere und ältere Menschen zusammenkommen und einen Querschnitt der Gesellschaft abbilden. Die Vielfalt spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Gottesdiensten wider. Im Vergleich mit anderen Gemeinden in Lemgo erlebe ich Pauli als kleinen Pionier. Wir trauen uns an neuste Technik, geben der Jugend viel Raum und haben mit MGH und Werkstatt Leben nicht nur unsere Gemeinde, sondern auch Lemgo als unsere Stadt im Blick. Außerdem freue ich mich, dass trotz Sparmaßnahmen der Landeskirche unsere drei Pastoren und unser Gemeindepädagoge in der Gemeinde geblieben sind.« »Mir gefällt an Pauli, dass jüngere und ältere Menschen zusammenkommen und einen Querschnitt der Gesellschaft abbilden …«

SARAH: »Zur Pauligemeinde kam ich durch Promiseland und habe auch den Konfiunterricht besucht. Mit der Zeit wuchs ich in die Mitarbeiterschaft hinein. Mein Potential, das ich selbst nicht gesehen habe, wurde in der Gemeinde erkannt und gefördert. Ich mag an Pauli, dass ich meinen Glauben leben kann und mit meiner ganzen Person angenommen werde.« »Mein Potential, das ich selbst nicht gesehen habe, wurde in der Gemeinde erkannt und gefördert.«

MICHAEL: »Als ich 1984 durch meine Frau Christine nach Lemgo kam, gehörten wir nominell zu einer anderen Gemeinde, haben uns dort allerdings nie wirklich wohlgefühlt. Durch Freunde wurden wir auf St. Pauli aufmerksam und besuchten mehr oder weniger regelmäßig die Gottesdienste. Die Predigten von Dieter Schneider haben uns besonders angesprochen. Noch vor der Geburt unseres dritten Kindes sind wir dann offiziell zu Pauli gewechselt. Da wir bis ca. 2009 noch im Marburger Kreis (eine überkonfessionelle christlich-missionarische Arbeitsgruppe) waren und dort einen Hauskreis geleitet haben, begann die Mitarbeit in Pauli und die Teilnahme an Gemeindefreizeiten erst danach. Seit 2016 bin ich nunmehr im Kirchenvorstand der Gemeinde. Ich bin gerne in der Gemeinde, weil ich dort im Laufe der Zeit viele Kontakte und Freundschaften geknüpft habe. Auch an die verschiedenen Gemeindefreizeiten habe ich viele schöne Erinnerungen. Ich mag die Vielfalt unserer Gottesdienste und finde es gut, dass wir durch MGH, Werkstatt Leben, SC St. Pauli u. a. auch nach außen präsent sind. Besonders wichtig ist mir allerdings, dass JESUS spürbar im Mittelpunkt unserer Gemeinde steht« »Besonders wichtig ist mir, dass Jesus spürbar im Mittelpunkt unserer Gemeinde steht«

Unsere Gemeinde als Spiegel der Gesellschaft Verschiedenheit mit dem »Kompass« in Balance bringen

Es gibt in unserer Gesellschaft unterschiedliche Menschen: sie haben unterschiedliche Charaktere, unterschiedliche Berufe und Schulbildungen, unterschiedliche Interessen und Lebenserfahrungen u.v.m. Wen wundert es, dass aus dieser Mischung nicht auch unterschiedliche Wahrnehmungen der Welt und unserer Wirklichkeit als ganzer entstehen?

Die Vielfalt der Meinungen bekommt außerdem durch Medien wie das Internet eine ungeahnte Bandbreite. Was manche überfordert und erschreckt, motiviert wiederum andere, globale Weltenbummler zu werden und die Vielfalt der Kulturen zu schätzen. Wiederum andere reagieren auf die Vielstimmigkeit, indem sie umso mehr an ihren gewohnten Anschauungen und Traditionen festhalten, weil sie Sicherheit und Überschaubarkeit suchen. All das gibt es auch in Lemgo. Und natürlich auch in unserer Gemeinde. Die Welt ist auch bei uns nicht mehr einfach. Wie gehen wir damit um?

Als Kirchengemeinde haben wir den Versuch unternommen, mit einem »Kompass« mehrere Stimmen in Beziehung zueinander zu setzen. Dem zu Grunde liegt unsere Entscheidung, dass wir einander in unserer Verschiedenheit annehmen und den Weg zueinander suchen, anstatt sich vom anderen von vornherein abzuwenden.

Vor- und Nachteile einzelner Positionierungen sollen zur Sprache gebracht werden. Und oft ergänzen sich auch Positionen, anstatt sich auszuschließen.

Es gibt keine einfache Wirklichkeit – und darüber müssen wir sprechen.

Mit dem »Kompass« möchten wir integrieren und so die Verschiedenheit in Balance bringen.

Einseitige Sichtweisen werden im »Kompass« als Extreme benannt. Extreme Übertreibungen dürfen kritisch benannt werden. Und tatsächlich gibt es auch einen Punkt, ab dem es nicht mehr möglich ist, eine Position zu integrieren. Aber auch hier bleibt die Frage danach, wo die Grenze überschritten ist, ein Diskussionsprozess.

Es gibt keine einfache Wirklichkeit, und darüber müssen wir sprechen. Darum werden wir ab 2020 Formate erfinden, in denen Dialoge (auch kontroverse) geführt werden. Unsere Gemeinde wie unsere Gesellschaft braucht Räume, in denen ohne Furcht und gewaltfrei geredet werden kann. Das entspricht unserer Vision für versöhnte Verschiedenheit, und in unserer Gemeinde soll sie gelebt werden.

Wie ist der Kompass zu lesen?

Es gibt die bunte Mitte, die sich in der Mischung im Zentrum in Richtung Weiß bewegt. Und es gibt das Außen jenseits des Randes des Kreises, wo die unterschiedlichen Übertreibungen oder Extreme platziert werden. So bekommen unterschiedliche Perspektiven auf der Karte ihren Platz.

Die drei Farben stehen für drei unterschiedliche Wahrnehmungsfelder: Grün steht für den Kopf •

(Nachdenken, Wissenschaft, Theorien) Rot steht für die Hand •

(Tun, Aktivitäten, Ethik, Normen,) Blau steht für Herz (unsere Innenwelt,•

Gefühle, Energien und Motivationen) Diese drei Felder lassen sich auch theologisch auf die drei Wahrnehmungen des dreieinigen Gottes beziehen: Gott der Vater als Schöpfer und Urheber alles Seins über uns. Der Sohn, der Mensch wurde und Modell gelingenden Lebens ist. Der Geist, der in uns lebt als die Kraft der Liebe Gottes in uns.

Der »Kompass« liegt auch den drei Bereichen unserer Arbeit in St. Pauli zu Grunde und richtet sie auf ihren jeweiligen Hauptfokus aus:

Gemeinde: Gott erwarten (einen Lebensstil der Ausrichtung•

auf Gott, Anbetung Gottes lernen und einüben) Mehrgenerationenhaus: Versöhnung leben •

(die verschiedenen Menschen in Lemgo miteinander verbinden, zur Begegnung und Versöhnung einladen) werkstatt·leben: Lieben lernen •

(die Persönlichkeitsentwicklung der/des Einzelnen fördern, in schwierigen Lebenssituationen beraten und unterstützen)

Unsere Gemeinde wie unsere Gesellschaft braucht Räume, in denen ohne Furcht und gewalt- frei geredet werden kann.

In diesen drei Dimensionen gibt es auch die Übertreibungen von zu viel und zu wenig: Zuviel Nachdenken und führt zu Kopf•

lastigkeit, einseitige Theorien auch zu einseitigen Ideologien. Zu wenig Kopfarbeit führt zu Unwissenheit. Zuviel oder einseitiges Tun führt zu Ak•

tivismus bis hin zu Vorschreiben und Gesetzlichkeit. Zu wenig oder einseitige Aktivität endet in Gleichgültigkeit und Passivität. Zuviel oder einseitige Orientierung an•

Gefühlen führt zu Romantisierungen und dem Diktat des »Bauches«. Zu wenig oder einseitige emotionale Orientierung führt zur reinen Pflichtorientierung und technischer Sichtweise.

Unser »Kompass« ist im Grunde eine Neuübertragung des Bildes vom Leib Christi, über das Paulus in 1. Korinther 12 schreibt: »Denkt zum Vergleich an den menschlichen Körper! Er stellt eine Einheit dar, die aus vielen Teilen besteht; oder andersherum betrachtet: Er setzt sich aus vielen Teilen zusammen, die alle miteinander ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Genauso ist es bei Christus. Denn wir alle ... sind mit demselben Geist getauft worden und haben von derselben Quelle, dem Geist Gottes, zu trinken bekommen, und dadurch sind wir alle zu einem Leib geworden.« (1. Kor. 12,12– 13)

HELGE SEEKAMP, PFARRER Die unterschiedlichen Körperteile ergänzen und benötigen sich gegenseitig. Wenn sich ein Teil verselbständigt oder vom Ganzen isoliert, schadet es sich selbst und auch dem Leib.

Wir wünschen uns, durch die Ausrichtung mithilfe des »Kompasses« dem dreieinigen Gott ähnlicher zu werden, die Ergänzung der Verschiedenheiten zu erkennen und modellhaft für diese Welt versöhnt zu leben.

Wir üben es noch. Wer übt mit?