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Beim Reden kommen die Leute zusammen

Dieses Sprichwort gibt es in vielen Sprachen und Kulturkreisen. Weil „Reden“ immer und überall der erste Schritt zu gegenseitigem Verständnis ist.

Von Andreas Kranzler

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Mindestens so wichtig ist es allerdings auch, wie und auf welchen Ebenen wir miteinander kommunizieren.

Wie machen wir das beispielsweise in der Landwirtschaft? Reicht es, wenn wir uns einfach nur „gegenseitig überschreien“?

Die Konventionellen die Bios und umgekehrt, die Grünlandbauern die Ackerbauern, die Praktiker die Wissenschaftler und die Standesvertretungen die Politik? Wir alle erleben dieses emotionale Durcheinander in unserem Arbeitsalltag – ein rechthaberisches „Bauchgefühl“, bei dem es laut zugeht, aber selten tatsächliche Inhalte zum Ausdruck kommen. Bringt uns das wirklich weiter?

Ich frage bewusst provokant und zugespitzt, weil ich überzeugt bin, dass wir aus vielen unserer landwirtschaftlichen Diskussionen die Emotionalität herausnehmen und weitaus faktenbasierender kommunizieren sollten. Selbstverständlich gilt dies für alle Seiten. Ja, mein eingangs erwähntes Sprichwort sollte für uns alle eigentlich lauten:

„Bei einem auf Fakten basierten Reden kommen die Leute in der Landwirtschaft zusammen.“

Dabei möchte ich mich und das FiBL-Wissenschaftsteam gar nicht aussparen. Auch wir mussten in den Anfangsjahren lernen, dass es eine gemeinsame Sprache zwischen der Forschung und Praxis braucht. Ohne akademische Überheblichkeit und ohne Dünkel gegenüber der Wissenschaft. Ich denke, dies ist uns im Laufe der Zeit erfreulich gut geglückt. Gemeinsam mit Ihnen, mit zahlreichen gemeinsamen, praxisorientierten Forschungsarbeiten. Und wenn ich heute die FiBLWebsite ansehe (www.fibl.org) oder auch diese und die vorangegangenen Ausgaben des „bioprofi“, dann bin ich mir sicher, dass es bereits ein sehr starkes wissenschaftliches Fundament für einen auf Fakten basierenden Diskurs in der Landwirtschaft und somit auch in der Agrarpolitik gibt.

Wir müssen diese Fakten endlich zu Wort kommen lassen, gegenseitig fundierter argumentieren und offener einander zuhören. Das gilt übrigens auch für die Biobäuerinnen und Biobauern untereinander: Hier habe ich bisweilen den Eindruck, die nächste Generation des Biolandbaus – also Neueinsteiger und Umsteller –wird nicht mit offenen Armen, sondern mit gewissen „ökonomischen“ Vorurteilen empfangen. Dabei sollten wir ihnen doch zuerst einmal zuhören und bereit sein, neue Sichtweisen zu akzeptieren. Dass die „Neuen“ keine Pioniere mehr werden, ist nur logisch – so wie es ebenfalls verständlich ist, dass jemand mit seinem Betrieb Geld verdienen will und auch muss.

Noch eine Bemerkung: Verstehen Sie mein Plädoyer für einen faktenbasierenden Diskurs bitte nicht als eine gänzliche Absage an die Emotionalität. Freilich braucht es Emotionalität in der Landwirtschaft, unbedingt, doch eben dort, wo sie am besten hingehört: bei Ihren direkten Kontakten und Gesprächen mit den Konsumentinnen und Konsumenten. Wo es darum geht, die Menschen emotional und authentisch für den Biolandbau und die biologische Lebensmittelqualität abzuholen. Denn das sollten wir keinesfalls nur einem „Schweinderl“ in der Werbung überlassen.

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