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post-corona – Lehren und Erfahrungen aus der Pandemie

UMFRAGE: »Lehren aus der Pandemie«

Die Pandemie war ein Schock für die Branche und für jedes Institut. Wir haben neun KosmetikerInnen gefragt, welche Überlebensstrategien sie sich für die Schließzeit haben einfallen lassen, welche Lehren sie

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daraus ziehen und was sich verändert hat.

IRMI RIES, Kosmetik und mehr, www.kosmetikundmehr.net

CHRISTIANENIEMAND, Babor Beauty Spa, www.kosmetik-ch-niemand.de

ULRIKESCHAAF-DEEGE, Medical Cosmetics, www.medical-wellness-deege.de CHRISTINE LANGE, Place of Beauty, www.placeofbeauty.de

MICHAELGEBHARDT/ CHRISTOPHWENDT, Prachtburschen, www.prachtburschen.de

SHREEFRUTH, HopeCosmetics, www.hopecosmetics.de NICOLEMÜLLER, Pure Beauty, www.kosmetik-nicole-mueller.de

HEIDIRAUCH, Kosmetikstudio im Venetianerwinkel, www.kosmetikstudio-heidi-rauch.de

ANJAZAPP, Einfach schön, www.anjazapp-einfachschoen.de

1. Welche Veränderungen im Angebot haben Sie vorgenommen?

Irmi Ries, Institut Kosmetik und mehr, hat die Konsequenz gezogen, keine Fußpflege mehr, jedoch dafür verstärkt Pflege- und Make-up-Beratungen anzubieten. Darüber hinaus ist sie in den Onlinehandel gestartet. Hingegen berichtet Christine Lange, Place of Beauty, dass bei ihr die coronabedingten Schließungen dazu führten, dass die Kundinnen, die in erster Linie zu klassischen Behandlungen und zur Entspannung kamen, nach der Wiedereröffnung keine Termine mehr buchten. Daraufhin forcierte sie die Angebote im Anti-Aging-Bereich und gewann viele Neukunden. Ähnlich verfuhr Nicole Müller, Pure Beauty, indem sie ihr Angebot den Hauptinteressen der Kunden anpasste. Sie kümmert sich nun mehr um individuelle Bedürfnisse, damit der Stress nicht nur aus dem Gesicht, sondern auch aus der Seele genommen wird. Hingegen vermeldet ChrisWährend diese Behandlungen vorher eher selten gebucht wurden, stieg die Auslastung um den Faktor 4,7. Heidi Rauch, Kosmetikstudio im Venetianerwinkel, vergibt keine extra Termine mehr für Wimpern-/Augenbrauenfärben, da es nicht wirtschaftlich ist. Stattdessen konzipierte sie eine umfassende Augen-Fit-Behandlung. Zudem dehnte sie die Abendtermine aus. Auch Ulrike Schaaf-Deege, Medical Cosmetics, passte ihre Behandlungszeiten an und öffnet nun um 7 statt 8 Uhr, da die Kundinnen im Homeoffice gerne schon vor der Arbeit kamen. Zudem schuf sie zusätzliche Empfangs- und Beratungsbereiche und pflegte während des Lockdowns die Kommunikation über Facebook, Instagram, Whatsapp und telefonisch. Zudem ließ sie die Produkte von einer professionellen Texterin beschreiben, sodass die Kunden eine bessere Vorstellung von diesen haben. Shree Fruth, HopeCosmetics, vermeldet keine großen Veränderungen. Sie bietet seither das Thema Hautanalyse verstärkt an und stellt dabei fest, dass die Kunden bei Produktkauf und Behandlungen kritischer geworden sind. Anja Zapp, Einfach schön, nutzte den Lockdown, schneller als ge-

tiane Niemand, Babor Beauty Spa, keine größeren Veränderungen. Da sie immer auch saisonbedingte Angebote bereithält, sorgt dies für stetige Abwechslung und wird sehr gern angenommen. Durch die lange Auszeit rückten allerdings Microdermabrasion, Microneedling und Skinfusor-Behandlungen mehr in den Fokus. Neu ist zudem das Online-Buchungssystem. Michael Gebhardt und Christoph Wendt, Prachtburschen, haben ihr Portfolio um das Hautoptimierungs-Konzept ergänzt. Dabei handelt es sich um Gesichtsbehandlungen mit apparativen Methoden. plant ihre Prüfung zur Ernährungsberaterin zu bestehen. Sie bietet nun Ernährungsberatung auch getrennt von Kosmetikbehandlungen an. Zudem brachte sie ihre eigene Pflegeserie heraus.

2. Was haben Sie oder möchten Sie im Bereich

Verkauf ändern?

Im Institut von Irmi Ries gibt es seit der Umgestaltung der Verkaufsräume einen Raum nur für die Pflegende Kosmetik samt TesterBar, einen Make-up-Raum und eine großzügige Verkaufsfläche. Dem Angebot und Verkauf von Zusatzverkäufen möchte sie in Zukunft größere Aufmerksamkeit widmen. Bei Christine Lange hat sich die Nachfrage nach Produkten und Behandlungen, die sicht-/ fühlbare Hautverbesserungen erzielen, erhöht. Zusammen mit einer ehrlichen, kompetenten Beratung dürfen diese auch im hochpreisigen Segment liegen. Nicole Müller informiert nach wie vor ihre Kunden über Neuigkeiten mit einer persönlichen Nachricht per Mail oder Telefon. Die Kunden genießen diese persönliche Kommunikation und die

individuelle, ehrliche Beratung. Auch Christiane Niemand betont die Kundennähe. Sie teilt Angebote per Whatsapp und über die sozialen Medien zeitnah mit. Mittlerweile hat sich bei ihr auch Beratung über Videokonferenz bewährt. Gebhardt/Wendt haben einen Online-Hautpflegeberater mit integriertem Shopsystem entwickelt und möchten den Produktabsatz weiter steigern. Aktuell entwickeln sie ein Konzept, wie sie für alle pflegenden Behandlungen den unterstützenden Produkteinsatz zu Hause integrieren und Kunden motivieren, die Pflegeprodukte über ihr Institut zu beziehen. Heidi Rauch bringt es auf einen einfachen Nenner: Sie möchte mehr verkaufen. Dafür präsentiert sie nach der Behandlung die empfohlenen Produkte. Mit Erfolg: Sie verzeichnet in diesem Geschäftsjahr den besten Umsatz seit Eröffnung. Ulrike Schaaf-Deege möchte den Online Shop noch besser ausbauen, über Facebook, Instagram vermarkten und das Angebot von Sondergrößen noch steigern. Kunden können dann ohne große Investitionen mehr probieren. Bei Shree Fruth waren während der Schließung Produktschulungen die Möglichkeit, die Angestellten so weit wie möglich aus der Kurzarbeit zu halten. Dies zahlt sich jetzt in Motivation und Können aus. Anja Zapp arbeitet derzeit an ihrem Onlineshop und möchte den Produktverkauf viel mehr in den Arbeitsalltag integrieren.

3. Kundenbeziehungen:

Was hat sich geändert – was bleibt bestehen?

Irmi Ries und ihrem Institut haben während der Corona-Zeit viele Kunden die Treue gehalten und Produkte geordert. Einige Kundinnen sind jedoch noch nicht wieder zurückgekommen. Die Instituts-Chefin ist aber sehr zuversichtlich und hat viele Ideen, von Infoabenden über Workshops usw. Christine Lange hingegen stellte fest, dass viele Kunden den persönlichen Kontakt vermisst haben. Das gegenseitige Vertrauen, die Nähe und das »sich um die Kunden kümmern« hatte bei ihr zu einer bemerkenswerten Bezugsebene beigetragen, was wiederum eine starke Handlungs- und Kaufbereitschaft zur Folge hatte. Auch Nicole Müller betont eine gewandelte Beziehung zu den Kunden. Diese ist bei ihr noch intensiver geworden, da sie auch während des Lockdowns regelmäßig mit den Kunden kommunizierte und z. B. kleine Aufmerksamkeiten verschickte. Christiane Niemand blickt mit ihren 25 Jahren Selbstständigkeit auf eine sehr enge Beziehung zu vielen Kunden. Daran hat sich nicht viel geändert. Für sie ist das gegenseitige Vertrauen in dieser schwierigen Zeit die Basis der Arbeit. Gebhardt/Wendt haben in der Pandemie engen Kontakt zu ihren Kunden gehalten, Produktbestellungen persönlich ausgeliefert und telefonisch oder über Social Media aktiv über Veränderungen informiert. Heidi Rauch stellte fest, dass viele neue Kunden kamen, nachdem sie ihre Internetseite und ihren Google-Business-Auftritt komplett neu gestaltet hatte. Ein paar Stammkundinnen sind noch nicht wiedergekommen, was aber sicher auch an Corona liegt. Die meisten waren mindestens schon einmal da. Ulrike Schaaf-Deege setzte auf Kundenkontakt über Videochat-Apps wie Skype, Facetime und Zoom. Ihr Fazit: Es bleibt die absolute Herzlichkeit. Shree Fruth hat zwar in Maniküre und Kosmetik einige Kunden verloren, dafür aber auch viele neue gewonnen. Ihre Beobachtung: Das Tragen der Masken hat auch viele Hautbilder verändert. Bei Anja Zapp ist die Bindung zu den Kunden noch stärker geworden: »Wir wissen uns gegenseitig noch mehr zu schätzen.«

4. Was hat sich für Sie persönlich geändert?

Irmi Ries arbeitet noch immer mit Begeisterung und ist dankbar, dass ihre Mitarbeiterinnen nach der Kurzarbeit wieder mit vollem Einsatz und Freude arbeiten und sie als Team und Menschen aus der Krise gestärkt hervorgehen. Christine Lange weiß, dass es in der Wirtschaft immer mal wieder Krisen gibt. Ihrer Meinung nach gilt es, sich dessen bewusst zu sein und Vorkehrungen durch Rücklagen und gute Kundenbindung zu treffen sowie die eigenen Pläne immer wieder mit der Realität abzugleichen: Was kommt, geht, bleibt? Hingegen hat Nicole Müller versucht, den Lockdown als mehr Zeit für sich zu sehen. Die Zeit mit ihrer Familie und ihrem Hund geben ihr Kraft und inspirieren sie. Sie wird diese Me-time beibehalten, denn von der Ausgeglichenheit und Energie profitieren auch die Kunden. Auch für Christiane Niemand war die Pandemie ein Entschleunigen. Vieles geht sie nun ruhiger und sorgsamer an. Sie hat gelernt, auch einmal Nein zu sagen, um mit Familie und Freunden mehr Zeit zu verbringen. Gebhardt/Wendt haben gelernt, dass man auch in einer schwierigen Situation positiv denken muss und Chancen erkennen kann. Die freie Zeit haben sie dazu verwendet, sich noch digitaler aufzustellen. Heidi Rauch genießt es, im neuen Studio zu arbeiten, das einen neuen Schliff bekommen hat. Sie sagt: »Ich trotze der Pandemie, jetzt erst recht.« Ulrike Schaaf-Deege genoss die unerwartete Freizeit und persönliche Zeit. Zudem hat sie die Liebe zu zwei tollen Pferde gefunden, ist gelassener geworden, wovon auch ihre Kunden profitieren. Shree Fruth bringt es auf einen einfachen Nenner: »Ich bin dankbarer aber auch professioneller geworden. Schließlich wächst man ja mit seinen Aufgaben.« Anja Zapp hingegen fiel es schwer, zu einer gefühlten Sicherheit zurückzukommen. Schließlich ist ein Lockdown weder nachzuholen noch vorzuarbeiten. Stolz ist sie darauf, dass sie außer FFP-2-Maske, Trennwänden, Kontaktformular und Desinfektion im Eingangsbereich keine neuen Hygienestandards im Studio einführen muss.

5. Wo möchten Sie sich weiterbilden?

Die hauptsächliche Lerntätigkeit von Irmi Ries sind medizinische Pigmentierung und Permanent Makeup. In diesem Bereich gibt es immer wieder Neues zu lernen. Nach Christine Langes Einschätzung liegt die vielzitierte Chance im Medienkonsum. Das erfordert für sie die Weiterbildung in der digitalen Welt, das Lernen neuer Techniken, den Umgang mit Social Media als auch die verstärkte Spezialisierung. Nicole Müller ist aktuell mit ihrem Behandlungsangebot sehr zufrieden und plant dieses Jahr keine Weiterbildungen. Zu einem späteren Zeitpunkt möchte sie gerne als Trainerin oder Coach ihr Wissen an Kolleginnen weitergeben. Christiane Niemand möchte im kommenden Jahr ihre NiSV-Fachkundenachweise absolvieren. Da sie immer neugierig bleibt, lässt sie offen, ob sie noch etwas Neues für ihre Kunden entdeckt. Gebhardt/Wendt möchten noch besser im digitalen Marketing werden und bilden sich weiter. So können sie künftig Marketingkampagnen noch besser steuern. Sehr motiviert fasst Heidi Rauch zusammen, alles »mitzunehmen«, was sich anbietet und im Terminkalender Platz hat. Bei Ulrike Schaaf-Deege sind die Pläne schon sehr konkret. Sie freut sich auf ihre 1-jährige Coaching-Ausbildung ab Herbst 2021. Ihr Motto: »Nach dem technischen brauchen wir den menschlichen Fortschritt.« Auch Shree Fruth möchte sich »in allem« weiterbilden. Sie denkt, dass Kosmetikerinnen sich ein entspanntes Zurückzulehnen nicht leisten können. Anja Zapp schließlich wird sich noch eingehender mit der Anti-Aging-Prophylaxe beschäftigen.