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GEDANKENZU EUROPA
by soj.at
denen er nicht gestört werden wollte in seinem Büro in der Grazer Burg sehr früh selbst erledigte, ohne Vermittlung und Sekretärin. Zeitzonen waren auch nicht wichtig.
Gestörte Nachtruhe
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In der zweiten Hälfte 1988 war ich Gastprofessor an der Rutgers Universität in Camden/New Jersey mit einem Seminar über Europarecht. Abends im Gästehaus der Universität war ich gerade eingeschlafen, da bimmelte das Telefon. Wer ruft kurz nach Mitternacht an? Wahrscheinlich falsch verbunden, dachte ich, hob aber trotzdem ab. Aus dem Hörer kam ein lautes: Du machst das! Ähh, wer, was…? Es war unser Herr Landeshauptmann, der, wie ich später herausgefunden habe, Anrufe bei
Es hat einige Zeit gedauert, bis mir klar wurde, worum es ging. Ich hatte –unmittelbar nachdem der sogenannte Brief nach Brüssel (Beitrittsansuchen) abgeschickt wurde –beim Landeshauptmann angeregt, die Steiermark sollte nach dem Vorbild der deutschen Bundesländer einen „Europabeauftragten“ zur Beratung der Landesregierung installieren. LH Krainer war zunächst mehr als skeptisch: Du willst ja nur für deine Studenten neue Jobmöglichkeiten haben. Aber dann hatte er es sich doch überlegt. Siehe oben: Mitternachtsanruf.
Für mich waren die nächsten Jahre nicht ganz ohne. Meine Professur an der Universität wollte ich nicht aufgeben, ich hatte schließlich hart dafür gearbeitet, aber die Aufgabe, nicht nur theoretisch am
Beitrittsprozess mitzuarbeiten, sondern mittendrinnen, war zu verlockend. Also weiter wie bisher an der Uni und zusätzlich Halbtagsjob beim Land. Die nächsten knapp fünf Jahre waren nicht ganz stressfrei. Fast jeden Tag hat mir ein Hofrat erklärt, das sei alles unsinnig, unmöglich, eine Zumutung, usw., aber dank einiger schrägen Ideen hat es dann dennoch ganz gut geklappt. Besonders erfolgreich war eine Gruppenbrüsselreise mit den Spitzen der Landesverwaltung. Untertags ein dicht gedrängter Stundenplan mit EU-Bürokraten, mit dem einen oder Termin bei einem Kommissar als Goodie, und jeden Abend Brüssels bekannt gute Gastrononmie. Höhepunkte: Moules avec frittes und Sancerre. Es war wie bei der Reblaus… Das dicke Ende kam danach. Im Herbst 1994 eröffnete mir der Landeshauptmann, was er als nächstes für mich vorhatte. Ab in die Politik.