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„Situation ist auch für uns nicht fein!“
by soj.at
INTERVIEW: DORIAN KROIS
SOJ:Die Konsumentinnen und Konsumenten sind aufgrund der hohen Preisdynamik frustriert und die Inflation ist mittlerweile in so ziemlich allen Bereichen angekommen. Beim täglichen Einkauf im Supermarkt spürt man die neuen Preise unmittelbar. Haben Sie Verständnis für den Frust der Österreicher?
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Mag. Nicole Berkmann: Wir sind selbst auch Kunden und müssen Mieten zahlen oder Kredite bedienen und bekommen hohe Stromrechnungen. Natürlich haben wir Verständnis. Die Situation ist auch für uns nicht fein.
SOJ:Im April 2023 sind die Verbraucherpreise in Österreich im Vergleich zum Vorjahresmonat um 9,8 Prozent gestiegen. Wie ist es aus Ihrer Sicht überhaupt zu der hohen Inflation gekommen?
Mag. Nicole Berkmann: Im wesentlichen sind die Energiepreise und die hohen Rohstoffkosten dafür verantwortlich.
Das sind die beiden Faktoren, die das Produzieren von Lebensmitteln maßgeblich verteuern und daher müssen wir im Handel die Produkte teurer einkaufen und somit sind die Produkte für die Konsumenten auch teurer.
SOJ:Inwieweit ist Ihr Unternehmen selbst von der Teuerung betroffen?
Mag. Nicole Berkmann: Wir haben eine Verdoppelung der Energiekosten auf etwa 200 Millionen Euro, allein in Österreich. Der Transport der Produkte vom Lager in die Märkte ist teurer geworden. Die Personalkosten sind gestiegen.
Jede einzelne Baustelle hat sich verteuert, auch, wenn wir nur eine Kühlung austauschen.
SOJ:Welche Produkte sind preislich eigentlich sehr volatil, welche stabiler?
Mag. Nicole Berkmann: Lebensmittel gehen immer auf ein agrarisches Grundprodukt zurück. Diese sind immer abhängig von der Ernte. Diese wiederum ist oft abhängig von der Witterung.
Zusätzlich gibt es gibt Produkte, die an der Börse gehandelt werden, wie Kaffee, Getreide, Schweinefleisch und vieles mehr.
SOJ:Wie oft werden Preise eigentlich geändert? Passiert das auch täglich mehrmals?
Mag. Nicole Berkmann: Nein, um Gottes

Willen! Wir haben 50.000 Produkte im Sortiment. Das geht gar nicht, dass man das täglich ändert. Produktpreise werden dann geändert, wenn es seitens der Lieferanten eine Erhöhung oder Senkung des Einstandspreises gibt. Oder auch, wenn wir eine Aktion haben, dann sinkt der Preis.
SOJ:Es steht der Vorwurf im Raum, dass die Preise von den Handelskonzernen zwar schnell angehoben werden, umgekehrt passiere das aber spät oder gar nicht, wenn die Großhandelspreise wieder fallen. Was sagen Sie dazu?
Mag. Nicole Berkmann: Diese Annahme ist falsch. Wir senken die Preise schnellstmöglich. Das heißt aber auch, dass das eine Verzögerung haben kann. Denn zum Beispiel eine Tiefkühlpizza, die heute im Regal liegt, wurde vor mehreren Monaten produziert, zu damaligen Preisen und so haben wir sie auch eingekauft. Bei manchen Produkten geht es schneller, dass eine Senkung durchschlägt, bei manchen dauert es länger.
SOJ:Der Lebensmittelgipfel von Minister Johannes Rauch blieb ja bekanntlich ohne Ergebnis. Was sind Ihre Forderungen an die Politik, um eine Lösung zu haben, mit der sowohl Ihr Unternehmen, als auch die Konsumenten gut leben können?
Mag. Nicole Berkmann: Aus unserer Sicht geht es darum, die ärmsten Bevölkerungsschichten –das sind 3-8% –aktiv zu unterstützen. Man könnte sie steuerbefreien, zum Beispiel. Und man muss auf jeden Fall mit dem Grundübel, den Energiepreisen etwas machen, damit diese gesenkt werden.
SOJ:Wie hat sich eigentlich der Krieg in der Ukraine auf die Lieferketten ausgewirkt? Die Ukraine wird ja als „Kornkammer Europas“ bezeichnet, auch Pflanzenöle wie Sonnenblumenöl, werden in der Ukraine in großem Stil produziert.
Mag. Nicole Berkmann: Wir setzen in unserem Sortiment sehr stark auf heimische Produktion, alle unsere Sonnenblumenöle haben daher heimische Sonnenblumenkerne als Ausgangsmaterial. Daher hatten wir kein Problem mit der Lieferkette und dem Rohstoff. Außer, dass durch den anfänglichen Ausfall der ukrainischen Produktion, die Nachfrage auf dem europäischen Markt gestiegen ist und das natürlich preisliche Folgen hatte.
SOJ:SPAR hat ja auch, wie andere Supermarktketten, Eigenmarken im Sortiment. Ist ihr Verkaufsanteil gestiegen?
Mag. Nicole Berkmann: Wir haben den Eigenmarkenanteil in den vergangenen 20 Jahren bewusst ausgebaut, derzeit ist er bei ca. 40 % vom Umsatz. Der Anteil ist zuletzt nicht weiter gestiegen.
SOJ:In diesen Zeiten schauen die Menschen mehr denn je aufs Geld. Wie halten sich eigentlich teurere Bio-Produkte?
Mag. Nicole Berkmann: Die Bio-Käuferschaft ist eine sehr treue und überzeugte Konsumentengruppe. Sie kaufen auch weiterhin Bio-Produkte. Hier merkt man keinen Rückgang, allerdings auch kein so starkes Wachstum mehr wie in den vergangenen Jahren. Die Bio-Produkte haben lange keine so starken Preiserhöhungen erfahren wie andere Produkte, weil Düngemittel und Pestizide, im Bio-Bereich nicht gebraucht werden. Diese Betriebsmittel sind aber deutlich teurer geworden und daher hat man das bei den konventionell erzeugten Produkten eher im Preis gespürt.
SOJ:Das Thema Veganismus wird ja von Handel und der Gastronomie immer mehr aufgegriffen. Wie hat sich in den letzten Jahren das Angebot und die Nachfrage nach veganen Produkten in Ihrem Unternehmen verändert?
Mag. Nicole Berkmann: Die Nachfrage nach veganen und vegetarischen Produkten ist angestiegen. Wir haben unser Sortiment deutlich erweitert und mittlerweile über 2.500 pflanzenbasierte Produkte im Sortiment. Dabei ist auch unsere Eigenmarke SPAR Veggie sehr erfolgreich. Einen Teil der SPAR Veggie – Produkte produzieren wir mittlerweile in unserem TANN-Werk sogar selber. Die Produkte sind auf Erbsenbasis und sehr beliebt.