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Bad Gleichenberg

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„Flachgelegt“

„Flachgelegt“

Familie wohnen. Was für ein Erlebnis, vor einer Strauchhütte fernab jeder Zivilisation im Freien in einer Hängematte zu schlafen, bei Indigenen, mit denen du dich nur durch Zeichensprache verständigen kannst, am offenen Feuer zu kochen, und den riesigen Sternenhimmel ganz für sich allein zu haben! Die Expedition musste leider abrupt abgebrochen werden, da zwischen den Stammesclans ein gefährlicher Krieg mit mehreren Toten ausbrach. Nach einem unvergesslichen Jahr in Venezuela ging es nach Wien zurück, dort jobbte ich neben der Uni in der Bibliothek des Völkerkundemuseums in der Hofburg, schloss 1973 mit der Doktorarbeit über den Schmuck der Guajiros das Studium ab, arbeitete danach in einem Reisebüro und unternahm mit dem dort verdienten Geld eine mehrwöchige Reise durch Südamerika. Schließlich nahm ich ein Angebot im Hotel Wien Hilton als Assistentin des Bankettdirektors an, für die Organisation von Veranstaltungen wie Konferenzen, Shows oder Ausstellungen. In dieser Zeit lernte ich bei gemeinsamen Freunden meinen zukünftigen Mann kennen. Mario war gebürtiger Schlesier, arbeitete als Tourismuslehrer in Bad Gleichenberg, und bewohnte ein von seinen Eltern geerbtes jahrhundertealtes Gebäude auf einem Berg im benachbarten Trautmannsdorf. Als ich es zum ersten Mal sah, lag es in einer Art Dornröschen- schlaf in einem verwunschenen Park und der Verputz hatte noch Einschusslöcher aus dem Krieg. Unsere romantischen Ideen für die Zukunft schlugen Purzelbäume, wir heirateten 1976, und da wir beide der Riege der kreativen Bastler angehören, verbrachten wir unsere ersten Ehejahre zwischen Farbtöpfen und Zementsäcken, standen verliebt auf Leitern und schmierten zusammen die Löcher im Turmsockel zu, tapezierten Sessel, strichen zur Musik von Ö3 Türen, und pflanzten im Wald 3000 Fichten. Dieser gemeinsame Pioniergeist ist uns bis heute erhalten geblieben. Mit den Jahren gesellten sich auch drei lebhafte Kinder zu unserem idyllischen Landleben. Neben Haushalt sowie Mitarbeit in Pfarrbücherei und Gemeinde bot der Forsthof den inspirativen Rahmen, mich auch wieder dem Malen und Schreiben zu widmen. Marios Mutter nahm mich mit ins Schloss Hainfeld zu ihrer Freundin, der Malerin Cleo Hammer-Purgstall, die mich unter ihre künstlerischen Fittiche nahm, nachdem sie eine Zeichnung von mir gesehen hatte. Ich habe unendlich viel von ihr gelernt und die jahrelangen wöchentlichen Besuche bei dieser legendären Persönlichkeit waren Sternstunden! 1979 schrieb ich das Kinderbuch „Graf Mulmus‘ letzter Sommer“. Im Lauf der Jahre erhielt ich sehr dankbar einige Auszeichnungen, den Jugendliteraturpreis des Landes Steiermark, den Leibnitzer Kunstpreis, den Vulkanland-Literaturpreis, die alle zum Weiterschreiben ermutigten. Inzwischen gibt es ein Buch über den Maler Angeli, die Biografie der Altäbtissin Basilia aus der Abtei Bertholdstein, die Kinderbücher „Annas Zeitreise“ und „Die Lavaschlange“ sowie veröffentlichte Kurzgeschichten und Artikel. Als die Kinder groß waren, machte ich 20 Jahre lang Führungen und Abenteuerveranstaltungen für Schulklassen im Styrassic Park. Es ist fantastisch, was für eine tolle Zauberwelt die erfindungsreiche Familie Ulrich in dem Wald bei Bad Gleichenberg geschaffen hat. Die vielen lustigen und skurrilen Geschichten mit all den kunterbunten Besuchern, Zirkus- und Filmleuten, Popstars und Mitarbeitern könnten ein eigenes Buch füllen. Highlights unserer Gegend sind auch die originellen Flohmärkte beim Bulldogwirt. Auf der Suche nach antikem Inventar für alte Puppenstuben bin ich begeistert auf Flohmärkten unterwegs. Wir leben in einer wunderbaren friedvollen Gegend, voller Geschichte, landschaftlicher Schönheit und interessanten liebenswerten Menschen! Unsere Kinder Philip, Nicoletta und Fiona sind alle verheiratet, wir haben bisher 7 Enkelkinder, und obwohl alle international unterwegs sind, ist ihr familiäres Zentrum immer ihr Heimathaus im Vulkanland geblieben, wo alle Fäden zusammenlaufen.

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