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Ein Blick in die Sterne – Über Sinn und Unsinn von Horoskopen

EIN BLICK in die Sterne

Der Sinn und Unsinn von Horoskopen

Humbug oder wichtiger Leitfaden durch die Tücken des Alltags – jeder hat seine eigene Meinung zu Horoskopen. Astrologen investieren viel Energie, um Planeten, Häuser und Tierkreiszeichen zueinander zu führen und uns so unser Schicksal vorauszusagen. Doch was sind Horoskope wirklich wert?

Die einen leben ganz streng nach ihnen, die anderen machen sich eher über sie lustig: Horoskope spalten die Gesellschaft – allen voran die Leser von Magazinen und Zeitungen. Dabei sind die kleinen Texte, die wir vor allem in den Printmedien jeden Tag lesen können, keine Horoskope im astrologischen Sinne. Denn sie basieren lediglich auf der Information, in welchem der zwölf Tierkreiszeichen die Sonne zum jeweiligen Geburtsdatum stand. Dagegen berücksichtigt ein Astrologe weitaus mehr Daten, wenn er ein Horoskop erstellt. Zudem bestehen Horoskoptexte in der Zeitung aus vagen Formulierungen, von denen sich erstaunlich viele Leser direkt angesprochen fühlen. Für dieses Phänomen gibt es sogar eine Bezeichnung: Barnum-Effekt. Wenn ich beispielsweise am Frühstückstisch in der Tageszeitung lese, dass mir heute eine Wissenslücke das Gefühl von Unterlegenheit geben wird, dann finde ich sicherlich im Laufe des Tages eine Situation, auf die diese Beschreibung zutrifft. Vielleicht weiß ich beim Plausch mit den Kollegen nicht, wie die Hauptstadt von Argentinien heißt, aber der Klugscheißer vom Nachbartisch weiß es – und zack: Das Horoskop hatte recht! Wenn allerdings im Horoskop steht: »Heute können Sie nicht Ihre gewohnte Leistung abrufen«, dann kann ich das gut und gerne auch als Rechtfertigung nehmen, ruhig mal fünfe gerade sein zu lassen.

Seinen Namen verdankt der Barnum-Effekt dem Zirkusdirektor Phineas Taylor Barnum (1810–1891). Mitte des 19. Jahrhunderts führte der in New York ein »Museum«, in dem es allerhand mehr oder weniger Kurioses zu sehen gab: eine bärtige Frau, ein Modell von Paris, eine Wachsfigur des damals dicksten Menschen der Welt, einen Orang-Utan – um nur ein paar Exponate zu nennen. Barnums Beschreibung nach bot seine Ausstellung »für jeden etwas« – eben so, wie es auch Horoskope tun. Erforscht wurde der Barnum-Effekt unter anderem vom US-amerikanischen Psychologen Bertram Forer (1914– 2000). Der ließ im Jahr 1948 seine Studenten einen Persönlichkeitstest machen. Später legte er jedem von ihnen einen Text vor und behauptete, dass es sich dabei um die Auswertung des Tests handelte. Die Studenten sollten auf einer Skala von null bis fünf einschätzen, wie sehr die Auswertugn auf sie zutrifft. Was sie nicht wussten: Sie bekamen alle den gleichen Text. Umso erstaunlicher war es, dass die durchschnittliche Bewertung bei mehr als vier Punkten lag. Sprich: Der Text stieß auf breite Zustimmung. Noch überraschender aber: Forer hatte den Text einfach aus Horoskopteilen zusammengesetzt, die er in der Zeitung gefunden hat.

PLANETEN UND HÄUSER

Um ein Horoskop zu erstellen, benötigt ein Astrologe zunächst die exakte Geburtszeit sowie den -ort einer Person. Geht es ihm darum, zu prüfen, unter welchem Stern ein bestimmtes Ereignis steht, dann braucht er dementsprechend davon den zeitpunkt und den Ort. Diese Informationen rechnet er dann in die Sternzeit um, aus der sich der Aszendent und die Himmelsmitte ergeben. Mithilfe verschiedener Tabellen ermittelt der Astrologe nun die Position von Sonne, Mond und Planeten für die besagte Sternzeit. Die Verbindungslinien zwischen den Himmelskörpern werden in ein kreisförmiges Diagramm gezeichnet, das in zwölf sogenannte Häuser unterteilt ist. Nun hat der Astrologe die Wahl zwischen zahllosen Systemen der Interpretation, die entweder auf den Positionen der Himmelskörper in den Häusern oder zueinander basieren.

Heutzutage benutzen die meisten Astrologen die Tierkreiszeichen als Entsprechungen der Häuser – angefangen beim Widder. Aber an der Vielzahl an Deutungsmöglichkeiten ist schon zu erkennen, dass ein Horoskop immer auch Spekulation ist.

Sehr viel einfacher haben es da chinesische Astrologen, wenn sie ein Horoskop erstellen wollen. Sie benötigen lediglich das Jahr, den Monat, den Tag und die Stunde der Geburt. Mithilfe des chinesischen Kalenders ermitteln sie dann die »Vier Säulen des Schicksals«. Jede von ihnen besteht aus zwei Schriftzeichen: dem Himmelsstamm und dem Erdzweig. Die insgesamt acht Schriftzeichen dienen dem Astrologen dann dazu, das Schicksal des Menschen vorauszusagen. Bei einer anstehenden Hochzeit vergleicht man heute noch oft die acht Schriftzeichen der zukünftigen Eheleute, um zu sehen, ob die beiden miteinander kompatibel sind. Dafür braucht man – ganz genauso wie in der westlichen Astrologie und den von ihr erstellten Horoskopen –dabei viel Fantasie, um an die Aussagekraft zu glauben.

Dass Planetenkonstellationen nichts über den Charakter und das Schicksal eines Menschen aussagen, haben verschiedene Studien bewiesen. Im Jahr 2006 etwa hat ein Team aus deutschen und dänischen Forschern eine groß angelegte Untersuchung durchgeführt. Sie fütterten eine Datenbank mit den Geburtsdaten und den Charakterzügen von rund 15.000 Menschen. Das Ergebnis: Beide Angaben wiesen keinerlei statistisch beweisbare Zusammenhänge auf. Aller berechtigten Skepsis zum Trotz haben Horoskope dennoch eine wichtige Funktion, die ihnen eine Daseinsberechtigung verleiht. Sie geben Hoffnung oder Trost, motivieren oder entschleunigen, ermutigen und bestätigen – sprich: Horoskope geben dem Leser das Gefühl, dass sich etwas (oder jemand) um sie kümmert. Gerade die ausführlichen Jahreshoroskope, die uns ja demnächst auf 2018 vorbereiten werden, sprühen vor Komplimenten und positiven Aussagen. Das schmeichelt und erfreut die Leser – und lässt die Verkaufszahlen der Magazine in die Höhe schnellen. So hat doch am Ende jeder etwas davon.

ÜBER DEN AUTOR

Alexander Kords glaubt nicht an Horoskope. Er liest sie aber trotzdem gerne, weil er ihre vagen Formulierungen interessant findet.