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DER RUSSE IST EINER, DER BIRKEN LIEBT
AB 3. NOVEMBER DER RUSSE IST EINER, DER BIRKEN LIEBT
DRAMA | DEUTSCHLAND | 2022
Glasklare und überaus intensive Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Olga Grjasnowa. Fragen zur deutschen und deutsch-jüdischen Identität im gegenwärtigen Deutschland stehen zur Verhandlung.
Mascha (Aylin Tezel, bekannt aus unzähligen „Tatort“en) ist wild und laut, kompromisslos und schlagfertig, doch im Grunde ihres Herzens orientierungslos. Die angehende Dolmetscherin ist Kosmopolitin, spricht fünf Sprachen fließend, nur über ihre eigene Geschichte, die Geflüchtete in ihr, spricht sie nie. Ihr Freundeskreis ist multikulturell, feiert ordentlich und kontert den allgegenwärtigen Alltagsrassismus mit böser Ironie. Mascha liebt ohne Rücksicht auf Verluste – ihre Sprachen, ihre Freunde und vor allem Elias. Gerade erst ist Mascha mit ihrem Freund zusammengezogen, als dieser durch eine zunächst harmlose Sportverletzung zum Pflegefall wird. Immer mehr gerät Maschas Leben aus den Fugen. Elias‘ unerwarteter Tod stürzt sie in eine Krise. Sie tritt die Flucht nach vorne an und setzt sich, mit nichts als ihrem Pass, in ein Flugzeug Richtung Israel. Dort tut sie das, was sie am besten kann: sie stürzt sich mit voller Wucht in ein neues Leben, findet eine neue Liebe und muss schließlich erkennen, dass man nicht für immer vor sich davon laufen kann. Als Schriftstellerin Olga Grjasnowa 2012 ihren Debütroman veröffentlichte, war das Feuilleton hingerissen. Eine frische, neue und lebendige Sprache vernahm man – ein großer Roman, der als Stimme einer ganzen Generation gelten könnte. Nun legt die junge Regisseurin Pola Schirin Beck die Filmadaption fürs Kino vor: Neugierig beleuchtet sie die Launen und das ungestüme Wesen Ihrer Hauptfigur. In vertrauensvollem Kontakt gab die Autorin ihr Einverständnis die Geschichte etwas zu entschlacken, dafür werden an einigen Stellen tiefe Fundamente gebohrt – die Entwurzelung, die Schatten der Vergangenheit, sie sind hier und da überdeutlich spürbar und sie lassen sich nicht einfach abschütteln und werden einem stets im Nacken sitzen. Zumindest solange wir auf der Flucht vor uns selber sind, werden Gefühle um Verlust und Trauer nicht einfach verschwinden.
REGIE Pola Beck DARSTELLER Aylin Tezel, Slavko Popadic, Sohel Altan Gol LAUFZEIT 105 Minuten FSK ab 12


