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BG BAU » Mit dem virtuellen UV-Schutz-Ak tionstag hat die BG Bau auf die Gefahren durch zu starke UV-Strahlung aufmerksam gemacht.
20-30
Jahre
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Nicht selten tritt eine Hautkrebserkrankung erst nach 20 bis 30 Jahren auf.
Strahlendes Bauwetter: Freund und Feind zugleich
[ BG BAU ] Die Sonne strahlt unerbittlich, es herrschen sommerliche Temperaturen und am Himmel ist keine einzige Wolke zu finden: Was auf den ersten Blick nach perfekten Baubedingungen klingt, birgt bei genauerem Hinsehen eine ernstzunehmende Gefahr: Die hohe Konzentration an Ultraviolettstrahlung (UV-Strahlung) zwischen April und September kann am Bau auf lange Sicht weitreichende Folgen haben. So stellte der durch UV-Strahlung verursachte weiße Hautkrebs im vergangenen Jahr die häufigste angezeigte Berufskrankheit in der Bauwirtschaft dar. Laut Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau), die im vergangenen Jahr mehr als 2 700 neue Fälle verzeichnete, mache dies rund 18 Prozent aller Meldungen aus. Im Rahmen einer Pressekonferenz sowie des virtuellen UV-Schutz-Aktionstags im April stellte die Berufsgenossenschaft das Thema gezielt in den Mittelpunkt. Die Redaktion der bauSICHERHEIT hat daran teilgenommen und erfahren, wie sich Betroffene auf der Baustelle wirksam vor UVStrahlung schützen können und wie wichtig es ist, das Thema wirklich bitterernst zu nehmen.



nach 20 bis 30 Jahren auf.« Umso wichtiger, so die Expertin weiter, sei daher präventives Handeln.
Tatsächlich befinden sich die meisten Betroffenen bei Anerkennung der Berufskrankheit bereits im Rentenalter – auch das, so Anette Wahl-Wachendorf, trage zwangsläufig zu geringerer Beachtung sowie einem verminderten Risikobewusstsein bei.
Die Baustelle als »Risikogebiet«
Aus Erfahrung weiß die BG Bau, dass sich das Thema UV-Schutz generell nur schwer in der Baubranche vermitteln lässt. Viele Betroffene nehmen die Gefahr nicht ernst genug. Erschwerend kommt hinzu, dass die Branche nicht gerade dafür bekannt ist, zimperlich zu sein. Aus der Tradition heraus wird selten genörgelt, weshalb »ein bisschen zu viel Sonnenschein« auf den ersten Blick nicht gerade nach einem Problem klingt. Aber genau dieser Trugschluss ist es, der die Gefahr nochmals erhöht.
Generell bietet die Bauwirtschaft, bewusst provokant gesagt, die besten Voraussetzungen für Hautkrebs: Der Dachdecker steht oberkörperfrei in der prallen Sonne, während langärmlige Shirts, tubenweise Sonnencreme und kostspielige Verschattungslösungen eher die Ausnahme sind. Besonders betroffen sind nach Ansicht der BG Bau Beschäftigte aus dem Hoch-, Tief- und Straßenbau – hinzu kommen außerdem besagte Dachdecker sowie Zimmerer. Oder anders gesagt: Überall da, wo regelmäßig im Freien gearbeitet wird, ist wirksamer Schutz vor UV-Strahlung besonders wichtig. Und eben diese Tatsache hat schlussendlich die BG Bau auf den Plan gerufen: »Die Statistik zeigt, dass Hautkrebserkrankungen in der gesamten Bevölkerung deutlich zunehmen. Dabei ist es einfach, sich wirksam zu schützen. Mit nur wenigen Maßnahmen ist ein guter Schutz möglich«, sagt Bernhard Arenz, Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG Bau. »Unternehmen und die Beschäftigten sind hier gleichermaßen gefordert, das Thema ernst zu nehmen und zu handeln.«
Von Dan Windhorst

Erst alle technischen Lösungen ausschöpfen
Wenn es um Schutzlösungen auf der Baustelle geht, steht die Gefährdungsbeurteilung im Mittelpunkt. W ohl niemand käme auf Idee, seine Hand auf eine glühendheiße Herdplatte zu drücken – zuLaut BG Bau folgt die Liste der anzuwendenden UVSchutzmaßnahmen dem klassischen Präventions- mindest kein zweites Mal. Grund dafür: Der Mensch bzw. TOP-Prinzip: Bevor persönliche Schutzmaßlernt aus Fehlern. Der Schmerz be- nahmen ergriffen werden, sollen lehrt uns schlichtweg eines Besse- immer erst technische und organiren und bewahrt uns daher vor der- satorische Lösungen ausgeschöpft lei Fehlern. Und genau dieser effektive Schutzmechanismus fehlt 2700 werden. Dazu gehören laut Bern hard Arenz zum Beispiel Verschat uns bei der Gefahr durch UV-Strahlung. »Besonders tückisch daran ist Fälle tungslösungen wie Sonnensegel, Schirme oder Wetterschutzzelte, einfach, dass Betroffene die Schä- Im vergangenen Jahr wur- deren Kauf im Übrigen durch Prädigung nicht sofort bemerken«, sag- den rund 2700 neue Fälle mien von der BG Bau unterstützt te Anette Wahl-Wachendorf, Ärztli- von weißem Hautkrebs wird. Nicht selten, so der Leiter che Direktorin des als angezeigte Berufs- der Präventionsabteilung, seien Arbeitsmedizinischen Dienstes der krankheit verzeichnet. diese Maßnahmen auf vielen BauBG Bau (AMD). »Nicht selten tritt stellen aber schwer umzusetzen, eine Hautkrebserkrankung erst da es sich häufig um instationäre,

UV-SCHUTZ 5
REGELN ZUM SCHUTZ VOR UV-STRAHLUNG
1SONNE MEIDEN
2SCHATTEN AUFSUCHEN
3HAUT MIT KLEIDUNG SCHÜTZEN
4UV-SCHUTZCREME VERWENDEN
5ARBEITSMEDIZINISCHE VORSORGE NUTZEN
Im Jahr 2020 verzeichnete die BG Bau rund 2768 Fälle an Hautkrebs. Durch den Klimawandel wird es in Mitteleuropa zunehmend wärmer und trockener. Vor allem in den Monaten April bis September zwischen 11 Uhr und 16 Uhr sind die Belastungen durch natürliche UV-Strahlen hierzulande so hoch, dass sie einen zusätzlichen Schutz erforderlich machen. Besonders betroffen sind Beschäftigte aus dem Hoch-, Tief- und Straßenbau sowie dem Dachdecker- und Zimmererhandwerk. Gerade bei Arbeiten im Freien ist wirksamer Schutz vor UV-Strahlung daher wichtig – die BG Bau unterstützt und berät Unternehmen und Beschäftigte bei den notwendigen Maßnahmen.


Alle Schutzmaßnahmen sind nur dann hilfreich, wenn die Leute die Gefahr auch wirklich ernst nehmen. Unsere Aufgabe ist es, mit dem Selbstverständnis zu brechen und zum Beispiel freie Oberkörper auf der Baustelle nicht zu ignorieren.
Bernhard Arenz, Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG Bau
Seit Anerkennung von weißem Hautkrebs als Berufskrankheit ist die Zahl von Verdachtsfällen immer weiter gestiegen – zuletzt sank die Zahl zwischen 2019 und 2020 jedoch von 3131 auf 2768. Für die BG Bau sei die Zahl der Betroffenen allerdings noch immer alarmierend hoch.
also ständig wechselnde Arbeitsplätze handle. Ergänzend dazu nannte Bernhard Arenz im Rahmen der Presseveranstaltung organisatorische Lösungen: So könnten Arbeitseinsätze beispielsweise in die frühen Morgen- und Vormittagsstunden oder in die späten Nachmittagsstunden nach 16 Uhr verlegt werden, da die UV-Belastung zu diesen Zeiten merklich geringer sei. destens 30 aufweisen. Die BG Bau empfiehlt hier sogar Cremes mit einem Faktor von 50.
Bei der Verwendung von Schutzcremes sei jedoch erwähnt, dass der Schutz bereits nach spätestens zwei Stunden erneuert werden muss. Um darüber hinaus auch die Augen und die besonders empfindliche Netzhaut zu schützen, rät die BG Bau zu UV-Schutzbrillen – auch hier zeigt die bauSICHERHEIT auf den Folgeseiten im Sonderthema nützliche Beispiele auf.
Persönlicher Schutz als letztes Mittel
Die BG Bau zeigt sich
Sind alle technischen und organisatorischen Möglich- als aktiver Unterstützer keiten ausgeschöpft, müssen persönliche Schutz- »All diese Schutzmaßnahmen sind aber nur dann hilfmaßnahmen greifen: Dazu zählt für Bernhard Arenz reich, wenn die Leute die Gefahr auch wirklich ernst vorrangig sogenannte UV-Schutzkleidung (ab Sei- nehmen und mitmachen«, stellte Bernhard Ahrens te 22 berichtet die bauSICHER- klar. »Unsere Aufgabe ist es, mit HEIT darüber ausführlich). Sie dem Selbstverständnis zu brechen soll nach Möglichkeit aus leichter und zum Beispiel freie Oberkörper Baumwolle bestehen, den Körper Hilfreiche auf der Baustelle nicht zu ignoriebedecken und luftdurchlässig sein. Förderprogramme ren.« Um seinen Beitrag zu leisten, Wichtig sei außerdem der Schutz von Kopf, Nacken, Nase und OhDie Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) bietet bietet die BG Bau ihren Mitgliedsbetrieben sowie Versicherten ein breit ren: Alle Hautbereiche, die wieder- eine Vielzahl an finanziellen gefächertes Informations- und Beum nicht verdeckt werden können – Förderungen für den Erwerb ratungsangebot. Gleichwohl sorgen beispielsweise das Gesicht oder der von UV-Schutzlösungen – Arbeitsschutzprämien dafür, dass Handrücken – lassen sich zusätzlich unter anderem Sonnensegel, die Beschaffung von UV-Schutzlömit UV-Schutzcremes schützen, die Wetterschutzzelte oder Schir- sungen für Unternehmer finanziell einen Lichtschutzfaktor von minme. besser zu stemmen sind.

Ein weiterer wichtiger Faktor dieser Arbeit ist der AMD: Dort können Beratungsgespräche zum Thema Hautkrebs in Anspruch genommen werden – auch Hautscreenings sind dort durchführbar. Generell, so Anette WahlWachendorf, sei das Thema Vorsorgeuntersuchung eine besonders wichtige Maßnahme, um dem weißen Hautkrebs vorzubeugen: »Darüber hinaus wird ab dem 35. Lebensjahr grundsätzlich zu einer Vorsorge geraten.« Die erfahrene ärztliche Direktorin rät außerdem dazu, die Beratung und Präventionsarbeit so früh wie möglich zu starten. »Wir gehen deshalb gezielt in die Ausbildungszentren und Betriebe, um gerade die jungen Menschen auf die Gefahr hinzuweisen.«
Zusätzlich hat die BG Bau eine BauwetterApp sowie eine überarbeitete UV-Schutz-Broschüre auf den Weg gebracht: Bei der App handelt es sich um ein nützliches Tool, das auf Basis von regionalen Wetterdaten notwendige Arbeitsschutzmaßnahmen empfiehlt und mittels der Ampelfarben Rot, Gelb und Grün aufzeigt, ob zusätzliche Sonder-Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Die Broschüre hingegen vereint alles Wissenswerte rund um das Thema UV-Schutz unter dem Motto »Gut geschützt durch den Sommer«: Alle wichtigen Hinweise und Informationen sind dort übersichtlich dargestellt und geben hilfreiche Tipps für alle, die in der Baubranche im Freien tätig sind. DC

BG BAU
Wer auf der Baustelle regelmäßig im Freien arbeitet, sollte sich, falls keine Verschattungslösungen vorhanden sind, durch langärmlige Kleidung, Sonnenbrille und einen Schutzhelm samt Nackenschutz vor UV-Strahlung schützen.
Was UV-Strahlung so gefährlich macht
Für den menschlichen Körper sind Sonnenstrahlen nicht grundsätzlich schädlich. In vielerlei Hinsicht erweisen sie sich sogar als lebenslotwendig – beispielsweise, um das wichtige Vitamin D über die Haut zu bilden. Entscheidend ist, wie bei so vielen anderen Dingen im Leben auch, das Ausmaß. Je länger, häufiger und intensiver die Sonne auf uns herabstrahlt, desto gefährlicher kann sie für den Menschen werden.
Jeder, der sich daher im Frühling und Sommer im Freien aufhält, muss daher grundsätzlich auf einen ausreichenden Sonnenschutz achten. Das gilt sowohl für die Arbeit als auch für den Privatbereich. Aber anders als am Badesee, wo der Mensch sich nach einiger Zeit unter einen Sonnenschirm oder den schattenspendenden Baum begibt, haben Beschäftigte auf der Baustelle kaum Möglichkeiten, sich mal eben der Sonne zu entziehen.
Ultraviolette Strahlung
Verantwortlich für die gesundheitsschädliche Wirkung der Sonne ist die enthaltende ultraviolette Strahlung – kurz UV-Strahlung. Allerdings müssen hier Unterschiede definiert werden: Anders als die sogenannte UV-C-Strahlung dringen lediglich UV-A und UV-B-Strahlen bis zur Erdoberfläche durch. Schädlich sind hierbei jene Strahlen mit kurzer Wellenlänge: Je kürzer diese ist, desto energiereicher und damit schädlicher wird sie für den Menschen.
Zwar kann die Haut sich aus eigener Kraft heraus vor genau solcher Strahlung schützen, aber das gelingt nur in einem begrenzten Maße. Als Eigenschutzzeit, so die BG Bau, wird die Dauer bezeichnet, die eine Person ohne Schutz in der Sonne verbringen kann, ohne eine Schädigung davonzutragen. Wirkt jedoch zu viel Sonnenstrahlung auf die Haut ein, bricht dieser Schutz zusammen. Die Haut ist der Strahlung daraufhin ausgesetzt – bemerkbar macht sich das in erster Linie durch sicht- und spürbare Hautrötungen. Und jeder, der schon einmal unter einem starken Sonnenbrand leiden musste, weiß, wie schmerzhaft das sein kann. Insbesondere dann, wenn damit Entzündungen, Blasenbildung, Fieber und auch Übelkeit einhergehen. Zusammengefasst heißt das: In Maßen genossen, erweist sich die Sonne als wahre Wohltat für den Menschen. Wer es hingegen übertreibt, riskiert schmerzhafte Folgen – insbesondere dann, wenn die Unachtsamkeit über viele Jahre hinweg betrieben wird. DC
BG BAU/SVLFG
Mit der Broschüre »Gut geschützt durch den Sommer« stellt die BG Bau alle nützlichen Informationen und Tipps zum Schutz vor UV-Strahlung übersichtlich dar.
Besonders tückisch ist, dass Betroffene die Schädigung durch UV-Strahlung nicht sofort bemerken: Nicht selten tritt eine Hautkrebserkrankung erst nach 20 bis 30 Jahren auf.
Anette Wahl-Wachendorf, Ärztliche Direktorin des Arbeitsmedizinischen Dienstes der BG Bau (AMD)