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17 No Hate

Seit dem 3. August steht vor dem Rathaus in Kolbermoor für mehrere Wochen eine große geschmiedete Skulptur – sechs Buchstaben: „NO HATE“. Über 70 Künstler setzen mit diesem Werk ein Zeichen gegen Hass und Ausgrenzung und für Toleranz und ein friedliches Miteinander. Das, wofür dieses Kunstprojekt mit ihrem umfangreichen Begleitprogramm steht, ist freilich nicht auf Kolbermoor beschränkt, sondern ein Aufruf an die ganze Region. Sowohl Landrat Otto Lederer als auch Kolbermoors Bürgermeister Peter Kloo gingen in ihrer Festrede am Eröffnungstag darauf ein, dass in unserer Gesellschaft nicht erst seit der Corona-Pandemie, aber gewiss durch sie noch verstärkt, Intoleranz und Unfrieden immer mehr zunehmen. Nicht zuletzt die Möglichkeit, die sog. Sozialen Medien anonym nutzen zu können, bietet unseriöser und hasserfüllter Demagogie eine breite Plattform. Auch wenn der Kampf gegen diese gesellschaftsspaltende Tendenz mitunter einem Kampf gegen Windmühlen gleichkommt: Wir haben genügend Herausforderungen vor uns, die wir nur durch gemeinsames Agieren und nicht durch die Schaffung von Feindbildern bewältigen können. Wie sollen Klimakrise, Energiewende, Fachkräftemangel und viele weitere Probleme wirksam bearbeitet werden, wenn Grundprinzipien unseres Zusammenlebens, unserer demokratischen Grundordnung und unserer Verfassung für bestimmte Teile der Bevölkerung keine Geltung mehr zu haben scheinen? Sogar das Verhalten im Straßenverkehr, an der Ladenkasse oder im Wirtshaus ist oft erfüllt von Aggressionen und der Ansicht, selbst im Recht zu sein und dies unter allen Umständen durchsetzen zu müssen. Rücksicht und Verständnis müssen allzu oft hinter Eigennutz und falscher Selbsteinschätzung zurückstehen. Einfache Erklärungen für komplexe Sachverhalte dominieren immer mehr die Medienlandschaft, die alte Weisheit „audiatur et altera pars“ – auch die Gegenseite solle Gehör finden – gerät ins Hintertreffen.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Es darf Streit geben, es darf Zorn geben, es darf auch politische Polemik geben. Sie sind sogar notwendig. Aber es braucht als Basis eine Streit- und Debattenkultur, die Vielfalt zulässt, aber auch klare Grenzen definiert.

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No Hate steht genau dafür. Bezeichnend ist auch, dass sich just Schmiedekünstler dieser Thematik angenommen haben, waren doch Schmiede über Jahrtausende die Produzenten von Angriffswaffen und anderem Kriegsgerät. Eben jenes Material, was lange Zeit in feindlichen Auseinandersetzungen Verwendung fand, mahnt nun zum Frieden. Ich darf also auch in Rohrdorf dazu aufrufen, demokratische Streitkultur zu üben statt populistischen Parolen vorschnell Glauben zu schenken.

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