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SYSTEMISCHE SKLEROSE

PRIMÄRES SJÖGREN-SYNDROM Hämatologischen Malignitäten auf der Spur

Bei Patienten mit primärem Sjögren-Sydrom (PSS) ist gehäuft mit hämatologischen Tumoren zu rechnen. In der bislang größten internationalen Untersuchung zu dieser Thematik charakterisierten Manuel Ramos-Casals, Barcelona (Spanien), und Kollegen 414 PSS-Patienten, die eine hämatologische Malignität entwickelten.

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Bis zum Januar 2021 umfasste die „Big Data Sjögren Project Consortium”-Datenbank 11.966 die Klassifikationskriterien aus 2002 bzw. 2016 erfüllende PSS-Patienten. Retrospektiv identifiziert wurden gemäß den WHO-Klassifikationskriterien diagnostizierte hämatologische Malignitäten. In die Analyse gingen 414 Patienten (355 Frauen, im Mittel 57Jahre) mit hämatologischen Tumoren ein (in 43 Fällen ging die Malignität ≥1 Jahr der PSSDiagnose voraus). Bei 376 Patienten (91 %) handelte es um reife B-Zell-Neoplasien. Zu fast der Hälfte (n=197) betraf dies die Mukosa Associated Lymphatic Tissue (MALT)-Lymphome, gefolgt von den diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen (DLBCL; n=67), nodalen Marginalzonenlymphomen (MZL; n=29), chronisch lymphatischer Leukämie bzw. kleinzelligen lymphozytischen Lymphomen (CLL/SLL; n=19) und follikulären Lymphomen (FL; n=17). Die Raten für ein komplettes Ansprechen, für ein Rezidiv und für Tod betrugen 80, 34 und 13 %. Nach einem mittleren Follow-up von 8 Jahren wurde eine 5-Jahres-Überlebensrate von 86,5 % ermittelt. Signifikante Unterschiede zeigten sich im Hinblick auf das Alter bei der Diagnose (jünger bei MALT, älter bei CLL/SLL), die vorherrschende klinische Präsentation (vergrößerte Drüsen beim MALT-Lymphom, periphere Lymphadenopathie bei nodalem MZL und FL, konstitutionelle Symptome beim DLBCL und diagnostischer Zufallsbefund bei CLL/SLL), das Therapieansprechen (höher beim MALTLymphom, geringer bei DLBCL) und Überleben (besser bei MALT-Lymphom, nodalem MZL und FL, schlechter bei DLBCL).

Die bislang größte Studie zu hämatologischen Malignitäten beim PSS bestätigt die klare Vormachtstellung von B-ZellLymphomen, insbesondere dem MALTLymphom, mit den Speicheldrüsen als wichtigster Lokalisation. Dieses spezifische histopathologische Szenario ist mit einer insgesamt guten Prognose mit einem 5-Jahres-Überleben von fast 90 % verbunden. m

Quell: Rheumatology 2022; doi: 10.1093/rheumatology/keac205

SYSTEMISCHE SKLEROSE Th/To-Antikörper potenzielle Marker für pulmonale Hypertonie

Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) und minimaler Hautfibrose sind gehäuft Anti-Th/To-positiv und entwickeln oft eine pulmonale Hypertonie (PH). US-amerikanische Rheumatologen um Robyn T. Domsic, Pittsburgh, evaluierten in einer großen monozentrischen Langzeit-Kohorte genauer die klinischen Manifestationen von Th/To-positiven SSc-Patienten.

In die Fall-Kontroll-Studie gingen zwischen 1980 und 2015 204 dem Pittsburgh Scleroderma Center zugewiesene Th/ To-Antikörper positive SSc-Patienten ein. Jedem Fall wurden die beiden nächsten konsekutiven Th/To-negativen Fälle als Kontrollen (n=408) zugeordnet und in beiden Gruppen die Langzeitmanifestationen und das Überleben verglichen. Das mittlere Alter der Gesamtkohorte (76 % Frauen) betrug 52 Jahre. Anti-Th/ To-positive Patienten präsentierten sich signifikant häufiger ohne Hautverdickungen (p<0,0001) und entwickelten öfter eine PH (p<0,0001) und interstitielle Lungenerkrankung (ILD) (p=0,05). Zugleich wurde seltener eine Muskel- und Gelenkbeteiligung nachgewiesen (p<0,0001). Nach einem medianen Follow-up von 6,1 Jahren entwickelten 38 % der Anti-Th/To-positiven Patienten eine PH gegenüber 15 % der anderen SScPatienten (p<0,0001). Die Raten für eine pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) der WHO-Funktionsklasse I betrug 23 % bei den Anti-Th/To-postiven Patienten im Vergleich zu 9 % bei den Kontrollen (p<0,0001). Nach Adjustierung auf Alter und Geschlecht war das Vorliegen von Th/To-Antikörpern mit einem 3,3-fach erhöhten Risiko (95% KI 2,3-4,9) für die Entwicklung einer PH 10 Jahre nach der Erstvisite assoziiert. In der Studie wurde die bislang größte Kohorte von Anti-Th/ To-positiven SSc-Patients mit LanzeitFollow-up untersucht. Auffällig ist die mit fast 40 % sehr hohe Rate und das damit assoziierte unabhängige Risiko für die Entwicklung einer PH und insbesondere auch einer PAH. Aufgrund ihrer Ergebnisse empfehlen die Autoren, Patienten mit limitierter Hautbeteiligung auf Th/ To-Antikörper zu testen. Bei positiven Patienten ist ein sorgfältiges Monitoring auf eine PH ratsam. m

SYSTEMISCHE SKLEROSE Einfache Biomarker für Progression und Sterblichkeit

Bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) lässt sich offenbar auch jenseits von Biomarkern der Krankheitsaktivität wie der Vitalkapazität (FVC) für die Lungen- und dem modifizierten Rodnan Skin-Score (mRSS) für die Hautfibrose recht einfach mittels Bluttests die Krankheitsschwere und das Risiko für Mortalität abbilden. Zu diesem Schluss gelangten US-amerikanische Experten um Shervin Assassi, Houston, auf Basis zweier unabängiger SSc-Kohorten, in denen jeweils die Neutrophilen und die Neutrophilen/Lymphozyten-Ratio (NLR) im Blut bestimmt wurde.

Die Neutrophilen- und Lymphozytenzahlen wurden prospektiv in der GENISOSKohorte und der Scleroderma Lung Study (SLS) II erfasst. Als Surrogatparameter für die Schwere der Erkrankung wurden die FVC (%) und der mRSS bestimmt. Unter Verwendung linearer gemischter Modelle wurden Längsschnittanalysen durchgeführt. Mit Cox-proportionalen Hazard-Modellen wurde die prädiktive Signifikanz diese Zellzahlen untersucht.

Von 447 SSc-Patienten der GENISOSKohorte waren zum Zeitpunkt der Analyse bei 377 (84,3 %) zu Baseline die Neutrophilen- und Lymphozytenzahlen im Blut verfügbar. Eine höhere Neutrophilenzahl und NLR zu Baseline waren signifikant prädiktiv für eine niedrigere, seriell bestimmte FVC% (b=-4,74; p=0,009 bzw. b=-2,68; p=0,028) und höheren, auch seriell bestimmten mRSS (b=4,07; p<0,001 bzw. b=2,32; p<0,001). Longitudinale Neutrophilen- und NLRMessungen korrelierten ebenfalls signifikant mit gleichzeitig ermittelten niedrigeren FVC%- und höheren mRSS-Werten. Die Neutrophilenzahl und der NLR zu Baseline waren überdies signifikant prädiktiv für ein erhöhtes Risiko in puncto Langzeitsterblichkeit, selbst nach Adjustierung auf demografische und klinische Faktoren (Hazard ratio, HR 1,42; p=0,02; bzw. HR 1,48; p<0,001). Die prädiktive Signifikanz von höheren Neutrophilenzahlen und höherem NLR für eine abnehmende FVC% und eine ansteigende Langzeitmortalität wurde in der SLS IIKohorte bestätigt.

Diese beiden einfach zu bestimmenden Laborwerte zeigen somit schon früh einen schwereren Krankheitsverlauf und eine erhöhte Sterblichkeit an und scheinen recht gut die pathologischen Immunprozesse bei SSc zu reflektieren. m

Quelle: Arthritis Care Res 2022; doi: 10.1002/acr.24880

Auch bei limitiert-kutaner Erkrankung auf ILD achten

Bei Patienten mit limitiert-kutaner (lc)SSc darf das Risiko für progressive Verläufe einschließlich einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) vor allem bei Positivität für Anti-Topoisomerase I (ATA) nicht unterschätzt werden. Den Phänotyp der ATA-lcSSc untersuchten jetzt EUSTAR-Experten um Yannick Allanore, Paris (Frankreich).

In die Analyse gingen SSc-Patienten der EUSTAR-Kohorte mit einer Krankheitsdauer ≤3 Jahre ein. Vergleichend erfasst wurde das Risiko für eine schwere Organbeteiligung bei 1. ATA-lcSSc versus Anticentromer (ACA)-lcSSc versus antinukleäre Antiköper ohne Spezifität (ANA)-lcSSc und 2. bei ATA-lcSSc versus ATA-positiver diffus-kutaner (dc) SSc. Cox-Regressionsmodelle mit zeitabhängigen Kovariablen wurden auf die folgenden Parameter angelegt: De-novo diagnostizierte ILD, Progression der ILD (FVC-Abnahme ≥10 % und ≥5 % im Vergleich zum Wert bei der ILD-Diagnose), primäre myokardiale Beteiligung (PMI), pulmonale Hypertonie (PH), jedwede Organbeteiligung und Gesamtmortalität. Insgesamt 1.252 Patienten (194 ATA-lcSSc, 15,5 %) wurden über im Mittel 7,7 Jahre beobachtet. Das ILD-Risiko war höher bei Patienten mit ATA-lcSSc gegenüber solchen mit ACA- sowie ANAlcSSc, und ähnlich zu jenen Patienten mit ATA-dcSSc, dies jedoch bei weniger häufiger restriktiver Lungenerkrankung. Das Risiko einer FVC-Abnhame ≥10 % (bei 35 % der Patienten mit ATA-lcSSc) war geringer bei ATA-lcSSc gegenüber einer ATA-dcSSc, während ein FVCRückgang ≥5 % ähnlich häufig bei ATAlcSSc (bei 58 % dieser Patienten) und anderen SSc-Subgruppen inklusive ATAdcSSc verzeichnet wurde. Das Risiko für eine PMI war vergleichbar bei ATA-und ANA-lcSSc, aber geringer als bei ACAlcSSc. Keine Unterschiede zwischen den SSc-Subgruppen wurden in puncto PH und dem Sterblichkeitsrisiko gesehen. Das Risiko für jegliche Organbeteiligung, PMI und PH war geringer bei ATA-lcSSc versus ATA-dcSSc, im Trend zeigte sich dies auch für die Mortalität.

Im Ergebnis weisen auch Patienten mit ATA-lcSSc ein hohes ILD-Risiko auf, jedoch kommt es seltener zu einer ILDProgression im Vergleich zur ATA-dcSSc. Ein sorgfältiges ILD-Screening ist somit auch in dieser Subgruppe unabdingbar. m

SYSTEMISCHE SKLEROSE Fettstammzelltransplantation mit gemischten Ergebnissen

Bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) sind häufig die Hände und vor allem Finger durch die Fibrose schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ob und inwieweit sich die Handfunktion bei SSc durch eine autologe Fettstammzelltransplantation (ADRC) verbessern lässt, untersuchten US-amerikanische Rheumatologen um Dinesh Khanna, Ann Arbor, in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten STAR-Studie.

In der prospektiven Studie bekamen SSc-Patienten mit einer eingeschränkten Handfunktion entsprechend aufbereitete ADRCs oder Placebo in jeden Finger injiziert. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Handfunktion in Woche 24 und 48, bestimmt anhand der Cochin Hand Function Scale (CHFS). Ein wichtiger sekundärer Endpunkt war unter anderem die Veränderung des HAQ-DI in Woche 48. Es erfolgte eine präspezifizierte Subgruppenanalyse zu Patienten mit diffuser (dcSSc) und limitiert-kutaner SSc (lcSSc).

Die insgesamt 88 Teilnehmer wurden auf ADRCs (n=48; 32 dSSc,16 lcSSc) oder Placebo (n=40; 19 dcSSc, 21 lcSSc) randomisiert. Der primäre Endpunkt war numerisch höher für die ADRC-Gruppe, erreichte aber keine statistische Signifikanz (8,9 vs. 11,0; p=0,299), ähnlich verhielt es sich beim HAQ-DI. Bei Patienten mit dcSSc betrug die Differenz in der CHFS zwischen beiden Gruppen in Woche 48 6,3 Punkte (nominal p=0,069).

Im Fall des HAQ-DI wurde in der dcSScSubgruppe ebenfalls ein Vorteil der Fettstammzelltransplantation nachgewiesen mit einer Differenz von 0,17 Punkten (nominal p=0,044). Bei 52 % der ADRCbehandelten dcSSc-Patienten war die Verbesserung größer als die minimal klinisch bedeutsame Differenz (MCID) für sowohl die CHFS als auch den HAQ-DI im Vergleich zu nur 16 % in der dcSScPlacebogruppe (nominal p=0,016).

Die Entnahme der Fettzellen und nachfolgende ADRC-Therapie wurden gut vertragen – angesichts des doch recht aufwendigen Verfahrens dürften diesem Therapieprinzip doch enge Grenzen gesetzt sein. Der primäre Endpunkt wurde klar verfehlt, eine weitere Evaluation bei dcSSc-Patienten erscheint aber durchaus sinnvoll. m

Quelle: Arthritis Rheumatol 2022; doi: 10.1002/art.42133

Raynaud-Phänomen: Was bringen Wärmehandschuhe?

Patienten mit Raynaud-Phänomen (RP), etwa im Kontext einer systemischen Sklerose (SSc), können von Wärmehandschuhen profitieren. Beworben werden für RP-Patienten gerne Baumwoll-Silberhandschuhe, die Wärme von der Handfläche zu den Fíngern leiten und so potenziell die Krankheitslast reduzieren könnten. Niederländische Rheumatologen um Sophie I. E. Liem, Leiden, untersuchten die Effekte solcher Spezial- und normaler Handschuhe nunmehr in einer randomisierten, doppelblind-kontrollierten Multicenterstudie mit Cross-over-Design und adjustiert auf Kofaktoren bei SSc-RP-Patienten.

Insgesamt 85 SSc-Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert, von denen die erste in Phase 1 8%ige Baumwoll-Silberhandschuhe und in Phase 2 normale Handschuhe trug, in der zweiten Gruppe war die Reihenfolge umgekehrt. Jede Studienphase dauerte 6 Wochen an. Primärer Endpunkt war der Raynaud Condition Score (RCS; 0-10) über die Zeit (minimal klinisch bedeutsame Differenz: 1,4), der 3x pro Woche durch einen online auszufüllenden Fragebogen erfasst wurde. Sekundäre Endpunkte waren u.a. vaskuläre Komplikationen und der Scleroderma Health Assessment Questionnaire (SHAQ). Im Ergebnis schlossen 76 Patienten die Studie ab. Der mittlere RCS betrug während der 2 Wochen vor Studienbeginn (also ohne Handschuhe) 6,4. Sowohl mit den Baumwoll-Silber- als auch den normalen Handschuhen kam es zu einem Rückgang des mittleren RCS auf 3,9 mit ähnlichem Verlauf über die Zeitachse.

Zwischen beiden Handschuhtypen waren somit keine Unterschiede im primären Endpunkt gegeben (β 0,067; 95% KI -0,006 bis 0,19). Der SHAQ war etwas höher mit den Spezialhandschuhen, was aber keine klinische Relevanz hatte (β 0,036; 95% KI 0,026-0,046). Drei Patienten entwickelten neue digitale Ulzera mit den normalen Handschuhen, nur einer mit den Baumwoll-Silberhandschuhen (Odds ratio, OR 3,2, 95% KI 0,32-31,1).

Das Tragen wärmender Handschuhe trug somit eindeutig zu einer Abnahme der Krankheitslast des RP bei den untersuchten SSc-Patienten bei, messbare Vorteile wiesen die Spezialhandschuhe aber nicht auf. m