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Vom Alltagsdoping in die Sucht
Arbeit, Familie und eigene Freizeitbedürfnisse unter einen Hut zu bekommen ist eine zunehmende Herausforderung. Nicht selten erscheinen Suchtmittel wie Nikotin oder Alkohol geeignet, um die Mehrfachbelastungen des Alltags zu bewältigen. Doch wer einmal in die Spirale aus Stress, Burn-out und Sucht gerät, braucht oft professionelle Hilfe.
Wer kennt es nicht, das geliebte Feierabendbier? Es perlt so herrlich auf der Zunge, befeuchtet die trockene Kehle und lässt einen den Kummer und die Sorgen vom Tag vergessen. Doch was für die meisten Menschen ein gelegentlicher Genuss bleibt, wird für andere zur Regel. Der Übergang vom Genuss- zum Suchtmittel ist dabei genauso fließend wie der Stoff selbst. Dennoch setzt die Weltgesundheitsorganisation WHO klare Grenzen – zumindest in ihren Empfehlungen. Für Männer liegt der empfohlene Grenzwert bei 20 Gramm pro Tag, was ungefähr einem großen Bier gleichkommt. Bei Frauen sogar nur bei 10 Gramm pro Tag. Insgesamt drei Millionen Deutsche im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 64 Jahren schaffen es jedoch nicht, sich an diese Richtwerte zu halten, und sind damit im Bereich eines risikoreichen oder auch schädlichen Konsums.
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Risikofaktor Stress
Einer der häufig genannten Gründe für den Griff zum Glas ist Stresserleben im Privat- und Berufsleben. Auch arbeitswissenschaftlich ist der Zusammenhang zwischen Stress und psychischen Belastungen unumstritten. Unsichere Arbeitsverhältnisse, Arbeiten in der Freizeit und fehlende Wertschätzung tragen zu einer Steigerung des Stressempfindens bei. Das Burnout-Syndrom, ein Sammelbegriff für psychische Belastungen, die in engem Zusammenhang mit beruflicher Überlastung stehen, ist schon seit vielen Jahren in aller Munde. Typische Beschwerden sind eine allgemeine Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen. Aber auch Daueranspannung, Kopfschmerzen und innere Unruhe können auftreten. Dazu kommen Gefühle wie Angst oder Ärger – unbeliebte Gäste, die wir möglichst schnell loswerden wollen. Alkohol und Nikotin führen kurzfristig zur Ausschüttung von Hormonen, die den Stresspegel senken und Angst reduzieren – und was sich gut anfühlt, machen wir oft weiter. So entsteht ein Teufelskreis, denn auch Scham und Schuldgefühle, die durch den Konsum ausgelöst werden, führen ihrerseits zu mehr Stress und tragen damit zur Suchtspirale bei.
Rechtzeitig Reißleine ziehen
Der Weg aus schädlichen Gewohnheiten ist nicht leicht, aber möglich. Besonders wichtig erscheint, dass die gestresste Gesellschaft einen Weg findet, auf gesunde Weise zu entspannen und – im wahrsten Sinne des Wortes – (von den Drogen) runterzukommen. Möglichkeiten gibt es viele: Ratgeber, Podcasts und CoachingAngebote zum Thema Work-Life-Balance sind weit verbreitet. Viele Arbeitgeber und Krankenkassen gehen mit gutem Beispiel voran und bieten finanzielle Unterstützung für die Teilnahme an Achtsamkeitskursen und Entspannungstrainings. Wenn die Problematik jedoch weiter fortgeschritten ist, reicht die Hilfe zur Selbsthilfe nicht aus. Professionelle Unterstützung bieten Suchtkliniken oder auch Psychiaterinnen und Psychotherapeuten. Hier lernen Betroffene Strategien im Umgang mit Stress kennen, um einen gesünderen Lebens- und Arbeitsweg beschreiten zu können.