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SIENNA MILLER

war ein Partygirl, bestaunt, begehrt, aber fremdgesteuert. Nun führt die Schauspielerin in ihrem Leben nur noch selbst Regie. Ihre Kraftquelle? Das winzige Wörtchen „Nein“.

Interview RÜDIGER STURM

Sienna Miller, das glamouröse Partygirl? Diese Zeiten sind vorbei. Längst ist die Britin dank Filmen wie „American Sniper“ oder „Die versunkene Stadt Z“ als ernstzunehmende Schauspielerin etabliert. Zuletzt stand sie im Zentrum des NetflixPolit-Thrillers „Anatomie eines Skandals“. Mit ihren 40 Jahren hat sich Miller nun von ihrem eigenen Klischee befreit – und ihre Persönlichkeit ganz bewusst weiterentwickelt. Im Gespräch erklärt sie, wie sie sich von überkommenen Denkmustern befreite. Und wie sie ihre neunjährige Tochter zu einer starken, unabhängigen Frau erzieht.

  : Sie haben sich in der Filmbranche durchgesetzt – was man derzeit auch an der Hauptrolle im Netflix-Mehrteiler „Anatomie eines Skandals“ sehen kann. Was war für den Karrieresprung entscheidend?

 : Ich habe mich nicht mehr auf bestimmte Rollen fixieren lassen und mir die richtigen Regisseure gesucht. Und es war auch ganz wichtig, dass ich niemandem mehr einem Gefallen tun wollte. Früher habe ich bestimmte Dinge, zum Beispiel ein geringeres Gehalt als Männer, noch akzeptiert, auch wenn es sich falsch anfühlte – nur weil ich dankbar war, einen Job zu bekommen. Und das tue ich nicht mehr. Ich will es niemandem mehr recht machen und sage auch einmal ganz einfach Nein.

Was hat dafür den Ausschlag gegeben?

Die Solidarität unter uns Frauen, die ich seit ein paar Jahren viel stärker spüre. Wenn ich mich gegen etwas auflehne, dann habe ich die Unterstützung einer ganzen Armee von Geschlechtsgenossinnen. Außerdem habe ich in meinem Alter ein besseres Verständnis dafür, wer ich wirklich bin. Ich bin ein neugieriger Mensch, ich will glücklich sein. Und dieses Wissen um meine Prioritäten gibt mir inneren Frieden und Stärke.

Was waren die Hemmschwellen, die Sie auf dem Weg zu sich überwinden mussten?

Ich komme noch aus einer Generation, in der Frauen viel mehr Ungerechtigkeiten oder anzügliches Verhalten von Männern hingenommen haben. Das war eben einfacher, als zu protestieren. Abgesehen davon ging ich auf eine konservative Schule, die kein progressives Denken zuließ. Man wurde da regelrecht zu einem reaktionären Menschen erzogen.

Wie haben Sie das alles abgelegt?

Das war ein langer Prozess. Aber ganz wichtig war es, dass ich diese Schulwelt verließ und in die Kulturbranche einstieg. Die Leute dort waren viel aufgeschlossener, was meinen Horizont stark erweitert hat. Ich begann auf einmal, die ganze Gesellschaft infrage zu stellen. Ich rebellierte, und mein Pendel schwang von der konservativen in die entgegengesetzte Richtung: Heute bin ich eine begeisterte Linke!

Sie haben eine neunjährige Tochter namens Marlowe. Wie sorgen Sie dafür, dass sie nicht in dieselben Denkmuster verfällt wie Sie als Teenager?

Die Voraussetzungen haben sich geändert, zum Glück gibt es in der Gesellschaft einen Paradigmenwechsel. Ich habe aber auch selbst dafür gesorgt, dass Marlowe progressives Denken lernt. Deshalb habe ich sie in eine Schule gesteckt, wo Fragen von Ethik und politischer Verantwortung diskutiert werden. Wir waren auch schon gemeinsam auf Demonstrationen für Frauenrechte. Daher hat sie ein ganz anderes Bewusstsein als ich in dem Alter, sie will es niemandem recht machen. Darauf bin ich stolz.

Nachdem Sie nun selbst dieses Bewusstsein erlangt haben – was tun Sie weiter für Ihre persönliche Entwicklung?

Je älter ich werde, desto wichtiger ist es für mich, meinen Intellekt zu kultivieren. Ich interessiere mich sehr für Psychologie und Philosophie – zwei Fächer, die wir leider nicht an der Schule hatten. Deshalb habe ich schon Einführungskurse zu diesen Themen besucht. Wann immer ich eine Bildungslücke bei mir entdecke, versuche ich, sie zu schließen. Abgesehen davon möchte ich mich auch beruflich weiterentwickeln. Ich würde gerne Regie führen. Früher hatte ich noch Bedenken, das öffentlich einzugestehen. Grundsätzlich will ich mich stärker in die kreative Arbeit an Filmen einklinken – etwa auch in die Produktion. Doch streng genommen möchte ich keine langfristigen Pläne schmieden.

Warum nicht?

Weil ich in der Gegenwart lebe.

Instagram: @siennathing, aktuell auf Netflix: „Anatomie eines Skandals“

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