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Streit mit Verschnaufpause
In den ersten Monaten dieses Jahres hat sich der politische Streit in Israel wie selten zuvor zugespitzt. Dabei mangelt es den Akteuren nicht an Verständnis für die Bedenken der Gegenseite.
Daniel Frick
Streit auf dem Höhepunkt: Am 27. März versammelten sich Gegner der Justizreform zum Protest vor der Knesset.
Als der römische Feldherr Vespasian in den späten 60er Jahren des 1. Jahrhunderts mit der Zerschlagung des jüdischen Aufstandes befasst war, durchzuckte ihn ein zynischer Gedanke: Eigentlich reiche es, die zerstrittenen Juden sich selbst zu überlassen, sie würden sich schon selbst niederkämpfen. Tatsächlich konnten sich die jüdischen Fraktionen erst zur gemeinsamen Verteidigung Jerusalems aufraffen, als Vespasians Sohn
Titus im Jahr 70 vor den Stadtmauern stand. Bekanntlich half es nichts mehr: Titus‘ Truppen zerstörten Stadt und Tempel; für die überlebenden Juden begann die Zeit der Diaspora.
An derartige historische Dimensionen erinnern israelische Politiker gerne, wenn der Streit im Land überhandnimmt. Zuletzt tat dies Staatspräsident Jitzchak Herzog zum Jerusalemtag am 18. Mai mit Blick auf die Justizreform. Bei der Debatte war in den vergangenen Monaten auch der Sicherheitsaspekt akut geworden: Viele Reservisten der Luftwaffe kündigten aus Protest gegen die Reform an, nicht mehr zu den regelmäßigen Übungen zu erscheinen. Die Kampffähigkeit der Armee schien beeinträchtigt.
Und so war es schließlich Verteidigungsminister Joav Gallant, der am letzten Samstag des März aus dem vermeintlichen