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Erzgebirgsensemble feiert seinen 60. Geburtstag
Stimmungsvolle Traditionsveranstaltung „Erzgebirgsweihnacht” im Kulturhaus Aue. 1963 erlebte die Veranstaltung ihre Premiere, über die Jahre hinweg wurden mehr als 600.000 Besucher registiert.
Exakt betrachtet, begeht das Erzgebirgsensemble zwei Geburtstage. Vor seiner Zeit spielte sich das singende, klingende Erzgebirge, heute anerkanntes Weihnachtsland Deutschlands, weniger öffentlich ab, vielmehr in den heimischen Stuben der Region.
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Manfred Blechschmidt (links), der „Vater” des Erzgebirgsensembles, hier mit Hellmuth Merkel und einer Bläsergruppe Ende der 1960er-Jahre.
Das sollte sich 1962 ändern. Ausgerechnet der damalige sowjetische Konsul in KarlMarx-Stadt wünschte einmal das Erleben echter erzgebirgischer Folkore. Prompt erhielt der Mundartschriftsteller Manfred Blechschmidt den Auftrag, ein solches Programm zusammenzustellen. Am 18. Dezember 1962 war es soweit. Viele Gruppen und Solisten, die bis dahin nur allein aufgetreten waren, gestalteten vereint ein Programm unter dem Titel „Weihnachten im Gebirg” im damaligen Plenarsaal des Rates des Bezirkes Karl-Marx-Stadt. Die Resonanz war überwältigend und die Darbietungen der „Filzteichmaad” aus Schneeberg, der Heimatgruppen aus Raschau und Lauter, des Männerquartetts aus Pobershau und einer Bläsergruppe des Zentralen Orchesters der IG Wismut galten fortan als Musterprogramm erzgebirgischer Heimatabende. Insofern gilt dieser 18. Dezember 1962 als die Geburtsstunde des Erzgebirgsensembles Aue.
Fortan kam es immer häufiger zu gemeinsamen Programmen, so beim 1. Fest des Liedes und Tanzes am 14. September 1963 in Aue. Die bereits genannten Künstler gestalteten den erzgebirgischen Heimatabend „Glückliche Leit – Fruhe Lieder”. Wohl keiner der Mitwirkenden hatte jedoch mit so herausragendem Erfolg gerechnet. Die Veranstaltung wurde von Funk und Fernsehen übertragen, musste mehrfach wiederholt werden. Bestärkt davon, schlossen sich auf Anregung Manfred Blechschmidts am 13. Oktober 1963 im Kreiskulturhaus Aue erzgebirgische Heimatgruppen zu einem Ensemble, dem Erzgebirgsesemble Aue, zusammen. Die Gründung war vollzogen.
Im Statut ist festgeschrieben, „... die fortschrittlichen Traditionen und das Gegenwartsschaffen auf dem Gebiet der erzgebirgischen Mundartdichtung, des Mundartliedes, Mundartstückes und der Volkskunst zu pflegen und weiterzuentwickeln”. Anfang der Sechzigerjahre drohten jedoch die mit der erzgebirgischen Mundart verknüpften Volkskünste in alle möglichen Richtungen abzudriften.
Nicht zuletzt aus diesem Blickwinkel war die Gründung des Erzgebirgsensembles die entscheidende Voraussetzung, um im Erzgebirge in der Brauchtumspflege und -forschung voranzukommen. Und das geschieht bis in die Gegenwart.

Zurecht mit Stolz kann Ensembleleiter Steffen Kindt eine beeindruckende Geburtstagsbilanz vorweisen: Weit mehr als 8000 Veranstaltungen stehen zu Buche. Erzgebirgisches Brauchtum wurde nachhaltig im In- und Ausland popularisiert. Gastspiele des Ensembles führten in mittlerweile 21 Länder Asiens, Europas und Amerikas. Hinzu kommen ungezählte Funk- und Fernsehauftritte sowie zahlreiche Langspielplatten und CD-Produktionen. Besondere Verdienste erwarb sich das Erzgebirgsensemble beim Erforschen des Brauchtums des Erzgebirges. Dabei wurden längst vergessene Lieder und Tänze zutage gefördert und auf die Bühne gebracht, viele neue Programmformen entwickelt. Die Wiederbelebung und Kultivierung der Russischen Hörner, seit 1967 fester Bestandteil der Programme, brachte den Auer Musikern sogar den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.
Diese zielstrebige Arbeit konnte sich auch im geeinten Deutschland weiterentwickeln und zu dem profilieren, was es heute ist. Eine Kulturinstitution, die mit ihrer Ausstrahlung, künstlerischen Qualität, Vielfalt an volkskulturellen Darbietungen und nicht zu unterschätzender Marketingstätigkeit für das Erzgebirge seinesgleichen sucht.
Mittlerweile ist das Erzgebirgsensemble in die Jahre gekommen, etabliert und angesehen. Natürlich, so verspricht Steffen Kindt, werden die Jubiläen gebührend gefeiert. Eine Zäsur, die aber nicht Stillstand bedeutet. Denn heute treten die Musiker, Sänger und Tänzer „aus Tradition modern” ins Rampenlicht. Ein Credo, das für sie alle bedeutet, die Wurzeln ihrer Kultur zu kennen und zeitgemäß darzubieten. Dass dies möglich ist und immer wieder Neues hervorbringt, das sein Publikum findet, hat das Ensemble durch seine Wandlungsfähigkeit in sechs Jahrzehnten mehrfach unter Beweis gestellt.
Steffen Kindt (57) ist seit 1980, anfangs als Trompeter, Mitglied des Erzgebirgsensembles – heute als Sänger, Moderator, Autor und Regisseur dessen Chef. Mehr als das. Der studierte Kulturwissenschaftler mit Spezialisierung Musikwissenschaft ist auch Beiratsvorsitzender beim Kulturraum Erzgebirge-Mittelsachsen und nicht zuletzt Botschafter des Erzgebirges. Dafür prädestinieren ihn seine fundierte Beschäftigung mit dem Brauchtum des Erzgebirges in der Gesamtheit von materieller, sozialer und geistiger Volkskunstkultur.
Besuchen Sie uns im Internet unter: www.erzgebirgsensemble-aue.de
Darbietung mit den Russischen Hörnern sind fester Bestandteil der Programme des Erzgebirgsensembles.