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Damals ... vor 120 Jahren – Begehung des Krottenspitze- Westnordwestgrates
Im November 1902 gelang die erste Begehung des Krottenspitze-Westnordwestgrates
Erstbegeher Adolf Schulze darf gewiss zu den bedeutendsten Erschließern eindrucksvoller Klettereien des Allgäus gezählt werden.
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Spätherbst in den allgäuer alpen! Die tage sind schon kurz, die nächte bereits empfindlich kalt. Das Wetter bietet mitunter vielfältige Überraschungen: milde, lichtdurchflutete tage unter tiefblauem himmel wechseln sich mit erstem Sturm und Schneefall ab. Im tal sind von den laubbäumen die letzten Blätter herabgefallen, und die Schneefallgrenze zieht ihr Weiß an den hängen täglich ein Stück tiefer. Es ist eine eindrucksvolle Zeit. Der Winter steht unmittelbar vor der tür, die natur scheint sich zur Ruhe zu betten, und die Menschen genießen die klare, frische luft und die gemütlichen abende am Kaminfeuer! Ideal, um in talnähe noch ausgedehnte Wanderungen und Spaziergänge zu unternehmen. Die Berge, die hochlagen werden nach und nach einsamer – kaum jemand, der jetzt noch ganz hinauf will. Und doch gibt es immer wieder Unentwegte, die genug Erfahrung und Können haben, um sich noch auf eine große tour zu wagen. Wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als der alpinismus noch in den Kinderschuhen steckte, als die ausrüstung zum Bergsteigen im Grunde so noch gar nicht bezeichnet werden konnte. Damals gelang adolf Schulze und Karl Beindl im november 1902 erstmals die Überschreitung des wildesten, landschaftlich imposantesten Grates auf die 2551 Meter hohe Krottenspitze. Und was war das für eine tour! Gut einen Kilometer lang, waren knapp 350 höhenmeter und an die 30 Seillängen mit Schwierigkeiten bis zum IV. Grad zu klettern! Im Spätherbst, bei kurzen tagen, fanden die beiden den Weg über alle türme und Zacken des auch „Grätle“ genannten Westnordwestgrates. Sie kamen ohne Biwak durch und schafften die Pioniertat in sagenhaften fünf Stunden, einem Zeitfenster, in dem selbst heutige Kletterer kaum die Route zu meistern imstande sind! adolf Schulze (1880-1971) gehört gewiss zu den bedeutendsten Erschließern eindrucksvoller Klettereien des allgäus. Die liste seiner Erstbegehungen in den gesamten nördlichen Kalkalpen ist lang, und mit der ersten Besteigung des fernen Uschba-Südgipfels gelang ihm 1903 eine Sensation. Sein lieblingsgebiet aber blieben die allgäuer Berge und hier die großzügigen Wand- und Gratklettereien. Routen, die nicht nur den Klettersportler herausfordern, sondern immer auch den kompletten alpinisten! So bleibt der Krottenspitze-Westnordwestgrat, der nach wie vor als eine der lohnendsten Klettertouren im Bereich der Kemptner hütte gilt, doch vergleichsweise einsam, denn die tour ist auch heute noch eine lange, anspruchsvolle, anstrengende angelegenheit für besonders trittsichere, orientierungsstarke und erfahrene Bergsteiger! als Zwillingsgipfel der Öfnerspitze zählt die Krottenspitze zu den wenigen von Oberstdorf aus sichtbaren Gipfeln des hauptkamms aus Dolomit-Gestein. Besonders gut ausmachen kann man sie aber auf dem abschnitt des heilbronner Wegs von der Kemptner hütte über Rauheck und himmeleck zum Prinz-luitpold-haus. Diese tour sollte man sich allerdings erst wieder für die nächste Wandersaison vormerken. Dann lässt sich der markante Grat auch erneut und noch sehr viel bequemer in seiner ganzen Pracht von der herrlich gelegenen Kemptner hütte aus bewundern! Uli Auffermann
