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Lösungen gemeinsam finden
Die Tarifrunde 2022 nimmt Fahrt auf: Die deutschen Metall- und Elektroarbeitgeber haben ihre Kampagne für die kommenden Monate vorgestellt. „Zusammen nach vorn“ lautet das Motto. Will sagen: Angesichts der ungeheuren Herausforderungen und der unsicheren Weltlage sind konfrontative Auseinandersetzungen um hochprozentige Lohnforderungen nicht angemessen.
Lösungen gemeinsam finden
Die NORDMETALL-Tarifverhandlungsführerin hat die achtprozentige Lohnforderung der IG Metall bereits als überzogen zurückgewiesen. „Ich kann zwar den Lohndurst der Gewerkschaft nachvollziehen. Aber bei einem so großen ‚Schluck aus der Pulle‘ droht am Ende Katerstimmung“, mahnt Lena Ströbele. Wenn die durch Ukraine-Krieg und Coronapandemie geprägte Krise durch zusätzliche, hausgemachte Kostenschübe dieser Dimension verschärft werden würde, wären die Unternehmen absolut überfordert. „So exorbitant hohe Preissteigerungen abzufangen ist nicht die Aufgabe der Tarifpartner, sondern hier müssen im Wesentlichen Politik und Europäische Zentralbank gegensteuern.“ Die Produktion in der gesamten Metall- und Elektroindustrie liegt noch immer 15 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2018. Viele Unternehmen leiden derzeit selbst unter den enormen Preissteigerungen für Energie und Material. „Selbst wenn einige Firmen gute Auftragseingänge verzeichnen, können sie diese Bestellungen häufig kaum abarbeiten: Es fehlen allerorten die notwendigen Vorprodukte und Rohstoffe, von nach wie vor ausfallendem Personal mal ganz abgesehen. Und selbst wenn sie verfügbar sind, dann nicht selten zu derart horrenden Preisen, dass die Unternehmen nichts verdienen“, erklärt Ströbele. Die IG Metall sollte zudem im Auge behalten, dass die Löhne allein in den vergangenen drei Jahren trotz Coronakrise um fast zehn Prozent gestiegen sind. Dass verantwortungsvolle Kompromisse auch derzeit möglich sind, haben NORDMETALL und die IG Metall Küste Ende Juni mit einem Paket zur Modernisierung des Flächentarifvertrags und zur Stärkung der dualen Ausbildung bewiesen. Es beinhaltet tarifliche Rahmenregelungen zur Einführung von flexiblen Arbeitszeitkonten und eine Option, Nachtarbeitszuschläge in Zeit statt in Geld zu gewähren. Die Wochenarbeitszeit in Mecklenburg-Vorpommern kann freiwillig unter Nutzung von Kompensationsmaßnahmen bis auf das Westniveau von 35 Stunden reduziert werden. Die Beschäftigten der norddeutschen M+E-Industrie erhalten zudem die Möglichkeit, Teile ihres Gehalts zum vergünstigten Leasing von Fahrrädern zu nutzen.

Lena Ströbele, NORDMETALL-Tarifverhandlungsführerin und Personaldirektorin der Unternehmensgruppe Lürssen.
Foto: sagmalspaghetti.de
Beim Thema Arbeitszeit haben Arbeitgeber und Gewerkschaft damit im Norden Neuland betreten. Den NORDMETALL-Mitgliedsfirmen wird zum 1. September 2022 erstmals eine rechtssichere Möglichkeit eröffnet, gemeinsam mit dem Betriebsrat die Einrichtung von Arbeitszeitkonten zur flexiblen Verteilung der Arbeitszeit zu vereinbaren. Die Tarifparteien geben dabei lediglich vor, welche Eckpunkte betrieblich geregelt werden müssen, die konkrete Ausgestaltung ist Aufgabe von Betriebsrat und Arbeitgeber. „Das ist ein wichtiger Schritt hin zu größeren Spielräumen in der Arbeitszeitgestaltung, die unsere Betriebe gerade im Strukturwandel dringend benötigen und die in der gegenwärtigen unsicheren Wirtschaftslage helfen, Arbeitsplätze zu sichern“, lobt Lena Ströbele. In dem Paket vereinbart ist auch die Anhebung der Ausbildungsvergütungen zum 1. August 2022, mit der auch Fahrtkosten zur Berufsschule abgegolten werden sollen. Die Vergütungen betragen nun schon im ersten Lehrjahr 1.097 Euro und steigen bis zum Ende der Ausbildung auf 1.191 Euro im Monat. „Das macht unsere Betriebe in Zeiten des Fachkräftemangels zu einem begehrten Arbeitgeber“, sagt die NORDMETALL-Tarifverhandlungsführerin.
Luc


