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Berliner auf dem Land: Brandenburg boomt
(CK) Berlin ist noch immer ein Sehnsuchtsort: „Arm, aber sexy“-(Sub-)Kultur, eine endlose Auswahl an Freizeitangeboten und mehr als 190 Nationen in einer Stadt. Und so strömten auch 2020 rund 143.000 Menschen nach Berlin, um hier Fuß zu fassen. Im Durchschnitt sind Zugezogene zwischen 18 und 35 Jahre alt. Und danach? Geht’s ins Grüne, nach Brandenburg. Die Coronakrise hat diesen Trend noch einmal verstärkt.
Raum für Selbstentfaltung und den Sandkasten
Etwa eine Stunde braucht es, um mit der Ring-SBahn einmal um Berlin herumzufahren. Das ist recht flott. Wer das Pech hat, im Norden Berlins zu wohnen und jeden Tag in den Süden pendeln zu müssen, der kommt mit dem Wechsel von Bus über Tram zu U-Bahn auch mal auf anderthalb Stunden – plus Fußweg. Da ist es ein interessanter Gedanke: Warum ziehe ich nicht einfach ins Grüne und pendle aus dem Umland nach Berlin? Vom brandenburgischen Städtchen Eberswalde braucht es etwa eine halbe Stunde bis zum Berliner Hauptbahnhof. Von Brandenburg an der Havel, einer Stadt im Dornröschenschlaf, ist es eine knappe Stunde. Immer mehr Menschen erkennen den Vorteil, das Beste aus beiden Welten mitzunehmen. Tagsüber geht’s ins quirlige Kreuzberg, shoppen in Friedrichshain oder vegan essen in einem der zahllosen Restaurants und Cafés in Prenzlauer Berg. Und dann geht’s wieder nach Hause. Brandenburg ist das wasserreichste Bundesland, hier gibt es fast immer einen See um die Ecke. Zugleich ist es das größte der neuen Bundesländer, hat aber vergleichsweise wenige Einwohner. Hier gibt es Raum


zur Entfaltung, Platz für die Kinder – und noch immer günstiges Bauland. Und so ziehen die, denen Berlin zu trubelig geworden ist, spätestens mit der wachsenden Familie nach Brandenburg.
Stadtflucht in die zweite Reihe
2020 zogen laut dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg rund 20.400 Berliner nach Brandenburg. Damit setzt sich ein jahrelanger Trend fort, der durch die Coronakrise noch einmal an Fahrt aufnahm. Mehr Wohnraum für weniger Miete, Grün vor der Tür und Platz – das lockte in den vergangenen zwei Jahren immer mehr Berliner raus. Besonders profitieren davon Brandenburger Gemeinden im Speckgürtel. In den acht Brandenburger Landkreisen, die um Berlin liegen, werden 2030 etwa 43 Prozent aller (Neu-)Brandenburger leben. Die Immobilienpreise spiegeln diesen Wanderungstrend wider. Auch deshalb sind in den letzten Monaten die Landkreise in der zweiten Reihe, knapp an der zumutbaren Pendlergrenze, in den Fokus von Interessenten gerückt. Die enorme Nachfrage nehmen Immobiliengesellschaften gern auf und planen Neubauprojekte und Eigentumswohnungen in Brandenburger Landstrichen, die vor wenigen Jahren als unrentabel galten. Der Landkreis Oberhavel erstreckt sich vom Berliner Norden bis an die Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern. Hier stiegen die Kaufpreise zuletzt um 23 Prozent, nur der Landkreis Potsdam-Mittelmark übertrifft dies mit einem Wachstum von 25 Prozent. Was die Kommunen vor kurzer Zeit nicht gedacht hätten: Sie benötigen ein Wachstumsmanagement, denn die Kitas und Schulen sind vielerorts unerwartet voll. Und es braucht einen offenen Diskurs, damit zugezogene Großstädter mit Eingesessenen in Kontakt kommen. Letztere freuen sich oftmals auf die Belebung totgeglaubter Orte, fürchten aber die Gentrifizierung und steigende Lebenshaltungskosten. Es muss also eine gemeinsame Vision gefunden werden, die das Beste aus beiden Welten zusammenbringt. Und das ist Brandenburgs größte Chance.
Hier zieht es Berliner hin: die Top 3 der beliebtesten Brandenburger Städte
EBERSWALDE • 41.000 Einwohner • Besonderheiten: eingebettet zwischen Naturpark Barnim und Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin • 34 Minuten bis Hauptbahnhof Berlin
BRANDENBURG AN DER HAVEL • 72.000 Einwohner • Besonderheiten: Dominsel mit Domkirche Peter und Paul aus dem 12. Jahrhundert • 1 Stunde bis Berlin Hauptbahnhof
NAUEN (HAVELLAND) • 16.600 Einwohner • Besonderheiten: historische Altstadt mit neugotischer Architektur und Gebäuden im Jugendstil • 38 Minuten bis Berlin Hauptbahnhof

