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DIE SIEBEN TODSÜNDEN DES VERBOTS

Der Worte sind genug gewechselt

Die Ampelregierung nutze die historische Chance

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Der Worte sind genug gewechselt, die Cannabis-Community will Taten sehen: Die deutsche Ampelregierung aus SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP kündigt nach dem wortreichen Konsultationsprozess „Cannabis – aber sicher “ die Legalisierung weiter an.

„Wir haben in den Hearings genau den wertvollen Input erhalten, den wir uns erhofft hatten“, sagt der Drogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) in seiner Bilanz und betont: „Wir wollen einen neuen Absatz in der deutschen

Drogen- und Suchtpolitik schreiben.“

Das Bundesgesundheitsministerium hat fünf Expertenanhörungen zum „Konsultationsprozess Cannabis“ durchgeführt. 200 internationale Fachleute verschiedener Disziplinen hatten sich ausgetauscht. Der Schutz der Jugend und vor Gesundheitsrisiken wird bei der kontrollierten Freigabe von Cannabis im Mittelpunkt stehen. Nach dem Prinzip „Safety first“ will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgehen. Blienert schwebt ein „menschlicher Umgang“ mit suchtgefährdeten Personen vor. Trotz Strafverfolgung sei die gesundheitliche Gefahr gestiegen. In-

nerhalb eines klaren Rahmens sollen der Verkauf, Erwerb und Besitz von Cannabis zulässig werden. Im Herbst 2022 soll ein Eckpunktepapier und Ende des Jahres ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden. Der Bundesgesundheitsminister will mit dem Gesetzesverfahren im nächsten Jahr „durchstarten“.

Internationale Erfahrungen im Hearing gehört

Zu den internationalen Erfahrungen mit der Abgabe von medizinischem und Genuss-Cannabis aus dem US-Bundesstaat Colorado zählt ein Bericht von Dominique Mendiola, Senior Director der Marijuana Enforcement Division im Colorado Department of Revenue. Geschäfte, Anbaustellen, Erzeuger und Bewirtungsbetriebe würden von ihrer Behörde lizensiert und überwacht. Es gebe zahlreiche Verbraucherschutzvorschriften, so dürfe eine Abgabeeinheit 10 mg des Wirkstoffs nicht überschreiten. Die wichtigste Erfahrung: Strafrechtliche Verfolgung sei nicht zielführend, sagte Dominique Mediola in Berlin.

Aus dem europäischen Inselstaat und EU-Mitglied Malta berichtete Marielle Dimech, Präsidentin der Cannabis-Behörde, über die guten Erfahrungen bei der Legalisierung. Allerdings seien nur unkommerzielle Anbieter am Markt zugelassen worden. Menschen, die mehr als 50 mg über den Eigenbau erzielen, sollen den Überschuss an eine staatliche Stelle verkaufen. Ein Konsument dürfe in Malta maximal 7g Cannabisblüten bei sich haben. Eine Ausweitung der Menge für „Social Clubs“ sei geplant.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach will Legalisierung mit „Safety first“

Scholz: Bubatz kommt

„Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns endlich Taten sehen“, kann die Cannabis-Szene – um mit Goethes Faust zu sprechen - nach dem Ende der Anhörung von der Ampelregierung fordern. Selbst der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat zur besten Fernsehzeit auf die Zuschauerfrage „wann Bubatz legal?“ mit einem Schmunzeln reagiert. Die Vorbereitung sei im Gange, die Legalisierung komme im Lauf der laufenden Legislaturperiode, so Scholz. „Die Ampelregierung geht voran. Wir sind ein wichtiges Stück Weg gemeinsam gegangen, jetzt gibt es kein Zurück mehr“, betont Wenzel Cerveny vom Cannabis Verband Bayern (CVB). 80 Prozent der Forderungen seien erfüllbar. Allerdings fehlt Cerveny ein wichtiger Schritt, der bereits jetzt eingeleitet werden müsste. So fordert auch Richter Andreas Müller von LEAP (Law Enforcement Against Prohibition Deutschland) die sofortige Entkriminalisierung.

Oppositionspolitiker Ates Gürpinar (Die Linke) hatte noch kurz vor der parlamentarischen Sommerpause einen Antrag zur sofortigen Entkriminalisierung in den Deutschen Bundestag eingebracht. Von über 200.000 Cannabisdelikten pro Jahr seien mehr als 80 Prozent konsumnah. Die rechtlichen und sozialen Konsequenzen seien für die Betroffenen beträchtlich. Für Verfolgung und für Vollzug entstünden jährlich Kosten von einer Milliarde Euro. Der Linke-Abgeordnete schlug vor, Volljährigen den Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis oder Cannabisharz zu erlauben. Der Anbau von bis zu drei weiblichen Cannabispflanzen für den persönlichen Eigenbedarf soll erlaubt sein. Falls die zulässigen Höchstmengen überschritten werden, sieht der Gesetzesentwurf Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder vor.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther lehnte den Antrag der Linken als „populistisch“ ab. Sie verstehe die Ungeduld, aber die Ampelregierung nutze die historische Chance, die Legalisierung von Cannabis umfassend zu regeln. Es gehe nicht mehr um das „Ob“, sondern um das „Wie“. Ein Gesetzesentwurf zur Entkriminalisierung verzögert ihrer Ansicht nach den Legalisierungsprozess. Der Antrag der Linken wurde in die Ausschüsse verwiesen.

text: Josef König

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