Warum die Zukunft weiblich(er) wird

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Sicher, kompetent und persönlich –unsere Werte sind so bewährt wie aktuell. Sie schaffen den Boden für nachhaltiges Vertrauen.
Zeitgemäßes Private Banking verlangt exzellentes Wissen ebenso wie Vernunft, maßgeschneiderte Lösungen sowie den Blick für das richtige Maß. raiba-privatebanking.at
Bei den Platzhirschen. Seit über 60 Jahren ist Hirschmann Automotive Entwicklungs- und Produktionspartner für elektromechanische Baugruppen und Komponenten. Dabei positioniert sich das Vorarlberger Unternehmen nicht nur in der Automobilindustrie, sondern erschließt auch neue Märkte.
Anregend. Der Winter ist die ideale Zeit für einen Ausstellungsbesuch. Von Wien bis Basel gibt es in den Museen und Kunsthallen Namhaftes ebenso zu entdecken wie Werke mit brisant politischen Inhalten und zeitgeschichtlichen Bezügen.
Goldenes Jubiläum. Übrigens halten Sie gerade eine ganz besondere Ausgabe von „kontur“ in den Händen – nämlich die 50.! Wir freuen uns darauf, Ihnen auch in Zukunft noch viele spannende und kurzweilige Geschichten in Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin präsentieren zu können.
Viel Spaß wünscht Ihnen Ihr „kontur“-Redaktionsteam
08 Nachhaltig mobil
Wie Hirschmann Automotive durch Innovation den Fortschritt in der Automobilindustrie vorantreibt.
16 Female Leadership
Trendforscher Tristan Horx erklärt, warum die Zukunft weiblich(er) wird.
18 Der Arlberg ruft
Die Wintersaison kann kommen –Herausforderungen inklusive.
22 Nicht einfach, aber machbar Künstler Nico Raschner übers Schreiben und die Schauspielerei.
27 Bauen neu denken Architekt, Sozialromantiker, Minimalist. Zu Besuch beim Vorarlberger Baukünstler Dietmar Eberle.
30 BMW und nichts anderes i4 M50 xDrive Gran Coupé: sportli che Höchstleistung mit Elektromotor.
32 Von guten Geschichten 10 Fragen an Michèle Garre, Leiterin Marketing und PR bei Sutterlüty.
Offen, flexibel und spontan – so präsentieren sich die neuen Arbeitswelten. Das erfordert Lösungen für den Raum im Raum.
Was Fußballlegende David Beckham oder Andi Herzog zu schätzen wissen ... Thomas Ebster und Florian Matt feiern mit ihrem Wintersportmoden-Label iFLOW zehnjähriges Bestehen.
Nachhaltigkeit braucht Engagement, Zeit, Investitionen und Mut. Doch was erfordert Sustainability Management? Und welche Vorteile bringt es konkret? „kontur” hat bei Exerpten nachgefragt.
Vorarlbergs Unternehmen sind großartig, wenn es um Themen wie Ausbildung, innovative Ideen, Klimaschutz, Regionalität und Verantwortung für das große Ganze geht.
Wie Wolfgang Schwarz mit seinen Patenten Bauwerke von Dubai bis in die USA vor dem Einsturz rettet.
Ein aufschlussreicher Ausstellungs rundgang von Wien bis Basel.
68 Spiegel der Persönlichkeit
Mit Michel Bäder holt Inhaus internationale Badkompetenz ins Ländle.
71 Die Routine macht’s
Nina Keck lüftet das Geheimnis rund um einen gesunden Lebensstil.
76 Ein Koch für daheim
Private Cooking erfreut sich auch in Vorarlberg zunehmender Beliebtheit.
81 In Kreisläufen denken
Mit einer Strangpresslinie gestartet, hat sich Hydro Nenzing zu einem der größten Extrusionswerke Europas entwickelt.
Die Wiener haben seit jeher ein ganz spezielles Verhältnis zum Tod. Davon zeugen spektakuläre Friedhöfe, zahlreiche Lieder und das melancholische Flair imperialer Bauten.
IMPRESSUM Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: Russmedia GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1 • Redaktionelle Leitung: Sabine Carotta, sabine. carotta@russmedia.com • Redaktion: Angelika Böhler, Christa Dietrich, Ernest F. Enzelsberger, Stephanie Herweg, Marion Hofer, Tristan Horx, Elisabeth Längle, Franz Muhr, Edith Schlocker, Christiane Schöhl von Norman, Yvonne Tscherner, Johanna Walser • Art Direktion: Bernadette Prassl, bernadette.prassl@russmedia.com
• Titelbild: Frederick Sams • Anzeigenberatung: Russmedia GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1, Patrick Fleisch, +43 5572 501-818, patrick.fleisch@russmedia.com; Gabriel Ramsauer +43 5572 501-785, gabriel.ramsauer@russmedia.com; Markus Wertl, +43 5572 501-852, markus.wertl@ russmedia.com
• Druck: Buchdruckerei Lustenau GmbH, A-6890 Lustenau, Millennium Park 10 • Erscheinungstag: 30. Juni 2022 • Nächste Ausgabe: 17. März 2023
Fotos: Thomas Gmeiner, Zumtobel, JR, Kunsthalle München/C. Dietrich, privat, Sedus Stoll AG
etallröhren, Brücken, Fabrikschlote – mit einer rie sigen, schmutzig-roten Ölraffinerie fing alles an. Denn die imposante Seebühne für Verdis „Trou badur“ bei den Bregenzer Festspielen schmückte die erste Titelseite von „kontur“ im Mai 2005, der Geburtsstun de von Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin.
Neugierig schauen wir seither hinter die Kulissen erfolgrei cher Unternehmen und holen aufstrebende Küntlerinnen und Künstler ebenso vor den Vorhang wie renommierte. Wir bieten der Architektur im Land eine Bühne und statten Vorarlberger Persönlichkeiten – auch fern der Heimat – einen Besuch ab. Hin zu kommen spannende Neuheiten vom Automarkt, Lifestyle von Mode, Uhren und Schmuck bis Sport sowie Tipps für einen
Besuch in der Bundeshauptstadt. All das wäre nicht möglich ohne unsere fleißigen Redakteurinnen und Redakteure, die sich für unser Magazin regelmäßig auf die Suche nach den besten Geschichten machen. An dieser Stelle möchten wir die Chance nutzen, besonders unseren „treuen Seelen“ zu danken, die teil weise schon seit der ersten Ausgabe vor 17 Jahren mit dabei sind. Wir freuen uns auf noch viele informative Reportagen, kurzweil ge Interviews und spannende Portraits von euch!
Natürlich gilt unser Dank aber auch unseren Anzeigenkunden, denn ohne sie wäre solch ein hochwertiges Magazin nicht mög lich. Besonders ehrt uns, dass für viele von ihnen „kontur“ zur Jahresplanung einfach dazugehört. Wir schätzen diese Zusam menarbeit sehr. Auf die nächsten 50 Ausgaben!
Mitarbeitende: rund 6800 davon 170 Lehrlinge Kunden: weltweit Umsatz: 458 Millionen Euro Exportquote: über 90 Prozent weltweit Investitionsanteil: 20 Prozent vom Umsatz Geschäftsführer: Markus Ganahl, Stefan Tschol und Angelo Holzknecht
Seit über 60 Jahren ist Hirschmann Automotive Entwicklungs- und Produktions partner für elektromechanische Baugruppen und Komponenten –und treibt heute den Fortschritt in der Automobilindustrie voran.
Gegründet wurde das Unternehmen mit Hauptsitz in Rankweil-Brederis im Jahr 1959 als Richard Hirsch mann GesmbH. Damals konzentrierte man sich auf die Entwicklung und Produktion nachrichtentechni scher Geräte wie Sender, Empfänger und Antennen. 1980 stieg das Unternehmen in die Steckverbindungstechnik ein und es wurde mit der Entwicklung von Leitungen für Lautsprechersyste me für die Automobilindustrie gestartet. Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, dem viele weitere folgen sollten, wie Angelo Holzknecht, Chief Sales Officer bei Hirsch mann Automotive, im Interview mit „kontur“ erklärt: „Ein essen zieller Schritt war für uns 2003 die Übernahme von Hirschmann Automotive durch die F&R Industriebeteiligungen GmbH. Das gab uns eine regionale Stabilität mit einem regionalen Investor, der das Unternehmen auch langfristig und nachhaltig in Vorarl berg sieht. Das Wachstum passiert von hier aus.“ Internationali sierungsschritte setzte man 2007 mit der Gründung eines Wer kes in Rumänien, gefolgt von einem weiteren Werk in Marokko nur wenige Jahre später. 2013 und 2014 folgten ein Vertriebsbü ro sowie ein Produktionsstandort in China. „Nur ein Jahr darauf expandierten wir nach Nordamerika und eröffneten dort zuerst ein Vertriebsbüro in Detroit und 2016 dann einen Produktions standort in San Miguel, Mexico. Dieser Schritt war für mich be sonders prägend, da ich die letzten sieben Jahre dort tätig war und den Werksaufbau begleiten durfte.“
Dem Lebenszyklus standhalten. Dass sich das Unternehmen auch aktuell in einer starken Wachstumsphase befinde, sei vor allem der Entscheidung aus dem Jahr 2009 zu verdanken, die Entwicklung von Hochvolttechnologien voranzutreiben. „Hoch voltprodukte sind durch den Megatrend der E-Mobilität das The ma der Zukunft“, so Angelo Holzknecht, der zusammen mit Mar kus Ganahl, Chief Operating Officer (COO), und Stefan Tschol, Chief Financial Officer (CFO), die Geschäftsführung des Unter nehmens bildet. Die Produkte des internationalen Automobilzulieferers finden weltweit bei allen namhaften Original Equipment Manufacturers (OEMs) ihren Einsatz. Die Komponenten werden für Anwendungen entwickelt, die dem Lebenszyklus des Fahr zeugs und extremen Umweltanforderungen standhalten. Ob für Autos mit Verbrennungsmotoren oder für elektrifizierte Fahrzeu ge, ob Standardprodukte oder individuelle Kundenlösungen –Hirschmann Automotive entwickelt Systeme, die neue Maßstäbe
setzen und unterstützt die Kunden dabei, das Beste aus ihrer Idee zu machen. Um das gesamte Potenzial voll auszuschöpfen, digitalisiert und optimiert das Unternehmen die gesamte Wert schöpfungskette. So wurde in Tschechien die erste Smart Fac tory aufgebaut. „Und auch das neue Logistikzentrum in Rankweil wird ein vollautomatisches Lagersystem haben. So können wir Durchlaufzeiten verkürzen, unsere Produktivität und Qualität stei gern und unseren Kunden eine lückenlose Rückverfolgbarkeit über den gesamten Produktionsprozess bis hin zum Endprodukt ermöglichen“, führt Angelo Holzknecht weiter aus.
Die Spezialgebiete von Hirschmann Automotive sind kundenspe zifische Steckverbindungen, Hochvoltanwendungen, Kabelas semblies, Sensorsysteme, Stanz- und Biegetechnik sowie an wendungsspezifische Verbindungslösungen mit Einsatzgebieten im gesamten Fahrzeug. Doch das Unternehmen positioniert sich nicht nur in der Automobilindustrie als ambitionierter Entwick lungspartner für seine Kunden, es geht auch darum, neue Märk te zu erschließen. So werden Technologien und Entwicklungsleistungen aus der Automotive-Sparte auf eBikes, Pedelecs, eScooter und generell LEVs (Light Electric Vehicles) angewandt, damit die Produkte die Anforderungen an Emissionsfreiheit, De
sign und Technologie bestens bedienen. „Zudem sind wir im Be reich erneuerbare Energien aktiv und entwickeln Anschlussdosen und Steckverbinder für Solarmodule.“
Mit einem „Wir“-Konzept. Rund 6800 Mitarbeitende an sieben Produktionsstandorten weltweit treiben täglich die Branchen trends voran und gestalten so die Mobilität von heute und mor gen aktiv mit. Dieses „Wir“-Konzept verbindet die Standorte und ist die Basis der Unternehmensphilosophie: Connected by Pas sion – über Grenzen, Ozeane und kulturelle Unterschiede hinweg. „Die Automobilindustrie ist so schnelllebig und unvorhersehbar wie kaum eine andere Branche. Wir befinden uns daher im stän digen Wandel, setzen uns herausfordernde Ziele. Häufig müssen Lösungen in sehr kurzer Zeit gefunden werden, dabei ist es das A und O, sich auf Mitarbeitende mit dem dafür notwendigen Dri ve verlassen zu können“, berichtet Angelo Holzknecht. Aus die sem Grund setzt das Unternehmen nicht nur auf innovative For schung und Entwicklung, sondern legt auch äußerst großen Wert auf das Aus- und Weiterbildungsprogramm der Belegschaft. Die Mitarbeitenden werden bereits früh mit verantwortungsbewussten Aufgaben betraut und zu Expert(inn)en in ihrem Bereich geformt, was besonders für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Die Zukunft. Die Lehrlingsaus bildung soll noch weiter intensi viert und entwickelt werden.
Die Diversifikation, eine hervorragende Qualität, zukunftsweisende Technologien und ein modernes Marketing waren schon immer das Aushängeschild des Vorarlberger Unternehmens.
Der Mensch steht im Mittelpunkt. Unsere Mitarbeiten den bilden das Fundament für den unter nehmerischen Erfolg.
Erfolgsfaktor. Bei Hirschmann Automotive wird lösungsorientiert agiert. „Nicht umsonst haben wir es uns zur Vision gemacht, der Platzhirsch für maßgeschneider te Kundenlösungen zu sein.“
attraktive Karrierechancen und spannende Zukunftsperspektiven eröffnet. Doch natürlich kämpft auch Hirschmann Automotive mit den Herausforderungen des Fachkräftemangels. Umso wichtiger ist die eigene Lehrlingsausbildung, wie auch Angelo Holzknecht bestätigt: „Wir wachsen massiv und haben entsprechend einen sehr hohen Bedarf an Fachkräften. In Rankweil bilden wir derzeit knapp 80 Lehrlinge in acht verschiedenen Lehrberufen aus, glo bal sind es derzeit 170. An manchen Standorten haben wir sogar unsere eigenen Lehrlingsprogramme entwickelt, damit wir das technische Know-how, das wir brauchen, auch tatsächlich in un seren Betrieben haben.“
Herausfordernde Zeiten. Doch nicht nur dem Fachkräfteman gel, auch weiteren Herausforderungen muss sich Hirschmann Au tomotive – wie so viele andere Unternehmen – derzeit stellen. Das wirtschaftliche Umfeld, die steigenden Energiepreise und die Infla tion wirken sich natürlich auch auf den Global Player aus. „Unser Geschäft war die vergangenen 20 Jahre sehr stark durch Verbes serungspotenziale und Einsparungen getrieben. Das ist jetzt seit einem Jahr nicht mehr möglich. Hier hat ein Wandel stattgefunden, der für die ganze Branche eine riesige Herausforderung darstellt“, erläutert Angelo Holzknecht. Aber auch die Elektromobilität sei ei ne bedeutende Herausforderung. „Die Produkte, wie wir sie kann ten, werden sich massiv verändern und folglich auch unsere Pro duktionsprozesse. Der Umstieg von der Niedervolttechnik in die Hochvolttechnik stellt völlig andere Anforderungen an Produktions technologien. In diesem Bereich haben wir noch sehr viel zu lernen und die Umsetzung gelingt uns nur mit den besten Mitarbeiten den.“ Es warten also sehr große Unbestimmtheiten, die letztlich alle ineinander spielen. Angelo Holzknecht: „Diese in Einklang zu bringen, um auch in Zukunft nachhaltig so weiterzuwachsen wie bisher, ist eine Hürde. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese bewältigen und erfolgreich sein werden.“
VN-Unternehmerpreisträger. Im Jänner 2022 ist Volker Buth, der seit 2007 die Weiterentwicklung des Unternehmens wesent lich vorangetrieben hatte, aus gesundheitlichen Gründen als CEO zurückgetreten. Er trug maßgeblich zum Fortschritt des Automo bilzulieferers bei. So war es einer seiner Verdienste, dass der Um satz seit seinem Start vor 15 Jahren mehr als verfünffacht wurde. Volker Buth wurde 2018 mit dem VN-Wirtschaftspreis als „Unter nehmer des Jahres“ ausgezeichnet. Im kommenden Jahr wird die VN-Wirtschaftsveranstaltung „Top 100“ bei Hirschmann Automo tive in Rankweil-Brederis stattfinden. Ernest F. Enzelsberger
Der aktuelle Trend der Elektromobilität hilft uns dabei, unser Wachstum auch international zu fördern.Innovativ. „Unser Motto ist es, Lösungen für eine nachhaltige, mobile Zukunft zu entwickeln“, so Angelo Holzknecht. Fotos: Marcel A. Mayer
„Sei fleißig, aber tu das, was du gern tust“, hieß es in der Familie. Nico Raschner hatte schon als Jugendlicher Texte veröffentlicht. Er absolvierte eine Schauspielausbildung, ist nun am Vorarlberger Landestheater engagiert und lieferte dem Kosmodrom ein Theaterstück.
Ein Mann sitzt in einem Café, der Kellner ignoriert ihn, draußen ist alles grau, ein Polizist nervt, als der Bus heranfährt, besteht die Gelegenheit, sich des Störenden zu entledi gen . . . In nur wenigen Zeilen ziemlich viel Suspense, so ist Nico Raschner bereits als Jugendlicher aufgefallen. Abgesehen von seiner Begabung dokumentierten seine Tex te auch den hohen Wert der Schreibwork shops von Gabriele Bösch oder Wolfgang Mörth, in denen sich der junge Autor so weit schulte, dass sein Name nun im Archiv der Vorarlberger Nachrichten aufscheint. Es war die Zeit, in der man erpicht darauf war, Kurz geschichten junger Autorinnen und Autoren
zu veröffentlichen. Von Nico Raschner war auch noch eine dabei, in der weniger Grau es, dafür aber ziemlich viel Liebe zum Leben zum Ausdruck kommt.
Mittlerweile ist er vor allem Schauspieler und beantwortet die Frage nach diesem Berufsentscheid pragmatisch. Sehr früh sei für ihn klar gewesen, dass er im kreativen Bereich tätig sein wird. In der Familie hieß es: „Sei fleißig, aber tu das, was du gerne tust.“ Zum entscheidenden Zeitpunkt lag die Bühne beim Abwägen der Interessen vorne, das Schreiben wollte er aber nicht aufgeben. „Ich habe mich intensiv mit der schriftstellerischen Arbeit auseinanderge
setzt, bei einem Filmworkshop dann aber festgestellt, dass ich etwas überarbei tungsfaul bin“, bekundet er offen. Die „ex trem eiserne Disziplin, die erfolgreiche Au torinnen und Autoren haben müssen“, ha be ihn etwas abgeschreckt.
Uraufführung. Das ist ein paar Jahre her und nun wissen Theaterfreunde, dass es Nico Raschner schafft, beide Kompeten zen zu vereinen. Am Vorarlberger Landes theater ist er in dieser Spielzeit für mehrere Produktionen engagiert, im Kosmodrom, der kleinen Bühne des Bregenzer Theaters Kosmos, wo er schon einmal ein Kurzdra ma platzieren konnte, wurde gerade sein
Geboren 1996 in Dornbirn, absolvierte er eine Schau spielausbildung am Schau spielhaus in Salzburg. Seit seiner Kindheit beschäftigte er sich mit Literatur. Er hat schon früh (etwa in den Vorarl berger Nachrichten) Kurzge schichten veröffentlicht. Der ORF präsentierte ein Hörspiel, das Theater Kosmos setzte mehrere kleine Stücke um.
Seit einiger Zeit ist Nico Raschner Ensemblemitglied des Vorarlberger Landestheaters.
Stück „Option 301“ uraufgeführt. Darin wird die in der Arbeitswelt geforderte Selbstop timierung grotesk überspitzt.
Eine „gewisse Naivität“ habe ihm durchaus geholfen, erzählt er heute. „Ich weiß, dass die Schauspielerei kein einfacher Beruf ist, aber schon während des Studiums dachte ich mir, dass es schon irgendwie funktio nieren wird.“ Nach der Matura sprach er am Reinhardt Seminar, am Mozarteum in Salzburg und im dortigen Schauspielhaus vor, wo er schnell in die Endrunde kam. Das hatte gepasst, denn neben der Ausbildung konnte er dort sofort kleinere Rollen über nehmen. Kinder- und Jugendtheaterstücke waren es damals in erster Linie. Wie er davon profitiert hat, konnte das Publikum zuletzt in der Produktion „Wild!“ nach ei nem Text von Evan Placey erleben, mit der das Vorarlberger Landestheater auch in die Schulen ging. Es ist ein Starkmacherstück wie es Kinder brauchen. An die etwas hö heren Schulklassen richtete sich „Who ca res? Welche Krise?“ der Vorarlberger Au torin Daniela Egger. Gemeinsam mit Vivi enne Causemann vermittelte er komplexe Themen wie Klimaschutz und Nachhal tigkeit als spannende und nachwirkende Denkanstöße. „Ich bin ein Mensch, der Rückmeldungen braucht. Von Kindern und Jugendlichen bekomme ich sie sofort. Sie kommen mit ihrer festgelegten Klassendy namik ins Theater oder du kommst zu ih nen in die Klasse, wo sie eine Einheit sind, die du zuerst einmal durchbrechen musst, um die Aufmerksamkeit zu bekommen“, erklärt Raschner die Mechanismen. Wel che Szene funktioniert, merke man sofort und vom jungen Publikum erfahre man auch sehr viel Wertschätzung.
Zum Vorarlberger Landestheater hatte Nico Raschner über viele Besuche eine Beziehung aufgebaut. Vorarlberg zu verlassen und als Gastschauspieler zu kommen, lautete seine Perspektive. Als Intendantin Stephanie Gräve kam, entschloss er spontan, sich zu bewerben, sprach vor und konnte bleiben.
Der Mephisto. Nico Raschner war im Team für die Brecht-Produktion „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ und er hat beispielsweise eine „Lenz“-Adaption nach einer Erzählung von Georg Büchner als Monolog bewältigt. „Die Zertrennlichen“ von Fabrice Melquiot, ein Drama, in dem zwei Kinder aus unterschied lichen Kulturkreisen Freunde werden, was die Eltern vereiteln, bleibt ihm als besonders schö ne Arbeit in Erinnerung. „Ich bin ein bisschen oldschool, denn ich habe gerne eine durch komponierte Handlung“, erklärt er seine Affi nität. Teil einer „Faust“-Inszenierung zu sein, zählt zu den Wünschen. Welche Figur er dabei fokussiert, liegt auf der Hand. „Ja klar, den Mephisto.“ Mehr Klassiker zu spielen, wäre für Nico Raschner natürlich reizvoll. Im Gespräch landen wir gleich einmal bei Shakespeare.
Singen zu können, ist dabei sicher kein Nach teil. Seine Mutter, die Journalistin und Autorin Annette Raschner, hat ihn früh damit vertraut gemacht. Das Repertoire war groß, auch die Lieder von Falco waren dabei. Der Gesang des Österreichers hatte bei ihm mitunter et was Furcht ausgelöst, aber als Performer hatte er ihn nachhaltig beeinflusst. Als am Landestheater eine Liederabendproduktion angesprochen wurde, dachte er gleich an Falco und ist froh, dass er das Projekt durch gezogen hat, mit dem er nicht nur einstige Fans, sondern auch das ganz junge Publikum anspricht. Christa Dietrich
Engagiert. Mit Vivienne Causemann in „Who cares? Welche Krise?“Fotos: Anja-Koehler
Die Wiener haben ein ganz spezielles Verhältnis zum Tod. Davon zeugen spektakuläre Friedhöfe, zahlreiche morbide Lieder und das melancholische Flair imperialer Bauten.
Agrotzn“ (abkratzen), „aushuastn“, „a Bankl reißn“, „De Wiama fiadan“, „die Potschn strecken“ oder den „Holz pyjama anziagn“ – in keinem anderen Dialekt gibt es so viele originelle Ausdrücke für das Sterben wie in der Bundeshauptstadt. Wenn sich im Herbst der Nebel über die Stadt legt, die Krähen krächzen, die Bäume ihre kahlen Äste in den Nachthimmel strecken und sich menschenleere, schummrige Gassen im Dämmerlicht an imposanten Bauten vorbeischlängeln, spürt man diese bittersüße Liebesbeziehung besonders stark.
Diese melancholische Aura hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Schon in der Kaiserzeit war das Wichtigste „a schöne Leich’“, sprich eine würdige Bestattung, bei der es üblich war, die Körper der Adelsfamilie auszuweiden und die Innereien separat in prunk voll verzierten Metallgefäßen, die mit einer konservierenden Alko hollösung befüllt waren, in den Katakomben unter dem Stephans dom aufzubewahren. Die Körper wurden anschließend in der Kai sergruft unter der Kapuzinerkirche und die Herzen in der Augusti nerkirche bestattet. Die Dreiteilung hatte nicht nur praktische Gründe, die sterbliche Hülle besser zu konservieren, sondern auch spirituelle: eine Verdreifachung des Bestattungsritus und die Mög lichkeit an drei Orten zu beten – somit auch die Potenzierung der Wirksamkeit der Glaubenspraxis. Dieses ungewöhnliche Habsbur gerprotokoll wurde bis 1878 praktiziert.
Gekrönte Totenköpfe. Die eindrucksvollen Metall- und BronzeSärge in der Kaisergruft ruhen auf wuchtigen Tierpranken sowie -krallen, an den Ecken wachen gekrönte Totenköpfe. Sie reprä sentieren 400 Jahre österreichische Geschichte: angefangen beim 30-jährigen Krieg bis zu Otto von Habsburg, dem Sohn des letzten Kaisers. Den pompösesten Sarkophag haben Maria Theresia
„Agrotzn“, „aushuastn“, „a Bankl reißn“, „De Wiama fiadan“, „die Potschn stre cken“ oder den „Holzpyjama anziagn“ –in keinem anderen Dialekt gibt es so viele originelle Ausdrücke für das Sterben wie in der Bundeshauptstadt.
und ihr Mann Franz Stephan von Lothringen – die Habsburgerin ließ ihr Mausoleum bereits 30 Jahre vor ihrem Tod planen. Auf dem Doppel-Sarg thronen die vollplastischen, einander zugewandten Bildnisse des Kaiserpaares. Die letzten Ruhestätten von Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf befinden sich ebenfalls in der Gruft. Traditionell hat aber auch die Bevölkerung keine Berührungsängste mit dem Thema, sondern besingt die Todesseligkeit in prosa ischen Texten wie der Komponist und Kabarettist Georg Kreisler „Der Tod, das muss ein Wiener sein, genau wie die Liab a Franzö sin“ im Heurigen. Kein Wunder: tut der Gedanke ans „agrotzn“ bei einem Glaserl Wein allemal weniger weh – das fand wohl auch
Peter Alexander als er sang: „Erst wann’s aus wird sein, mit aner Musi’ und mit ‘n Wein, dann pack’ ma die sieb’n Zwetschk’n ein.“
Bei zahlreichen anderen Künstlern wirkt sich der morbide Charme der Stadt ebenfalls auf ihre Arbeiten aus – bei Mozart, schon allein wegen seines Requiems, aber auch auf Freuds Psychoanalyse, der in einem Brief an seinen Freund Emil Fluß, nach der Rückkehr aus dem Urlaub, schrieb: „Ich bin kaum drei Tage hier, und schon hat mich der ganze Mißmut des Wienertums ergriffen . . Diese Stadt macht die Seele wund.“ Ein bisschen Schmerz schwingt also immer mit, was vielleicht auch Wolfgang Ambros dazu inspiriert hat, ein Lied über den „Zentralfriedhof und olle seine Toten“ zu verfassen.
Transzendenz. Zum Sterben schön sind die vielen eindrucksvollen Friedhöfe und imperialen Bauten in der Metropole.
Ausgerüstet mit obligatorischem „Punschkrapferl“Proviant wandelt „kontur“ auf den Spuren der schaurigschönen Hauptstadt und ihres morbiden Charmes –mit Zwischenstopp im Foltermuseum, das sich in einem ehemaligen Luftschutzbunker aus dem 2. Weltkrieg unter dem Esterhazypark im 6. Bezirk befindet.
„Witwenexpress“. Mit seinen 2,5 Qua dratkilometern ist der „Zentral“, nach Ohls dorf/Hamburg, der zweitgrößte Friedhof Europas. Gerechnet nach den etwa 330.000 Grabstellen mit rund drei Millio nen Verstorbenen ist der Friedhof entlang der Simmeringer Hauptstraße der größte von Europa. Somit „beherbergt“ das Areal mehr „Einwohner“ unter der Erde als ganz Wien darüber. Generell zeugen die Fried höfe der Hauptstadt vom Kult um den Tod auf sehenswürdige Art und Weise: Der St. Marxer im 3. Bezirk etwa, auf dem Mozart in einem Massengrab verscharrt wurde, gilt als Ikone des Biedermeier. Aber auch der jüdische Friedhof in Währing wird unter dem Schleier des Herbst-Nebels zu einem mystischen Ort, genauso wie der Friedhof der Namenlosen, auf dem Mittellose,
Ein Tag zwischen Katakomben, Knochen und Konditorei, so das Resümee einer bitter süßen Erkundungstour durch ein melancho lisch gestimmtes Wien.
Selbstmörder und Wasserleichen bestat tet sind. Szenen aus dem Film „Before Sunrise“ wurden hier gedreht, an einem unwirklichen, verlassenen Fleckchen Erde, das wie das Ende der Welt wirkt.
Doch zurück zum Zentralfriedhof: Vier Tore gibt es, wobei der Haupteingang bei Tor 2 am leichtesten mit der 71er-Bim, früher im Volksmund der „Witwenexpress“, zu errei chen ist. Bis zu 40 Bestattungen finden hier täglich statt. Die weitläufige Parkanlage wartet nicht nur mit drei Tram-Haltestellen, einer Bahnstation und einem eigenen Bus system auf, sondern beeindruckt durch seine majestätisch schöne Jugendstilkir che „Zum Heiligen Karl Borromäus“, dem Park der Ruhe und Kraft sowie zahlreichen Ehrengräbern wie dem von Johann Strauß Vater und Sohn, Brahms, Nestroy und Beethoven. Zudem sind hier von Karl Ren ner über Rudolf Kirchschläger bis hin zu