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Auch das noch

Auch

das noch

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In Ostafrika spitzt sich die Ernährungskrise zu. Das hat mit Klimawandel und der globalisierten Landwirtschaft zu tun

Von Anne Jung und Hendrik Slusarenka

Die Frühwarnsysteme funktionierten: Bereits vor einem Jahr warnte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) vor einer bevorstehenden Heuschreckeninvasion. Doch es passierte: nichts. Ende 2019 fielen die Heuschrecken dann in Ostafrika ein und die Chance, die Katastrophe zumindest einzudämmen, indem die noch flugunfähigen Insekten mit umweltschonenden Insektiziden besprüht werden, war vertan. Inzwischen haben sich mehrere riesige Schwärme aus 200 Milliarden Insekten formiert; die UNO befürchtet die schlimmste Plage aller Zeiten. Die Heuschrecken zerstören Ackerfrüchte sowie Weideland und gefährden die Getreidevorräte. Für die kommenden Monate rechnet die FAO mit massiven Ernteausfällen, was für mehr als zwei Drittel der Menschen in Ostafrika und am Horn von Afrika, die von der Landwirtschaft leben, verheerende Konsequenzen hätte. Mehr als zehn Millionen Menschen sind direkt und indirekt betroffen.

Eine Kette von Krisen

In der Fachwelt herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die sogenannte Klimawippe Dipol im Indischen Ozean klimakrisenbedingt den stärksten Ausschlag mehrerer Dekaden aufweist und dadurch die Folgen der globalen Erwärmung massiv verschärft. Dies führt zu einem Wechsel von starken Regenfällen und Dürren. Diese fatale Verbindung, die ihrerseits bereits die Ernährungssouvernität gefährdet, bietet den Heuschrecken ideale Brutvoraussetzungen. Besonders betroffen ist Somalia, es gilt der nationale Notstand. Dabei keimte 2019 für einen kurzen Moment Hoffnung. Denn nachdem seit 2016 mehrere saisonale Regenfälle zu schwach oder ganz ausgeblieben waren – mit verheerenden Folgen für die Landwirtschaft –, regnete es in einigen Regionen endlich wieder. Doch der lang ersehnte Regen kam zu schnell und zu heftig und führte vielerorts zu Überflutungen. Böden wurden weggespült, die dringend benötigte gute Ernte wurde vernichtet. medico-Partner Abdullahi Hersi von der somalischen Hilfs- und Menschenrechtsorganisation NAPAD (Nomadic Assistance for Peace and Development) spricht von einem permanenten Ausnahmezustand: „Wiederaufbau? Wir tun, was wir können, aber hier reiht sich Krise an Krise, Katastrophe an Katastrophe.“ Anders als in Kenia oder Äthiopien gibt es in Somalia weder Sprühflugzeuge noch lässt die Sicherheitslage groß angelegte Maßnahmen gegen die Insekten am Boden zu. Der somalische Staat kämpft mit inneren Spaltungen und dem Terror der Al Shaabab-Milizen. Der eigenen Bevölkerung hat er wenig anzubieten; mit Lärm und Rauch versuchen die Menschen deshalb, ihre Felder zu schützen.

Für Alex O. Awiti von der Aga Khan Universität in Nairobi, der sich seit vielen Jahren mit der Ver