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CHRISTINE SONNBERGER

Teamwork hat für Christine Sonnberger Vorrang. Insgesamt zehn MitarbeiterInnen beschäftigt das Unternehmen mit Sitz in Kronstorf. Nächstes Jahr wird das 10-JahresJubiläum von Immobilien Sonnberger (www.sonnberger.co.at) gefeiert.

Text: Ulli Wright Fotos: Sarah Katharina Make-up: Marlies Pinsker/Cambio Beautyacademy

IMMO-LADY MIT HERZ

Der Kauf oder Verkauf einer Immobilie ist höchst privat und absolute Vertrauenssache. „Daher muss es trotz Digitalisierung gewaltig menscheln“, weiß Immobilienmaklerin Christine Sonnberger (40) aus Hargelsberg. Die Zweifachmama im Talk über ihr Aufwachsen in Christkindl, ihre Zeit in Dubai und die aktuelle Lage am Immobilienmarkt.

Wir treffen Immobilienmaklerin Christine Sonnberger am Firmensitz ihres gleichnamigen Immobilienunternehmens in Dörfling 2a, Kronstorf, zum Covershooting. Das Büro befindet sich in einem rustikalen Vierkanter am

Golfpark Metzenhof, quasi mitten in der freien Natur. Nach einigen Jahren beruflicher Tätigkeit in Dubai sind Christine und Roman Sonnberger im Jahr 2013 wieder nach Oberösterreich zurückgekehrt und haben sich ihren Traum vom eigenen Immobilienunternehmen erfüllt. Heute ist Sonnberger Immobilien der regionale Immobilientreuhänder im

Zentralraum Oberösterreich, dem Unteren Mühlviertel und dem angrenzenden

Westwinkel des Mostviertels. Beim Covershooting mit der Oberösterreicherin lernen wir eine sympathische Frau kennen, die die Natur liebt und ihren

Beruf mit viel Herzblut und Know-how ausübt.

OBERÖSTERREICHERIN: Frau Sonnberger, Sie sind in Christkindl bei Steyr aufgewachsen. Wie war das?

Christine Sonnberger: Die ersten Jahre meiner Kindheit verbrachte ich in einem Vierkanter in Christkindl. Wir haben dort in einer Mietwohnung gewohnt und sind später in die Saaß nach Garsten übersiedelt, wo meine Eltern ein Haus gebaut haben. Ich bin sehr frei aufgewachsen und habe nach der Pflichtschule die Handelsakademie absolviert.

Was haben Sie nach der Handelsakademie gemacht?

Ich bin gleich nach der Schule ins Berufsleben eingestiegen und war in verschiedenen Unternehmen und Branchen im Ein- und Verkauf tätig. Anfangs in einer Firma, die Surf- und Snowboards vertrieben hat, und anschließend in der Computerbranche. 2008 lernten Sie Ihren Mann kennen und dank seiner Tätigkeit als Exportkaufmann hat es Sie ins Ausland verschlagen ...

Als ich meinen Mann Roman kennengelernt habe, war er bereits zehn Jahre lang als Exportkaufmann in Südostasien, im Nahen Osten, in Australien und in Südafrika tätig. Eines seiner Traumziele zum Arbeiten war Dubai und es ist ihm auch gelungen, dort hinzugehen.

War für Sie auf Anhieb klar, mit nach Dubai zu gehen?

Nachdem ich Roman in Dubai besucht hatte, war schnell klar, dass ich ihm folgen werde. Übrigens habe ich auch meinen Hochzeitsantrag in Dubai bekommen. Geheiratet haben wir allerdings ganz klassisch in Österreich (lacht). Aber zurück nach Dubai, dort habe ich anfangs als Assistant Managerin gearbeitet und danach eine Zeit lang Chemikalien importiert. 2011 kam dann meine erste Tochter Julia auf die Welt.

Haben Sie damals schon damit geliebäugelt, einmal in die Immobilienbranche zu gehen?

Ja, in Dubai haben mein Mann und ich das erste Mal ins Immobiliengeschäft geschnuppert und es hat uns gut gefallen. Roman hat für ein Unternehmen im Bereich von Wasseraufbereitung und Swimmingpool-Pumpen gearbeitet. Als sein Vertrag mit dieser Firma auslief, entschieden wir im Jahr 2013, wieder nach Österreich zurückzugehen. Ich war ziemlich froh, da ich mit meiner zweiten Tochter Clara schwanger war. Für Roman war es sicher schwieriger, in Österreich erneut Fuß zu fassen.

Dennoch hat er noch im selben Jahr die Firma Sonnberger Immobilien gegründet.

Roman hat die Ausbildung zum Immobilientreuhänder gemacht und im Herbst 2013 mit einer internationalen Franchise-Marke ein Geschäftslokal in Linz-Urfahr eröffnet, anfangs nur mit einer Sekretärin. Ich bin nach der Babypause 2014 in der Firma eingestiegen und habe meinen Mann unterstützt. Seit 2016 agieren wir als Familienunternehmen Sonnberger Immobilien und übersiedelten damals in unser jetziges Büro in Kronstorf. Nächstes Jahr feiern wir bereits unser 10-Jahres-Jubiläum und beschäftigen mittlerweile zehn MitarbeiterInnen.

Wofür sind Sie zuständig?

Mein Job hat sich über die Jahre entwickelt. Als meine Töchter noch kleiner waren, war ich vor allem im Innendienst tätig und machte von Anfragenbearbeitungen über Buchhaltung und Marketing alles, was so angefallen ist. Ich war quasi Mädchen für alles (lacht). Mittlerweile habe ich die Befähigung zur Immobilientreuhänderin, also Makler und Hausverwalter in der Tasche und arbeite fulltime im Unternehmen. Ich leite das Verkaufsteam, das aus unseren Lehrlingen, dem Innendienst sowie unseren MaklerInnen besteht. Zudem berate und betreue ich unsere Kaufinteressenten bei der Suche nach ihrer Traumimmobilie und während des gesamten Verkaufsprozesses. Ich begleite unsere Kunden von der ersten Besichtigung bis hin zum Kaufvertrag und zur Übergabe der Liegenschaft. Weiters bin ich für die Immobilienaufbereitung und die Ausbildung unserer Lehrlinge verantwortlich.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Job, Menschen in Sachen Immobilien zu beraten und zu unterstützen?

Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten und ihnen dabei zu helfen, ein neues Zuhause zu finden. Das ist eine sehr wichtige und emotionale Aufgabe, bei der eine große Vertrauensbasis vorhanden sein muss. Wichtig ist, dass am Ende des Tages auch das Rechtliche für den Käufer und den Verkäufer, also für beide Seiten, passt. Der eine ist happy, dass er seine Immobilie verkaufen konnte, der andere sieht darin seine Zukunft. Am meisten freut es mich, wenn alle schlussendlich glücklich beim Notar sitzen. Dann und nur dann weiß ich, dass ich meinen Job gut gemacht habe.

Was ist das Spannende an Ihrem Beruf?

Immobilien verändern sich im Laufe eines Lebens. Ist man jung und hat Familie, ist ein Haus mit Garten optimal. Im Alter wollen viele Paare lieber eine Wohnung mit Balkon oder Terrasse. Von Scheidungen über neue Lebenspartner bis hin zu beruflichen Veränderungen – das Leben ist in Bewegung und die Immobilien entwickeln sich im besten Fall mit. Ich habe viele wiederkehrende Kunden, die ich auf ihrem Weg begleite. Auch Erbschaften, vor allem wenn mehrere Kinder eine Immobilie erben, sind oftmals schwierig. Da ist man als Makler fast schon Mediator.

Warum sollte man sich an einen Immobilienmakler wenden, wenn man verkaufen oder auch kaufen will?

Mit unseren Fachkenntnissen helfen wir unseren Kunden, sich im Paragrafendschungel und dem komplexen Ablauf beim Kauf oder Verkauf einer Immobilie zurechtzufinden. Das beginnt mit einer

treffsicheren und nachvollziehbaren Wertermittlung und endet mit der Immobilienübergabe an die neuen Eigentümer. Da wir den lokalen Immobilienmarkt genau kennen, sind wir in der Lage, einen realistischen Kaufpreis zu ermitteln, der der jeweiligen Immobilie auch gerecht wird. Ein falscher Preis – egal, ob zu hoch oder zu niedrig – führt meistens zu Verlusten für den Eigentümer. Zudem ist der Verkauf bzw. der Erwerb einer Immobilie mit viel Aufwand verbunden. Vor allem privaten Verkäufern fehlt oft die Zeit und die Expertise, um sich dieser Aufgabe angemessen zu widmen. Wir haben eine große Reichweite, bedienen sehr viele Plattformen und Kanäle in Print, online und auf Social Media und machen viele Marketingmaßnahmen. Ein modernes Maklerunternehmen arbeitet wie eine Werbeagentur. Aber im Gegensatz zu dieser wird nur im Er„EIN MODERNES folgsfall, also bei Kaufabschluss, bezahlt. Außerdem bekommt der IMMOBILIENMAKLER- Kunde eine Leistungsgarantie. Bin ich Kunde beim Makler oder

UNTERNEHMEN kaufe ich über den Makler, bin ich immer voll und ganz abgesichert.

ARBEITET WIE EINE Inwieweit wird digital gearbeitet? Ist das gewünscht oder verlangen die Kunden nach per-

WERBEAGENTUR.“ sönlicher Betreuung? Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden bereits seit Christine Sonnberger 2015 virtuelle Rundgänge durch unsere Immobilien an. Durch Corona hat die Digitalisierung natürlich auch in unserer Branche noch einen weiteren Schub bekommen. Ein virtueller Rundgang ist ideal, um die Raumaufteilung eines Hauses oder einer Wohnung vorab kennenzulernen, ersetzt aber niemals das persönliche Gespräch und das Kennenlernen eines Hauses oder einer Wohnung vor Ort. Wie schätzen Sie derzeit die Lage am Immobilienmarkt ein? Man hört ja, dass die Preise auf einem Rekordhoch sind. Die Coronakrise hat die Verknappung und die Preise weiter angeheizt. Die aktuelle Energiekrise können wir am Bestandsmarkt realistisch erst in frühestens sechs Monaten mit aktuellen Zahlen belegen. Ich sehe positiv in die Zukunft, denn unser Handwerk der Beratung und Dienstleistung gewinnt in diesen Zeiten wieder mehr an Bedeutung. Ordentliche Einwertung der Immobilie und optimale Käuferbetreuung stehen und standen bei uns immer

an oberster Stelle und sind wichtiger denn je. Nur wenn man den richtigen Marktpreis trifft, kann man maximale Anfragen für eine Immobilie generieren und viele Interessenten gewinnen. Am Ende des Tages bleibt dann der richtige Käufer für die richtige Immobilie übrig.

Gibt es derzeit mehr Käufer oder Verkäufer?

Wir befinden uns derzeit auf einem Käufermarkt, das heißt, es gibt mehr Käufer als Immobilien. Die Frage ist, ob sich das irgendwann einmal drehen wird oder nicht. Während der vergangenen Jahre waren immer zu wenig Immobilien am Markt. Immobilien in guten Lagen, die nicht viel Sanierungsrückstände haben, werden sich immer gut verkaufen lassen. Alte Häuser mit Öl- und Gasheizungen werden vor allem aufgrund der Energiekrise etwas schwieriger zu verkaufen sein. Aber auch hier kommt es auf die Lage und das Geschick des Maklers an, ob und wann er die richtigen neuen Eigentümer für diese Liegenschaften findet – für jeden Deckel gibt es einen Topf und umgekehrt (lacht). Im Bereich des Immobilienkaufes wird es für Menschen, die sich zum Beispiel vor einem Jahr wegen der niedrigen Zinsen noch ein 500.000-Euro-Haus leisten hätten können, schwieriger. Aber auch hier können wir mit einer guten Beratung die richtige Immobilie finden und Alternativen aufzeigen.

Seit Sommer gibt es auch neue, strengere Kreditvergaberichtlinien. Inwieweit betrifft das den Immobilienmarkt?

Alle halbwegs seriösen Banken waren diesbezüglich schon immer ziemlich streng, somit sehe ich die Auswirkungen nur bedingt. Allerdings verteuern die steigenden Zinsen die monatlichen Raten, womit junge Leute, mit geringerem Einkommen, wieder in die Miete gezwungen werden. Auch die Richtlinien rund um die Zwischenfinanzierungen sehe ich als kontraproduktiv. Wenn zum Beispiel jemand bereits eine Immobilie besitzt und eine weitere anschaffen möchte, wird es schwierig. Aber wir haben bereits Lösungen für unsere Immobilienbesitzer ausgearbeitet.

Wodurch unterscheidet sich Sonnberger Immobilien vom Mitbewerb? Was ist Ihr USP?

Unser Schlüssel zum Erfolg lautet Teamarbeit. Jeder Mitarbeiter, jede

„Atme und lächle!“, lautet das Motto von Christine Sonnberger, die beim Yoga so richtig entspannen kann.

Mitarbeiterin arbeitet an seinem/ihrem Schwerpunkt und so stellen wir unseren KundInnen höchste Beratungskompetenz zur Seite. Wir bieten Expertise in der Liegenschaftsbewertung, Baulandentwicklung und Vermittlung von Wohnimmobilien und Landwirtschaften genauso wie Neubauprojekte, Anlage- und Vorsorgeimmobilien, spezialisiertes Marketing mit Home Staging, virtuellen Besichtigungen und vielem mehr. Zudem verfügen wir über ein erstklassiges Netzwerk an Dienstleistern wie unabhängigen Finanzierungen, Notaren und Rechtsanwälten, Energieberatern und Handwerkern. Am Ende des Tages zählt nur eines, nämlich dass die Immobilie perfekt aufbereitet und professionell vermarktet wurde.

Was ist in Ihrem Beruf die größte Herausforderung?

Man muss sich fachlich sehr gut auskennen, dann ist alles einfach (lacht). Vor allem im Bereich der Liegenschaftsbewertung muss man ständig am Laufenden sein, was vor allem in turbulenten Zeiten sehr fordernd ist. Am spannendsten ist für mich, wenn ich beide Parteien – also Käufer und Verkäufer – zufriedenstellen kann. Dabei muss man sich auf jede Person einstellen können und generell ein Menschenfreund sein. Wir sind im People Business und es geht immer nur um die Menschen. Denn wenn jemand zu mir kommt und mir sein Vermögen anvertraut, dann muss vollständiges Vertrauen da sein. Ich verlange von mir selbst und von meinen Mitarbeitern 120 Prozent Einsatz, um diesem Vertrauen auch gerecht zu werden.

Wie ist es, wenn man mit dem eigenen Ehemann zusammenarbeitet? (lacht) Das Ganze ist schon sehr berufslastig und es dreht sich auch

WORDRAP

Glücklich machen mich …

meine Kinder

Niemals vergessen werde ich …

meine Oma

Es motiviert mich ...,

wenn ich sehe, dass Fleiß sich auszahlt.

Einfamilienhaus mit Garten oder Penthouse in der Stadt ...

momentan Einfamilienhaus mit Garten

Hummus oder Erdäpfelkäse ...

Erdäpfelkäse

Hosenanzug oder Jeans ...

Hosenanzug

Mein Lebensmotto:

„Atme und lächle!“

zu Hause vieles um die Arbeit. Mein Mann und ich sind sehr konträr, was einerseits positiv ist, andererseits gibt es dadurch aber auch Reibungspunkte. Ich bin sehr strukturiert, genau und detailverliebt, mein Mann hat einen Blick fürs Ganze und ist der Visionär in der Familie. Beides zusammen ergibt eine gute Mischung.

Ihre Töchter sind elf und neun Jahre alt, wie lassen sich Ihr Fulltime-Job und Familie vereinbaren?

Natürlich hat man immer ein schlechtes Gewissen, was wahrscheinlich jede Mutter mit einem Fulltime-Job kennt, aber ich versuche, gut zu kombinieren. Wenn ich abends im Außendienst unterwegs bin, schaue ich, dass ich zumindest am Nachmittag ein paar Stunden Zeit für Hausübung und Lernen mit den Kindern finde. Ich wechsle mich mit meinem Mann ab und auch die Omas sind oft im Einsatz. Und auch im Büro ist Teamwork gefragt. Bis vor Kurzem waren wir, abgesehen von meinem Mann, ein reines Powerfrauen-Team, wovon einige Mütter sind. Da gibt es gegenseitiges Verständnis und eine tolle sowie straffe Organisation und Planung. Wir wechseln uns mit den Abend- und Wochenenddiensten ab, damit jede von uns bei ihren Kindern sein kann. Meistens arbeite ich aber dann doch sechs Tage in der Woche.

Was ist Ihnen beim Wohnen wichtig? Wie wohnen Sie und Ihre Familie?

Wir wohnen in einer Doppelhaushälfte in Hargelsberg, die eigentlich als Zwischenlösung nach unserer Rückkehr von Dubai gedacht war. Mittlerweile wird es eng, da seit Anfang des Jahres auch der Sohn meines Mannes bei uns lebt. Aber unser Traum vom Einfamilienhaus befindet sich in der Planungsphase. Ich bin in Sachen Wohnen sehr offen, momentan ist es mit den Kindern am Land perfekt. Ich kann mir später aber auch vorstellen, in einer Stadt zu wohnen.

Sie haben mehrere Jahre im Ausland gelebt. Vermissen Sie Dubai?

Ich bin sehr dankbar, dass wir wieder nach Österreich zurückgekommen sind, unser Unternehmen aufgebaut haben und hier im sicheren Hafen leben. Es war schön in Dubai, aber ich vermisse es nicht. Einzig das Wetter – ich hätte gerne längere Sommer (lacht).

Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Wobei entspannen Sie?

Ich mache viel Yoga und bin gerne mit der Familie und unserem Hund in der Natur unterwegs. Wir gehen auch gerne wandern und Radfahren. Meine Freizeit verbringe ich hauptsächlich mit meinen Kindern. Ich mag das Leben am Land und engagiere mich im Dorfverband. Jahrelang war ich Obfrau unseres Hargelsberger Elternvereins. Es macht mir Spaß, Flohmärkte, Agapen, Buffets für Veranstaltungen etc. zu organisieren, die Leute zusammenzubringen und mich für das Gemeinwohl einzusetzen.

WENN ALTE LIEBE ROSTET

Warum Scheidungen nach langjährigen Ehen zunehmen und wie eine Trennung im reifen Alter zum Neuanfang werden kann, hat Kommunikations- und Konfliktberaterin Dorothee Döring in ihrem Buch „Späte Trennung“ thematisiert.

Text: Ulli Wright Fotos: Shutterstock

„Die Trennung einer Paarbeziehung ist immer mit Schmerzen verbunden. Egal, ob man verlassen wird oder verlässt.“

Autorin Dorothee Döring

Thomas Gottschalk und seine Frau Thea haben sich 2019 nach mehr als 40 Jahren Ehe getrennt. Maria Shriver reichte nach 25 Ehejahren im Alter von 56 Jahren die Scheidung von Arnold Schwarzenegger ein. Bill Gates und seine Frau Melinda haben nach 27 gemeinsamen Jahren via Twitter das Ende ihrer Ehe verkündet und erst kürzlich gaben Schauspielerin Maria Furtwängler und Verleger Hubert Burda nach 31 Jahren Ehe ihre Trennung bekannt. Aber nicht nur prominente Paare ziehen nach Langzeitehen einen Schlussstrich, auch hierzulande sind die Scheidungsraten bei Langzeitbeziehungen in den letzten Jahren stark gestiegen.

Scheidung mit 54 Jahren. An die Möglichkeit einer Trennung hatte Marika (54) nie gedacht. Es stand für sie außer Frage, dass sie mit ihrem Mann Jürgen zusammenbleiben wollte. Schließlich waren sie seit 25 Jahren durch dick und dünn gegangen und galten im Freundeskreis als Vorzeigepaar. Doch dann kam heraus, dass Jürgen schon viele Jahre eine Geliebte hatte und sich auf keinen Fall von dieser trennen wollte. Plötzlich musste Marika sich eingestehen, dass sie sich einiges schöngeredet und vieles ausgeblendet hatte. Tatsächlich hatten sie sich als Paar schon länger nichts mehr zu sagen. Nach einer zermürbenden Phase endloser Beziehungsgespräche beschloss Marika, die Scheidung einzureichen und sich mit 54 Jahren ein neues Leben aufzubauen. Kommunikations- und Konfliktberaterin Dorothee Döring in ihrem Buch „Späte Trennung“ auf, dass eine Trennung im reifen Alter zum Neuanfang werden kann. Denn der althergebrachte Spruch „Alte Liebe rostet nicht“ stimmt so nicht mehr. Rund 40 Prozent aller Ehen werden in Österreich geschieden. Während die Scheidungsrate zwar generell sinkt, steigt sie laut Soziologin Ulrike Zartler von der Universität Wien bei Paaren, die 25 Jahre oder länger verheiratet sind. „Graue Scheidung“ nennen Experten Scheidungen nach der Silberhochzeit, wenn man ernüchtert festgestellt hat, dass es keine Gemeinsamkeiten mehr gibt. „Soll das alles gewesen sein?“, fragen sich viele Langzeitpaare mit Blick auf die nächsten 20 Jahre, dabei wird häufig die Partnerschaft infrage gestellt.

Wenn die Gleichgültigkeit zunimmt, Wohlwollen und Wertschätzung fehlen, das sexuelle Interesse am anderen fehlt, man sich nichts mehr zu sagen hat oder das gegenseitige Vertrauen verloren geht, dann sollten laut Dorothee Döring die Alarmglocken schrillen. Denn wenn mehrere dieser Symptome auftreten, sind das meistens Warnsignale für ein sich abzeichnendes Ende einer Beziehung.

Routine als „Beziehungskiller“.

Die Geliebte ist schon lange nicht mehr der Hauptauslöser für spätere Trennungen. Neben überzogenen und enttäuschten Erwartungen kann bei Langzeitpaaren sehr oft Routine zum „Beziehungskiller“ werden, aber auch wenn die Kinder ausziehen oder einer der Partner in Pension geht, kann das Lebens- bzw. Beziehungskrisen auslöThomas Gottschalk und seine Frau Thea haben sich nach mehr als 40 Jahren Ehe getrennt.

sen. Denn der Trennung eines Paares geht laut Döring immer eine Beziehungskrise voraus. Die Partner spüren zwar schon länger, dass etwas nicht passt, versuchen aber, dieses Gefühl zu ignorieren und leben weiter wie bisher – mit dem Ergebnis, dass sie sich mehr und mehr voneinander entfernen. Zudem hat sich auch die Lebenserwartung der Menschen erhöht und die wirtschaftliche Situation im Allgemeinen verbessert. Außerdem ist späte Trennung kein Tabu mehr.

Vergangenheit loslassen. Dennoch ist eine Trennung immer mit einer großen Krise und Trauer verbunden, vor allem für jenen Partner, der verlassen wird. Gefühle wie Fassungslosigkeit, Panik, Zukunftsangst, Wut und Einsamkeit überwiegen. Aber auch für denjenigen, der die Beziehung beendet, kann die Trennung ebenso schlimm sein wie für den Verlassenen. Denn die Trennung einer Paarbeziehung ist immer mit Schmerzen für beide verbunden. Egal, ob man verlassen wird oder verlässt, Autorin Döring rät beiden Partnern zur Reflexion, denn nur so kann die Vergangenheit abgeschlossen werden. Weiters führt sie im Buch an, wie man Liebeskummer überwinden kann und wie wichtig Trauerarbeit ist. Denn um das Leben nach dem Scheitern einer langjährigen Beziehung der neuen Situation anpassen zu können, ist es notwendig, die Vergangenheit zu akzeptieren und loszulassen.

Chance für Neuanfang. Eine Trennung in reiferen Jahren ist deutlich belastender als in jüngeren Jahren und hat eine völlig andere Tragweite, da ein ganzes Leben dranhängt und es schwerer ist, sich ein neues aufzubauen. Bevor eine neue Zukunft möglich ist, muss man sich emotional aus der beendeten Beziehung lösen. „Um die Trennung und damit die neue Realität annehmen zu können, ist es oft hilfreich, eine Außenperspektive einzunehmen, zum Beispiel im Rahmen einer Supervision“, empfiehlt Döring. Wichtig ist auch, wieder zu sich selbst zu finden und eine gesunde Selbstbeziehung aufzubauen. Mit einem Neuanfang kann ein neuer Job, ein neues Hobby, ja sogar ein Studium verbunden sein.

Betrifft das ganze Familiensystem. BUCHTIPP Hilfreich sind vor allem Freunde, die einem zur Seite stehen. Außerdem gilt es auch, ein neues Miteinander in der Familie zu finden. Denn wenn sich ein Paar, das Kinder und Enkelkinder hat, nach Jahrzehnten trennt, betrifft es das gesamte Familiensystem. Als Paar gescheitert zu sein, bedeutet aber laut Dorothee Döring nicht zwangsläufig, den Kontakt zu Kindern und Enkeln zu verlieren. Wichtig ist, dass Paare durch ihre Trennung die Familie als Eltern oder Großeltern nicht verlassen und bei Familientreffen anwesend sind. Erwachsene Kinder Dorothee Döring werden in der Regel nicht applaudieren, „Späte Trennung. wenn sich ihre Eltern trennen, aber es ist Selbstbestimmt durchstarten mit 50+“, die Aufgabe der erwachsenen Familien- maudrich 2022, ISBN 978-3-99002-144-6 mitglieder, Lösungen zu finden, um ein (Print) ISBN 978-3-99111-631-8 familiäres Miteinander zu ermöglichen. (E-Pub) UVP € 18,90

Ambivalent. Eine Trennung nach vielen Jahren ist ambivalent, denn je nachdem, ob sie selbstbestimmt Nach 25 Jahren Ehe reichte Maria Shriver die Scheidung von herbeigeführt wurde oder ob

Arnold Schwarzenegger ein. Sie war damals 56 Jahre alt. man von der Trennungsentscheidung des anderen überrascht wurde, wird sie als Chance zum Neuanfang oder als Zerstörung des bisherigen Lebens empfunden. Dorothee Döring ist es gelungen, einen Ratgeber herauszubringen, der die Komplexität des Themas deutlich macht. Anhand vieler Fallbeispiele zeigt sie auf, dass eine späte Trennung mit Abschied, Verlustschmerz und Trauer verbunden ist, aber auch neue Räume für die Entwicklung freigibt. Hilfreich sind auch Angaben zu Ratgebern von Expertinnen und Experten, die sich mit diesem Thema befasst haben.