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SELBST PROBIERT: GLEITFLIEGEN

GLEITEN WIE EIN ADLER

Reporterin Gina Apitz ist im Selbstversuch Gleitschirm geflogen – und wäre am liebsten Stunden in der Luft geblieben.

Fotos: Wolfgang Sens, André Kempner Text: Gina Apitz

Der Sonne entgegen:

Tandempilot David Hünig und Copilotin Gina Apitz segeln sanft im Gleitschirm über die Felder bei Teuchern. D ie Sonne lacht vom Himmel über einer Wiese nahe des kleinen Orts Teuchern bei Weißenfels. Hier soll es gleich hoch in die Luft gehen, und zwar via Gleitschirm. Knapp 40 Minuten sind LVZ-Fotograf Wolfgang Sens und ich von Leipzig aus hierhergefahren. Allein abheben kann ich natürlich nicht und bin froh, dass mein Tandempilot David Hünig – Chef einer neuen Leipziger Gleitschirmflugschule – uns schon gemächlich entgegenläuft. Wir starten auf einem ehemaligen Agrarflugplatz. Davon ist allerdings nichts mehr zu erkennen. Vor uns liegt eine grüne Wiese, daneben ein Acker. Wir sind nicht die Einzigen, die heute abheben wollen. Eine Hand^voll Gleitschirmflieger hat sich auf der Wiese versammelt. Alle sind Mitglied im Luftsportverein Neuseenland. Man duzt sich. Das sei in dem Sport so, heißt es gleich zu Beginn. Für sie ist der Flug hier eine Premiere. Denn gestartet sind die Piloten bisher auf einer Wiese in der Nähe des Hainer Sees bei Kahnsdorf. Doch dort soll bald ein Solarpark entstehen. Kein Platz mehr für Gleitschirmflieger.

START PER SEILWINDE

Nico Zwicker – selbst im Vorstand des Vereins – hat heute eine wichtige Funktion. Er steuert die Seilwinde, die uns gleich in die Luft befördert. Ungefähr 400 Mal hat er das schon gemacht. Er selbst fliegt seit 2016 und ist zugegebenermaßen lieber in der Luft als am Boden. Das etwa 1000 Meter lange Seil wird langsam von der Winde gerollt und per Motorrad zum Startplatz gebracht. Während in den Bergen jeder Pilot selbst starten kann, sind im Flachland zwei weitere Helfer nötig, erklärt David. Einer muss die Seilwinde bedienen, der Startleiter den Flug des Piloten überwachen und am Schluss die Seile wieder zum Startpunkt bringen. Jetzt wird noch die Funkverbindung getestet. Dann geht es los. Am Startpunkt schleppt David den 38 Quadratmeter großen Schirm aus dem Auto aufs Feld. Der besteht aus Nylongewebe und reißfesten Kunststoffleinen. Das Material wird regelmäßig gecheckt und wenn nötig ersetzt, beruhigt David mich. Und im Notfall haben wir einen Ersatzschirm dabei. Dann heißt es für uns beide Helme auf und Gurte anlegen. Schließlich wird das Seil eingehakt, das uns gleich nach oben befördert. Obwohl es schon mein zweiter Gleitschirmflug ist, bin ich kurz vor dem Start ein bisschen aufgeregt. Der Startleiter gibt das Signal, dass es losgehen kann. Das Seil vorn an meinem

Gurt strafft sich. „Einfach hinterherlaufen”, gibt David noch einen guten Tipp. Und schon geht es mit einem Ruck vorwärts. Ein paar Schritte, dann heben wir vom Boden ab und gleiten recht rasant nach oben in die Lüfte. Ich lasse mich nach hinten in den Sitz fallen und genieße den Aufstieg. Auf etwa 150 Meter zieht uns das Seil nach oben, dann kappt David die Verbindung und wir schweben frei.

Nach dem rasanten Aufstieg, der bei mir ein leichtes Bauchkribbeln verursacht hat, ist das Gleiten in der Luft total entspannend. Dass wir an einem Schirm hängen, merke ich gar nicht. Ich komme mir vor wie ein Vogel, der sanft durch die Lüfte gleitet. Unter uns die Häuser von Teuchern, Felder, Bäume und Wiesen und in der Ferne der Tagebau Profen. Ewig könnte ich so gemütlich durch die Luft schaukeln. Doch ich merke, wir verlieren schnell an Höhe.

Schon nach ein paar Minuten geht es abwärts Richtung Wiese. David fliegt einen Bogen und wenige Sekunden später landen wir vergleichsweise sanft auf unseren Hinterteilen. Nur knapp fünf Minuten waren wir in der Luft. Für mich hätte es gern länger sein können. Doch die Thermik ist heute nicht optimal. „Die Luft ist relativ stabil geschichtet”, erklärt mein Pilot. Das erkenne man am grauen Dunstschleier am Horizont. Heißt: Die staubige feuchte Luft bleibt unten und kann nicht aufsteigen. Doch genau solche Aufwinde nutzen die Gleitschirmflieger und können dann auch im Flachland teilweise einige Stunden in der Luft bleiben. Für mich war es eher ein kurzes Vergnügen, aber trotzdem eins, das mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird. Fazit: Ein Tandemflug ist ein tolles Erlebnis für alle, die gern mal entspannt wie ein Vogel über die Landschaft gleiten wollen. David Hünig hat in Leipzig vor Kurzem eine Flugschule für Gleitschirmflieger gegründet. Er will die Sportart, die viele aus den Bergen kennen, im Flachland bekannter machen. Die Gleitschirmflieger nutzen Aufwinde, um in der Luft zu bleiben. Dafür ist besonders der Frühling als Jahreszeit geeignet. Hünig bietet Kurse für Gleitschirmfliegen an und Tandemflüge mit ihm als Piloten. Aktuell startet er auf Wiesen in der Nähe von Taucha, in Beilrode bei Torgau und in Teuchern bei Weißenfels.

Gleitschirm Flugschule, Lützner Str 19, 04177 Leipzig Telefon: +49 157 - 80 48 66 69 E-Mail: mail@davids-flugschule.de Mehr Infos unter davids-flugschule.de

FLUGSCHULE DAVID HÜNIG

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