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Der letzte Landgraf

Ferdinand

geb. 1783, gest. 1866, reg. 1848–1866

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Ferdinand war der wohl skurrilste unter den Homburger Landgrafen. Zeitgenossen bezeichneten den jüngsten Sohn von Friedrich V. Ludwig als „weiberscheu“, und so starb er, trotz der Eingabe seiner Untertanen, er möge doch bitte, bitte ein Ehebündnis schließen, ohne Nachkommen. Ferdinand war im Mannesstamm der letzte HessenHomburger, der letzte regierende Landgraf. Reichskanzler Bismarck nannte ihn in einem Brief gar „troddelig“, einige Zeitgenossen sagten Ferdinand Menschenhass und Weltverachtung nach, doch soll er sein kleines Reich milde und gerecht regiert und für die Sorgen und Nöte seiner Bewohner stets ein offenes Ohr gehabt haben. Wenn sie ihn im Schloss aufsuchten. Denn der Landgraf ließ sich angeblich nie auf den Straßen seiner Residenzstadt sehen. Das bunte, quirlige Leben des Kur- und Spielbetriebes stießen ihn ab. Ihm zog er einsame Spaziergänge durch den menschenleeren Schlosspark vor.

Ferdinand lebte, nur versorgt von einem Diener, wie ein Eremit. Er, der sich wie seine Brüder hohen Kriegsruhm im Kampf gegen Napoleon erworben hatte, widmete sich nach seiner Rückkehr nach Homburg vor allem seinen Leidenschaften: der Jagd, langen Spaziergängen und der römischen Geschichte im Taunus. Dazu passte auch, dass er im Schloss nur einen einzigen Raum nutzte, wenn Audienzen anstanden, er sein Leben aber in der Mansarde der Orangerie im Schlosspark verbrachte. Und die war äußerst spartanisch: Wohnraum, Schlafzimmer, Bibliothek – fertig. Die Möblierung sehr schlicht. Ein hölzerner Fußschemel entpuppte sich laut einer Reportage des Magazins „Die Gartenlaube“ von 1868 als „altes Rosinenkästchen vom Boden des Homburger Schlosses“. Der Stuhl vor dem Schreibtisch stand immer so, dass Ferdinand ins Grüne des Parks und auf das Wasserbecken in der zum Schlosseingang führenden Wegeachse blicken konnte.

Trotz dieser Zurückgezogenheit – Ferdinand regierte durchaus sein Ländchen. Wegen seiner eisernen Sparsamkeit fiel endlich die immense Schuldenlast ab. Als erzkonservativer Landesherr hatte er mit den revolutionären Bestrebungen um 1848 nichts am Hut. Auf Verlangen des Landes berief er zwar 1849 einen Landtag und vereinbarte mit ihm ein Jahr später eine Verfassung. Sie wurde indes nach zwei Jahren wieder aufgehoben. Er verhinderte sogar, dass der schon vielfach verwendete Titel „Bad“ für Homburg offiziell wurde. Dieser bedeute eine Schmälerung seiner Residenzstadt und seines eigenen Titels, befand er. Der letzte Homburger Landgraf starb im Alter von 83 Jahren und fand seine letzte Ruhe in der Familiengruft unter der Schlosskirche – auf dem letzten noch freien Platz, heißt es. (es)