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Gedanken und Stories in Bilder und Körpersprache übersetzt KINSUN CHAN

Es ist keine Frage, es gibt keine Zweifel: Wir verlieren mit Kinsun Chan einen wahren Meister, einen Handwerker und einen Philosophen, einen Poeten sowie einen Entwickler. Er hat uns zusammen mit der Tanzkompanie gezeigt, was zeitgenössischer Tanz vermag. Immer gelang es ihm, mit seiner Tanz-Sprache Herzen zu berühren und Geschichten zu erzählen.

Wir Zuschauenden wurden aufmerksam auf all die Tanz-Inputs, Tanz-Geschichten und Tanz-Aufführungen. Und wir wollten mehr. Und wir bekamen mehr. Kinsun Chan hat die Sprache des Tanzes in dieser Zeit weiterentwickelt, und wir wurden mitgenommen, angeleitet, aufgefordert und fast so etwas wie «süchtig».

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Eigentlich nicht so verwunderlich: Aus Kanada kommend, in den USA ausgebildet in Kunst, Grafik-Design und Tanz war er dann in verschiedenen renommierten Tanz-Ensembles dabei. Parallel baute er seine Karriere mit verschiedenen Produktionen als Choreograf auf.

In Hannover, Antwerpen, Hongkong und in vielen anderen Tanzstätten und Bühnen dieser Welt wirkte er mit. Dann, seit der Saison 2019/2020, lernten wir ihn hier in St.Gallen besser kennen. Schon bevor er als Choreograf startete, hat er als Gast hier gewirkt: Er gestaltete die Bühne sowie die Kostüme bei Orfeo et Euridice , er zeichnete verantwortlich für die Ausstattung bei Verzockt und kreierte Bilder für die Bühne bei Sieben . Es ist beeindruckend, auf wie vielen verschiedenen Ebenen er wirkte. Überall zu finden ist seine Kreativität, mit welcher er es schafft, Gedanken und Stories in Bilder zu fassen, in Körpersprache umzusetzen. Er lässt uns teilhaben am Prozess des sich Manifestierens von «körpergewordener Vision».

Lieber Kinsun Chan: Wir danken dir herzlich für deine Vielfalt, für dein Hineinfinden in die St.Galler Welt und dein Mitgestalten der Tanz-Szene in und um St.Gallen.

Du zeichnetest denn auch verantwortlich für die Eröffnungspremiere von Steps: Wonderful World mit Martin Zimmermann (2022).

Wir Ostschweizer*innen brauchen Inspiration von aussen. Dann sind wir happy und bereit, auch über uns hinauszuwachsen, und bekommen Sehnsucht, die grosse (in diesem Fall Tanz-)Welt zu entdecken. Danke. Es waren viele Produktionen in diesen vier Jahren. In guter Erinnerung bleiben die ersten beiden: Rain in der Lokremise und Coal, Ashes and Light auf der grossen Bühne. Auszugsmässig erwähne ich hier folgende Stücke – alle für die grosse Bühne geschrieben:

– Cinderella – Interpretation des Aschenputtelmärchens als Erzählung in den 50er-Jahren

– The Banquet – Lauf des Lebens anhand von Shakespeares Alle Welt ist Bühne

– Jupiter und Venus – Zweiteiliger Tanzabend mit den Themen Lebensweg, Entscheidungen im Leben, Ironie und Humor, das Leben leicht nehmen

Es sind Berührungspunkte von Herz und Verstand, von Körperlichkeit und inneren Bildern, die du immer wieder zu einem Ganzen verweben kannst. Du ziehst uns Zuschauende in deine Produktionen förmlich hinein – wir leiden mit, wir freuen uns mit, wir tanzen innerlich. Deine Schaffenskraft zieht immer grössere Kreise – und bald wirst du in Dresden Ballettdirektor sein. Viel Glück und alles Gute jetzt schon.

RAW : In diesem Format ermöglichte Kinsun Chan, das Handwerk der Choreografie weiterzugeben – junge Menschen durften darin selber choreografisch tätig werden und damit Grenzen ausloten und Erfahrungen sammeln, inklusive der Zusammenarbeit mit der AusstattungsAbteilung, dem Lichtdesign und anderen Abteilungen.

Corona: Diese Zeit war auch für den Tanz äusserst anstrengend und einschneidend. Die Kreativität hat auch hier ihren Dienst geleistet: Pause+play (2020) gab uns Zuschauenden kleine Ausblicke im Park in dieser schwierigen Zeit – und waren für die künstlerische Tätigkeit der Tanzkompanie kleine Lichtblicke. Besonders sei hier eine spartenübergreifende Produktion erwähnt: Sommerträume , eine Videoreihe im ersten Coronajahr, in der jeweils zwei Künstlerinnen und Künstler in einer Fortsetzungsreihe die Sehnsüchte und Träume eines Sommers thematisierten. Weiter gibt es auf YouTube das Kurzvideo 720° – zu Ehren des Paillard-Gebäudes, in welchem unmittelbar danach die Bauarbeiten begannen.

Nicht genug: Während der Jahre hier in St.Gallen hat Kinsun Chan immer wieder Gelegenheiten genutzt und Gastengagements in ganz Europa ausgeführt.

Kinsun Chan hat uns mit seiner unbändigen Kreativität und Gestaltungskraft oft verzaubert, hat uns Welten eröffnet, hat vom Kostüm über Licht bis zum Bühnenbild für wunderbare Visionen gesorgt. Wir sind dir sehr dankbar.

«Alles Gute» rufen wir dir zu und «auf ein Wiedersehen» .

Gabriela Manser Verwaltungsrätin Genossenschaft Konzert und Theater St.Gallen