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Persönliches aus den Elbvororten
Sagen Sie mal …
… Norman Raddatz, Oberleutnant der Bundeswehr in Hamburg „Ich suche eine Antwort“
Norman Raddatz war dreimal im Afghanistan-Einsatz, zuletzt 2018 als seine Frau schwanger war. Vor Ort bildete er die afghanische Polizei aus. Zurück in Deutschland ging er in eine ganz andere Art Einsatz.
Herr Raddatz, waren Sie von der Mission in Afghanistan überzeugt?
Grundsätzlich ja. Ich begann meine Auslandserfahrung mit der Ausbildung der afghanischen Sicherheitspolizei. Von dieser Arbeit war ich überzeugt.
Worin bestand Ihre Aufgabe genau?
Unser primärer Auftrag war 2009 die Ausbildung der afghanischen Nationalpolizei. Das muss man sich so vorstellen: Wie auch bei uns werden dort vor Ort Polizeikräfte herangezogen – dort in sehr jungem Alter. Sie wurden von uns in einem Trainingscamp ausgebildet. Man kann das mit einer Grundausbildung vergleichen. Danach wurden sie auf die Straße entsandt und von uns bei allen Polizeiaufgaben begleitet, sei es auf der Straße, aber auch bei der Bürokratie.
Wie war die Situation vor Ort für Sie?
Für mich war alles neu und ich kannte den Auftrag im Grunde nur aus Erzählungen. Vor Ort war es dann sehr friedlich, ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte – auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den AfEs war nicht klar, ob ich zur Geburt wieder zurück bin, aber ich kam zwei Wochen vorher heil an.
ghanen. Hier trafen schließlich zwei völlig verschiedene Kulturen aufeinander. Alle waren sehr herzlich zu uns. Das hatte ich so nicht erwartet. Die Afghanen waren gewillt zu lernen. Man hatte den Eindruck, dass sie etwas verändern wollten und haben sehr gut mit uns zusammengearbeitet.
Zur Zeit Ihres letzten Auslandseinsatzes war Ihr erstes Kind auf dem Weg. Wussten Sie, ob Sie zur Geburt wieder zurück in Deutschland sind?
Tatsächlich nicht. Im Januar 2018 erfuhren wir, dass wir Eltern werden. Ende Januar bekam ich dann einen Anruf mit dem Auftrag, nach Afghanistan zu gehen – relativ kurzfristig. Parallel stand auch noch unser Umzug an. Es war nicht so einfach, das mit meiner Frau zu besprechen, denn der Einsatz sollte schon drei bis vier Wochen nach dem Anruf losgehen. Letztendlich bin ich dann runtergegangen, auch wegen meines Anspruchs an mich selbst. Der „Auftrag“ meiner Frau war es dann, den Umzug durchzuführen, was vor dem Hintergrund auch für mich nicht unbedingt einfach war.
FOTO: BUNDESSWEHR / LKDOHH
Norman Raddatz hat der Einsatz geprägt. Er denkt viel an die afghanische Bevölkerung. Konnten Sie die Schwangerschaft irgendwie mitverfolgen?
Teils. Da gab es eine ganz witzige Begebenheit. Meine Frau wollte das Geschlecht unseres Kindes nicht vor der Geburt wissen, ich aber schon. Also hat es die Gynäkologin auf einen Zettel geschrieben und mir diesen dann per Post zukommen lassen.
Sie sagten, Sie wussten nicht, ob Sie rechtzeitig zur Geburt Ihres Kindes zurück sind. Woran lag das?
Bei jedem Einsatz gibt es einen „Out-Termin“. Wir waren in Afghanistan bei diesen Terminen sehr auf die Amerikaner angewiesen – hatten also keinen direkten Einfluss darauf. Ich wusste lange nicht, ob der Out-Termin klappt. Aber ich wurde planmäßig ausgeflogen.
Bei Ihrem Beruf besteht ein hohes Risiko. Wie war denn der Gedanke, dass Sie vielleicht gar nicht zurückkommen, auch für Ihre Frau?
Man muss sich klar damit auseinandersetzen, nicht nur für den Fall, dass man nicht zurückkommt, sondern auch für den Fall, dass sich Persönlichkeiten verändern. Wir haben uns ganz konkret damit auseinandergesetzt. Das war mir sehr wichtig. Das Allerwichtigste in dieser Zeit war mir aber zu wissen, dass zu Hause alles funktioniert. Ich habe ganz starken Rückhalt von meiner Frau erhalten, die mir in Telefonaten berichtete, dass alles in „Das gab mir den nötigen Halt und half, mich auf den Einsatz zu konzentrieren.“ Ordnung sei und ich mich um nichts sorgen müsse. Und sie hat ihrerseits viel Unterstützung von Freunden erfahren, auch beim Umzug.
Mein bester Freund hat zweimal wöchentlich zwei Stunden Fahrt auf sich genommen, um die schweren Einkäufe und so weiter zu machen. Das gab mir den nötigen Halt und half, mich auf den Einsatz zu konzentrieren.
Andere haben diesen Rückhalt vielleicht nicht. Ist es da verantwortbar, jemanden in Ihrer age in den Einsatz zu schicken?
Da kann ich nur für mich sprechen. Wenn ich mit meinem militärischen Vorgesetzten bespreche, dass da etwas ist, das mich im Einsatz ablenken würde, dann muss ich es sagen, denn ich habe nicht nur die Verantwortung mir gegenüber, sondern auch gegenüber meinen Kameradinnen und Kameraden. Dann gibt es Möglichkeiten, die Probleme mit dem Dienstherrn aus dem Weg zu schaffen, oder ich gehe nicht.