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Führungsquartett wurde zu Euro-Millionären
Beispielloser, einmaliger Deal zwischen der Leykam Medien AG in Graz und dem großzügigen ÖGB Führungsquartett wurde ohne Risiko zu Millionären
Belegschaft musste Einsparungen bei Löhnen und Urlauben hinnehmen
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Wie der ÖGB, sprich die Verantwortlichen Fritz Verzetnitsch und Günther Weninger, mit den ihnen anvertrauten Geldern der Mitglieder umgingen, wie die BAWAG-Führung arbeitete, ist sicher einmalig. Zigmillionen Euro wurden verschleudert, in den Sand gesetzt und treiben die BAWAG und den ÖGB nun an den Rand des Ruins. Wie Ex-BAWAG-General Helmut Elsner bekamen auch Steirer die Großzügigkeit des ÖGB beim Geldausgeben - auf angenehme Weise - zu spüren. Nutznießer waren in diesem Fall die im SP-Mehrheitsbesitz befindliche Leykam Medien AG in Graz und deren Führungstrio sowie ein Manager in Diensten des ÖGB.
Im Zuge der Fusionierung der Leykam-Druck-Töchter in Graz, Wiener Neustadt und Maribor und der ÖGB-eigenen Druckerei Elbemühl Tusch in Neudörfl zur neuen Gesellschaft „Let’s Print“ mit Holding-Sitz in Graz flossen im Jahr 2003 viele Millionen Euro. Das Ja kam vom erst kürzlich zurückgetretenen ÖGBFinanzreferenten Günther Weninger. Vorgestern noch war das Führungsquartett ohne Vermögen, nun verfügt es für wenig Geld über einen Unternehmenswert von rund 16 Millionen Euro – etwa 240 Millionen Schilling! Verständlicher Jubel daher bei den gut bezahlten Leykam-Managern Alfred Annawitt, Michael Steinwidder und Jörg Tinnacher und Anton Schubaschitz von ExElbemühl-Tusch. In der Öffentlichkeit ist das Quartett unbekannt, nicht in der DruckereiBranche. Durch die ausgehandelte Fusion mit der ÖGB-Druckerei machte sich das Quartett binnen kurzer Zeit zu Euro-Millionären. Der Belegschaft in Graz und an anderen Standorten hatten sie Gehaltseinsparungen auferlegen müssen, da die Marktsituation dies erforderte, heißt es z.B. in einer Hausmitteilung von Leykam in Graz.
Nur bei sich selbst nicht gespart …
Glücksengerl waren unterwegs
Nein, natürlich haben sich die Herren Manager nicht auf dreiste Art aus der Konzernkasse bedient oder gar gegen das Strafgesetz verstoßen, sondern die Glücksengerl waren ihnen auf andere Weise hold und sie unterstützten diese auch. Doch der Reihe nach: Als Minderheitsgesellschafter einer LeykamTochter, der Tiskarna in Slowenien, hatten sie im Jahre 1994 für 26 Prozent der Gesellschaftsanteile nur läppische 36.000,- Schilling (rund 2.700,- Euro) einbezahlt. Durch die Fusion mit der ÖGB-Druckerei wurden ihre Anteile über Nacht, laut Expertenpapier, zumindest 1,8 Millionen Euro wert. Also eine Wertsteigerung um das 700-Fache. Das darf man sich ruhig auf der Zunge zergehen lassen. Und das ohne wirkliches zusätzliches persönliches Risiko, denn Annawitt, Steinwidder und Tinnacher waren als Manager mit Gehältern von jährlich bis zu 200.000,- Euro in der Leykam Medien AG bestens abgesichert und jetzt in der Let’s Print. Informiert und eingeweiht in den Deal waren– dafür gibt es Belege - der ehemalige SPÖ-Chef Peter Schachner und sein Nachfolger in der Partei, der heutige Landes-
LH Franz Voves und Peter Schachner (rechts) waren über den Deal informiert, fanden kein Haar in der Suppe. Vorgeschlagene Marschroute bei Fusion.

hauptmann Franz Voves. Sie sind ja so zusagen die ranghöchsten Eigentümer-Vertreter der Leykam Medien AG, die sich im Besitz der SPÖ befindet. Einer der ersten, der aufgrund seiner guten Nase und Verbindungen den einträglichen Millionenbraten für die Führungscrew von Leykam roch, war Kurt Oktabetz. Als Generaldirektor der Leykam war er bereits Ende 1997 in den Ruhestand getreten und daher an all den Vorgängen nicht mehr beteiligt. Er soll aber die Verantwortlichen inoffiziell informiert haben - darunter auch seinen Schwager Peter Schachner. Doch kaum jemand kümmerte sich wirklich um die Sache und hörte zu, denn die Verantwortlichen in der Politik waren alle mit dem so genannten „ESTAGSkandal“ befasst.
Goldgrube LeykamTochter in Slowenien
Anfang 1994 überlegten der damalige Generaldirektor Kurt Oktabetz und sein Prokurist Alfred Annawitt, zuständig für die Druckerei, einen Standort im Osten zu suchen. Oktabetz streckte seine Fühler nach Ungarn aus, Annawitt wurde in Slowenien fündig. Die slowenische Tageszeitung Vecer mit einer Auflage von rund 40.000 suchte einen Drucker, der ihr Blatt vierfärbig herstellen konnte. Die Leykam Medien AG war dazu in der Lage. Damit war der erste große Fisch an Land gezogen und die geplante Druckerei hatte eine Grundauslastung. Der Aufsichtsrat der Leykam sagte ja, genehmigte auch die Minderheitsbeteiligung für das Management. 26 Prozent erhielt das Quartett Annawitt, Steinwidder, Tinnacher und Heschl. Letzterer ging Jahre darauf in die Pension und verkaufte seine Anteile die übrigen Gesellschafter. Die Finanzierung des Projektes mit einem Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Schilling (in etwa 3,5 Millionen Euro) erfolgte über die staatliche Finanzierungsgesellschaft (FFG). Diese hatte keine Bedenken, da ja im Hintergrund mit dem Leykam Konzern ein erfahrener Mehrheitseigentümer entstand.
Kein Risiko für Manager
Um den Druck des Vecer und damit die Existenz der Druckerei in Slowenien abzusichern, begannen Annawitt und Co. mit dem Kauf von Aktien des Vecer. Der Druckvertrag war auf 10 Jahre abgeschlossen worden und man wollte ihn auch für die kommende Zukunft erhalten. Aus diesem Grund taten Annawitt und Co. alles, um Aktienanteile am Vecer in Slowenien aufzukaufen. Die Leykam setzte dafür rund 3 Millionen Euro ein und hielt zu einem bestimmten Zeitpunkt sogar 27 Prozent der Anteile. Der gewollte Einfluss im Aufsichtsrat und in der Führung kam allerdings nicht zustande, die Slowenen blockten ab. Dies führte dazu, dass man sich bis auf 7,3 Prozent von den Aktien wieder trennte. Die Entscheidung von Leykam für den Kauf von Anteilen am Vecer stärkte indirekt auch den Wert der Anteile von Annawitt und Kollegen, die allerdings dabei kein zusätzliches Risiko eingehen mussten. Ohne Vecer-Auftrag wäre die Tiskarna schwer lebensfähig gewesen. Der Ankauf der Aktien wurde von Annawitt und Kollegen dem Aufsichtsrat vorgeschlagen. Das alleinige Risiko übernahm die Leykam Medien AG. Worüber sich die Bel e g s c h a f t s v e r t r e t e r und die Belegschaft am Standort ärgerten: dass das Management des Konzerns vermehrt Arbeiten, die in Österreich und Deutschland ihre Auftraggeber hatten, nach Slowenien weitergaben. Das interne Argument dafür: Die Kosten dort wären dort für den Konzern günstiger. Damit stärkten Annawitt und Kollegen den Standort Graz gerade nicht. Das bekamen - wie früher schon erwähnt - die Mitarbeiter durch Rationalisierungsmaßnahmen und Gehaltsreduktionen zu spüren. Der Vorwurf sei nicht gerechtfertigt, so das Duo Annawitt-Steinwidder. Nach ihren Angaben würden 87 Prozent der Druckaufträge aus Slowenien selbst kommen.

Atemberaubend nur in Slowenien
Wer die Verrechnungsmöglichkeiten von Konzernen und deren Tochtergesellschaften im Ausland kennt, der weiß, dass es hier einen großen Spielraum gibt. Erlöse, Papiereinkauf, Kosten usw. kann man dementsprechend hin und her fakturieren, Gewinne und Erträge damit verschleiern aber auch verschieben. Diese Möglichkeiten nützte auch Leykam bzw. nützte das Management Annawitt, Steinwidder und Co. Mit dem Erfolg, dass die slowenische Tochter vom Management geführt gewaltig aufblühte, an der das Management zu ca. 22 Prozent beteiligt war, nach dem Ausstieg eines Minderheitsgesellschafters. Der Leykam Konzern, für den das Management ebenfalls die Verantwortung trug, machte in dieser Zeit keine derartig atemberaubende Wertsteigerung mit.
Die große Stunde im Jahr 2003
Im Jahr 2002 begannen die Fusionsgespräche mit der Elbemühl Tusch. Der damalige Leykam-Vorstand
Hans Joachim Ressel, vormals auch Finanzlandesrat des Landes Steiermark, hatte als alter Gewerkschafter die Kontakte zum mächtigen Finanzreferenten Weninger hergestellt. In der Folge übernahmen allerdings Annawitt, Steinwidder und Co. die Regie bei den Gesprächen. Ressel schied im Sommer 2003 aus, zuvor hatte es aber heftige interne Konflikte mit seinem Kollegen Annawitt gegeben. Bei der Aufteilung der künftigen Gesellschaftsanteile in der neuen Gesellschaft „Let’s print“ spielte plötzlich die Tiskarna eine große Rolle. Mehr noch: Die Minderheitsanteile von Annawitt, Steinwidder und Co. wurden gleichsam zum Zünglein an der Waage. Denn die neue Gesellschaftergewichtung lautete: 48 Prozent Leykam AG, 7 Prozent Leykam-Management, 45 Prozent Pontes (ÖGBHolding mit Anton Schubaschitz). Im Jahr 2004 wollte sich der ÖGB von den restlichen 26 Prozent trennen. Als die SPÖ-Granden Franz Voves und Peter Schachner von der gewerkschaftseigenen Gesellschaft Pontes für die Leykam diese kaufen und sich damit die Mehrheit sichern wollten, staunten sie nicht schlecht. Sie mussten erfahren, dass die Pontes diese Anteile an das Management weitergeben wolle. Wiederum sollten Annawitt, Steinwidder, Tinnacher und Schubaschitz die Profiteure sein. Nach langem Hin und Her kam es zu einem Kompromiss, die SPÖ erhielt über ihre Stiftung „Zukunft Steiermark“ zumindest 13 Prozent. Mit ihren Anteilen an der Let’s Print haben sich Annawitt und Kollegen praktisch unkündbar gemacht. Denn als Gesellschafter stehen ihnen ein Vorstandssitz und Aufsichtsratsmandate in dieser zu. v
Großzügiger ÖGB - eine teure Trennung
Da soll noch einer sagen, rote Manager können nicht wirtschaften (nicht zuletzt für die eigene Tasche). Das Führungstrio der steirischen Leykam AG und ein dem ÖGB verpflichteter Manager zahlen wenig bis gar nichts für die Minderheitsanteile an Konzernfirmen ihrer Dienstgeber. Alfred Annawitt, Michael Steinwidder, Franz Tinnacher und Anton Schubaschitz gehören nach einer Fusion über komplizierte, vertrauliche, private Stiftungen plötzlich knapp 40 Prozent von Let’s Print, dem größten österreichischen Druckereikonzern. Ihr Anteil am Unternehmenswert wird auf rund 16 Millionen Euro geschätzt, mit stark steigender Tendenz. Den ÖGB kostete die Fusion zwischen 11 und 14 Millionen Euro. Nutznießer war vor allem das clevere Führungsquartett. Um die Dimensionen zu erkennen, eine branchenübliche Rechnung: Rund 200 Millionen Euro setzt der Druckkonzern Let’s Print jährlich um. Bei Druckereien kann man von einem Ertrag pro Jahr von ca. 4 Prozent ausgehen. Rechnet man diese Erlöse in eine 5-Jahres-Prognose ein, so betragen sie etwa 40 Millionen Euro (560 Millionen Schilling). Unverständlich und aufklärenswert: Der ÖGB trennte sich mit seinem 45-Prozent-Anteil an der Let’s Print von rund 18 Millionen Euro Unternehmenswert (240 Millionen Schilling) zu einem Spottpreis. Die steirische Leykam Medien AG wiederum ließ es zu, dass sein Spitzenmanagement heute knapp 20 % an der Let’s Print hält. Das entspricht einem Unternehmenswert von 8 Millionen Euro (120 Millionen Schilling). „Und wofür eigentlich haben die Herrschaften das erhalten?“, fragt ein Betriebsrat sich. Wie alle übrigen Mitarbeiter haben Annawitt, Steinwidder, Tinnacher und auch Schubaschitz ihren Job gut gemacht. Sie erhalten dafür bis zu 200.000,- Euro jährlich als Gehalt mit Sonderzahlungen. Ohne die gute Arbeit der übrigen Mitarbeiter im Konzern – sie mussten allerdings Lohnkürzugen hinnehmen – wäre die Fusion nicht möglich gewesen. Die Letztverantwortlichen bei dem Mega-Deal, auf steirischer Seite, Peter Schachner und Franz Voves, haben „in dieser Suppe kein Haar gefunden“. Im Land tobt ein Kampf um Lohn- und Gehaltsgerechtigkeit. Die Sozialdemokratie und der ÖGB betonen bei jeder Gelegenheit: „Wir kämpfen für gerechtere Einkommen.“ Wie passen Gehalts- und Urlaubskürzungen in einem SPÖ-dominierten Unternehmen damit zusammen (siehe Hausmitteilung)? Personalpolitik mit der Dampfwalze, ganz im sozialkapitalistischen Stil, gab es auch kürzlich im Dezember des Jahres 2005. Da musste das mittlere Management ersatzlos, ohne Gegenleistung der Geschäftsführung, auf sämtliche Resturlaube aus den vergangenen Jahren verzichten. Motto: Jeder müsse Opfer bringen. „Ich will nicht verschweigen, dass man sich bei einer solchen Vorgangsweise hineingelegt und hintergangen fühlt“, erklärt der Betriebsrat und Mitarbeiter Max Mustermann (Name von der Redaktion geändert). Sein Nachsatz: „Annawitt und Co sowie Schubaschitz und Co könnten die „eingesparten“ 80 000 bis 90 000 Euro locker aus ihrer Portokasse spenden. ❖

Aktionärsstruktur der Let’s Print Holding AG
Aktionär Anzahl der Aktien in %
Leykam Medien AG 45,6%
Media Süd-Ost Beratungs- und Beteiligungsges.m.b.H. Nfg. & Co. KG (Konzerngesellschaft der Leykam Medien AG) 2,4%
TSB Troubleshouting und Beteiligungsverwaltungs-AG (Mag. Schubaschitz)* 26,0%
ASTZ Beteiligungs GmbH. (Leykam Management und Zukunft Steiermark Privatstiftung)* 26,0%
Weibliche Mörder
Furchtbar feminin. Wenn Frauen morden
Copyright: Militzke Verlag
Frauen, die morden, schockieren die Gesellschaft. Mörderinnen verletzen die Vorstellung von der Frau als Mutter und Lebensspenderin, die zart, passiv und friedlich ist. Doch Frauen töten, wenngleich die Zahl der überführten Täterinnen deutlich hinter der männlicher Mörder zurücksteht. Der Frauenanteil bei Tötungsdelikten pendelt seit Einführung der Kriminalstatistik um 15 Prozent. Woran liegt es, dass die Frauenquote bei Mord so niedrig ist? Hängt dieser Umstand mit dem weit verbreiteten Bild zusammen, dass Frauen eben nicht, oder nur unter ganz bestimmten Umständen, morden und deshalb gar nicht erst unter Verdacht geraten? Produziert somit die gesellschaftliche Vorstellung von der nicht gewalttätigen Frau ihren eigenen Beweis? Oder begehen Frauen deshalb weniger schwere Straftaten, weil sie – ob aufgrund von Erziehung oder biologischen Gegebenheiten – weniger aggressiv sind als Männer und durch ausgeprägtere kommunikative Fähigkeiten bei Problemlösungen nicht so leicht zur Gewalttätigkeit neigen? Sind Frauen also die besseren Menschen? Oder fehlt ihnen schlicht die Kraft, sind sie körperlich generell schwächer als Männer?
Das schwache Geschlecht?
Was lässt sich zu dem Argument vorbringen, dass Frauen seltener morden, weil sie einfach schwächer sind als Männer? Zunächst ist zu bemerken, dass man diesen Sachverhalt nicht verallgemeinern darf. Junge Frauen können beispielsweise durchaus kräftiger sein als Greise oder Kinder. Die körperliche Unterlegenheit von Frauen zeigt sich allerdings daran, dass Mörderinnen häufig zusammen mit Männern töten und die Frauen in diesen Fällen überdurchschnittlich oft zwar als das treibende Element und Anstifterin verurteilt werden, die Schmutzarbeit aber dem Komplizen überlassen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Quote so genannter „nicht tödlicher Tötungsdelikte“ bei weiblichen Tätern 54 Prozent beträgt, also mehr als jedes zweite Opfer überlebt. Bei männlichen Tätern sterben dagegen fast zwei Drittel.
Morden Frauen anders?
Natürlich ist die Auswahl der Geschichten mordender Frauen, die in diesem Buch vorgestellt wurden, nicht repräsentativ. Dennoch die Frage: Welche Aussagen über Mörderinnen lassen die beschriebenen Fälle zu? Es zeigt sich, dass Frauen häufig im Nahbereich töten, besonders ihre eigenen Kinder oder Partner. Gerade dies wird als besonders brutal und herzlos empfunden, resultiert aber daraus, dass von diesen Personen (dem Ehemann oder Partner) für Frauen auch heute noch die größte Bedrohung ausgeht bzw. die eigenen Kinder einfach auch körperlich leicht zu überwältigende und verfügbare Opfer sind. Serienmörderinnen im eigentlichen Sinn konnten dagegen nicht entdeckt werden, auch wenn einige Fälle gewisse Merkmale des klassischen Serienmordes aufwiesen. Frauen begehen zwar durchaus multiple Mordtaten, jedoch passen die Täterinnen nicht recht zu den anhand von Männern entwickelten Täterprofilen. Darüber hinaus ist Stephan Harbort zuzustimmen, der als weibliche Tatziele Selbstschutz, Selbstachtung, Selbsterhaltung nennt. Dies ist besonders in den traurigen Fällen deutlich geworden, in denen Frauen ihre sie misshandelnden Ehepartner töteten. Das Merkmal der Gewalt zieht sich durch das Leben der allermeisten Mörderinnen. Meist wurden sie bereits als Kinder geprügelt; oftmals setzte sich dieses Muster in ihrer Ehe fort. Dem konnten sie sich dann nur durch erneute Gewalthandlungen entziehen, andere Wege der Konfliktlösung hatten sie nie gelernt. Die Justizpraxis ließ erkennen, dass in der Vergangenheit bei weiblicher Kriminalität Sachverständige und Richter verstärkt mit moralischen Kategorien argumentiert haben und nicht die eigentliche Tat, sondern den Charakter der Delinquentinnen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellten. Dabei griffen die Autoritäten gern auf verbreitete Vorstellungen der kriminogenen weiblichen Sexualität zurück. Dies entsprang dem tief sitzenden Bedürfnis, das als so ungewöhnlich angesehene Benehmen von Verbrecherinnen – besonders gewalttätiges Verhalten – irgendwie zu erklären, ohne die postulierten großen Unterschiede zwischen Mann und Frau zu verwischen. Kriminelle Taten von Frauen durften nicht die gleichen Ursachen wie von Männern begangene Verbrechen haben. Daher musste als Erklärung die oft von den männlichen Experten als so anders und darum auch faszinierend empfundene weibliche Sexualität herhalten, denn die Unterschiede auf diesem Gebiet ließen sich nur schwer widerlegen. Außerdem ist zu beachten, dass bei den allermeisten hier vorgestellten Fällen Männer – als Anwälte, Staatsanwälte, Richter, Sachverständige und Journalisten – über Frauen urteilten. Dass Frauen verstärkt in diese einflussreichen Positionen vordringen, ist eine relativ junge Entwicklung. Die sich männlich manifestierende Obrigkeit, aber auch die Meinungsbildner beurteilten die ihnen überantworteten Personen auch aus einer Geschlechterperspektive: delinquente Männer waren immerhin Geschlechtsgenossen, ihr Verhalten erschien den sie be- und verurteilenden Männern vielleicht nachvollziehbarer als das Gebaren weiblicher Beschuldigter, die eher das viel postulierte „Rätsel Weib“ bestätigen. Jedoch scheinen klassische Erwartungen an das Verhalten von Frauen – denen Gewaltkriminalität nach wie vor widerspricht – sich nicht in gleichem Maße verändert zu haben. Aktuelle Fälle z.B. des Haustyrannenmordes zeigen, dass die Befreiung und Selbstverwirklichung der Frau längst nicht so weit fortgeschritten ist, wie es manchmal offiziell scheinen mag. Andererseits sind Klischees langlebig, weshalb sich die verunglimpfende Vorstellung vom vergnügungssüchtigen Flittchen unterschwellig ebenso gehalten hat wie das Gegenbild, die treu sorgende Hausfrau und Mutter. Festzuhalten bleibt, dass Frauen nicht aufgrund ihres Geschlechts anders morden als Männer, sondern die Unterschiede in ihrem kriminellen Verhalten mit den verschiedenen existenten Rollenbildern und Lebenswelten erklärbar sind. Männer töten beispielsweise ihre Kinder seltener, dafür verlassen sie öfter ihre Familie und verweigern den Unterhalt. Kindstötungen kommen heute zwar noch vor, sind jedoch zurückgegangen. Gattenmorde nahmen dank liberalerer frauenfreundlicherer Scheidungsgesetze ab. Zu erwarten wäre mit der zunehmenden Verwischung der Geschlechtergrenzen nun jedoch eine Zunahme von Serientötungen durch Frauen oder ein Anstieg der Mädchenkriminalität. Ersteres scheint in den USA zu passieren, Letzteres zumindest in einigen deutschen Großstädten bereits spürbar zu sein. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts ist einiges unternommen worden, die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu verbessern und sie der des Mannes anzunähern. Dies ist zumindest teilweise auch im kriminellen Verhalten der Frauen erkennbar geworden. ❖

„Furchtbar feminin“ – berüchtigte Mörderinnen des 20. Jahrhunderts

LILLY LOTTERBLUME

Hallo meine Lieben!
Ich komme erst jetzt so richtig zum Schreiben, weil mich unser Allerjüngster wieder einmal richtig genervt hat. Er besteht unbedingt darauf, dass er bei einem Besuch bei Freunden seine Jeans trägt, wo der Hintern bis zu den Knien runterreicht. Er findet das cool, ich nicht, sondern sogar scheußlich. Es sieht aus, als hätte er eine volle Hose, und da krieg’ ich fast die Krise.
❖ Eine solche scheint sich auch im Landtagsklub der SPÖ abzuzeichnen. Dessen Anwalt hat namens der SPÖ beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz eine Rufschädigungs- bzw. Ehrenbeleidigungsklage eingebracht. Vor den Kadi müssen daher die steirischen ÖVP-Politiker Christopher Drexler und dessen Landtagskollege Bacher. Sie hätten mit ihren Aussagen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss für das LKH West den Vorwurf von Korruption und Parteienfinanzierung zugunsten der SPÖ in den Raum gestellt, regt sich die SPÖ auf. Eine in der Landespolitik bisher wohl eigenartige Vorgangsweise, schenkten sich doch alle Parteien im vergangenen Wahlkampf nichts, attackierten einander auf wildeste Art mit allen erdenklichen Untergriffen. Die Vorwürfe von Christopher Drexler und Landtagsabgeordneten Bacher hätten aus Sicht der SPÖ die Grenze der politischen Auseinandersetzung überschritten, erklärt Klubobmann Kröpfl. Drexler und sein Kollege wollen diese Äußerung in dieser Form überhaupt nicht gemacht haben und sehen daher dem Gerichtsverfahren gelassen entgegen. Weniger gelassen sehe ich das als brave Steuerzahlerin, denn die beiden Parteien streiten ja wieder mit Steuergeld und dabei wird ohnehin nicht viel herauskommen. Da wäre es schon vernünftiger gewesen, die hätten sich noch einmal zusammengesetzt, eine Lösung intern gefunden, müssten nicht hohe Anwaltshonorare bezahlen und hätten das Geld dafür besser einem sozialen Zweck gespendet. Ein solches Verfahren kostet gleich einmal 7.000,– bis 10.000,– Euro. Bei meinem schmalen Haushaltsbudget wäre ich da für ein Jahr alle Sorgen los. ❖ So am Rande erzählte mir der Herwig aus der Burg, dass der Christopher Drexler sich parteiintern nicht leicht tut, seitdem ihn Parteichef Hermann Schützenhöfer zu neuen ÖAAB-Chef machte. Der intellektuell und leicht überheblich wirkende Christopher Drexler, so der Herwig, werde sich sehr schwer tun, das Vertrauen des kleinen Arbeitnehmers und Hacklers zu gewinnen, zumal er selbst nie in einem Privatbetrieb gearbeitet hat. Schon als Funktionär in der Arbeiterkammer und als Landessekretär war er immer ein Schützling von Schützenhöfer, und große Erfolge dort hat der ÖAAB nie feiern können. ❖ Ich les’ ja sonst nicht die Wirtschaftsmeldungen in der Zeitung, aber eine ist mir in der Kleinen Zeitung am 22. April aufgefallen, denn da schreibt ein Journalist über den Abschied eines Spitzenmanagers bei Humanic. Ich denke, der heißt Thomas Ridder. Dieser Herr hatte aufgrund seiner Fähigkeiten auch zehn Prozent Anteile der Aktien. Und nun hätte ihn Humanic-Chef Michael Mayer-Rieckh vor die Türe gesetzt, und zwar deswegen, weil er damit hoffe, den Anteil seines ehemaligen Spitzenmanagers billiger – oder besser gesagt weit unter dessen Wert – zurückkaufen zu können. Auch nicht gerade die feine englische Art des wohlhabendsten Schusters in der Steiermark, sollte sich diese Meldung als richtig erweisen. Aber nachdem ich kein Dementi gelesen hab’, dürfte das damit schon seine Richtigkeit haben. ❖ Noch etwas anderes hat mich schon sehr überrascht: Da wurde doch SturmTrainer Petrovic beschuldigt, gemeinsam mit einem Spieler von Sturm irgendwelche Spiele manipuliert zu haben, oder zumindest wollte er sie manipulieren und hätte dafür auch Geld bekommen. Die Polizei verkündete dies in einer großen Pressekonferenz und die Meldung machte logischerweise österreichweit Schlagzeilen. Mittlerweile, so hört man, gibt es keine wirklich gesicherten Daten darüber, was passiert ist, und auch die Polizei ist wieder in der Deckung verschwunden. Petrovic fühlt sich in der Öffentlichkeit gemeuchelt, als Trainer wandert er nun zum FC Kärnten ab. Sollte es tatsächlich keine handfesten Beweise und Belege dafür geben, dann fragt man sich schon, wer nun für die Rufschädigung im Falle von Petrovic aufkommt. „Die Polizei, sonst äußerst knausrig mit Informationen in heiklen Fällen, hat hier die Grenzen verlassen“, sagt die Jutta, die wissen will, dass Petrovic bei diesen Manipulationen nicht mitgemacht hat. ❖ Nicht aus dem Kopf gehen will mir das Urteil im so genannten Ehrenmordprozess in Berlin, und Sie werden das sicherlich auch in den Medien verfolgt haben, wo der jüngste Bruder seine Schwester ermordet hat, weil sie von ihrem Lebensstil her sich eben nicht an die türkische Familiensitte gehalten hat. Die beiden älteren Brüder haben ihm dabei Schützenhilfe gegeben, wurden aber vom Gericht freigesprochen. Nach türkischem Familienrecht ist deshalb der Jüngste ausgesucht worden, weil er die geringste Strafe zu erwarten gehabt hat. Ein für mich unverständliches Verbrechen und ich finde es schon richtig, wenn man fordert, dass derartige Menschen das Land, in dem sie Gast sind, verlassen sollten, dass man sie ausweisen müsste. Unsere Gesellschaft muss wohl alle Verantwortlichen für einen solchen Ehrenmord zur Rechenschaft ziehen. Würden wir in unserer Gesellschaft derart falsche Rituale akzeptieren, dann würde ja jeden Tag jemand in der einen oder anderen Familie zu ermorden sein. Eine wohl wahnwitzige Vorstellung. ❖ Mir reichen schon die Morde täglich in unserem Fernsehen. Da gibt es in den Abendprogrammen praktisch eine Serie über Morde und Ge-
walttaten nach der anderen. Egal, ob das jetzt eine amerikanische, eine deutsche oder österreichische ist. Jeden Abend werden im Fernsehen dutzende, hunderte Menschen zu Tode gebracht. Kitzbühel wird bald ausgestorben sein, wenn das Sonderkommando weiter so erfolgreich ermittelt. Nein, aber Spaß beiseite. Es ist unzumutbar für mich, wenn ich den Fernseher aufdrehe oder im Programmheft nachschau’ und ich finde täglich am Abend zwei oder drei Krimis oder Krimi-Serien, wo es nur um Mord und Todschlag oder um die Aufklärung von Verbrechen geht. Als ob es in unserer Welt nichts mehr anderes gäbe. Die Herrschaften, die für die Programme verantwortlich sind, sollten sich darüber einmal Gedanken machen. Denn auch die tägliche Gewalt und Brutalität im Fernsehen erzeugt ja wieder bei den Zuschauern gewaltvolle Einstellungen und Haltungen. Es geht den Verantwortlichen offensichtlich nur noch um Quoten und nicht um eine bestimmte Qualität im Programm. ❖ Dort, wo er hingestellt wird, versucht er zu gestalten und zu verändern. Heinz Hofer ging als Vizegeneral der Steiermärkischen 2004 in Pension und ist seit dieser Zeit noch stärker dem Golfspielen verfallen. Nun wird er die Aktivitäten dort wieder etwas zurückschrauben müssen. Am Wochenende wählte man Heinz Hofer – Präsident des ARBÖ Steiermark – in Wien nun auch zum Präsidenten des ARBÖ Österreich. Dieser ist ja in den letzten Monaten heftig in Turbulenzen geraten. Der Wiener Langzeitpräsident und Rechtsanwalt Schachter war abgewählt worden und dessen Generalsekretär aufgrund von Dienstverfehlungen sogar entlassen worden. Heinz Hofer und ein neues Führungsteam sollen nun versuchen, nicht nur wieder Ruhe in den SPÖ-nahen Autofahrerklub zu bringen, sondern auch die dringende Sanierung der schlechten Finanzsituation angehen. Dass der Ex-Banker von diesen Dingen viel versteht, bewies er bereits in der steirischen SPÖ, die stark schwächelte, als er Parteikassier wurde, und heute über ein solides Fundament verfügt. Franz Voves profitierte nicht zuletzt davon, da er im erfolgreichen Wahlkampf auch die nötigen Geldmittel einsetzen konnte. ❖ Der Konkurs der Styrian Spirit hat unangenehme Folgen für Josef Marko, den Vorstand der Kulturabteilung in der Landesregierung. Nein, nein, nicht als solcher kommt er zum Handkuss, sondern weil er sich privat über seine Firma Arkansit mit 1,1 Millionen Euro an der Styrian Spirit beteiligte. Das Geld dafür lieh er sich bei der Südoststeirischen Sparkasse in Feldbach, wo sein Freund im Direktorium sitzt. Belastet hat Marko sein Haus in Gleisdorf damit. Muss ein ordentliches Haus sein, damit man gleich ungesichert in einer Phase so viel Darlehen von der Bank bekommt. Er wollte nicht, dass die Styrian Spirit nach Slowenien abwandere, begründet Marko gegenüber der Kleinen Zeitung seinen
Einstieg. Ein patriotischer Akt, nur die ganze Wahrheit dürfte das nicht sein. Es sieht so aus, dass Marko auch für andere Investoren in der ersten Reihe steht, sich nennen und dafür auch prügeln lässt. Wie jetzt die Kleine enthüllte, hatten Franz Voves und Waltraud Klasnic eine Ausfallshaftung durch das Land vereinbart. Vor wenigen Wochen wollte nun Landeshauptmann Franz Voves – die Turbulenzen der Styrian Spirit waren bereits öffentlich –, dass die Grazer Stadtwerke bei der Styrian Spirit einsteigen. Letzteren gehört bekanntlich der Flughafen Graz-Thalerhof. Voves trat dafür ein, dass die Stadtwerke den Anteil von 1,1 Millionen Euro von Josef Marko übernehmen sollten. Dazu sollten sie noch einmal 1,1 Millionen Euro für eine Kapitalaufstockung zur Verfügung stellen. Das Vorhaben platzte bekanntlich. Bleibt nur zu hoffen, dass die langjährige Freundschaft zwischen Franz Voves und Josef Marko – sie stehen politisch bekanntlich in zwei verschiedenen Lagern – darunter nicht gelitten hat. Doch der einflussreiche Landeshauptmann wird sicher dafür viele Hebel in Bewegung setzen – natürlich nicht unter den Augen der Öffentlichkeit –, um die unangenehme Situation für Josef Marko zu bereinigen. ❖ „Diesen Finanzskandal haben der ÖGB und seine Einzelgewerkschaften gebraucht wie einen Kropf“, höre ich von Franz, einem hohen ÖGB-Funktionär. Generaldirektor Elsner, sein Vize Zwettler und der Sohn von Exgeneraldirektor Flöttl –Wolfgang Flöttl, ein Finanzspekulant, der seine Geschäfte auf den Bermudas und anderswo betreibt – haben die BAWAG im Jahr 2000 fast an den finanziellen Ruin gebracht. Über eine Milliarde Euro wurde verspekuliert, mir fehlt jede Vorstellung, wie viel das wirkSteirische ÖGB-Funktionäre anlässlich eines Schuhplattler-Auftritts zugunsten lich ist. des notleidenden Gewerkschaftsbundes. ❖ Auch die Bestellung von GD Zwettler als Nachfolger von Elsner war kein Ruhmesblatt und mehr als falsch, war es doch Zwettler, der dem Finanzjongleur Bennett (Refco) im Herbst 2005 einen Kredit der BAWAG verschaffte (350 Mio. Euro), der unter wenigen Tagen keine Besicherung mehr hatte. Völlig unverständlich aus heutiger Sicht ist, so der Franz verbittert, dass Verzetnitsch und Weninger Generaldirektor Elsner nicht sofort in die Wüste schickten. Doch wer feudal im BAWAG-Penthouse residiert, wie Ex-Präsident Verzetnitsch, der konnte offensichtlich nicht mit Steinen werfen. Gänzlich unakzeptabel war aber, dass Elsner von Verzetnitsch und Weninger mit der Auszahlung seiner Firmenpension (3,6 Mio. Euro) und einem Geschäftsführergehalt bei der Österreichischen Lotterien GmbH „belohnt“ wurde (300.000,–Euro jährlich). Ich will mir diese Sauerei gar nicht vorstellen, muss versuchen, sie aus meinem Gedächtnis zu eliminieren. Denn sonst müsste ich den Gewerkschaftsbund für immer und ewig aus meinem Abendgebet ausschließen. Das wär’s, also tschüss! Bis zum nächsten Mal Eure Lilly
