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«Es fehlt das Jesuskind»

«Das Schöne zieht an: Kunstwerke in Kirchen, Bilder und Skulpturen berühren die Herzen, stellen Fragen, führen ins Staunen», sagt Don Piero Corea, Seelsorger für die italienischsprachigen Mitchristen in St.Gallen. «An Weihnachten stellen wir oft kunstvoll gestaltete Krippen auf, um das Geheimnis der Geburt Jesu tiefer zu verstehen.»

«Der heilige Franz von Assisi, der auf alle möglichen Weisen das Leben Jesu nachempfinden wollte, kam in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1223 auf die Idee, in den Bergen Umbriens ein neues Bethlehem zu errichten. Er wollte den Menschen vor Augen führen, in welcher Armut und Schwachheit der Sohn Gottes in die Welt kam», erzählt Don Piero. In dem kleinen Ort Greccio habe er einen echten Stall gefunden, um darin mit den Bewohnern die Herabkunft des Gottessohnes zu feiern.

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Ein neues Bethlehem

Um dieses Freudenfest – von Franziskus ersonnen – ranken sich Legenden. Don Piero: «Bauern brachten Stroh für die Krippe, Ochs und Esel sollten die Armseligkeit der Behausung des Jesusknaben veranschaulichen. Die Leute probten für den Weihnachtsabend, die ganze Gemeinde war damit beschäftigt, ein neues Bethlehem aufzubauen, der Pfarrer versprach, zusammen mit weiteren Priestern der Gegend die Messe über der Krippe zu feiern. Dann kam die Weihnachtsnacht: Leute aus dem Dorf stellten Maria, Josef, die Hirten, die Könige, aber auch musizierende Engel dar. Franziskus sprach die Lesung und sang die Worte des Evangeliums.»

Vom Wunder der Menschwerdung Gottes

Don Piero hält in seiner Erzählung inne, dann sagt er: «Etwas fehlte in der Krippe – das Jesuskind. Da sahen einige umstehende Leute das göttliche Kind direkt aus dem Himmel herabkommen in die Arme von Maria! Sie erkannten, wie die Liebe Gottes ‹Fleisch› wurde für die Menschen, damit sie sich selbst finden können», erläutert der Italienerseelsorger bewegt. «Maria bringt Jesus in die Welt. Die Heilige Familie verkündet durch ihr Leben Gottes erlösende Liebe und damit auch das Geheimnis des Kreuzes.»

In der Krippe Platz für alle

Don Piero freut sich: «In der ganzen Welt feiert man Weihnachten!» Fast in jedem Land, in jeder Stadt gebe es typische Krippendarstellungen, besonders bekannt seien jene von Neapel. «Sie zeigen grosse Krippenlandschaften mit den biblischen Figuren, zu denen Figuren von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie auch von einfachen Leuten, von Politikern über Fussballstars bis zum reuigen Verbrecher, der mit Jesus zusammen gekreuzigt wurde, hinzugefügt werden.» Gerade Letzterem verspreche Jesus das Paradies. Das sei eine tröstliche und hoffnungsvolle Botschaft für jeden Menschen.

Die Heilige Familie als Schutz

«In Italien stellen viele Familien zu Hause eine kleine Krippe auf, nicht nur während der Weihnachtszeit. Zu den Figuren der Heiligen Familie fügen sie die Fotos ihrer Kinder, Verwandten und Freunde hinzu. Es ist ein inkarnierter Glaube: Die Krippe soll die Familien schützen und vor Unheil bewahren», erklärt der Süditaliener Don Piero. «In der Weihnachtsnacht versammeln sich alle um das Kind in der Krippe, es ist der Mittelpunkt der Familie.»

Zeichen der Hoffnung

Vor vier Jahren hatte Don Piero eine Idee: Er kaufte für seine Landsleute in St.Gallen ein grosses «Gesù bambino». Er lud alle ein, dieses Jesuskind von Familie zu Familie weiterzugeben. Mit Freude und Ehrfurcht nahmen es viele während einiger Zeit auf, liessen sich von der Zärtlichkeit des göttlichen Kindes anstecken, spürten diesem Zeichen der Hoffnung nach. Während 64 Wochen wanderte es ununterbrochen von Familie zu Familie, Beziehungen und Freundschaften verstärkten sich, das Geheimnis von Weihnachten wirkt nach.

Don Piero zitiert Papst Franziskus: «Baut Weihnachtskrippen! Vor der Krippe braucht es nicht viele Worte – wir schauen, staunen, sättigen uns an ihrer Schönheit.» (eg)

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