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ONLY IN MÜNCHEN – S

München ist, von außen betrachtet, ein selbstgefälliges Dorf. Es ist aber auch schwierig, sich hier nicht wahnsinnig gut zu finden. Man kann ein sehr angesagtes Bikini-Label im Englischen Garten spazieren tragen, das andere natürlich sofort erkennen, muss das aber nicht. Nackt geht auch. Und man kann hoffnungslos overdressed ein Boutique-Event, im Profijargon „Telefonzelleneröffnung“ genannt, besuchen, um am nächsten Morgen, trotz Hangover, nahtlos in die Wanderschuhe zu wechseln. In Lederhose wandert hier übrigens keiner, auch wenn das der Rest Deutschlands glaubt. Der Hiking-Look besteht aus exquisiter Funktionskleidung, die im Schrank neben Dirndlbluse und Bottega Veneta hängt. Die Münchnerinnen und Münchner haben keine Angst vor Klischees. Als letzte ihrer Art zelebrieren sie den Samstagmorgen damit, schöne Einkaufstüten und die neuesten Mäntel durch die Stadt zu tragen, um anschließend stundenlang auf einen Tisch in der Schumann’s Tagesbar zu warten. Dafür braucht man die richtigen Handtaschen, Männeruhren – Statussymbole eben. Wer sich den Spaß macht, die Unterarme zu zählen, die das neueste It-Bracelet von Cartier schmückt, wird alle Vorurteile bestätigt sehen. Aber konformistisch sieht der Münchner Look immer nur von außen aus. Es fehlt hier ja nicht an Bling-Bling oder Weltläufigkeit – jeder neue Fashiontrend wird in München sofort umgesetzt. Schon eher mangelt es an strenger Eleganz und avantgardistischem Mut (so sehen die Münchner zumindest die Hamburger und Berliner). Wäre da nicht Barbara, die schöne Tochter aus gutem Hause! Im Sechzigerjahre-Film „Zur Sache, Schätzchen“ verliebt sie sich in einen typischen Münchner. Er wohnt in Schwabing und tut den lieben langen Tag am liebsten: nichts außer Blödsinn. Die beiden entführen eine Ziege aus dem Tierpark, fahren mit dem Cabrio durch die Stadt, treffen auf Isarsurfer und feiern Bikini-Partys am See, außerdem lässt Barbara, gespielt von Uschi Glas, auf der Polizeistation verwirrungstaktisch die Hüllen fallen. Jede Münchnerin hat diese Barbara in sich. Denn das, was man heute als den Stil der Stadt bezeichnet, ist genau das: ein Ablenkungsmanöver vom Ernst des Lebens. Er ist deshalb subversiv, weil er keinen Gedanken an Coolness verschwendet. Das würde bedeuten, das Leben zu verpassen •

Wenn Julia Werner nicht in München ist, verbringt sie ihre Zeit in Griechenland – ein Kontrast, der den Blick auf ihre Heimatstadt nur schärft. An dem, was sie dort entdeckt, lässt die Stil-Autorin der Süddeutschen Zeitung uns in dieser Kolumne teilhaben.

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Nackt oder OVERDRESSED

JULIA WERNER Text JAN ROBERT DÜNNWELLER Illustration

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