Weinfeder journal 58

KOSTENFREI IM ABO

EDITION #56

FEBRUAR 2019

VERBAND DEUTSCHER WEINPUBLIZISTEN

IM GESRÄCH

WEIN IM ZEITRAFFER Ein Weingut namens Roterfaden // Saracina – Ende einer Weindynastie // Bischel neu im VDP // Reise nach Perpignan // Winzersekt: Blicke hinter die Kulissen // Dian Diallo statt Veuve Clicquot // Leitfaden Champagner // Amorella Kirsch-Manufaktur // Ist Wein glutenfrei? // Weinhandel nach IS-Herrschaft // Der gefährlichste Wein der Welt // Britischer Weinhandel startet Hamsterkäufe // Weinfälschung // Weinproduktion auf Rekordkurs // Fake-Whisky infiltriert die Märkte // Bestattung im Weinberg // Weinstile im Wandel der Zeit // Weinfeder-Jahresfeier

C O P Y R I G H T © W E I N F E D E R E . V. V E R B A N D D E U T S C H S P R AC H I G E R W E I N P U B L I Z I S T E N

EDITORIAL / INHALT LIEBE LESERINNEN UND LESER,

kürzlich nahm ich als Juror an der Präsentation der Projektarbeiten „Neue Medien und Digitalisierung” an der Hochschule Geisenheim University teil. Der umtriebige Campus Manager Robert Lönarz präsentierte einen interessanten Wettbe werb: Zwölf Geisenheimer Kurse stellten ihre Arbeiten vor.

Winzer.cloud - eine Open-Source Wein-Info und Marketing-Plattform, Weingenuss mit Sprachsteuerung wie „Alexa”, Drohneneinsatz im Weinberg und Weinverkostung zu TK-Pizza: Die StudentInnen waren sehr kreativ im Kampf um den „Goldenen Wingertsknorzen”.

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Die Digitalisierung wird für Winzer wohl immer wichtiger und wird den Arbeitsalltag beeinflussen – ob sich auch die Weinauswahl per Algorithmen bestimmen lässt?

Online-Mitteilungen wie „Weingenießer, die badischen Spätburgunder mögen, haben auch Grauburgunder aus Rheinhessen bestellt” werden vielleicht das Kaufverhalten beeinflussen.

Beruhigend: Der Weingenuss jedenfalls bleibt analog.

Ich wünsche Ihnen schöne Frühjahrs verkostungen!

Ihr

Wolfgang Junglas 1. Vorsitzender Weinfeder e.V. (Verband deutschsprachiger Weinpublizisten)

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43 Weinfeder im Remstal

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INHALT

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TITELSTORY 38

INHALT

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|TITELTHEMA WEIN IM ZEITRAFFER

38 Im Gespräch: Weine im Wandel der Zeit

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|WEINGÜTER

5 Ein Weingut namens Roterfaden 7 Saracina: Ende einer Weindynastie 9 Bischel neu im VDP

|WEINREISE

11 Reise zum Mittelpunkt des Weins: Perpignan als Europäische Weinstadt 2019

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|SCHAUMWEINE

16 Winzersekt: Blicke hinter die Kulissen 18 Dian Diallo statt Veuve Clicquot 19 Leitfaden Champagner

|RUND UM DEN WEIN

24 „Amorella Kirsch-Manufaktur”: Deutsche Fruchtweinkultur 26 Ist Wein glutenfrei?

|WEINHANDEL

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29 Auferstehung des Weinhandels nach IS-Herrschaft 30 Der gefährlichste Wein der Welt 31 Britischer Weinhandel startet Hamsterkäufe 32 Älteste Flasche Wein der Welt 33 Weltweite Weinproduktion auf Rekordkurs

|MELDUNGEN

34 Fake-Whisky infiltriert die Märkte 37 Bestattung im Weinberg

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INHALT/IMPRESSUM

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● HERAUSGEBER Weinfeder e.V. Verband deutschsprachiger Weinpublizisten, 1. Vorsitzender: Wolfgang Junglas, Weinfeder e.V., Bienenbergweg 4, 65375 Oestrich-Winkel, Telefon: 06723-601902, Fax: 885546, E-Mail: info@weinfeder.de, Internet: www.weinfeder.de, Facebook: www.facebook.com/weinfeder ● TITELFOTO Monica Silva ● AUTOREN DIESER AUSGABE Hermann-Josef Berg, Wolfgang Junglas, Rudolf Knoll, Martin-SachseWeinert, Arthur Wirtzfeld ● LEKTORAT Dr. Christa Hanten ● LAYOUT & SATZ Arthur Wirtzfeld, Telefon: 0931-322460, redaktion@weinfeder.de ● SCHLUSSREDAKTION Arthur Wirtzfeld ● ViSdPG Weinfeder e.V. ● COPYRIGHT-HINWEIS Alle redaktionellen Beiträge im Weinfeder Journal werden in der Originalversion veröffentlicht. Für den Inhalt und die Ausformulierung der Texte sind allein die Autoren verantwortlich, die das alleinige Copyright für ihre Texte innehaben. Ein Nachdruck oder eine Veröffentlichung von Beiträgen im Internet, in sonstigen digitalen oder in Printmedien, auch auszugsweise, kann nur in Absprache mit den jeweiligen Autoren erfolgen. Gegen Honorar, das mit dem Autor zu vereinbaren ist, kann jeder Beitrag unter Angabe der Quelle (Weinfeder) und Namensnennung der/des Autorin/Autors übernommen und veröffentlicht werden.

REDAKTIONSSCHLUSS

für die Ausgabe Edition #57 ist der 29. März 2019. Einsendungen von Beiträgen und Bildmaterial bitte an: redaktion@weinfeder.de – Ansprechpartner Arthur Wirtzfeld (gleiche Mailadresse).

Rückfragen unter Telefon: 0931-322460.

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Ein Weingut namens Roterfaden

RUDOLF KNOLL

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„Wir, Olympia Samara und Hannes Hoffmann, sind das Weingut Roterfaden. Unsere Weine sind mit eigenen Händen gepflanzt, gepflückt, gestampft und abgefüllt. Alles homöopathisch, mit Liebe, Familie und Freunden, mit frischer Luft und jeder Menge Spaß.“ (Foto: Weingut Roterfaden)

Klingt verrückt, wenn sich ein Weingut den Namen „Roterfaden” gibt, und das im eher konservativ angehauchten Württemberg und auch noch in einer Ortschaft, die genossenschaftlich dominiert wird, nämlich in Vaihingen/Roßwag an der Enz. Neugierig macht dieser Gutsname auf jeden Fall ...

chon der bekannte Weinfreund Johann Wolfgang von Goethe benutzte in seinen „Wahlverwandtschaften” den Begriff über eine Einrichtung bei der englischen Marine: „Sämtliche Tauwerke der königlichen Flotte vom stärksten bis zum schwächsten sind dergestalt gespannt, dass ein roter Faden durch das Ganze geht, den man nicht herauswinden kann, ohne alles aufzulösen.” In unserem Fall geht es um zwei junge Leute, die ihrem Weingut den zweifellos originellen Namen Roterfaden gegeben haben, mit der festen Absicht, nichts aufzulösen, sondern erst mal aufzubauen. Die Rede ist von Hannes Hoffmann (34), gebürtiger Schwabe, geboren und aufgewachsen in Roßwag an der Enz, und sei-

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gradlinig und herzhaft, die höhere Qualität, genannt „Endschleife” (der ursprünglich angedachte Name Enzschleife war weinrechtlich nicht zulässig), lässt auch etwas Gerbstoff spüren. Der Lemberger ist sehr klassisch, würzig, etwas fordernd, braucht Zeit. Ein junger, frischer Pinot Noir mit verspielter Leichtigkeit brilliert schon als Fassprobe. Das ist bereits ein biodynamisch erzeugter Wein, das Mini-Gut ist mittlerweile Demeter-zertifiziert. Mentor Kreis bezeichnet so etwas als „eigene Stilistik”, was Hannes und Olympia stolz macht.

Ein roter Faden zu euch wäre nicht schlecht!

„Auf reinem Muschelkalk und trocken gemauerten Terrassen wachsen die Sorten Lemberger, Pinot Noir und Riesling. Der minimalistische Einfluss im Keller und das Arbeiten nach anthroposophischem Vorbild sorgt für Lebendigkeit und Individualität.“ (Foto: Weingut Roterfaden)

ner Partnerin Olympia Samara (29), gebürtige Griechin, aufgewachsen in Thessaloniki.

Er kam in ersten Kontakt mit Wein im landwirtschaftlichen Betrieb der Großeltern und dann bei einem Aufenthalt in Stellenbosch (Südafrika). Ihr Vater Stelios war 25 Jahre in leitender Funktion bei der namhaften Weinkellerei Boutari tätig.

2005 begann Hannes sein Weinbaustudium in Geisenheim. Olympia hatte, durch den Vater vorbelastet, schon sehr jung beschlossen, beruflich im Wein aktiv zu werden, und kam 2007 auf die renommierte Hochschule, wo sie sich zunächst sehr fremd vorkam und ein Jahr zur Eingewöhnung brauchte. Irgendwann funkte es zwischen den beiden. Sie begannen für eine gemeinsame Zukunft zu planen, wollten dabei aber nichts überstürzen. 2010 reisten sie gemeinsam nach Kalifornien, machten aber getrennte Praktika., Sie im Napa Valley, damals eigentlich unzulässig, weil sie als 20Jährige normalerweise nicht im Weinbau tätig werden durfte („aber niemand hat genau auf meinen Pass geschaut”). Er schnupperte im Sonomy Valley in einen Betrieb hinein. Die nächsten Stationen waren Frankreich und Italien, wieder in unterschiedlichen Betrieben, um nicht identische Eindrücke zu sammeln. 2013

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ging Hannes zurück in die Heimat, schaute dem namhaften Winzer Rainer Schnaitmann in Fellbach über die Schulter.

Anschließend nahmen die beiden noch „wegen Blaufränkisch” Österreich ins Visier, bis sie überlegten, wie sich ihre Weinleidenschaft in geregelte Bahnen lenken ließe.

Olympia meinte, Hannes‘ Familie habe doch einen Hof in einem Weinbaugebiet und ein bisschen Erfahrung mit Wein (die Trauben wurden an die örtliche Genossenschaftskellerei abgeliefert). Also wurde den Eltern mitgeteilt, dass man gemeinsam ein Weingut starten wolle. Die Freude war groß, aber zunächst nur 0,5 Hektar waren dafür etwas wenig. Doch das Paar fand eine normale Beschäftigung neben dem Wein.

Er ist bei einem Händler für Weinbedarf tätig, sie beim Stuttgarter Weinprofi Bernd Kreis in dessen Weinhandlung. „Er war anfangs sehr streng gegenüber unseren Weinen”, lacht sie im Rückblick. Aber inzwischen sind Riesling und Lemberger, obwohl nur als Landwein deklariert, in der Weinhandlung Kreis neben der württembergischen Elite gelistet und werden auch der gehobenen Gastronomie angeboten. So stehen Roterfaden-Weine beispielsweise in der Stuttgarter „Speisemeisterei” auf der Weinkarte. Der Riesling präsentiert sich

Inzwischen hat das Paar seine Rebfläche durch Pacht auf zwei Hektar erweitert. Es handelt sich um Reben in Terrassen, die sehr arbeitsaufwendig sind. „Wir bekommen so etwas fast nachgeworfen”, freut sich Hannes. Im Hof der Familie konnte man einen alten Stadel zum Keller mit Degustationsraum umfunktionieren, doch Verkauf ab Hof ist auch bei einer weiteren Flächenerweiterung nicht geplant. Das merkte schon der Besucher, der nach dem Abend der Weihnachtsfeier der Weinfeder in Württemberg am nächsten Vormittag per Navi die Adresse Hagenrainstraße 37 ansteuerte, plötzlich mitten in Roßwag mitgeteilt bekam, er habe sein Ziel erreicht und überlegte, ob er ausreichend Schlaf bekommen hatte.

Aber nochmal zurück. Und hier war dann tatsächlich mitten in der Landschaft die kleine Hagenrainstraße sichtbar, aber ohne Hinweis auf ein Weingut. Dann auf der rechten Seite ein Hof mit offener Einfahrt – das war’s dann. „Ein roter Faden zu euch wäre nicht schlecht gewesen”, wurde Olympia und Hannes mitgeteilt. Sie lieferten bald darauf die Erklärung, wie es zu dem Gutsnamen gekommen war.

Den ausschlaggebenden Gedanken hatte vor vier Jahren Olympias Vater Stelios bei einem Treffen beider Familien: „Ihr habt beide unterschiedliche Backgrounds, aber gleiche Ideen und Vorstellungen. Ihr habt euch langsam aufeinander zubewegt, wie durch einen roten Faden geführt …” Damit war das Thema durch!

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Saracina – Ende einer Weindynastie ARTHUR WIRTZFELD

Alex MacGregor (links) und John Fetzer diskutieren ihre Cuvées. (Foto: Saracina Winery)

Käufer von Saracina ist die Taub Family, Eigentümer von Palm Bay International, einem der führenden Weinimporteure des Landes. Der Deal umfasst ein Weingut, 250 Hektar

Land mit 100 Hektar Rebflächen, zusammen mit der Marke Saracina und dem zweiten Label Atrea. Laut regionalen Medien herrscht Stillschweigen über den Kaufpreis.

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WINZER & WEINGÜTER intergrund der Übernahme ist einerseits der Rückzug von John Fetzer und Patty Rock als aktive Weingutsbetreiber und andererseits die Expansion von Palm Bay International, die nun auch die Produktion ihrer weiteren Marken Heritance, Au Contraire und Angry Bunch in die Keller von Saracina verlagern will. „Wir sind schon länger auf der Suche nach einem geeigneten Standort und damit einem dauerhaften Zuhause für die wachsende Zahl unserer kalifornischen Marken”, wird Marc D. Taub, Geschäftsführer der Taub Family Companies, in den Medien zitiert. „Wir überlegen, in Zukunft hier in Mendocina, wo nach unserer Meinung Weinberge von historischem Format liegen, eine Stiftung für unsere Familie zu begründen. Die Saracina Vineyards erschienen uns als die bestmögliche Immobilie, um langfristig unser strategisches Wachstum, einhergehend mit überlegter Expansion, zu entwickeln. Wir waren daher froh, dass John Fetzer und Patty Rock in den Kauf einwilligten.”

Alex MacGregor bleibt Die Fetzers sind zwar nicht mehr an der Kellerei beteiligt, haben aber einen Teil des Grundstücks der Saracina Vineyards sowie ihr darauf befindliches Wohnhaus behalten. Nun sind die Taub Family Companies am Zug. „Wir belassen es bei den vorhandenen Rebsorten, einschließlich Cabernet Sauvignon, Zinfandel und Sauvignon Blanc aus den nachhaltig bewirtschafteten Weingärten.

Wir wollen das System, also die Weinbergsarbeit und die Vinifikation, beides ist bei Saracina hervorragend entwickelt, aufrechterhalten und noch weiter ausbauen”, sagt Marc Taub.

Weinmacher Alex MacGregor, ein Sommelier aus Kanada, der nach Kalifornien auswanderte, um Önologie zu studieren, und danach in die Dienste bei Fetzer eintrat, wird allerdings bleiben und weiterhin für die Saracina-Weine verantwortlich sein. MacGregor wird auf der Webseite des Gutes zitiert: „Saracina bot mir die

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Gelegenheit, mit dem legendären Weinberater David Ramey und mit der Ikone der Weinindustrie, John Fetzer, zusammenzuarbeiten, um all die Erfahrung und Aufklärung zu sammeln, die John und seine Familie in die Welt des Weinbaus gebracht hatten.” Experten der kalifornischen Weinszene bescheinigen dem Weinmacher MacGregor, dass er es versteht, stilistisch einzigartige Weine zu erzeugen, basierend auf einheimischen Hefen, die Weine mit üppiger kalifornischer Frucht unterstützen.

Die Geschichte der Fetzers Fetzer Winery & Vineyard, gegründet 1968, hatte seine Kellerei und Rebflächen im schönen Mendocino County. Ende der 1980er-Jahre galt Fetzer in der Region als Pionier für den Anbau von Chardonnay, Gewürztraminer und Riesling. 1984 entschloss man sich, auf nachhaltigen Weinbau umzustellen, was in der amerikanischen Weinszene Anerkennung brachte. In 1992 verkaufte John Fetzer die Marke Fetzer Winery & Vineyard an einen großen Konzern, behielt aber für seine Familie einige Tausend Hektar Farmland und Weinberge.

Nachdem er übrige Ländereien und Rebanlagen unter den Familienmitgliedern aufgeteilt hatte, konzentrierte sich John auf die Wiederbepflanzung seiner eigenen Weinberge. So entdeckte John Fetzer Anfang der Jahrtausendwende, dass er noch immer viel in der Weinbranche tun wollte. Gemeinsam mit seiner Frau Patty Rock gründete er damals die Saracina Vineyards and Winery mit den Weinmarken Saracina und Atrea. Patty Rock übernahm Vertrieb und Marketing, Alex MacGregor die Weinbereitung und John achtete auf Qualität im Weinberg und im Keller. Rund 90.000 Flaschen Wein wurden jährlich produziert.

Masút – dunkle, reiche Erde Der Saracina-Verkauf hinterlässt nun die Winzer der dritten Generation, Jake und Ben Fetzer (Söhne von Bobby Fetzer, Bruder von John Fetzer) als einzige Familienmitglieder, die noch ein Weingut betreiben. Die Brüder gründeten ihr eigenes Projekt, Masút Vineyard and Winery, gelegen in der Eagle Peak-Appellation von Mendocino, das 2009 mit der Unterstützung ihrer Mutter ins Leben gerufen wurde und das sie ihrem Vater widmeten, der 2006 bei einem Rafting-Unfall verstarb.

Das Weingut Masút thront auf einem Hügel, auf dem Bobby Fetzer in 1997 rundum neue Anlagen in der Größe von 25 Hektar mit Reben der Sorten Pinot Noir und 8 Hektar Sangiovese pflanzte. Masút stammt aus der indonesischen Sprache und bedeutet „dunkle, reiche Erde”. Die Pinot Noirs von Masút, betreffend die Jahrgänge seit 2015, werden mittlerweile mit weit über 90 Parker-Punkten bewertet. Scheint so, als ob der Name Fetzer und damit hervorragende Weinqualität weiterlebt.

Erinnerung

Nach wie vor verantwortlich für die Saracina-Weine: Alex MacGregor.

(Foto: Saracina Winery)

Von John Fetzer und Patty Rock werden die Marken Saracina und Altrea Weinliebhabern in Erinnerung bleiben. Laut regionalen Medien wollen sich beide aus dem Weingeschäft zurückziehen. Ich selbst erinnere mich noch an mein erstes Erlebnis mit einem FetzerProdukt – es war ein Bio-Chardonnay, der mich Anfang der Jahrtausendwende stark beeindruckt hat. Seitdem habe ich John Fetzer und die Saracina Vineyards and Winery auf dem Schirm, insbesondere deren Chardonnay und Pinot Noir, und oute mich auch gerne als Fan des MacGregor-Weinstils.

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VDP-Ritterschlag für Appenheimer Weingut Bischel Auch ohne Fürsprecher ein Aufsteiger

Foto: Weingut Bischel

HERMANN-JOSEF BERG

Der Verband VDP.Prädikatsweingüter hat

in Rheinhessen jetzt 17 Mitglieder. Die erste Neuaufnahme seit 2016 ist das

Appenheimer Weingut Bischel – der erste

VDP-Betrieb der Weinbaugemeinde im rheinhessischen Norden.

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n der südlichen Ortsausfahrt in Richtung Nieder-Hilbersheim passiert man auf einer kleinen Anhöhe (rund 200 Meter über dem Meeresspiegel) zwei Gebäude links und rechts der Landesstraße 415.

Es sind die Anwesen der Weingüter Knewitz und Bischel. Sie symbolisieren gewissermaßen den Aufstieg des mit knapp 1.500 Einwohnern recht kleinen Ortes zu einem „Dionysos-Wallfahrtsort”.

Tobias Knewitz, ein Schüler von Philipp Wittmann (Westhofen), ist einer der großen Aufsteiger der deutschen Weinszene in den letzten Jahren. Und die Bischel-Brüder, genauer gesagt: die Runkel-Brüder, galten schon länger als Geheimtipp in der Branche. Jetzt haben sie vom VDP.Rheinhessen den Ritterschlag erhalten. Seit 1.

Januar dieses Jahres zählen sie zur Erzeuger-Elite im größten deutschen Weinanbaugebiet. Ihr Name wird jetzt im gleichen Atemzug mit Spitzenbetrieben wie Wittmann, Keller oder Gunderloch genannt.

Branchenbeobachter rechneten immer damit, dass dieses Weingut ein VDP-Betrieb wird, Interesse jedenfalls lag vor. Im Gegensatz zu anderen renommierten Appenheimer Weingütern wie Gres und Willems & Hofmann. Tobias Knewitz soll im Übrigen auch mit der Aufnahme in den erlauchten Kreis liebäugeln. So erlaucht war der Regionalverband in früheren Jahrzehnten indessen nicht: Einerseits „begrüßte” er Austritte diverser Weingüter, andererseits war er mit Neuaufnahmen zurückhaltend. Die beiden letzten waren das Weingut Schätzel in Nierstein (2016) und der Betrieb von Stefan Winter in Dittelsheim-Hessloch (2013).

Internationale Erfahrung, TopWeinbergslagen Im Fall Bischel gab es wohl wenig Qualitätsbedenken. Zudem sollen Christian und Matthias Runkel – Insidern zufolge – einen verbandsintern bedeutsamen Fürsprecher gehabt haben: Klaus-Peter Keller. In diesem legendären Flörsheim-Dalsheimer Weingut konnte Matthias, der schon immer Winzer werden wollte, wichtige Erfahrungen sammeln. Darüber hinaus eignete sich der heute 34-Jährige wertvolles Know-how beim neuseeländischen Pinot Noir-Spezialisten Neudorf an. Er und sein vier Jahre älterer Bruder studierten beide an der Hochschule Geisenheim University.

Christian verabschiedete sich zuvor vom Jura-Studium und absolvierte Praktikas

Seit Jahresbeginn gehören Christian Runkel (links) und Bruder Matthias zur Elite der deutschen Winzer.

Der VDP.Rheinhessen nahm ihr Appenheimer Weingut Bischel in seine Reihen auf. (Foto: Bischel)

beim südaustralischen Starwinzer Tim Adams im Clare Valley und im international angesehenen Backsberg Estate in Südafrika.

Dieser Erfahrungsschatz traf auf exzellente Weinbergslagen, obwohl der Betrieb erst 1968 von Großvater Karl-Heinz gegründet wurde. Mittlerweile bestimmt bereits die fünfte Generation die Richtung. Mit 23 Hektar Rebfläche und rund 150.000 zum Verkauf stehenden Flaschen, gefüllt mit überzeugenden Rieslingen und Burgundern. Bewirtschaftet werden Weinberge am Scharlachberg in Bingen (QuarzitBoden), in der Heerkretz in Siefersheim (Porphyr), in Gau-Algesheim (St. Laurenzikapelle) und natürlich im Appenheimer Hundertgulden (Kalkstein), die als carbonatreichste Weinlage Deutschlands gilt.

Am Hundertgulden kam der VDP nicht vorbei Die Bezeichnung Hundertgulden hat ihren Ursprung im 14. Jahrhundert. Damals wechselte die Lage mehrfach den Besitzer, wobei hohe Beträge an Rheinischen Gulden (die damalige Goldwährung) bezahlt wurden. Die heutigen Hundertguldenwinzer, ein Zusammenschluss von neun Weingütern (zu denen die Runkel-Brüder gehören), haben Anfang des dritten Jahrtausends begonnen, diesen Bodenschatz – aus den Zeiten des Urmeeres

vor 30 Millionen Jahren – zu einem unverwechselbaren Merkmal hochqualitativer Weine zu machen. Die aufkeimende TerroirDiskussion und anschließende Terroir-Orientierung trug ihr „Scherflein” dazu bei. Beobachter glauben daher auch, dass der VDP im Zuge seiner Lagenklassifikation auch an einem Appenheimer, im Hundertgulden präsenten Weingut nicht vorbeikam. Philipp Wittmanns Aussage zur Bischel-Aufnahme belegt dies: Man freue sich, „die Landkarte der Prädikatsweingüter um Appenheim erweitern zu können”.

Wie auch immer: Die Runkel-Brüder dürften eine Bereicherung für die selbst ernannten deutschen Spitzenwinzer sein. Ihr Erfolgsrezept passt zu den VDP-Zielen, vor allem der Leitspruch: mehr Weinberg, weniger Keller.

Und wie gehen sie mit der „Preisbindung” als VDP-Mitglied um? Christian Runkel: „Mit viel Fingerspitzengefühl, vor allem bei den Gutsund Ortsweinen. Sicherlich werden wir nicht günstiger, aber wir wollen mit unseren Preisen auch nicht durch die Decke gehen.”

Wer die Anhöhe auf dem Weg von Appenheim nach Ober-Hilbersheim erreicht und beide Gebäude einer näheren Betrachtung unterzogen hat, kann feststellen: Hier stehen (noch) keine modernen Betriebe aus Sichtbeton und Glas. Eher implizieren sie die Bodenständigkeit, welche die breite Masse der Weingüter in Rheinhessen auszeichnet. Und wer die Weine probiert, weiß, was es heißt, „Qualität auf die Flasche” (O-Ton Christian Runkel) zu bringen.

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WEINREISE

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Reise zum Mittelpunkt des Weins Perpignan Europäische Weinstadt 2019

Foto: Kym Ellis

MARTIN SACHSE-WEINERT

„Warum nicht?”, antwortet Philippe Bourrier, Ausnahmewinzer aus Montescot und Präsident des CIVR (Conseil Interprofessionnel des Vins du Roussillon), auf unsere Frage, warum ausgerechnet Perpignan von RECEVIN, dem Netzwerk europäischer Weinstädte, zur „Ville Européenne du Vin 2019” gekürt worden sei. Er lacht: „Bordeaux gilt weltweit als die Stadt des Weins. Und schaut man näher hin, so sind es die umliegenden Gemeinden wie Saint-Julien, Pauillac, Saint-Estèphe und Margaux, die zum Ruhm der Stadt beitragen.”

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WEINREISE

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urchaus ähnlich, so scheint es uns, verhält es sich auch mit Perpignan: Die Stadt hat viel von ihrer ehemaligen Pracht und von ihrem Renommee als Hauptstadt des Königreichs Mallorca eingebüßt. Heute präsentiert sie sich als spanischste Metropole Frankreichs und vermag mit ihrer katalanischen Lebenslust und dem südländischen Flair zu punkten, die hier noch expressiver zu Tage treten als vielleicht anderswo an der französischen Mittelmeerküste.

Aber Wein? „Nein, Wein aus Perpignan können wir nicht empfehlen. Jedoch die umliegenden Gebiete mit renommierten Namen wie Maury und Rivesaltes, die bieten all das, was das Herz des Weinliebhabers erfreut”, so Jean-Pierre Rudelle, der zusammen mit seinem Sohn Jordi und Benoit Boutillot das „Comptoir des Crus” in Perpignan führt.

Allerdings tut auch er sich schwer bei der Frage, welchen Wein er nun als „typisch” für diese Gegend empfehlen würde.

auf der Peloponnes) oder Italien (Torbato auf Sardinien) auf zwei unterschiedliche Gebiete zurückführt.

Von minderer Bedeutung sind zudem Marsanne, Roussanne und Vermentino, natürlich Syrah und Mourvèdre, schließlich Cinsault, Merlot, Cabernet Sauvignon und Lledoner Pelut, Letztere eine Mutation aus der Grenache noir-Traube.

Vor allem in der Region um Perpignan werde die Grenache rouge-Traube besonders fruchtig ausgebaut, so Bourrier. Er kennzeichnet sie als „sec“ und „très puis-

sante”, also trocken und kraftvoll, wobei sie häufig zugleich über ein gutes Lagerungspotenzial verfüge. Dies liege auch an den optimalen klimatischen und Terroir-Bedingungen, die hier für alle Rebsorten herrschten. Neben den verschiedenen Gesteinsarten, die von Gegend zu Gegend variieren und Gneis, Granit, Kiesel, Lehm und weitere Formen umfassen, ist es die gute Bewässerung, da drei große Flüsse das Roussillon durchziehen (Agly, Tech, Têt) und diverse Nebenläufe von den Bergen Richtung Meer für ausreichend Wasser auch in den Sommermonaten sorgen.

Jordi Rudelle vom „Comptoir des Crus” in Perpignan, einem der renommiertesten Weingeschäfte in der Stadt.

(Foto: Martin Sachse-Weinert)

Trauben des Roussillon Eins ist Jean-Pierre klar: „Auf jeden Fall muss er die Grenache-Traube beinhalten.”

Er entscheidet sich schließlich für die Weine von Gérard Gauby und den „Mataro Boy” des Mas Baux, wobei Letzterer die Empfehlung wohl vor allem der Tatsache zu verdanken hat, dass sein Winzer ein ehemaliger, hier verehrter Rugbyspieler ist (Serge Baux). Ansonsten, so erfährt man, seien noch Hervé Bizeul und Marc Parcé empfehlenswert (Letzterer mit zwei Weingütern: „Domaine de la Rectorie” an der Côte Vermeille sowie „Domaine de la Préceptorie” in Maury); und natürlich müsse man auf eine „Ausgewogenheit beim Ausbau und bei den Rebsorten” achten. Denn neben der Grenache-Rebe in Rouge, Blanc und Gris ist es vor allem die Carignan-Traube, die hier überdurchschnittlich oft assembliert wird, und schließlich sind auch die Süßweine aus Maury, Banyuls und Rivesaltes von internationaler Bedeutung.

Weitere Traubenvarietäten, die für das Roussillon eine bedeutsame Rolle spielen, sind: Macabeau, eine Rebsorte, die als eine der ersten bereits 1617 von Miquel Agusti als regionaltypisch erwähnt wurde und heute etwa 1.700 Hektar bedeckt, und

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Philippe Bourrier, Eigentümer des Château de L’Ou in Montescot (Pyrénées-Orientales) und Präsident des CIVR (Conseil Interprofessionnel des Vins du Roussillon).

(Foto: M. Sachse-Weinert)

Malvoisie (du Roussillon), auch bekannt als Tourbat, die damit ihre Herkunft aus dem antiken Griechenland (Monemvasia COPYRIGHT © WEINFEDER E.V. VERBAND DEUTSCHSPRACHIGER WEINPUBLIZISTEN

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Terroir und Klima Für die Gesundheit der Trauben von entscheidender Relevanz sind zudem die vielfältigen Winde, die aus allen Richtungen (vor allem in den Lagen, in denen Weinanbau bis 650 Meter Höhe stattfindet) für kräftigen Durchzug sorgen und Krankheitserregern sowie Schädlingen kaum eine Chance lassen (u. a.

Tramontana aus Nordwesten, Marinada und Xaloc aus Südosten, Scirocco aus Süden). Dies kommentiert Bourrier mit dem dortigen Sprichwort „Vents dans mon tête, terroir sous mes pieds”, das wohl ein wenig auch auf die Eigentümlichkeiten der Winzer des Roussillon abzielt. Dabei attestiert er ihnen zugleich den Willen und das Vermögen, diese naturgegebenen Vorzüge durch manuelle Unterstützung noch weiter zu optimieren: An Terroir und Rebstöcken sei nichts mehr zu verbessern, das Hauptaugenmerk liege inzwischen auf der Arbeit in den „caves”. Der katalanische Winzer sei auf eine gute Ausbildung bedacht und extrem experimentierfreudig – beides Aspekte, die zu einer ständigen Qualitätsentwicklung Wesentliches beitragen würden im „Amphitheater Roussillon”, wie Bourrier das von Bergen begrenzte Gebiet mit der Öffnung zum Meer hin bezeichnet.

Bei all diesen günstigen Ausgangsbedingungen spricht Bourrier von einer Lage, die beinahe ideale Voraussetzungen für Winzer mit sich bringe („terrain près luxus”). Hier werden 27 hl/ha geerntet, 380 unabhängige Weingutbesitzer sowie 25 Ge nossenschaften (total 2.857 Winzer) sorgen für eine große Vielfalt, die inzwischen auch im Ausland immer mehr geschätzt wird. Dabei offenbart eine Berechnung aus dem Roussillon einen Sachverhalt, der ein unterschiedliches Kaufverhalten auf beiden Seiten des Atlantiks dokumentiert: So importieren sowohl die USA als auch Deutschland jährlich 1,2 Millionen Flaschen von hier – der Erlös aus den Vereinigten Staaten macht aber 16,03 % der Gesamtsumme aus, der aus Deutschland nur 12 %. Der amerikanische Weinliebhaber gibt also im Durchschnitt wesentlich mehr Geld für sein Vergnügen aus als der deutsche.

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Foto: Martin Sachse-Weiner

Kein Wunder also, wenn Pierre Giresse von der Universität Perpignan die Besonderheiten der hier produzierten Weine bzw.

Reben hervorhebt: Der Experte für Mineralogie und Paläoklimatologie verweist auf ihren einzigartigen Einfluss aus Spanien sowie ihre Herkunft aus der gallo-römischen Vergangenheit. Beides zusammen bedinge eine Konstellation, wie man sie sich für Wein nur wünschen könne, unterstützt durch etwa 2.500 Sonnenstunden im Jahr.

WEINREISE

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Die katalanische Küche Vor Ort wird der Aufschwung des Roussillon, eine alte Kulturlandschaft und historische Provinz im Süden Frankreichs, durch diverse Aktionen in vinophiler sowie kulinarischer Hinsicht unterstützt. Zum einen breitet sich der Weintourismus auch hier immer weiter aus, zum anderen sind diverse Bemühungen erkennbar, die traditionelle katalanische Küche zu stärken und weiterzuentwickeln.

Es sind die Restaurants der „Association Les Toques Blanches”, deren weiße Kochmützen am Eingang der Gaststätten angebracht sind und die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, tradierte Gerichte oder Saucen wie Suquet (ein Fischeintopf mit Kartoffeln und Knoblauch) und Picada Catalana (traditionelle Würzsauce) auch dem Touristen näherzubringen, um ihn für die Region und ihre Traditionen einzunehmen. Zwar stellt sich die Frage, ob dies ausgerechnet mit „Cargolades” möglich ist, doch stärkt die gemeinsame Zubereitung der Schnecken auf dem Holzgrill und der folgende Genuss in großer Runde nicht nur das Gemeinschaftsgefühl, sondern vermag auch durch das wohlschmeckende Ergebnis zu überzeugen.

Das in diversen Sprachen inzwischen viel zitierte „Mar i Muntanya” (Meer und Berge) zeigt sich hier in seiner ursprünglichen Vielfalt und Heterogenität par excellence. Eine weitere Besonderheit kommt sogar im Wein zum Ausdruck, denn ein Alleinstellungsmerkmal der Region, das in Frankreich ansonsten nur noch im Jura anzutreffen ist, sind die RancioWeine, die in Farbe und Geschmack dem Sherry nahekommen (span. rancio = oxidiert). Insofern kann es, im Unterschied zur jetzigen Wahl, nicht verwundern, dass bereits im Juni 2018 in Perpignan unter dem Motto „Be Ranci!” das erste Zusammentreffen auf europäischer Ebene von Vertretern oxidierter Weine stattgefunden hat. Logische Konsequenz ist da, wenn sich 2019, anlässlich des „Weinjahres”, wiederum alle Regionen in der Stadt treffen, die diesen Wein produzieren: Neben dem Jura (F) werden Xerex (SP), Sardinien (IT) und Madeira (PT) erwartet. Fügt man all diesen Varietäten bzw. Ausbaurichtungen noch den Muscat d’Alexandrie hinzu, so verfügt man – neben den oben bereits erwähnten Weiß-, Roséund Rotweinen – über die wesentlichen Aspekte der Weinkultur des Roussillon.

So scheint es doch zu rechtfertigen sein, wenn Perpignan im Jahr 2019 wieder – zumindest in vinophiler Hinsicht – zum Mittelpunkt der Erde wird, wie Salvador Dalí bereits vor fast 100 Jahren die Stadt deklarierte.

Stéphane Balluet, Küchenchef im „Le Divil”, prämiert als Metzgermeister Europas – und immer für einen Scherz zu haben. (Foto: Martin Sachse-Weinert)

Anmerkungen zur Hierarchisierung der Weine Wie jedes renommierte Weinanbaugebiet Frankreichs gliedert sich auch das Roussillon in diverse lokale Unterbereiche, wobei diese Einteilung nicht überall auf Zustimmung stößt. Jacques Paloc beispielsweise, der Direktor des INAO (= Institut national de l’origin et de la qualité) und Mitautor des aktuellen Standardwerks „Les Vins du Roussillon” (Canet 2018), bezeichnet die Hierarchisierung bzw. Einteilung als „barbarisches” Wort ausschließlich für Neulinge, vergleichbar einer russischen Puppe, bei der man immer mehr Schalen enthüllen müsse. Für das Roussillon sieht diese Gliederung so aus:

Grundlage ist das Prädikat „AOC Languedoc”. Dem folgt die regionale Untergliederung „AOC Côtes du Roussillon”. Darunter fallen fünf Untergruppierungen („AOC sous-régionale”) mit der Bezeichnung „Côtes du Roussillon Villages”, die sich folgendermaßen aufteilen: Côtes du Roussillon Villages Caramany Côtes du Roussillon Villages Latour de France Côtes du Roussillon Villages Les Aspres Côtes du Roussillon Villages Lesquerde Côtes du Roussillon Villages Tautavel

Schließlich existieren zwei kommunale AOCs für Collioure und Maury (in letzterem Fall ausschließlich für die trockenen Weine). Erwähnt seien noch die IGPs „Côtes Catalanes”, „Côte Vermeille” sowie die gemeinsame IGP „Côtes Catalanes/Côte Vermeille” für den Rancio (siehe unten). Eine Sonderstellung nehmen die VDN (= Vins doux naturels) ein, die ebenfalls mit fünf AOPs vertreten sind; im Einzelnen handelt es sich um: AOP – VDN Muscat de Rivesaltes AOP – VDN Rivesaltes AOP – VDN Maury AOP – VDN Banyuls AOP – VDN Banyuls Grand Cru

Diese Appellationen erstrecken sich auf 21.200 Hektar (1980 noch 50.000!) und produzieren hier 640.000 Hektoliter AOP- sowie IGP-Weine. Inzwischen sind immerhin 191 Weingüter auf biologischen Anbau umgestiegen, d. h. 17 % der Rebfläche werden so bewirtschaftet und tragen mit zum aktuellen Renommee des Roussillon bei.

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WEINREISE

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Im Unterschied zu gemeinhin üblichen, „asketischen” Degustationen fand diese Verkostung mit der Besonderheit statt, dass – wie es eigentlich für den Konsumenten üblich ist – zugleich katalanische Gerichte gereicht wurden, in diesem Fall in erster Linie Tapas, aber auch Llenties amb Albondigas (ein Linsengericht), eine Hauptspeise mit Hähnchenbrüsten und Garnelen (Pollastre amb Escamarlans) sowie Filets de Toronjes amb Cointreau i Xocolata Negre zum Süßwein (Orangenfilets mit Schokoraspeln). Zur Verkostung eingeladen waren Weinexperten, aber auch Liebhaber der spanischen Küche. Sechs Angaben (Weingut, Ort, Jahrgang, Name, Rebsorten und allgemeine Informationen) zu den Weinen waren vorgegeben, gekostet wurde nach beliebiger Reihung (der Preis war unbekannt). Folgend finden sich die Einzelheiten der Degustationsnotizen:

Côtes du Roussillon Villages. 14 %.

Schieferboden. Harmonischer Wein, dessen Komplexität sich erst am Gaumen zu seiner vollen Struktur entfaltet; Noten von Zwetschge, Sauerkirsche, sogar Banane; feurig mit deutlichem Abgang. € 5,89.

Château de Caladroy (Belesta): „Bouquet de Vignes” 2016. 58 % Syr, 36 % Gre, 6 % Car, etwas Mou (laut Etikett). AOC Côtes du Roussillon Village. 13 %. Sandig-lehmiger Boden, Schiefer und Gneis. 2018 Goldmedaille beim Concours des Grands Vins du Languedoc-Roussillon; feurige Aromen von Brombeeren und Gewürzen, dazu Trockenfrüchte; zunächst wenig Nase, eher metallisch-frisch; deutliche Tannine, ausgeprägte Schlieren. € 6,99.

Domaine Guitard (Tautavel): „La Frigoulette” 2013. AOP Côtes du Roussillon Villages. 13,5 %. Fruchtiger,

(Legende der Rebsorten: Car = Carignan; Gre = Grenache noir, Mou = Mourvèdre; Syr = Syrah)

Vignerons Catalans (Perpignan): „Le Vigneron Catalan Rouge” o. J. 50 % Car, 50 % Gre. IGP Côtes Catalanes. 12,5 %. Lehmig-kalkiger Boden, Kies, Granit. Aroma von Kirschen und schwarzem Pfeffer; einfacher, ansprechender Trinkwein, gehaltvoll und kräftig-elegant; trockene Tannine; sollte jung getrunken werden. € 3,49.

Vignerons Catalans (Perpignan): „Fruité Catalan” o. J. 50 % Syr, 20 % Car, 30 % Gre. AOP Côtes du Roussillon. 13,5 %. Granit, Schiefer, Kiesel. Granatrot mit purpurnen Reflexen; schwarze Beeren: rote und schwarze Johannisbeere, Brombeere, Gewürze mit frischem Abgang, dabei Nuancen von Trockenfrüchten und Kakao; verhältnismäßig komplex durch Fruchtsüße, dabei leicht adstringierend. € 4,29.

Château Montner (Montner): „Grande Réserve” 2016. Gre, Syr, Car. AOP

Roussillon; im Barrique ausgebaut; fruchtiger, charaktervoller Wein, der etwas fett am Gaumen liegt; im Vordergrund Pflaumen, ein Hauch Wacholder, sogar Karamell. € 15,89.

Domaine Sol Payré (Elne): „Terra Alta – Haute Terre” 2013. Car, Syr, Gre. AOP Côtes du Roussillon. 14,5 %. Steiniger Boden. Fleischiger, komplexer Wein, der sich mit all seinen Ecken und Kanten dennoch zu einem großen Geschmackserlebnis rundet; Favorit der Verkostung: „Ein großer Wein mit Spannung.” € 15,99.

Mas Baux (Canet en Roussillon): „Mataro Boy” 2017 (Mataro = katalanisch: Mourvèdre). Mou. IGP Côtes Catalanes. 15 %. Bio-vinifiziert; sehr ausgeprägter, eigentümlicher Geschmack; am Gaumen eher Weihnachtsgewürze als dunkle Waldfrüchte, dazu Nuss. € 18,00.

Château l’Ou (Montescot): „L‘Ou Ambré” 2008. Gre blanc. AOP Rivesaltes. 18,5 %. Süßwein; sieben Jahre im Fass gelagert; Aromen von Blutorange und Mandarine, Kastanie, weiße Schokolade und Aprikose, die in ihrer Kombination einen unverwechselbaren Geschmack generieren; kann (fast) lebenslang aufbewahrt werden. € 25,00.

Zwei Nachzügler verhältnismäßig schwerer Wein mit einem langen, intensiven Abgang; Noten von Pflaume, Brombeere und Gewürzen, vor allem Pfeffer, dazu etwas Wacholder. € 7,49.

Le Vin de Merde (Jean Marc Speziale; Mèze): „Le Vin des Philosophes” o. J. 12,5 %. Ahnung von kleinen roten Früchten; Farbe fast durchsichtig; süffig und einfach, etwas süßlich; Alkohol zu stark im Vordergrund. € 11,29.

Domaine Bisconte (Saint Génis des Fontaines): „Renaissance” 2016. Syr, Car, Gre. AOP Côtes du Roussillon. 15 %. 2018 Goldmedaille beim Concours des Grands Vins du Languedoc-

Ergänzt seien diese Weine noch um zwei weitere, die ich bereits in Südfrankreich verkostet habe:

Vignoble de la Coume del Màs (Collioure): „Folio” 2016. 90 % Gre gris, 10 % Gre blanc. AOP Collioure.

14 %. Schieferboden. Barriqueausbau; Ananas und helle Südfrüchte, cremig, intensives Obst- und Blütenaroma. € 19,50.

Domaine Deux Puits (Banyuls sur Mer): „Consolation. Dis-moi Oui” 2017.

Gre. IGP Côtes Catalanes. 15 %. Rote Beeren; warm, weich, wohl abgestimmt adstringierend; zugleich cremig und „alt”. € 12,00.

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Die Verkostung

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WINZERSEKT Blicke hinter die Kulissen RUDOLF KNOLL

Sekt war zum Jahreswechsel wieder ein wichtiges Thema in deutschen Landen. Der Handel übertraf sich gegenseitig mit Billigofferten für das prickelnde Getränk. Aber allmählich bekommt ein Begriff mehr Bedeutung: Winzersekt. Doch was steckt eigentlich exakt dahinter?

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ie Deutschen sind zwar immer noch Weltmeister im Pro-KopfVerbrauch von Sekt. Aber der Konsum ist in den letzten Jahren von 4 auf 3,5 Liter zurückgegangen. Die massive Supermarktwerbung mit Preisen deutlich unter 3 Euro für diverse Marken im Jahresendspurt dürfte daran in 2018 nichts mehr geändert haben. Absoluter Marktführer ist Rotkäppchen mit Sitz in Freyburg. Das Unternehmen, vor der Wende Marktführer mit Alleinstellungsrecht in der DDR, war nach 1989 eigentlich im desolaten Zustand, konnte aber in ruhiges Fahrwasser überführt und stabilisiert werden. 2001 war Rotkäppchen erstmals die erfolgreichste deutsche Sektmarke und erwarb bald darauf westliche Traditionsmarken wie Mumm, Jules Mumm und MM sowie Geldermann. 2017 verkaufte das innovativ geführte Haus 113 Millionen Flaschen Sekt. Die preislichen Zugeständnisse für solche Erfolge sind indes beachtlich. Ende 2018 stand die Marke mehrfach für 2,49 Euro im Regal, wohlgemerkt inklusive 1,02 Euro Sektsteuer.

Wissen muss man, dass solche Preise natürlich oft „Lockvogel-Angebote” sind, vom Handel nicht seriös kalkuliert. Denn selbst die Billigeinkäufe von Grundwein aus verschiedenen Ländern (meist Frankreich, Italien, Spanien) und die relativ einfache Herstellung im Großraumgärverfahren (Méthode Charmat) lassen solche Dumping-Angebote eigentlich nicht zu. Und der Rückgang von Sekt in Deutschland im Allgemeinen macht deutlich, dass sich viele Konsumenten nicht mehr von den „Billigheimern” verführen lassen. Immer mehr wenden sich dagegen einem Produkt zu, das in den 1980er-Jahren erstmals eingeführt wurde und inzwischen mit zuletzt neun Millionen Liter einen Marktanteil von freilich bislang nur drei Prozent erreicht hat – der Winzersekt.

Fragt man Konsumenten, was es mit dieser Deklaration auf sich hat, wird kaum jemand differenzieren und meinen, das sei halt Sekt vom Winzer. Dass es einige Vorschriften für die Nutzung dieser Bezeichnung gibt, werden die wenigsten wissen. Grundsätzlich muss der Grundwein von eigenen Reben des Winzers stammen; bei den Sorten genießt er weitgehend Freiheit. Aber er muss Wein nicht selbst zum Sekt veredeln.

Das übernehmen oft Lohnversekter wie die Erzeugergemeinschaft Winzersekt im rheinhessischen Sprendlingen. Und Winzersekt muss rechtlich ein Produkt der klassischen oder traditionellen Champagner-Methode sein, das heißt, er muss länger in der Flasche auf der Hefe liegen, ehe er in den Verkehr gebracht werden darf. Mindestens neun Monate schreibt der Gesetzgeber vor.

Am Ende müssen die Flaschen gerüttelt werden (längst übernehmen diese Arbeit automatische Rüttelpulte). Dabei sammelt sich die Hefe, die für die zweite Gärung zuständig ist, im Flaschenhals. Per Hand oder Maschine wird sie dann aus der Flasche befördert (degorgiert ist der Fachbegriff dafür).

Für Verwirrung kann die Bezeichnung „Flaschengärung” sorgen, die man noch gelegentlich entdeckt. Hier wird zwar auch Wein durch Vergärung in der Flasche zu Sekt. Aber die Hefe wird dann nach Umfüllung in Tanks in der Regel durch Filtration entfernt (Transvasierverfahren). Irritieren kann ebenso Sekt, der von einem Weinerzeuger kommt, aber nicht nach dem klassischen Verfahren erzeugt wurde. Gelegentlich offerieren zum Beispiel Genossenschaftskellereien solche Prickler – und die Konsumenten freuen sich über einen vermuteten „Winzersekt”, der deutlich unter 10 Euro kostet.

Der echte Winzersekt ist nach Einschätzung von Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut „eines der am meisten unterschätzten Produkte der Weinbranche”. Die besten dieser schäumenden Weine können es durchaus mit gutem Champagner aufnehmen.

Manche, wie Spezialist Volker Raumland aus Flörsheim-Dalsheim (siehe WeinfederJournal 55-2018), lassen solche Sekte etliche Jahre auf der Hefe liegen. Er plädiert nicht für die Bezeichnung Winzersekt („klingt mir zu bäuerlich”), sondern legt Wert auf den Begriff der „klassischen Flaschengärung”, alternativ „klassische Methode”.

Die Bezeichnung „Winzersekt”

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Der direkte Vergleich mit der Champagne ist nicht angebracht. Deshalb wurde den deutschen Produzenten 1994 per EU-Erlass die damals gern genutzte Bezeichnung „Méthode champenoise” untersagt. Denn in der Champagne gibt es weitreichende Vorschriften über die zugelassenen Rebsorten, die Erträge, die Pressausbeute beim Grundwein, die deutlich längere Lagerzeit auf der Hefe.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob der nach der klassischen oder traditionellen Methode hergestellte deutsche Sekt generell gut ist. Richtig ist, dass es etliche Schäumer gibt, die Nase und Zunge entzükken und manchen Champagner im Vergleich banal schmecken lassen. In diesem Fällen wird, so eine Grundregel von Volker Raumland, schon bei der Auswahl des Grundweines viel Sorgfalt aufgewandt. Was Spitze werden soll, entscheidet sich bereits im Weinberg. Aber es gibt auch noch eine Art Resteverwertung bei manchen Betrieben, die Wein, der nicht sonderlich gut gelungen ist, versekten oder versekten lassen, oder die bei der Grundweinauswahl sehr oberflächlich agieren.

Das Ergebnis ist dann Winzersekt mit abweisenden Aromen, grünen, säuerlichen und dumpfen Noten im Geschmack sowie viel zu viel Alkohol, weil schon der Grundwein zu schwergewichtig war. Letztes Jahr hatten wir in einer Verkostung für einen Wettbewerb dutzendweise solche Sekte im Glas und sehnten schließlich fast schon „Rotkäppchen” oder „Faber Krönung” herbei …

Notiz am Rande

führte schon mal zu einem Zerwürfnis zwischen

Deutschland und Österreich. Im Nachbarland wurde

angefragt, ob man diese Marke übernehmen dürfe, weil

die Bezeichnung „Hauersekt” nicht sonderlich verkaufswirksam war. Die Deutschen weigerten sich. Als man die „Reserve” aus Österreich nutzen wollte, gab es ein Veto, sodass deutsche Winzer seitdem genau auf die Schreibweise Réserve achten müssen, um nicht aus Österreich abgemahnt zu werden …

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DIAN DIALLO STATT VEUVE CLICQUOT DIAN DIALLO? WAS IST DENN DAS?

ARTHUR WIRTZFELD

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Guineer lanciert Champagner mit afrikanischem Namen. (Foto: Dian Diallo)

ie stehen weltweit an erster Stelle, wenn stilvoll gefeiert werden soll: Champagner der Marken Veuve Clicquot (La Grande Dame), Krug (Clos du Mesnil), Pol Roger (Sir Winston Churchill), Laurent Perrier (Grand Siècle), Taittinger (Comtes de Champagne), um nur einige zu nennen. Dazu gesellen sich weitere Marken mit exklusiven Namen und neuerdings ein Champagner namens Dian Diallo. Dian Diallo? Was ist das?

Dian Diallo, Schöpfer und Wortgeber seines Champagners, ist 40 Jahre alt, stammt aus Guinea, hat in Frankreich studiert und arbeitete viele Jahre für das französische Unternehmen Partema, eine Agentur für kommerzielle Animation von Luxusprodukten einer Reihe von High-End-Marken.

Diallos Interesse an Champagner führten den ehrgeizigen Master of Management und Master of Business auch zu LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton SE, wo er 2014 zum Markenbotschafter ernannt wurde. Ein Jahr später übertrug man ihm das Marketing für LVMH-Produkte in den Dutyfree-Shops der französischen Flughäfen

Orly und Roissy. Hier studierte Diallo das Verhalten der Konsumenten und kam schließlich auf die Idee, eine eigene Champagner-Marke zu lancieren.

Champagner für Afrika Den Champagner Dian Diallo hat sein Namensgeber im Grunde für seine Landsleute kreiert. Dafür musste er den Geschmack der Menschen entlang der westafrikanischen Region beachten. „Ich habe bemerkt, dass die Afrikaner viel lieber fruchtigen und süßen oder wenigstens halbtrockenen Champagner mögen. Ich lasse daher meinem Champagner ein bisschen Rohrzucker zufügen.”

Rémi Jacques, der französische Winzer, mit dem Diallo zusammenarbeitet, erläutert: „Wir halten ein strenges Rezept ein: 50 Prozent Pinot Meunier, 30 Prozent Pinot Noir, 20 Prozent Chardonnay. Dies ist die Formel für einen weichen, milden und leicht bekömmlichen Champagner für jedwede Tageszeit.”

„Wir liefern den Dian Diallo auch nach Europa, gedacht ist der Champagner aber für Liebhaber aus Guinea und den Anrainerstaaten Guinea-Bissau, Senegal, Mali, die Elfenbeinküste, Liberia, Sierra Leone.

Daher auch der afrikanische Name”, sagt Dian Diallo. „Es ist auf keinen Fall ein 'afrikanischer' Champagner, denn so etwas gibt es nicht. Der Dian Diallo entspricht in allen Teilen der traditionellen Herstellung des namensgeschützten Schaumweins.“

Stolz auf einen der Ihren Für Dian Diallo läuft das Geschäft gut. Die Nachfrage nach Champagner steht für eine wachsende Mittelschicht der Städte entlang der westafrikanischen Atlantikküste, die sich hin und wieder Luxusprodukte gönnt. Außerdem setzt der umtriebige Guineer auf den Zusammenhalt unter seinen Landsleuten: Diese seien „stolz“, einen Afrikaner zu sehen, der in dieser schwierigen Branche Fuß fasse.

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Foto: Joshua Chun

Leitfaden Champagner ARTHUR WIRTZFELD

Gerade zum Jahreswechsel herrscht die „Hoch-Zeit” der Schaumweine, allen voran Champagner. Doch auch übers Jahr hinweg sind Schaumweine nicht nur bei vielen offiziellen und persönlichen Anlässen die erste Wahl – es soll sogar Liebhaber geben, die sich nur den Pricklern widmen.

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eine Alternativen zum französischen Klassiker kommen „Weinpersönlichkeit des Jahres“, jährlich ausgelobt von der Weinfeder e.V. (siehe Weinfeder Journal Edition 55 vom Dezember 2018) – oder Österreich, aus der Lombardei oder der Franciacorta, doch viele leisten sich gerade zu persönlich wichtigen Anlässen „echten” Champagner. Sollten Sie sich also dafür entscheiden, dann sind meine Kaufempfehlungen vielleicht eine Hilfe für Sie.

Champagner muss aus der Champagne kommen Echte Champagner müssen aus der Region Champagne stammen, einem traditionellen Weinbaugebiet im Nordosten Frankreichs.

Obwohl Schaumweine weltweit nach der Champagner-Methode erzeugt werden, dürfen nur die Produkte aus der Champagne diesen Namen auf dem Etikett verwenden und werden als authentisch anerkannt – die Bezeichnung Champagne ist durch EU-Recht geschützt.

Die Prestige Cuvée eines Champagnerhauses hat oft einen eigenen Namen: Louis Roederer nennt sie „Cristal”, während Pol Roger „Sir Winston Churchill” produziert – eine Anspielung auf den robusten Körper des berühmten Politikers. Vintage-Champagner haben das Potenzial, sich in der Flasche zu entwickeln und eine Komplexität an Aromen wie Honig und Crème Brûlée zu entfalten.

Im Allgemeinen kommen Champagner ohne Jahrgangsangabe auf den Markt, sind also undatiert. Sie werden nicht aus einer einzigen Ernte hergestellt, sondern aus einer mehrjährigen Mischung von Grundweinen, die zusammen mit einer standardisierten Dosage zu einem einheitlichen Hausstil führt. Moët & Chandon ist einer der bekanntesten Champagner ohne Jahrgang.

Lohnt sich eine Prestige Cuvée?

Top-Champagner haben das richtige Gleichgewicht zwischen Säure und Intensität des Geschmacks. Prestige Cuvées von Louis Roederer oder Krug sind wirklich unglaublich, bieten eine erstaunliche Harmonie mit einhergehender animierender Lebendigkeit und eindrucksvoller Nachhaltigkeit (gemeint ist die Zeit, die der Geschmack im Mund verbleibt). Darüber hinaus verfügen diese Champagner über ein großes Potenzial, das es ihnen ermöglicht, sich mit dem zunehmenden Alter zu entwickeln. Eine gute Prestige Cuvée ist wirklich außergewöhnlich – Sie können den Unterschied durchaus schmecken.

Top-Marken und Nischenhersteller Wenn auch Top-Marken die erste Wahl sind, bieten auch einige Nischenhersteller beste Qualitäten. Zu den teuersten Champagnern gehören die „Prestige Cuvées”, so etwa Krug Clos du Mesnil, Krug Clos d'Ambonnay, Louis Roederer Cristal, Dom Pérignon und Salon Le Mesnil. In den letzten fünf bis zehn Jahren haben gerade kleinere Erzeuger an Beliebtheit gewonnen – speziell bei erfahrenen Sammlern und Kennern der Szene. Einer der Vorreiter unabhängiger Produzenten ist Jacques Selosse, der nicht zu den Traubenlieferanten der großen Namen zählt, sondern an der Spitze der hoffnungsvollen Bewegung steht. Verfolgen Sie insbesondere einschlägige Fachzeitschriften und Weinführer. Dort finden Sie unter anderem Newcomer aus der Champagne und entsprechende Bewertungen.

Magnum oder Miniatur? Im Zweifel stets großes Volumen!

Mit 1,5 Litern ist eine Magnum doppelt so groß wie eine 0,75-Liter-Standardflasche und halb so groß wie die 3-LiterJeroboam. Obwohl Großflaschen teurer sind, haben sie den Vorteil, dass in ihnen der Champagner langsamer altert, weniger zur Oxidation neigt und mehr Frische bewahrt. In der Summe bietet das größere Volumen dem Champagner einen günstigeren Verlauf der Reife. Alles dreht sich dabei um die Ullage, also den Abstand vom Korkboden zur Flüssigkeit. Dieses Verhältnis von Sauerstoff in der Flasche im Verhältnis zur Menge der Flüssigkeit, das nicht vermeidbar ist, ist das Geheimnis, denn in einer größeren Flasche ist das Verhältnis proportional geringer – rund die Hälfte im Vergleich zu einer 0,75-LiterStandardflasche.

Nicht-Vintage vs.

Prestige Cuvée Viele Produzenten bringen ein Top-Produkt heraus, das als Prestige Cuvée bekannt ist. Diese so deklarierten, besonderen Cham pagner werden nur nach einer außergewöhnlichen Ernte hergestellt und sind daher in viel kleineren Mengen und zu viel höheren Preisen erhältlich. Salon Le Mesnil beispielsweise hat seit seiner ersten Produktion im Jahr 1905 nur 39 Jahrgänge (Prestige Cuvées) veröffentlicht.

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Ein weiterer subjektiver Vorteil von größeren Flaschen ist natürlich, dass sie „was hermachen” und allein durch ihre Füllmenge für eine größere Runde geeigneter sind.

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Foto: Tristan Gassert

Ein Champagner erfordert ein gewisses Maß an Wissen und Respekt. Auf der Suche nach „Ihrem“ Champagner werden Sie eine genussvolle Reise erleben.

Schlüsselfaktoren für Sammler Das Champagnerhaus und der Jahrgang sollten Ihren Einkauf leiten.

Ich empfehle Einsteigern, zuerst verschiedene Champagner auszuprobieren, um herauszufinden, wohin der Geschmack tendiert.

Versuchen Sie es zum Beispiel mit einem Pol Roger, einem Krug, einem Bollinger oder einem Louis Roederer.

Sobald Sie sich für Ihr bevorzugtes Haus entschieden haben, wenden Sie sich den Prestige Cuvées zu. Obwohl Top-Champagner nur in außergewöhnlichen Jahren produziert werden, gibt es auch dabei teils markante Unterschiede. Im Jahr 2003 führte beispielsweise eine atypisch heiße Wetterlage dazu, dass nur wenige Häuser einen Jahrgang veröffentlichten. Prestige Cuvées aus diesem Jahr können allein durch die begrenzte Menge wertvoll sein. Im Jahr 2002 hatte dagegen fast jedes Haus eine Prestige Cuvée im Programm – zwar ein deutlicher Hinweis auf ein außergewöhnliches Jahr, macht aber

auch die Auswahl für eine Sammlung schwieriger. Tipp: 1996 war ein tolles Jahr für Vintage-Champagner.

Je länger die Reifephase, desto komplexer der Champagner Die Mindestanforderung für Champagner ohne Jahrgang beträgt zwölf Monate auf der Hefe und für Champagner mit Jahrgang drei Jahre auf der Hefe. In der Praxis dürfen Top-Champagner der führenden Häuser jedoch viel länger auf den Hefen reifen, die vor allem durch die zweite Gärung in der Flasche für den Charakter und die Komplexität ihrer Champagner verantwortlich zeichnen. Die lange Reife auf den Hefen hat insbesondere Auswirkungen auf die Geschmacksprofile mit Aromen nach frischen Croissants, Sauerteig, Karamellbonbons sowie komplexen Obertönen von Hefe und Toast – bedingt aus der autolytischen Zersetzung der Hefen über die Jahre.

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Begriffe: Flaschengärung, Degorgieren, Dosage Ein Champagner, der zuerst als Grundwein vorliegt, muss eine zweite Phase durchschreiten – die zweite Gärung, die sogenannte Flaschengärung. Dabei wird dem bereits gefüllten Wein Hefe und Zucker in einem bestimmtem Verhältnis zugefügt. Die Flasche wird dann mit einem Kronkorken verschlossen und klassisch auf Rüttel brettern kopfüber gelagert. Hier reift der Champagner seinem perfekten Mousseux entgegen.

Beim Degorgieren wird das Hefedepot der zweiten Gärung entfernt, indem man die Flaschen kopfüber in ein Kältebad taucht.

Durch die eisige Temperatur werden die im Flaschenhals befindlichen Stoffe gebunden und somit ein Herausschäumen verhindert.

Der in der Flasche herrschende starke Überdruck lässt den Eispfropfen aus der Flasche schießen, der Verlust an Flüssigkeit wird dann mit der Dosage aufgefüllt.

Im Champagner werden die Gehalte an Restzucker als Dosierung (frz. Dosage) bezeichnet. Die Dosage ist der letzte Schliff, den das Champagnerhaus seinem Produkt mitgeben kann. Diese Zugabe wird in Fachkreisen auch als „Liqueur de Dosage” oder auch als „Liqueur d’Expédition” bezeichnet. Der Zuckeranteil gibt den gewünschten Weintyp vor: Brut Nature (Brut Zéro, Brut de Brut, Brut Sauvage, Brut Intégral, Ultra Brut, Pas Dosé, Dosage Zero, Bruto Natural, Naturherb): unter 3 Gramm Zucker pro Liter, keine Dosage zugefügt.

Extra Brut (Extra Herb): unter 6 Gramm pro Liter Brut (Bruto, Herb): unter 15 Gramm pro Liter – Standard für trockenen Schaumwein

Extra Dry (Très Sec, Extra Secco, Extra Seco, Extra Trocken): 12 bis 20 Gramm pro Liter – überschneidet sich mit Brut und kann daher auch herber sein Sec (Secco, Seco, Dry, Trocken): zwischen 17 bis 35 Gramm pro Liter Demi-Sec (Semisecco, Abbocato, Semi Seco, Medium Dry, Halbtrocken): zwischen 33 bis 50 Gramm pro Liter Doux (Dolce, Dulce, Sweet, Süß): mehr als 50 Gramm pro Liter Dosage Zero-Champagner sind strenger und schlanker – perfekt als Begleitung beispielsweise zu Sashimi oder Austern. Am anderen Ende der Skala befinden sich Demi-Sec oder Doux, ideal für diejenigen, die süßen Champagner bevorzugen, ob als Begleiter zum Dessert oder am Ende einer Mahlzeit.

Alle Dosierungen dazwischen passen neben dem Sologenuss zu allen Speisen, jedenfalls für mich.

Wenn es einen Weintyp gibt, den ich persönlich als Allrounder bestimmen müsste, dann wähle ich einen nach der "Méthode champenoise", „Méthode traditionnelle“ oder "Champagnermethode" hergestellten Schaumwein, egal ob er von einem Erzeuger aus Deutschland, aus Österreich, aus der Champagne oder aus der Franciacorta stammt.

Gelegentlich werden Champagner als Blanc de Noirs oder Blanc de Blancs bezeichnet, was die Farbe und Vielfalt der verwendeten Trauben reflektiert. Blanc de Noirs wird aus Pinot Noir oder Pinot Meunier hergestellt, Blanc de Blancs rein aus Chardonnay. Blanc de Noirs sind typischerweise festere, strukturierte Weine mit besonderem, fragilem Körper und mit Aromen von roten Früchten. Blanc de Blancs zeigen Aromen von Zitrus, aber vor allem Finesse und Eleganz.

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Was ist mit Rosé-Champagner?

Rosé-Champagner können hervorragend sein. Wenn, dann haben diese in der Regel nur einen Makel, sie sind teuer, weil sie in kleineren Mengen produziert werden. Ihre Herstellung erfolgt traditionell aus den roten Trauben der Sorten Pinot Noir und Pinot Meunier. Der Champagner bleibt dann hell, wenn diese Trauben behutsam, aber auch sehr schnell gepresst werden, also bevor die Pigmente (Anthocyane) in ihrer Schale den Saft rosa färben können.

Rosé-Champagner erhält seine Farbe auf zwei Wegen. Bei der ersten Methode wird der Saft vor und während der ersten Gärung für kurze Zeit mit der Haut roter Trauben "gemaischt" – eine Technik, die als „Saignée“ bekannt ist und aus dem Französischen in diesem Kontext mit „blutet“ übersetzt werden kann. Diese Methode wird in der Regel von den besten Vintage-Produzenten bevorzugt.

Bei der zweiten Methode wird ein Basisweißwein mit normalem Rotwein vor der zweiten Gärung in der Flasche gemischt, was zu einem Champagner mit einem rosa Farbton führt.

Obwohl andere Roséweine auf diese Weise nicht hergestellt werden dürfen, ist dies für Champagner zulässig. Viele Nicht-VintageProduzenten bevorzugen diese Methode aufgrund ihrer konsistenten Farbe.

Eine Frage des Budgets Champagner muss das Budget nicht sprengen: Letztlich ist es eine Frage der persönlichen Vorstellung und auch einer besonderen oder passenden Gelegenheit. Prestige Cuvées sind zwar die erste Wahl, aber auch bis zu fünfmal so teuer wie Champagner ohne Jahrgang. Bekannte Prestige Cuvées renommierter Champagnerhäuser sind: Binet (Binet Elite Rosé, Binet Elite Blanc de Noirs und Médaillon Binet Rouge) – Bollinger

(La Grande Année) – Canard-Duchêne (Charles VII) – Deutz (William Deutz und Amour de Deutz) – Gosset (Celebris) – Heidsieck Monopole (Diamant Bleu) – Henriot (Cuvée des Enchanteleurs) – Joseph Perrier (Cuvée Royale) – Krug (Clos du Mesnil) – Lanson (Noble Cuvée) – Laurent-Perrier (Grand Siècle) – Moët & Chandon (Dom Pérignon) – Mumm (Mumm de Cramant) – Nicolas Feuillatte (Palmes d’Or Brut Vintage) – Perrier-Jouët (Belle Époque) – Pol Roger (Sir Winston Churchill) – Pommery (Cuvée Louise) – Roederer (Cristal) – Ruinart (Dom Ruinart) – Taittinger (Comtes de Champagne) – Veuve Clicquot-Ponsardin (La Grande Dame).

Wie soll ich Champagner aufbewahren?

Champagner sollte wie Wein gelagert werden: in kühlen, dunklen und nicht zu trockenen Kellern.

Die Lebensdauer eines Champagners ist allerdings kürzer als beispielsweise eines gerbstoffreichen roten Bordeaux. Dennoch, ein guter Jahrgangschampagner hat durchaus einige Jahre Reife in der Flasche vor sich und entwickelt gerade beim Altern viel Charakter, obwohl er zunehmend an Mousseux und damit an Perlage, also an dem markanten Schäumen verliert.

Wie serviere ich Champagner?

Coupes und Flöten sind traditionell, aber viele Experten empfehlen ein herkömmliches Weinglas. Ich selbst nehme gerne ein größeres, sich nach oben verjüngendes Weinglas. So kann ich die Aromen eines feinen Champagners am besten schnuppern. Und bitte beachten Sie die Temperatur: Zu kühle Prestige Cuvées, wie auch jeder zu kühle Wein, offenbaren oftmals nicht ihr volles Bouquet. Wenn Sie ein eiskaltes Glas mit Top-Champagner erhalten, lassen Sie dem Glas bzw. dem Champagner etwas Zeit, sich zu „erwärmen“, bevor Sie ihn genießen.

Außerdem sollten Sie den Champagner mit Respekt öffnen – umherfliegende Korken haben dabei nichts verloren.

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Amorella Kirsch-Manufaktur Zeugnis deutscher Fruchtweinkultur HERMANN-JOSEF BERG

Was die rund 2.000 Amorella-Kirschbäume rund um das Chausseehaus „spenden”, veredelt Manufaktur-Inhaber Fritz Mossel in schonender Aufbereitung zu zahlreichen Kirsch(wein)spezialitäten. (Foto: Amorella Kirsch-Manufaktur)

Deutschland ist in Sachen FruchtweinHerstellung Spitzenreiter in Europa.

Regionen wie Havelland, MecklenburgVorpommern und Süddeutschland gelten als traditionelle Standorte. Klassische Fruchtweine kommen vor allem von Kirschen, Erdbeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren und Brombeeren. Sie werden heute überwiegend industriell hergestellt – oder auch manufakturiert. Ein Fallbeispiel.

Zweifelsfrei gilt die deutsche Fruchtwein-

branche als gewichtiger Marktfaktor. Dies verdeutlicht schon der Blick auf die nackten Zahlen: 2017 erreichte das Produktionsvolumen 13,7 Millionen Liter. Rechnet man den absatzdominierenden Apfelwein und einige andere Varianten hinzu, belief sich die Summe im letzten Jahr auf 105,8 Millionen Liter. Tendenz steigend, signalisiert der Verband der deutschen Fruchtwein- und Fruchtschaumwein-Industrie e.V. (VdFw, Bonn).

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uf einer ganz anderen Ebene dieses Genres bewegen sich die Manufakturen. Diese Betriebe – vorwiegend auf den Apfel fokussiert – spiegeln die Herkunft der FruchtweinHerstellung wider. Für viele Obstbauern waren Fruchtweine Nebenprodukte, häuslich gekeltert und auf dem Wochenmarkt oder ab Hof verkauft.

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Stete Sortimentserweiterung bei Preisproblematik

Optisch zwar am Boden, aber aufrecht seit Generationen der Liebe zur Kirsche frönend: Fritz und Katja Mossel (li./re.), die sechste Generation, Annika und Finn, womöglich die siebte Generation. (Foto: Amorella Kirsch-Manufaktur)

Abenteuer mit zunehmendem Erfolg

Umso erstaunlicher ist der unternehmerische Mut, sich ausschließlich auf Kirschspezialitäten zu konzentrieren. Die „Amorella Kirsch-Manufaktur” in MainzMarienborn hat es getan. „So langsam spüren wir den Erfolg unserer Bemühungen”, bilanziert Fritz Mossel (52). Gemeinsam mit seiner Frau Katja (49) hat er sich 2006 auf dieses „Abenteuer” eingelassen. „Wir wollten etwas anderes machen, was sich aus der Masse hervorhebt.”

Der Unterschied heißt Amorella. Diese Kirschsorte wurde in den Gärten des „Château à Moreille” in der westfranzösischen Region Poitou-Charentes angebaut und geerntet. Aus der Verballhornung der Herkunftsbezeichnung (im Schatten von Schloss Moreille) entstand „Schattenmorelle” – heute die meistangebaute Sauerkirschensorte weltweit. Verwandte Bezeichnungen sind Morello, Große Lange Lothkirsche, Nordkirsche und Sauerlothkirsche.Mit der dunkelroten bis schwarzen, kräftig säuerlichen Amorella (unter „Amorella-Kirsch” als Markenbegriff geschützt) kreierte Großvater Dr. Hans Mossel bereits 1948 einen fruchtig-frischen, aromatischen Kirschwein. Noch heute ist das Produkt ein Verkaufsklassiker der jetzigen Eigentümer.

Rund 2.000 Amorella-Bäume auf dem 33.000 Quadratmeter großen Chausseehaus-Grundstück (1774 erbaut, seit 1822 im Familienbesitz) sichern heute die Umsatzbasis in Form von qualitativen Weinen (annähernd 12.000 Flaschen), Sekten, Säften, Essigen, Likören, Bränden und weiteren Produkten. Ständig suchen Katja und Fritz Mossel – sie verkörpern die sechste Familiengeneration – nach Neuerungen im Sortiment. Es wird ab Hof, über Messen und Slow Food-Sympathisanten (in der Gastronomie und privat) vermarktet.

Noch ist es den Mossels – vor allem wegen der industriellen Konkurrenz – nicht gelungen, den Aufwand für ihre Pre mium produkte in entsprechende Preise umzumünzen. Fritz Mossel: „Der Herstellungsaufwand ist enorm – und der Zeitdruck in der Erntezeit immens.” Dafür steht, je nach Witterung, ein Zeitfenster von rund zwei Wochen zur Verfügung.

Und dann durchkreuzen auch noch Wetterkapriolen die Planungen. So vernichtete Hagel im Frühjahr 2018 fast 70 Prozent der Kirschernte rund um das Chausseehaus.

Für die Mossels mit ihrer in Deutschland wohl einzigartigen Amorella Kirsch-Manufaktur ist jedoch jede Erntezeit grundsätzlich ein Highlight. Einerseits ein Blick in die familiäre Vergangenheit, andererseits ein jährlicher Fixpunkt für ein neues Wirtschafts jahr. Deutschlands Kirsch- und Fruchtweinkultur lebt nicht zuletzt durch diese Kleinbetriebe!

Und noch immer schwört der Betrieb auf die Maischegärung. Sind die Kirschen meistens in der zweiten Julihälfte stielfrei geerntet, werden sie – direkt vom Feld kommend – eingemaischt. Weil die Sommertemperaturen das Erntegut aufgeheizt haben können, erfolgt zunächst ein mindestens ganztägiges Abkühlen. Im weiteren, von kontrollierter Kühlung bestimmten Maischeprozess werden die Kirschen zerkleinert und Hefe der pulpigen Masse zugesetzt. Nach einer – je nach gewünschtem Produkt – unterschiedlichen Gärzeit steht das Auspressen der Maische an, wobei auch die Kirschkerne zurückbleiben. Der ausgepresste Saft, dem eventuell noch etwas Zucker (Nährstoff für die Hefe) zugesetzt wird, kommt danach – produktabhängig – in Edelstahltanks oder inzwischen auch Barriques. „Jetzt sind auf jeden Fall einige Monate Ruhezeit angesagt”, erklärt Fritz Mossel, „ehe frühestens im Dezember des Erntejahres in Flaschen abgefüllt wird.” Die Kirschsekt-Spezialitäten liegen mindestens neun Monate oder auch bis zu 18 Monate auf der Hefe.

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Ist Wein glutenfrei?

Foto: Aaron Amat

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Keine Sorge: Wein gilt als gesundheitsverträglich bei Personen mit glutenbedingten Erkrankungen – allerdings unter Ausschluss anderer gesundheitlicher Probleme im Zusammenhang mit Alkoholkonsum.

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chon seit über einer Dekade ist „glutenfrei” ein Begriff, den anfänglich Allergiker ins Bewusstsein gerufen haben. Aber auch im Zuge des vegetarischen und veganen Lebensstils verzichtet ein Teil „ernährungsbewusster” Menschen auf Gluten, obwohl bei diesen Konsumenten keine Allergie vorherrscht. Dagegen leidet ein geringer, doch bemerkenswerter Teil der Konsumenten an einer Unverträglichkeit gegenüber glutenhaltigen Lebensmitteln. Wir sprechen hier über die Zöliakie*, eine Autoimmunerkrankung, von der circa 1,0 Prozent der Bevölkerung in Europa betroffen ist.

Eine der bekanntesten Befürworterinnen für glutenfreie Ernährung ist die prominente Schauspielerin Gwyneth Paltrow, die in ihrem neuesten Kochbuch sendungsbewusst glutenfreie Nahrung in den Fokus stellt. Dagegen hat der hierzulande bekannte TV-Koch Vincent Klink (Restaurant Wielandshöhe in Stuttgart) Allergikern Hausverbot erteilt.

Dies nur als Beispiel für die Kontroverse dieses Themas.

Mittlerweile ist „Gluten” ein Begriff, dem man sich nicht mehr entziehen kann und der sich mittlerweile auch unter Weinliebhabern, Thema „glutenfreier Wein”, ausgedehnt hat. Ein Grund mehr, der Sache auf den Grund zu gehen – ein Leitfaden für Zöliakiekranke, Diätetiker und Glutenunverträglichkeit.

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Zwei Ausnahmen Während Wein im Allgemeinen als gesundheitsverträglich bei Personen mit glutenbedingten Erkrankungen (unter Ausschluss anderer gesundheitlicher Probleme im Zusammenhang mit Alkoholkonsum) angesehen wird, sollten Allergiker immer über zwei Ausnahmen informiert sein, in denen Wein mit Gluten, wenn auch in geringen Mengen, in Kontakt kommen kann.

Szenario 1 Ein Fass, in dem Wein lagert, wurde mit Weizenpaste versiegelt, die Gluten enthält. In der gesamten Weinindustrie wurde mittlerweile diese Paste weitgehend durch Wachsersatzstoffe auf NichtGluten-Basis ersetzt, und selbst wenn sie verwendet wird, ist der Kontakt des Weins mit Weizenpaste praktisch vernachlässigbar.

Nach einer Studie aus dem Jahre 2012 von GlutenFree Watchdog.org enthielten Weine, die in mit Weizenpaste versiegelten Fässern reiften, weniger als zehn ppm (zehn mg/kg) Gluten. In der EU gilt bei Lebensmitteln ein Grenzwert zur Deklaration „glutenfrei” von weniger als 20 ppm (20 mg/kg) Gluten.

Ausschließende Lebensmittel Wie der Name schon sagt, geht es bei einer glutenfreien Ernährung darum, Gluten zu vermeiden, ein Proteingemisch (Klebereiweiß), das vor allem in Dinkel, Weizen, Grünkern, Gerste, Hafer und Roggen enthalten ist. Dies bedeutet, dass traditionell zubereitete Brote, Pasta, Müsli und Bier automatisch vom Tisch sind. Gluten, und das ist unbestritten, kann ein ernstes Gesundheitsproblem für diejenigen sein, die eine Intoleranz oder Allergie haben. Besonders trifft es Menschen, die an Zöliakie leiden, einer Autoimmunerkrankung, bei der die Aufnahme von Gluten zu Schädigungen im Dünndarm und anderen langfristigen gesundheitlichen Komplikationen führen kann. Menschen mit dieser Erkrankung, die lebenslang anhält, müssen wissen, ob ein Lebensmittel oder Getränk Gluten enthält.

Die Frage und die Antwort Seit dem 13. Dezember 2014 gilt die EU-Verordnung, dass gastronomische Betriebe darüber Auskunft geben müssen, welche glutenhaltigen Getreide als Zutaten in den angebotenen Speisen vorhanden sind. Dies ist wichtig für Allergiker, die sich glutenfrei ernähren müssen – sie haben keine Wahl, denn sie zahlen ansonsten einen hohen Preis. Unabhängig davon, warum die Menschen sich für oder gegen Gluten entscheiden, wird von den Allergikern immer häufiger die Frage gestellt: Kann ich sorglos Wein trinken?

Die Antwort lautet: ja. Wein ist das klassische Beispiel für ein alkoholisches Getränk, das kein Gluten enthält, sofern der Wein aus Trauben, die naturgemäß kein Gluten enthalten, hergestellt wurde – und weil der Wein beim Produktionsprozess normalerweise keinerlei Gluten ausgesetzt ist. Auch an Zöliakie Erkrankte können somit bedenkenlos Wein genießen, und das gilt natürlich auch für Schaum- und Perlweine.

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Ups … dem Winzer fiel gerade ein Vollkornsandwich in den Tank …

Zum Thema Grenzwerte sagt die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V. (Zitat): „Die Bezeichnung „glutenfrei“ impliziert zunächst 'kein Gluten', jedoch in der Praxis ist ein Glutengehalt von null ppm derzeit nicht realisierbar. Dies beruht zum einen auf einem Kontaminationsrisiko. Sogar von Natur aus glutenfreie Getreide, wie z. B. Reis oder Mais, können Kontaminationen mit glutenhaltigem Getreide (Fremdbesatz) enthalten. Zum anderen ist bisher keine analytische Methode bekannt, die null ppm Gluten in einem Lebensmittel tatsächlich nachweisen kann. Der niedrigste bisher nachzuweisende Wert sind drei ppm.”

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Szenario 2 Wein kommt mit Schönungsmitteln in Kontakt, die mit Gluten kontaminiert sein könnten. Dies ist eigentlich auszuschließen, da Gluten bei Schönungsmitteln in der Regel keine Rolle spielt. Selbst wenn Glutenspuren bei der Weinbereitung in den Wein geraten – dem Winzer fällt ein Vollkornsandwich in den Tank –, würden die Phenolharze mit dem Gluten reagieren und dieses wäre nach dem Filtern des Weins nur noch marginal messbar.

Foto: Niklas Hamann

Allerdings werden nicht alle Weinprodukte gleich hergestellt.

Einige enthalten für Zöliakiekranke unsichere Mengen an Gluten, bedingt durch zusätzliche Farb- und Geschmacksstoffe, die dem Wein zugegeben werden können.

Und was jetzt?

Unter dem Strich ist der Weingenuss für an Zöliakie leidende Menschen nicht problematisch. Wenn Sie jedoch zu 99,9 Prozent sicher sein möchten, dass der Wein in Ihrem Glas nicht mit Gluten in Kontakt gekommen ist, dann bleibt Ihnen nur die Bestätigung vom Erzeuger, sofern der Wein auf dem Etikett nicht als „glutenfrei” gekennzeichnet ist.

Zöliakie Zur Verbreitung und Entwicklung von Zöliakie haben Professor Carlo Catassi (Polytechnische Universität in den Marken – Italien), Gastprofessor für Pädiatrie und Co-Direktor für das Forschungszentrum „Center For Celiac Research“ der University of Maryland – Baltimore – USA) und das Dr. Schär Institute (Bozen/Italien) eine umfassende Analyse in einem Artikel veröffentlicht. Dort ist auszugsweise zu lesen (Zitat): „In der Vergangenheit wurde Zöliakie als eine seltene Krankheit angesehen, die fast ausschließlich auf die europäische Bevölkerung und auf die Altersgruppe der Kinder begrenzt war. Die ersten flächendeckenden Untersuchungen mittels der oben genannten Tests, die seit den 1980er-Jahren durchgeführt wurden, haben eine ganz andere Realität ans Licht gebracht: Zöliakie ist eine der absolut häufigsten Pathologien, zumindest in Bezug auf jene, die lebenslang andauern, und betrifft gleichermaßen Kinder und Erwachsene mit einer gewissen Präferenz für das weibliche Geschlecht (Verhältnis Männer/Frauen = 1:1,5–2)! In Europa, das als Wiege der Forschung in diesem Bereich gilt, liegt die durchschnittliche Prävalenz der Zöliakie bei ca. 1,0 % der Bevölkerung, allerdings mit beträchtlichen Unterschieden von einem Land zum anderen: So sind z. B. in Deutschland „nur“ 0,2 % von Zöliakie betroffen, während sie in Finnland und Schweden über 2,0 bis 3,0 % der Bevölkerung betrifft. Da die genetischen Unterschiede zwischen diesen Völkern sehr gering sind, ist anzunehmen, dass die oben genannten Schwankungen vor allem auf noch wenig bekannte Umweltfaktoren zurückzuführen sind, darunter Kinderernährung, Darminfektionen und die Typologie der Darmflora (sogenanntes Mikrobiom). Eine durchschnittliche Häufigkeit von 1,0 % wurde auch in anderen Ländern festgestellt, in denen die Bevölkerung hauptsächlich europäischen Ursprungs ist, darunter die USA, Australien und Argentinien. Erhöhte Werte betreffen die Bevölkerungen in Mexiko (1,5–3,5 %), Türkei (0,8–2,5 %), Indien (1,04–1,44 %) und die Westsahara mit Höchstwerten (5,6 %).”

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Foto: Elena Lopes

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Auferstehung des Weinhandels nach IS-Herrschaft Nach dem Sieg über die

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ARTHUR WIRTZFELD

Dschihadisten kehrt der Alkohol nach Mossul zurück.

ls in den 1990er-Jahren das internationale Handelsembargo gegen den damaligen Diktator Saddam Hussein zu einer ganzen Reihe von Engpässen führte, begann der Niedergang des Weinhandels im Irak. Und das Geschäft mit Wein und Spirituosen wurde während und nach der US-Invasion in 2005 noch riskanter, insbesondere weil sich Auf stände ausbreiteten und die Aufstän dischen immer mehr Angriffe auf Alkoholgeschäfte verübten.

Im Zuge der jüngsten Geschehnisse während der Herrschaft der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) kam der Handel mit Alkohol zum Erliegen. Fast überall im Land, so auch in Mossul, bestrafte der IS den Konsum von Alkohol mit Peitschenhieben oder Schlimmerem, doch schon ein Jahr nach dem Sieg über den IS erlebt der Handel mit Alkohol einen zaghaften Aufstieg. Die wiederbelebten Läden füh-

ren jetzt amerikanischen Whisky, südkoreanisches Bier und Arak – Letzterer ist ein klarer, ungesüßter Anisschnaps aus heimischer Produktion.

Es bleibt ein Wagnis Das Geschäft mit Wein, Bier und Spirituosen läuft wieder an, obwohl in der konservativen muslimischen Gesellschaft generell der Konsum von Alkohol umstritten bleibt, ja sogar verpönt ist. Immer noch wird in Hotels und Restaurants selten Alkohol angeboten. Es bleibt daher ein Wagnis, wenn junge Leute öffentlich Wein oder Bier trinken. Entweder ziehen sie sich privat zurück oder genießen verstohlen im Dunkeln am Ufer des Tigris mitgebrachte Alkoholika.

Mit Preisen von einem Euro pro Bier bis zu einigen Dutzend Euro für harte Spi rituosen bleibt es ein teures Vergnügen,

das sich nur wenige leisten können. Dazu kommt, dass Anwohner rund um die Verkaufsstellen protestieren, einige aus religiösen Gründen, andere zum Schutz der Jugend.

Schutz der individuellen Freiheiten Vor zwei Jahren verhandelte das irakische Parlament einen Gesetzentwurf, der den Import und Verkauf von Alkohol ganz verbieten wollte. Zwar wurde der Entwurf zurückgewiesen, doch müssen Läden seitdem einen Mindestabstand zu Kultstätten und Schulen einhalten. Der Bürgerrechtler von Mossul, Mohammed Salem, findet die Regulierung des Alkoholverkaufs grundsätzlich in Ordnung, warnt aber vor einer erneuten Einschränkung der Freiheit. Er wird zitiert: „Am besten wird der Handel und Verkauf von Alkohol unter der Auf-

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sicht der Gesundheits- und Sicherheitsbehörden organisiert. Jede Entscheidung zum Verbot von Alkohol wäre aber ein Verstoß gegen die individuellen Freiheiten.”

Gute alte Zeiten

großen Städten und die Menschen genossen Alkohol in aller Öffentlichkeit, ohne dass sich jemand daran störte. Von diesen Zeiten wissen nur noch die Alten zu berichten, für die es selbstverständlich war, in Restaurants und Bars Wein, Bier und Spirituosen zu bestellen.

Es war mal völlig anders. In den 1960erund 1970er-Jahren herrschte im Irak eine liberale Gesellschaft und der Konsum von Alkohol war verbreitet. Damals gab es Weinkeller und Alkoholgeschäfte in den

Es bleibt ein Keim der Hoffnung im Irak, ob sich im Zuge der Normalisierung der gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Lage auch der Handel mit Alkoholika wieder etabliert. Jedenfalls möchte vor allem die

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Jugend Normalität und dazu gehört auch der uneingeschränkte Genuss von Wein, Bier und Spirituosen. International hat die Getränkeindustrie den Irak ebenfalls im Blick und wird reagieren, sobald sich dazu eine dauerhafte Gelegenheit ergibt.

Syrien: „Der gefährlichste Wein der Welt” Die Rahmenbedingungen für die Produktion haben dafür gesorgt, dass das Ergebnis gelegentlich als „gefährlichster Wein der Welt” bezeichnet wird. Auf jeden Fall ist der verkostete Wein großartig, mit dem feinen Duft nach Tannennadeln und Leder. Im Geschmack ist die Cuvée von Cabernet Sauvignon, Syrah und Merlot angenehm würzig, komplex, vielschichtig, hat feine, reife Tannine und viel Potenzial. Passt perfekt zu Geschmortem sowie zu Wild und Lamm.

Fotos: Domaine de Bargylus

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oran denkt man seit einigen Jahren bei Nennung des Staates Syrien? Vermutlich an Bürgerkrieg, IS-Gräueltaten, Assad und Giftgas sowie Millionen Flüchtlinge. An Wein wird wohl zuallerletzt gedacht. Aber den gibt es tatsächlich in Syrien. Und zwar in der Nähe zur libanesischen Grenze. 2003 begannen die Brüder Karim und Sandro Saadé mit dem Aufbau einer Weinkellerei am Mount Bargylus, wo es in vorislamischer Zeit bemerkenswerten Weinbau gab. Die Familie Saadé ist Eigentümer eines weiteren Weingutes im Libanon (Château Marsyras) und konnte in Syrien mit Stéphane Derennoncourt (u. a. Domaine de Chevalier) als Berater einen Bordelaiser Profi gewinnen, der das Potenzial optimal ausschöpft.

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RUDOLF KNOLL

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Foto: Majestic Wine

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Britischer Weinhandel startet Hamsterkäufe

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ARTHUR WIRTZFELD

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roßbritannien verlässt am 29. März 2019 die EU – seit Ende November 2018 liegt eine Grundsatzeinigung zwischen London und Brüssel zu ihren Beziehungen nach dem Brexit vor.

Nervosität und Unsicherheit herrschen auf beiden Seiten des Kanals, auch in der Weinbranche. Rund 55 Prozent des in Großbritannien genossenen Weins stammen aus Ländern der EU.

Bibendum, der ebenfalls Nachteile befürchtet und ergänzt: „Wir haben schon begonnen, uns mit bedeutenden Puffervorräten auszustatten, um potenzielle Störungen nach dem Brexit zu deckeln.”

Das britische Weinhandelshaus Majestic* Wine will in den verbleibenden Wochen bis zum Austritt Großbritanniens aus der EU Wein im Wert von bis zu neun Millionen Euro importieren und einlagern. „Wir planen für harte Zeiten”, sagte Majestic-Chef Rowan Gormley jüngst bei Vorlage der Jahresbilanz.

Insbesondere versucht der britische Weinhandel aktuell, sich mit französischen Weinen aus Burgund einzudecken. Dort ist die Bilanz rückläufig – in den ersten acht Monaten 2018 sanken die BurgunderExporte nach Großbritannien um 7,6 Prozent und der Umsatz um fast ein Prozent. Somit wird der Kaufwille der Briten in Burgund wenig kritisch betrachtet.

Auch andere Unternehmen wie Premier Foods oder die Cateringfirma Compass haben bereits angekündigt, sie wollten Vorräte anlegen. „Ein Großteil des britischen Weinhandels ist längst wegen des schwachen britischen Pfunds unter Druck. Aber wir sind als Teil der C&C Group mit der Bibendum PLB Group finanziell gut aufgestellt, um die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit zu meistern”, erläutert Michael Saunders, CEO des britischen Getränkeriesen

Angst vor einem No-Deal-Szenario

Auf einer Pressekonferenz der Hospices de Beaune Ende letzten Jahres riet der Präsident der Union des Maisons de Vins de Grande Bourgogne, Frédéric Drouhin, den Herstellern, einem zu erwartenden Kaufwillen der Briten nachzugeben, bevor mögliche einschränkende Zollbestimmungen den Marktzugang erschweren. Gegenüber der Presse äußerte sich Drouhin: „Wir sind sehr besorgt

Unsicherheiten bezüglich des Brexit-Handelsabkommens führen auf beiden Seiten des Kanals dazu, dass branchenübergreifend Produkte, darunter auch Wein, vorsorglich eingekauft und eingelagert werden, bevor Großbritannien die EU offiziell verlässt.

über unsere künftige Fähigkeit, Wein nach Großbritannien zu exportieren, da nicht klar ist, wie der Brexit letztlich ausfallen wird und welche Zollbestimmungen dann gelten.”

Majestic Wine *Majestic Wine ist Großbritanniens größter Weinspezialist. Zu den operativen Gesellschaften des Konzerns gehören: Majestic Wine Warehouses Ltd., der Haupteinzelhandelsbetrieb des Vereinigten Königreichs Lay & Wheeler, ein ausgezeichneter Weinund Primeurspezialist, Vinotheque Holdings Ltd. sowie Naked Wines International.

Majestic Wine verfügt derzeit über 211 Geschäfte in Großbritannien.

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Fälschung oder die „älteste Flasche Wein der Welt“ aus der Türkei

as in der türkischen Tageszeitung „Hürriyet” stand, klang nach einer Sensation für die Weinwelt. Ein Gendarmerie-Kommando habe einen Schmuggel mit historischen Artefakten aufgedeckt, die in einer Tankstelle im Bezirk Susurluk versteckt waren. Sieben Personen seien festgenommen worden. Zur Ware gehörten neben zwei Würfeln Schlangengift (!) auch einige Flaschen Wein. Sie waren mit Ton bedeckt und mit Traubenmustern geschmückt. Der Inhalt war Rotwein, der angeblich rund 2.000 Jahre alt sein sollte und einen Wert von umgerechnet mindestens 20.000 Euro/ Flasche verkörperte.

Bei diesem Alter wäre der Wein deutlich älter als die im Historischen Museum der Pfalz in Speyer aufbewahrte Flasche mit winzigen Flüssigkeitsresten, die rund 1.700 Jahre alt sein dürfte und als „älteste Flasche Wein der Welt” gilt.

In der Türkei musste es beim erwähnten Gendarmerie-Kommando undichte Stellen gegeben haben. Denn zumindest zwei der scheinbar historischen Flaschen gelangten in die Hände eines in Württemberg lebenden Türken, der sie nach eigenen Angaben zum Preis von umgerechnet 650 Euro/Flasche erworben hatte und sich vermutlich im Glauben befand, das sei ein Schnäppchen.

Aber er wollte etwas über den Inhalt wissen, nahm Kontakt mit dem Weinlaboranten Horst Klingler in Waiblingen auf und beauftragte ihn mit einer Analyse. Diese ergab etwa 12 Volumprozent Alkohol, 14 g/l Restzucker und einen Wert an flüchtiger Säure, der schon beim schnellen Schnuppern die Nase vibrieren ließ. 2,2 g/l Essigsäure sind weit über der gesetzlichen Zulässigkeit. Hinzu kam, dass die Flaschen offenbar recht gut gefüllt waren, der Inhalt keine bräunlichen oder sonstigen auffälligen Noten hatte – was nicht gerade darauf hindeutete, dass er vor 2.000 Jahren zu Wein wurde.

Zum Alter konnte unser Laborant nichts mitteilen. Aber es gab ja die Möglichkeit, eine Flasche von Experten auf ihr Alter zu untersuchen. Hier kam der mit Klingler gut bekannte Schreiber dieser Zeilen ins Spiel. „Ein Journalist hat bessere Möglichkeiten, zu recherchieren”, meinte er, gab eine Flasche aus der Hand, nicht ahnend, dass neben einer tatsächlichen Spurensuche nach Instituten, die das Alter von Flaschen eruieren konnten, auch Schabernack betrieben wurde. So geschehen bei einer Wohltätigkeits-Weinauktion im Allgäu mit Mitgliedern eines Lions-Clubs, bei der die Flasche zwischen einem reifen Bordeaux und Dom Pérignon 1996 als „Lot Nr. 8a” aufgerufen wurde.

Der Chef des Hauses Prinz-Luitpold-Bad in Bad Hindelang, der weinaffine Hotelier Armin Gross, wurde besonders ins Visier genommen. Schließlich gründete er mit Augenzwinkern das 14. deutsche Anbaugebiet Allgäu, krönt eine Allgäuer Weinkönigin und baut auf 860 Meter Höhe Solaris an, mit dem Jahrgang 2018 hat er dafür sogar eine offizielle Genehmigung. Er habe die Riesenmöglichkeit, sein Hotel zu einer Pilgerstätte für Weinfans aus aller Welt zu machen, wenn er den ältesten Wein der Welt und zugleich den jüngsten deut-

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Der „Römerwein aus Speyer” aus dem Historischen Museum der Pfalz in Speyer ist der älteste flüssig erhaltene Traubenwein der Welt.

Er ist annähernd 1.700 Jahre alt und wurde, in eine Glasflasche gefüllt, einem Römer als Grabbeigabe ins Jenseits mitgegeben. Der Wein hat sich unter speziellen Bedingungen bis heute erhalten.

schen Wein im Haus präsentieren würde.

Aber er weigerte sich, wie seine LionsFreunde, die Hand zu heben und damit den Zuschlag zu bekommen. Chance verpasst. Dafür machte einer für den Dom Pérignon über 200 Euro locker.

Nun denn, die solide Recherche ging weiter durch Hinweise des Landesmuseums Stuttgart und von Glashersteller Schott Zwiesel. Es stellte sich heraus, dass es einige Profis gab, die in der Lage waren, das Alter von Glas und Ton festzustellen. Aber das war mit nicht gerade geringen, doch verständlichen Kosten verbunden. Ein ArchäometrieExperte teilte einfach mit, man möge ihm doch mal ein Bild der Flasche schicken. Sein Urteil kam schnell: Weil das Glas keinerlei Korrosion erkennen ließ, sei anzunehmen, sie stamme aus einem türkischen Supermarkt der Neuzeit.

Foto: Historisches Museum Pfalz/Speyer

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Foto: DWI

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Weltweite Weinproduktion auf Rekordkurs

ie weltweite Weinproduktion hat im vergangenen Jahr eines der besten Niveaus seit der Jahrtausendwende erreicht. Die Internationale Weinorganisation (OIV) mit Sitz in Paris teilte während des Internationalen Weinbauund Weinkongresses in Punta del Este in Uruguay mit, „… aktuellen Schätzungen zufolge wird die Produktion für das Erntejahr 2018 weltweit 279 Millionen Hektoliter betragen. Dies sind 13 Prozent mehr als im Vorjahr”, hieß es auf der Pressekonferenz.

Eine im wahrsten Sinne des Wortes naturgemäß völlig andere Voraussetzung als im vergangenen Erntejahr. In 2017 war die Weinproduktion weltweit auf ein 50-Jahres-Tief gefallen. Die OIV sprach von einem „historisch schwachen” Jahrgang. In den drei größten Herstellerländern Italien, Frankreich und Spanien hatten Frost im Frühjahr und trockene Sommer zu Ernteeinbrüchen geführt.

Die Zahlen Die Produktion 2018 werde hingegen eine der höchsten seit 2000, betonte die OIV. Demnach verteidigt Italien mit 48,5 Millionen Hektolitern seinen Titel als größter Weinhersteller der Welt, gefolgt von Frankreich (46,4 Millionen Hektoliter) und Spanien (40,9 Millionen Hektoliter). Deutschland liegt (nach Angaben des statistischen Bundesamtes) bei knapp elf Millionen Hektolitern. Den höchsten Weinkonsum verzeichneten nach wie vor die gleichen Protagonisten: die USA, gefolgt von Frankreich, Italien, Deutschland und China.

Kurzer Blick nach Deutschland Aus der aktuellen Datensammlung des Deutschen Weininstituts (DWI), hier nachzulesen – Kurzlink: goo.gl/n4LmWT –, geht hervor, dass rund 10,74 Millionen Hektoliter geerntet wurden. Das Statistische Bundesamt, das im Auftrag des DWI die Zahlen final ermittelt hat, kam erwartungsgemäß auf eine leicht höhere Summe: 10,9 Millionen Hektoliter. All dies ist einerseits erfreulich, andererseits ist mit einem Preisdruck zu rechnen. Insbesondere die Kellereien sind von den medialen Hurra-Meldungen gar nicht begeistert, weil ihre Vertragspartner durch die gegebenen Mengen versuchen werden, die Preise aufgrund der jetzt zur Verfügung stehenden Mengen zu drücken.

Deutschland ganz vorne beim Burgunder Übrigens, auch eine bemerkenswerte Zahl: Deutschland ist laut DWI mit einer Rebfläche von 5.334 Hektar einer der größten Weißburgunder-Produzenten der Welt. Dabei haben sich die Anbauflächen für diese Rebsorte seit 1995 von damals 1.822 Hektar um satte 3.512 Hektar erhöht. Allgemein starten aktuell die BurgunderSorten in Deutschland durch. Mit Rebflächen von 6.402 Hektar für Grauburgunder und 11.767 Hektar für Spätburgunder belegt Deutschland im internationalen Vergleich einen bemerkenswerten dritten Platz unter den weltweit größten Erzeugerländern.

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Diese antiken Flaschen sehen zwar echt aus, aber Labortests haben gezeigt, dass jede von ihnen eine Fälschung ist. (Foto: rarewhisky101.com/lain McLean)

Fake-Whisky infiltriert die Märkte ARTHUR WIRTZFELD

Die Meldung schockiert die Whisky-Branche, Liebhaber und Sammler, Handel und Produzenten gleichermaßen: Von 55 getesteten „seltenen” schottischen Whiskys sind 21 gefälscht. Gemeldet wurde dies jüngst vom Scottish University Environmental Research Center (SUERC) mit Sitz in Glasgow. Das Institut

hatte zuvor die Spirituosen auf dem freien Markt erworben. Nach Analyse im Labor stellte sich heraus, dass mehr als ein Drittel der untersuchten Whiskys nicht in dem angegebenen Jahr destilliert wurde, darunter vor allem Raritäten, die angeblich aus der Zeit um 1900 oder noch davor sein sollten.

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ie Ergebnisse, die jetzt der Öffentlichkeit mitgeteilt wurden, deuten darauf hin, dass das Problem mit gefälschten seltenen schottischen Whiskys weitaus umfangreicher ist, als ursprünglich angenommen, und alle wichtigen Marktwege für seltene Whiskys, insbesondere deren „Oldtimer” betreffend, unterwandert sind.

Ziel der Fälscher: ‚antik‘ destillierter Whisky David Robertson, Mitbegründer von Rare Whisky 101* (RW101), einer Institution, die Marktwerte für Whisky analysiert und eine verlässliche Informationsquelle für Sammler ist, kommentiert die Analyse: „Wir waren sehr enttäuscht, als festgestellt wurde, dass ausnahmslos jeder einzelne ‚antik’ destillierte Whisky aus der Zeit vor 1900, der von der SUERC analysiert wurde, sich als Fälschung herausgestellt hat. Wir sind der festen Überzeugung, dass alle Flaschen vor 1900, vor allem die noch älteren, als Fälschung gelten müssen, bis sie sich als echt erwiesen haben, vor allem, wenn die zu betrachtende Flasche angeblich ein malziger Scotch Whisky ist.”

Besonders hervorzuheben sind drei Flaschen seltener Whiskys aus unterschiedlichen Quellen. Eine Flasche Ardbeg 1885 stammte von einem privaten Eigentümer, eine Flasche Thorne‘s Heritage, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von einem Auktionator erworben wurde und sich im Portfolio der RW101 befand, und wiederum eine in den 1960er-Jahren abgefüllte Flasche Ardbeg, gekauft von einem Einzel-

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händler. Alle drei wurden der SUERC zur Analyse und Bewertung zurVerfügung gestellt und erwiesen sich als Fälschungen.

Hätten sich diese und die 18 weiteren der 21 beim Test als Fälschungen entlarvten Flaschen als echt erwiesen, dann hätten diese einen Marktwert in der Summe von rund 710.000 Euro. Einzelne Destillate davon repräsentieren heute einen eher niedrigen Wert von knapp 2.800 Euro, andere einen weit höheren Wert, die älteste und wertvollste Flasche unter ihnen hätte heute auf dem freien Markt einen Wert von rund 170.000 Euro.

Andy Simpson, Mitbegründer von RW101, konstatiert: „Wie wir immer gesagt haben, muss sich jeder Käufer um die Echtheit und Wahrhaftigkeit im Vorfeld einer möglichen Übernahme bemühen. Die explodierende Nachfrage nach seltenen Whiskys zieht zwangsläufig Schurken in diesem Sektor an. Obwohl wir wissen, dass die große Mehrheit der seltenen Whisky-Anbieter nicht wissentlich gefälschten Whisky an ahnungslose Käufer verkauft, würden wir Auktionshäuser, Einzelhändler, Markeninhaber und Käufer dazu auffordern, keinen destillierten schottischen Whisky aus der Zeit vor 1900 zu verkaufen oder zu kaufen, ohne dass diese Spirituose ein professionelles Zertifikat des Destillationsjahres durch ein Kohlenstoffdatierungslabor nachweisen kann.”

C-14: Effektive Waffe gegen Fälschungen Der Prozess, den die SUERC hauptsächlich verwendet, um die Echtheit der untersuchten Whiskys zu prüfen, basiert auf der Wissenschaft zur Identifizierung von Konzentrationen an Radiokohlenstoff (kurz:

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C-14) in Flüssigkeiten. Radiocarbon wird in der oberen Atmosphäre kontinuierlich mit praktisch konstanter Geschwindigkeit produziert, sodass alles, was lebt, ungefähr den gleichen Anteil an Radiocarbon aufweist.

Während des Industriezeitalters, also in der Zeit, als die beanstandeten Whiskys angeblich produziert sein sollten, wurden bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe große Mengen an nicht radioaktivem Kohlenstoff freigesetzt, wodurch der Gehalt an Kohlenwasserstoffen reduziert wurde. Während der 1950er-Jahre änderte sich mit dem Beginn des ‚Kalten Krieges‘ und dem Start atmosphärischer Atomwaffentests die Zusammensetzung von Radiocarbon, was zu einem Anstieg der Werte in der Atmosphäre führte, die wiederum von allen lebenden Organismen absorbiert wurden.

Diese Werte stiegen bis 1963 weiter an, bis das Abkommen für Verbote solcher Tests dafür sorgte, dass das Kohlenwasserstoffniveau in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich wieder abnahm. Dies hört sich eher grob an, aber mit Vergleichen lassen sich sehr differenzierte Werte in Bezug zu bestimmten Jahren eindeutig definieren.

Einfach ausgedrückt, kann man festhalten: Winzige nachweisliche Mengen an Radiocarbon wurden von der Gerste absorbiert, als sie wuchs, und jeder Whisky erhielt dadurch seine eigene radioaktive „Datumsunterschrift”. Dies bedeutet vereinfacht, dass die Wissenschaft nachweisen kann, dass Whisky mit niedrigem Radiocarbon-Gehalt vor der Atomzeit destilliert worden sein muss und jeder Whisky mit höheren Radiocarbon-Spiegeln nach 1955.

Der Prozess ist so genau, dass die SUERC die voraussichtlichen Destillationsjahre innerhalb von zwei bis drei Jahren nach den 1950er-Jahren bestimmen kann. Für Muster, die davor datiert wurden, bietet die Technik eine breitere Jahresbestimmung.

Es ist erschreckend, wie bisher Millionen mit gefälschten Whiskys umgesetzt wurden und damit auch Fälschungen im Umlauf sind. Im Zuge der immer steigenden Preise für Whisky-Raritäten ist zu befürchten, dass dieses Problem sogar noch zunehmen wird.

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MELDUNGEN Die SUERC rät, jeden alten Whisky analysieren lassen

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Professor Gordon Cook, Chef des SUERC Radiocarbon Labors, stellt fest: „Wir hatten bedeutende Unterstützung von den großen Destillerien, die vergleichende WhiskyProben mit bestätigtem Alter zur Verfügung stellten, die es uns wiederum ermöglichten, mit dieser Arbeit zielgerecht zu beginnen und darauf basierend auch eindeutige Vergleiche anzustellen. Durch unsere Zusammenarbeit mit RW101 und die Bereitstellung von wirklich alten und seltenen Whiskys haben wir es geschafft, unsere Analysen zu beschleunigen. Letztlich sind die Ergebnisse enttäuschend zu bewerten,

weil ein großer Prozentsatz an OldtimerWhiskys gefälscht ist. Als Positivum ist festzustellen, dass wir eine sehr leistungsfähige Technik entwickelt haben, um Betrügern ihr Handwerk zu erschweren.

Abgesehen davon, würde ich jedem raten, der einen Whisky um 1900 und älter verkaufen oder kaufen will, diesen vorher analysieren zu lassen.”

Parallel zur Testphase mit den schottischen Whiskys hat die SUERC vier Flaschen alten Whiskys aus einer USA-Produktion analysiert, die angeblich zwischen Mitte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts für die breite Öffentlichkeit destilliert wurden. Von diesen waren drei echt. Cook resümiert: „Man kann also auch annehmen, dass es wirklich alte, seltene und damit echte Whiskys gibt.

Aber Vorsicht!”

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Kein Ende in Sicht Der Handels- wie der Auktionsmarkt für seltenen Whisky ist ohne Frage ein lukratives Geschäft. RW101 prognostiziert, dass allein in Großbritannien im Jahr 2018 mehr als 100.000 Flaschen Whisky den Eigentümer wechseln, die in Summe einen Wert von über 40 Millionen Euro darstellen. Anhand von Verkaufszahlen des Handels und der Ergebnisse von Auktionen kann man die Werte der Märkte anderer Länder hochrechnen. „Es ist erschreckend, wie bisher so Millionen mit gefälschten Whiskys umgesetzt wurden und damit auch Fälschungen im Umlauf sind”, sagt Robertson. „Im Zuge der immer steigenden Preise für Whisky-Raritäten befürchte ich, dass dieses Problem sogar noch zunehmen wird.”

Rare Whisky 101 (RW101)

*Rare Whisky 101 (RW101) ist das erste und einzige Unternehmen, das umfassende Informationen und Erkenntnisse an den Whisky-Sammler und -Investor veröffentlicht. Von der Rangliste der Brennereien nach Volumen und Wert über die Indexe Rare

Whisky Apex 1000, 250 und 100 bis hin zu einer Reihe branchenführender zusammengesetzter Leistungsindexe. Weiterhin bietet RW101 Bewertungen in Echtzeit, branchenspezifische Geschäftsberichte zur Orientierung und jegliche Beratung zum Kauf oder Verkauf von Whisky.

Vom Markendesign über die Konstruktion und Entwicklung bis hin zur Unterstützung des Brennereidesigns können auch Produzenten in jeder Phase Dienste abrufen. Anfragen, egal, ob eine Whisky-Sammlung aufgebaut oder entsorgt werden soll, oder auch nur, um einen Preis zu checken, werden prompt und diskret behandelt.

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MELDUNGEN

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Nordheim in Franken Bestattung im Weinberg

Foto: Boudewijn Boer

RUDOLF KNOLL

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etzte Ausfahrt Nordheim? Der 1.000-Einwohner-Ort an der Mainschleife, rund 30 Kilometer östlich von Würzburg gelegen, feierte 2018 sein 1.100-jähriges Jubiläum mit zahlreichen Veranstaltungen bis hin zur großen, rekordträchtigen Verkostung mit 1.100 verschiedenen Weinen von 450 Hektar Reben. 42 Weinbaubetriebe inklusive der großen Genossenschaft Divino machten es möglich. Und im Jubiläumsjahr gab es am Ende noch eine Veranstaltung, die man wohl nicht als Krönung, aber als eigenwillig betrachten kann, und deren Ergebnis vorläufig als einmalig bezeichnet werden kann: Der erste offizielle deutsche Weinbergfriedhof wurde eingeweiht.

Schon seit etlichen Jahren gibt es einen Trend zu Urnenbestattungen außerhalb der Friedhöfe. Friedwald ist ein Begriff dafür, hinter dem ein Unternehmen mit durchaus kommerziellen Interessen steht. Die FriedWald GmbH im hessischen Griesheim beschäftigt rund 120 Mitarbeiter und ist zuständig für knapp 70 Standorte in Wäldern in Deutschland. Der Name ist eine geschützte Marke auch in Österreich. Die Idee dazu stammt aus der Schweiz. 2001 wurde sie erstmals in Deutschland umgesetzt. Insgesamt gibt es mittlerweile etwa 160 solcher Fluren, in denen die Asche von

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Die letzte Ruhestätte muss kein Friedhof und auch kein „Friedwald” sein. Neuerdings können Urnen in einer fränkischen Weinlage neben Reben Platz finden. Das führt zu reizvollen Überlegungen …

Verstorbenen in einer Urne unter einem Baum der Erde anvertraut wird. Sogar spezielle Standorte für Fußballfans gibt es mittlerweile. Der Hamburger Sportverein und Schalke 04 sind auf diesem Feld außerhalb des grünen Rasens unterwegs, aber bislang nicht sonderlich erfolgreich.

In Nordheim geisterte schon länger die Überlegung durch den Ort, an dem Trend weg von der traditionellen Bestattung teilzuhaben (laut Bundesverband der Bestatter werden bereits 60 Prozent der Verstorbenen verbrannt, der Friedhof muss längst nicht mehr die letzte Ruhestätte sein). Herausgekommen ist nach langen Überlegungen und Planungen in der Lage Kreuzberg eine Flur, die an einen aufgelassenen Weinberg erinnert, mit Steinriegeln, alten Rebstöcken und eben exakt 186 Stöcken, die quasi Ersatz für einen Grabstein sind. Pro Rebe können maximal acht Urnen untergebracht werden.

Möglich sind Einzelbestattungen wie auch

die Reservierung von Familiengräbern. Die Gemeinde hat rund 200.000 Euro in das Projekt investiert. Nicht nur Nordheimer Bürger können berücksichtigt werden, Auswärtige finden gegen eine Sonderzahlung von einmalig 250 Euro Platz. Die Nachfrage sei gut, meint Nordheims Bürgermeister Guido Braun. Aber ausverkauft sei man noch nicht. Und eine Zweitnutzung des Weinbergfriedhofs wird es nicht geben.

Braun versichert: „Von den Friedhofsreben wird kein Wein erzeugt.”

Aber es kann durchaus sein, dass Freunde von Verstorbenen mal vorbeikommen und ein Glas Silvaner auf die letzte Ruhestätte gießen. Bei solchen Gedanken beginnt der Weinjournalist zu überlegen, wo er irgend wann bestattet werden möchte.

Vielleicht in Nordheim. Verpflichtungserklärungen für Freunde in der fränkischen Weinszene in Sachen Silvaner sind in Vorbereitung …

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Im Gespräch: Weinstile im Wandel der Zeit

Foto: Monica Silva

ARTHUR WIRTZFELD

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Es gehört zum Respekt und es ist gleichzeitig eine schöne Geste, sich über den Jahreswechsel bei Freunden für gemeinsame Zeiten zu bedanken und Neujahrsgrüße zu übermitteln – so geschehen im Telefonat mit meinem langjährigen USAKontakt Joe. Joe ist ein Pseudonym für meinen Weinfreund aus Übersee. Er ist für mich so eine Art „Deep Throat” – Sie erinnern sich? Deep Throat war der geheimnisvolle Informant, der Bob Woodward und Carl Bernstein in der Watergate-Affäre in die richtigen Bahnen lenkte. Joe ist ein erfahrener Weinkenner, lebt in Kalifornien und ist extrem gut vernetzt. Wir lernten uns schon in 2008 kennen, kurz nachdem ich mein Weinmagazin YOOPRESS online lancierte.

Damals erhielt ich eine Mail von Joe. Darin stand sinngemäß in perfektem Deutsch der Hinweis, dass ich ein Detail in einem Beitrag über ein kalifornisches Weingut noch präzisieren könnte. Der ergänzende Textauszug wurde gleich mitgeliefert.

Daraufhin rief ich den mir Unbekannten an. Joe sagte, dass ihm mein Beitrag gefallen habe, nur ein Detail hätte ihn gestört, worüber man noch ausführlicher schreiben könnte. Ich bedankte mich artig für seinen Vorschlag und fragte ihn, was ich als Gegenleistung tun könne. Nun, meinte Joe, ich könnte ihm ab und an Details zu Weinthemen, Europa betreffend, verifizieren, die sich aus der Entfernung nicht eruieren ließen. Auf diesem Weg könnten wir gegenseitig Hintergründe prüfen, meinte er. Und so gingen die Jahre ins Land. Wenn ich investigativ in Nord- und Südamerika recherchieren musste, wenn ich Details überprüfen musste, dann kontaktierte ich Joe, umgekehrt er mich zu Themen in Europa.

In dem jüngsten Telefonat erzählte er mir, dass er über die Weihnachtstage mit Weinfreunden diskutiert habe, wie sich der Wein im Laufe der Zeit verändert hätte. Die Meinungen darüber interessierten mich. Diese Fragestellung hatte ich auch schon für mich notiert, also auf dem Radar für einen späteren Artikel. Insofern war dies für mich eine Steilvorlage für ein spontanes Gespräch.

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IM GESPRÄCH Können wir darüber reden, kann ich dich in einem Artikel zitieren?

Klar, wenn es bei der Nennung ‚Joe‘ bleibt, können wir beginnen.

Womit?

Also, wir diskutierten darüber, dass sich der Wein im Laufe der Jahrhunderte konstant verändert hat. In unserer Runde waren wir uns einig, dass dies bis zu einem gewissen Grad zutrifft.

FRANKREICH Hast du ein Beispiel?

Ja, nehmen wir Frankreich. In Frankreich wurden Rotweine erst im Laufe des 17. Jahrhunderts dunkler in der Farbe und reichhaltiger im Geschmack, bedingt durch die sogenannte Cuvaison, also die Fermentation, die lang anhaltende Vermischung von pigment- und geschmackreichen Schalen mit dem gärenden Traubensaft. Die davor vinifizierten Rotweine waren eher Rosés, wie wir sie heute nennen würden. Sie überdauerten kaum einen Jahrgang und waren danach zumeist ungenießbar.

Gut, das ist Vergangenheit. Der Weinstil mag seit dem 17. Jahrhundert lange Zeit im Wesentlichen gleich geblieben sein. Interessant wäre es aber, das letzte Jahrhundert zu betrachten.

Ja, dazu komme ich jetzt. In der Mitte des 19.

Jahrhunderts gab es weitere Veränderungen. Rote Bordeaux und Burgunder wurden zunehmend kraftvoller, tanninhaltiger und erforderten eine längere Lagerung in Flaschen. Aber solche Entwicklungen betreffen nicht nur Frankreich, sondern alle Weinländer.

Was waren die Gründe?

Die Technologie. Erste wesentliche Änderungen brachte die ‚industrielle Revolution’, etwa ab Mitte des 19.

Jahrhunderts. Das war aber nichts gegen den technologischen Schub, der ab den 1970er-Jahren mit Edelstahltanks für temperaturgesteuerte Fermentationen, neuen Pressen, fortschrittlichen Filtrationstechniken in Verbindung mit wissenschaftlichem Know-how große Revisionen einleitete. Seither gehen Veränderungen rasend schnell und seither waren Winzer nicht mehr nur Bauern oder Handwerker, sie ließen sich grundlegend ausbilden, sie wurden in der Folge vielfach zu Önologen mit Universitätsabschluss.

Ja, das wirkte wie ein Turbo in der globalen Weinbereitung. Die 1970er-Jahre kann man als Wendejahre bezeichnen. Was ist der Schlüsselpunkt für dich? Was belegt für dich die Veränderung des Weins?

Der Schlüsselpunkt, besser gesagt, die verblüffende

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Tatsache ist, dass sich nahezu alle Weine der Welt, im Zeitraffer betrachtet, meist erheblich unterscheiden – in den überwiegenden Fällen sind sie nicht mehr zu vergleichen mit dem, was sie vor drei oder vier Dekaden waren. Ich selbst kenne nur eine Handvoll Weine, die sich in dieser Zeit nicht verändert haben.

te Burgunder damals als ‚zart‘. Ab den 1980er-Jahren wurden die roten Burgunder immer reicher, dunkler, holziger. Und seit den 1990er-Jahren ist zu bemerken, dass die Burgunder weniger aufdringlich sind, was positiv zu bewerten ist.

Winzer sind nicht mehr nur Bauern oder Handwerker, sie ließen sich grundlegend ausbilden, sie wurden in der Folge vielfach zu Önologen mit Universitätsabschluss.

Genauso. Die weißen Burgunder wurden ihrerseits in den letzten drei Jahrzehnten dramatisch holzbetonter, vor allem ab Mitte der 1980er-Jahre. Zum Glück ebbte dies kurz vor der Jahrtausendwende langsam wieder ab. Die Erträge von französischen Chardonnays sind jedoch durchgehend hartnäckig hoch. Und, immer weniger weiße Burgunder bieten die mittlere Dichte, die sie früher mal hatten.

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Ich verstehe, was du meinst. Wenn man Vertikalen verkosten darf, die bis in die 1970er-Jahre oder noch weiter zurückreichen, dann ist dies zu spüren. Einerseits die stilistische Veränderung, andererseits zuweilen eine Kontinuität, die für sich gesehen auch wieder interessant ist.

Dem pflichte ich bei. Ich will ja nicht sagen, dass Kontinuität im Weinstil schlecht sei, auch nicht altmodisch oder uninteressant. Dennoch sind Weinstile von vor 30 oder 40 Jahren heute eher selten anzutreffen. Frage mal einen Liebhaber des Bordeaux, ob er sich noch an den Geschmack der 1960er- oder 1970er-Jahre erinnern kann oder ob er diesen noch bevorzuge.

Nun, es wird wohl wenige geben, die Bordeaux-Weine der 1970er-Jahre den heutigen vorziehen würden.

Eben. Die heutigen roten Bordeaux kannst du dem gleichen Château von vor 40 Jahren nicht mehr zuordnen, sofern du nicht vorher auf das Etikett schielst.

Jetzt müssen wir aber erst mal die Stilistik klären. Vielleicht anhand der roten Bordeaux?

Also, gerade rote Bordeaux sind als Beispiel bestens geeignet.

Im Wesentlichen ist der eine oder andere große rote Bordeaux heute wohl so tief wie nie zuvor. Der heutzutage gefeierte rote Bordeaux ist höher im Alkohol, tiefer in der Farbe, raffiniert in den Holztönen, reichhaltiger und voller im Geschmack als in den 1970er-Jahren. Analoges gilt für die weißen Bordeaux.

Nur Sauternes hat sich nicht verändert, jedenfalls meiner Überzeugung nach.

Finde ich auch. Aber vielleicht sagen diejenigen, die sich als Sauternes-Experten sehen, etwas anderes.

Wenden wir uns mal von Bordeaux nach Burgund. Wie sieht es hier mit Veränderungen aus?

Hier hat eine große Veränderung stattgefunden. Überaus wenige rote Burgunder sind heute so, wie sie vor 30 oder 40 Jahren waren. Bis zu den 1970er-Jahren waren die roten Burgunder wegen zu hoher Erträge sehr hell in der Farbe, man bezeichne-

Bei den weißen Burgundern, produziert bis in die 1990erJahre, störte mich stets die vorherrschende Holznote. Wie siehst du das?

ITALIEN Lass uns mal über andere Weinnationen sprechen. Wie sieht es in Italien mit Veränderungen aus?

Ah, Italien ist ein gutes Beispiel. Hier hat das ganze Weinland eine Transformation durchlebt. Nahezu jeder Wein in Italien, von Sizilien bis zu den Alpen, unterscheidet sich heute von dem, was er um 1970 war. Die Umwandlung von italienischen Weinen, egal ob rot oder weiß, ist absolut. Alles, was du dir vorstellen kannst, hat dazu beigetragen: Edelstahltanks, kleine neue Eichenfässer, Anforderungen des Exportmarktes, die Einbeziehung von ‚fremden‘ Rebsorten in einst traditionelle Gemische, der Ausschluss von weißen Trauben in Rotweincuvées, neue Klone, Wiederbelebung alter Sorten, Konzentration auf autochthone Sorten, lokale und überregionale Pressearbeit, biologischer Anbau und vieles mehr.

SPANIEN Und wie betrachtest du im Tenor Spanien?

Ich bin versucht zu sagen: siehe Italien. Auch hier ist die Weinumwandlung weitreichend und nahezu total. Alte, nein, sagen wir besser, rückständige Traditionen sind fast ausgerottet.

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Rückständige Traditionen in allen Weinländern sind ausgerottet. Wenn sie noch existieren, dann zumeist in moderner Interpretation.

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DEUTSCHLAND Kommen wir zu Deutschland …

… stopp, das musst du jetzt übernehmen.

Okay. Es gibt sie nach wie vor, die klassischen deutschen Rieslinge, für die Deutschland einst weltweit hohes Ansehen genoss. Wusstest du, dass der deutsche Riesling mal teurer war als Burgunder und Bordeaux?

Ist lange her, glaube ich.

Ja, aber der Riesling kommt wieder, sein Image steigt.

Jedenfalls der Stil der Rieslinge ist moderner geworden. Ich erinnere mich noch an die Rieslinge, die mein Vater in den 1970er-Jahren so gerne getrunken hat. Trittenheimer Ältärchen und Kröver Nacktarsch haben sich bei mir eingebrannt – für meinen Geschmack waren die damaligen Rieslinge spitz in der Säure oder zu hoch in der Süße. Dem ist längst nicht mehr so. Mir fällt heute allerdings ein Manko auf, das ich im Kreise ausländischer Kollegen immer wieder feststelle: Man spricht in der Regel über Mosel- und Rheinrieslinge. Was das Ausland noch nicht vollends auf dem Schirm hat, sind die Rieslinge der 13 deutschen Anbaugebiete, die sich heute sehr unterscheiden. Es sind nicht nur die Gebiete entlang der klassischen Flüsse wie Mosel und Rhein, die Rieslinge können, andere Gebiete wie beispielsweise Baden, Franken oder auch Saale-Unstrut vinifizieren besondere Qualitäten.

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Weine aus Amphoren oder Granitfässern entstehen, man vinifiziert zum Beispiel leichtere Weine mit hoher Aromendichte und besinnt sich auf das eigene Terroir, was der Geschmacksvielfalt und der Qualität zugutekommt.

Deutschlands Weinmacher professionalisieren sich immer weiter und nutzen den Spannungsbogen zwischen Tradition und Moderne für ihren Erfolg im globalen Wettbewerb.

Was ist mit der Technik?

Auch in Deutschland haben sich Philosophie und Technik in der Weinbereitung stark verändert. Seit den 1970er-Jahren wurde nach und nach so gut wie alles Technische umgekrempelt. Heute ist die deutsche Weinbergs- und Kellertechnik oftmals eine Blaupause für andere Weinnationen.

KALIFORNIEN Sicher auch für Kalifornien, aber dazu musst du jetzt Stellung nehmen. Welche Änderungen gab es im Sonnenstaat?

Bis auf wenige Traditionalisten haben sich alle kalifornischen Weine seit den 1970er- und 1980er-Jahren stark verändert. Die Gründe sind vielfältig: Neupflanzungen, Klone, moderne Weinbergs- und Kellertechnik, modische Geschmacksstile und so weiter.

ANDERE WEINLÄNDER

Spitze Säure und aufdringliche Süße bei den Rieslingen ist längst passé.

Mir gefallen die Rieslinge aus Baden. Sie sind weicher im Geschmack, subtiler in der Frucht. Aber Deutschland hat neben Riesling noch eine große Sortenvielfalt, nicht wahr?

Richtig. Deutschland hat sich im Hinblick auf die Rebflächen in den letzten drei Dekaden neben Riesling zu einem bemerkenswerten Burgunderland entwickelt. Weiß-, Grau- und Spätburgunder erreichen Qualitäten, die es heute mit den Weinen aus dem französischen Burgund aufnehmen können.

Und der Silvaner, mit dem einst große Teile deutscher Weinberge bestockt war, kommt wieder.

Ist Deutschland ein klassisches Weinland? (… ein breites Grinsen durchs Telefon ist spürbar)

He! Und ob. Hinsichtlich der über 2.000-jährigen Historie auf jeden Fall. Gerade in der Zeit, über die wir jetzt sprechen, genoss der Süden Europas aber mehr mediale Aufmerksamkeit. Dies hat sich indes gewandelt. Heute beeindrucken junge und jung gebliebene Winzergenerationen in Deutschland mit Experimentierfreude und Innovationskraft.

Schon etwas zeitversetzt, aber irgendwie gleichen sich die Veränderungen in den Weinländern.

Ja, stimmt. Egal welches Weinland wir betrachten, ob Australien, Neuseeland, Österreich, Chile, Griechenland, Argentinien, Ungarn, Südafrika, Portugal – mit Ausnahme von Vintage Port –, Kanada und andere. So gut wie kein Wein aus diesen Ländern gleicht noch denen aus den 1970er-Jahren.

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Gereifte Weine gelten als besonders edel und begehrt.

Nun, das ist durchaus zu treffend, aber bei Weitem nicht jeder Wein hat das Potenzial dazu, in zunehmenden Alter an Qualität zuzulegen. Selbst der Haltbarste unter diesen gibt irgendwann nach.

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FRAGEN & ANTWORTEN Was schließen wir daraus?

Nun, einigen wir uns darauf, dass die Auswirkungen zahlreich sind. Zum einen ist die heutige Weindiskussion von einer transformativen Kluft geprägt, wenn man die 1970er-Jahre zum Vergleich heranzieht. Es stellt sich die provokante Frage: Wenn sich Weine so radikal verändert haben, können diejenigen unter uns, die sich an ältere Weinstile erinnern, die Zukunft der kommenden Weinstile zuversichtlich vorhersagen?

Nein, keinesfalls.

Richtig. Da stellt sich die nächste Frage: Ist alles, was wir heute schmecken, wirklich überlegen gegenüber dem, was vorher existiert hat?

Das ist schwierig zu beantworten, denn hier begeben wir uns in den Bereich des persönlichen Geschmacks. Mein Versuch einer Antwort wäre: Die Vergangenheit war alles andere als überlegen und man kann damalige Weinstile den heutigen nicht gleichsetzen.

gen einen sauberen, gut gemachten Wein. Wir honorieren auch das heutige Wissen der Winzer, deren Weinbergs- und Kellerarbeit, wir freuen uns über die Erhaltung autochthoner Rebsorten und allgemein über die Geschmacksvielfalt. All dies ziehen wir der Vergangenheit vor.

Dabei sollten wir nicht vergessen, dass es heute auch Nachteile gibt: so etwa übermäßig hohe Erträge, technische Spielereien, die nur dazu dienen, zunehmend künstlich schmeckende Weine zu vinifizieren. Und dann kommen noch Produkte hinzu, die kommerzielle Mischungen enthalten und vorgeben, Wein zu sein.

Ja, das sind unschöne Details, die auch mich aufregen.

DAS STATEMENT Joe, einigen wir uns auf ein abschließendes Statement: Es gibt Gutes und Schlechtes in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Das wird auch in Zukunft so sein. Wir beide tun weiterhin unser Möglichstes, dass Wein auch zukünftig Wein bleibt, so wie wir ihn lieben.

Ja, Arthur, das ist ein schönes Schlusswort. Und das war wieder ein interessantes Gespräch mit dir. Hat mich sehr gefreut.

Mach es gut, wir bleiben in Kontakt.

Foto: DWI

Genau, das ist auch meine Meinung. Ich ergänze dies noch und ich bin überzeugt, da spreche ich auch für dich. Wir bevorzu-

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Weinfeder-Weihnacht in der Aufsteiger-Region Remstal RUDOLF KNOLL

Die Gastgeber (v. l .n. r.) Andreas Ellwanger, Sven Ellwanger, Felix Ellwanger, Jörg Ellwanger und Moritz Haidle. (Foto: Armin Faber)

Die Vereinigung Weinfeder e.V. orientiert sich für die Weihnachtsfeiern nach diversen Treffen im Rhein-MainGebiet neuerdings etwas südlicher. Nach Franken in 2017 war diesmal das Remstal in Württemberg dran. Vier Weingüter baten in den Keller, ein ausgezeichneter Landgasthof zu Tisch.

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ie telefonische Einladung zur Einweihung des neuen Kellers in Winterbach durch Winzer Felix Ellwanger kam vor gut einem Jahr im November 2017. „Geht leider nicht”, lautete die Antwort. „An diesem Tag feiert die Weinfeder-Journalistengruppe Weihnachten im fränkischen Iphofen mit dortigen Winzern.” Dann die plötzliche Eingebung: „Wir wäre es denn, wenn wir Euch 2018 beglücken dürfen? Das Remstal stand noch nie auf dem Programm.” Die Zusage kam spontan. Dann mussten nur noch über das Jahr einige Details abgesprochen werden und von der Seite der Wengerter (so die Bezeichnung für Winzer/Weingärtner in Württemberg) geklärt werden, welche Erzeuger dabei sein sollten. Aber das war ein Kinderspiel. Schließlich gibt es mehrere Ellwangers, nämlich das Weingut Jürgen Ellwanger in Winterbach, repräsentiert von dem immer noch sportlich fitten Senior Jürgen (76) und den beiden Junioren Jörg und Felix, das Weingut Bernhard Ellwanger in Großheppach (weitläufig verwandt mit den Winterbachern), in dem Sven Ellwanger den Ton angibt, sowie das Weingut Doreas in Grunbach, mit dem sich Jürgen Ellwangers ältester Sohn Andreas mit seiner Frau Dorothee Wagner-Ellwanger vor rund zehn Jahren selbstständig gemacht hat.

Foto: Armin Faber

Das Trio ist nicht nur bekannt für viel Ambitionen und Ideen im Weinbau (so war Jürgen Ellwanger der Erste, der die österreichische Sorte Zweigelt im Remstal anpflanzte, als das noch nicht zulässig war). Es hat auch eine gemeinsame Geschichte, die vor fünf Jahren Anlass zu einem denkwürdigen Jubiläum war: Anno 1514 wurde ein Ellwanger erstmals urkundlich erwähnt, nämlich einer mit Vornamen Nikodemus, der Wein anbaute und Bürgermeister von Großheppach war. Als damals Anhänger des „Armen Konrad”, einer Widerstandsbewegung gegen Herzog Ulrich von Württemberg, ins Gefängnis geworfen wurden, entließ sie das Gemeindeoberhaupt in die Freiheit – was sie wohl vor einer Hinrichtung bewahrte. Die „500 Jahre Ellwanger” wurden in 2014 ausgiebig gefeiert, auch begleitet von einer gemeinsamen Rotwein-Cuvée, die am Weinfeder-Abend noch verkostet werden konnte – und beeindruckte.

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Aus dem gastgebenden Trio wurde ein Quartett, weil einem guten Freund nach dessen eigener Definition Asyl gewährt wurde: Moritz Haidle, Junior im Weingut Karl Haidle aus Kernen-Stetten, brachte einige seiner hochkarätigen Weine mit. Und Werner Bader, einstmals Weinjournalist in der Pfalz, dann Geschäftsführer des Weinbauverbandes in seiner Heimat Württemberg und seit Kurzem Chef der 1994 ins Leben gerufenen Vereinigung Remstal-Route, ließ es sich nicht nehmen, über seine Region und die bevorstehende Remstal-Gartenschau (10. Mai bis 20. Oktober 2019) zu informieren.

Die erschienenen Mitglieder lauschten interessiert. Dankesworte sprach in Abwesenheit des beruflich kurzfristig verhinderten Vorsitzenden Wolfgang Junglas die stellvertretende Vorsitzende Britta Binzer.

Ein Thema in der Runde war der Aufstieg des im Osten von Stuttgart gelegenen Remstales, das früher für den Anbau von Trollinger bekannt und bei Kennern auch etwas berüchtigt war. Heute stehen auf knapp 800 Hektar Sorten wie Lemberger, Spätburgunder und Riesling im Vordergrund, entwickelten sich der Sauvignon Blanc und Zweigelt zu gefragten Spezialitäten und gehören Remstäler Wengerter zu den Besten in Württemberg. Aber wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Am Rande wurde über den flächenmäßig beherrschenden Betrieb gesprochen. Die große Genossenschaft Remstalkellerei, die sich aus neun Ortsgenossenschaften zusammensetzt, hatte gerade ihren Mitgliedern mitgeteilt, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen einige Monate keine Auszahlungen vornehmen kann. Jetzt muss sie mit Austritten rechnen und wird wohl bald unter 500 Hektar schrumpfen (1980 waren es noch 900 Hektar Reben). Als erste Ortsgenossenschaft haben die Mitglieder aus dem Riesling-Ort Stetten die Notbremse gezogen und die in zwei Jahren wirksame Kündigung noch in 2018 ausgesprochen. Eine neue Heimat werden sie in der Erzeugergemeinschaft der Weinkellerei Kern in Kernen-Rommelshausen finden.

Der dauerhafte Aderlass des großen Hauses trug zum positiven Trend im privaten Weinbau des Remstales bei, weil immer mehr Fläche für engagierte Winzer frei wurde. Auch die Ellwangers und Haidles konnten dadurch wachsen und sich weiterentwickeln. Bei den Winterbachern wurde dies deutlich durch den 2017 eröffneten Kellerneubau, in dem heute alles wohlgeordnet ist und Platz für 220 Barriques geschaffen wurde, mit Spielraum nach oben. Im alten Keller lagen die kleinen Holzfässer früher eng aufeinander in einem Gewölbe. „Da standen 25 Fässer und wir haben mal gedacht, das reicht für ewig”, erzählte Felix Ellwanger.

Im Anschluss an den Rundgang stellte jeder Betrieb einige Weine vor. Den Auftakt machte allerdings ein eleganter Rieslingsekt vom Winterbacher Ellwanger. Besonders bemerkenswert war dann in einer insgesamt beachtlichen Riesling-Serie der Rote Riesling von Sven Ellwanger. Die Sorte war vor einigen Jahren plötzlich im Gespräch und wurde propagiert als Mutter oder Vater des Rheinrieslings. Heppenheim an der Hessischen Bergstraße rief sich sogar zur „Welthauptstadt des Roten Rieslings” aus, weil es dort einige Hektar vom „RR” gab. Inzwischen ist auf diesem Feld Normalität eingekehrt und stellte ein Wissenschaftler fest, dass der Rote doch nur eine Mutation des klassischen Rieslings ist. Sven Ellwanger registrierte die rote Verfärbung der Beerenhaut vor gut zehn Jahren an einem Rieslingstock, veredelte selbst und wurde somit zum ersten Wengerter in Württemberg, der diese Rebe im Sortiment hatte. Im Unterschied zum klassischen Riesling ist diese Variante weniger mineralisch geprägt, mit moderater Säure und etwas würziger.

Nach der spannenden Weißweinverkostung im Hause Jürgen Ellwanger war Szenenwechsel angesagt. Zweite Station des weihnachtlichen Treffens war das Hotel-Restaurant „Lamm” im benach-

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Ehrenmitglied der Weinfeder e.V. Rudolf Knoll und Chef Markus Polinski. (Foto: Christian Schiller)

barten Remshalden-Hebsack, wo Hausherr Markus Polinski dem Weinfeder-Dutzend ein schmackhaftes, reichhaltiges Vier-GangMenü mit Terrine vom Perlhuhn, Zanderfilet, Lammhüfte und Cheesecake-Törtchen auftischte, das sich gut mit diversen Weinen von knockentrocken bis edelsüß kombinieren ließ, die Daniel Hasert, der Sommelier des Hauses, gekonnt zu den Speisen platzierte.

Im Mittelpunkt stand hier der Lemberger, den Felix Ellwanger als „am meisten unterschätzte Rebsorte der Welt” bezeichnete. Was die Güter aus den Jahrgängen 2014 und 2015 entkorkten, nötigte Hochachtung ab. Die Weine präsentierten sich mit zarter Brombeere im Aroma, reifen Gerbstoffen, viel Feuer, Ausgewogenheit und Tiefgründigkeit. Das ließ nicht nur die Weinfeder-Chefin für einen Abend, Britta Binzer, strahlen. „Eine tolle Sorte, die begeistert”, stellte sie fest. Das regte Jürgen Ellwanger an, einen 1990er aus der Schatzkammer zu opfern, der sich noch sehr stabil präsentierte. Mit

einigen roten Cuvées wurde zu etwas späterer Stunde noch demonstriert, dass sich die Gastgeber der Weinfeder-Truppe auch auf diesem Feld gekonnt bewegen und insgesamt das richtige Fingerspitzengefühl für den Ausbau in Barriques haben.

Doch zum Abschluss gab es Sekt: Um Mitternacht wurde auf den Geburtstag von Dorothee Wagner-Ellwanger angestoßen.

PS: Erheiternd durfte zur Kenntnis genommen werden, dass unser Mit-Gastgeber Werner Bader, seit 1. Oktober 2018 Geschäftsführer der Touristikvereinigung Remstal-Route, offenbar noch Fans beim vorherigen Arbeitgeber Weinbauverband Württemberg hat. Bei Einladungen des Weinbauverbandes wurde er vor Kurzem weiter als Geschäftsführer genannt, ebenso im Impressum des Verbandes.

Dabei hatte er bereits im Mai 2018 seinen Abschied verkündet.

Guten Morgen, Weinbauverband …

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Wie kaum ein anderer steht Willi Klinger, Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing, für die Weinkultur in Österreich. Jedes Jahr unterrichtet er im Rahmen der Weinakademie Österreich an der Hochschule Geisenheim Universitiy – in der Brentanoscheune spielt er zum ersten Mal im Rheingau sein Unterhaltungsprogramm. Der international geschätzte Weinexperte erzählt in seinem Soloprogramm vom Aufstieg des österreichischen (und deutschen) Weins und vereinigt eindrucksvolle Weingeschichten mit Rezitationen und den dazu passenden Songs am Klavier. Alles beginnt im Wien der 1950er Jahre mit Hans Moser und den Kabarettisten Gerhard Bronner und Helmut Qualtinger, erinnert mit französischen Chansons und italienischen Canzoni an die ersten Erfahrungen mit romanischer Kulinarik und geht schließlich über den großen Teich nach New York, wo Winzer aus Österreich und Deutschland in den 1990er Jahren den Grundstein für eine neue Ära für die großen Weine beider Länder legten. Mit einem Beatles-Medley bringt Klinger schließlich nicht nur eine Hommage an die Weinkultur der „alten Briten“, sondern auch ein Plädoyer für die großen Klassiker der Weinwelt. Ein außergewöhnlicher Abend zum Genießen, bei dem auch Kostproben von feinen Weinen aus Österreich nicht fehlen dürfen.

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