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4c. Konsuln in Circus und Amphitheater
Abb.51. Mailand, Raccolte d’Arte Applicata del Castello Sforzesco., Inv. 13. Konsulardiptychon Justinians zum Konsulat von 521 in Konstantinopel, Elfenbein, Höhe ca. 36 cm, Breite 13 cm, rechte Tafel. bus, Diener (des Kaisers), Exzellenz, ordentlicher Konsul«. Die Widmung an Honorius befindet sich über dessen Nimbus: D(omino) N(ostro) HONORIO SEMPER AVG(usto) – »Unserem Herrn Honorius, dem immerwährenden Augustus«. Der unter einer Bogenarchitektur frontal stehende bärtige Kaiser ist durch die Kopfwendung und die Beinstellung zur Mitte eines Gesamtbildes orientiert (Abb.50). Beide Tafeln zeigen ihn in militärischer Ausstattung, obwohl er nie an Kämpfen teilgenommen hat. Rechts ist er mit Schwert, Speer und Schild bewaffnet, links trägt er die ihn bekränzende Victoria auf dem Globus und ein vom Christusmonogramm bekröntes Feldzeichen mit der Aufschrift IN NOMINE XP(ist)I VINCAS SEMPER – »Im Namen Christi siegst du ständig«. Trotz der Proklamation des Beistands Christi trägt der Kaiser auf dem Panzer das traditionelle übelabwehrende Zeichen des mythischen Gorgonenhaupts.
Das Diptychon Justinans, des späteren Kaisers (527–565), zu seinem Konsulat von 521 hat zwei im Dekor übereinstimmende Tafeln (Abb.51). Die Namens- und Ämterinschrift beginnt auf der rechten Tafel, also in östlicher Anordnung. Dasselbe gilt für die Widmung an die Senatoren, die sich in den Kränzen befindet, jeweils zwischen Kreuzzeichen: »Geschenke, zwar klein an Wert, doch sehr ehrenvoll – sie bringe ich als Konsul meinen Vätern.«
4c. Konsuln in Circus und Amphitheater
Die Konsulardiptychen geben uns Hinweise auf die Geschenke der Konsuln und die Verteilung von Münzen an die Bevölkerung, auf Theaterszenen, Tierhatzen und auf Wagenrennen im Circus. Dass letztere nur auf einem Konsulardiptychon des Basilius von 480 und der keinem Jahreskonsul zuschreibbaren Tafel der Lampadii (Abb.208) vorkommen, muss Zufall sein, denn sie spielen in der spätantiken Literatur, auf Mosaiken, Glas- und Tongefäßen und Kontorniaten eine bedeutende Rolle. Die Kontorniaten, münzähnliche Kupfer- und Messingmedaillions mit einem Durchmesser von rund 4 cm, verdanken ihren Namen dem erhöhten Rand (italienisch contorno). Ihre geprägten oder eingeschnittenen Darstellungen schließen auch Gottheiten und Kaiser der Vergangenheit ein, doch keine christlichen Motive, so dass der Gedanke an Propaganda für die heidnischen Traditionen nahe liegt. Der Verwendungszweck ist ungeklärt. Häufig beziehen sich die Darstellungen der Kontorniaten auf die Wagenrennen im Circus und geben siegreiche Wagenlenker mit ihrem vierspännigen Wagen in Profil- oder Frontalansicht wieder (Abb.52). Das besonders reich mit Einlegearbeiten geschmückte Beispiel aus Trier mit einem inschriftlich benannten Wagenlenker PORFYR(ivs) zeigt ihn auf einer Seite stehend zwischen Behältern mit Palmzweigen und auf der anderen mit Peitsche und Palmzweig in der von vorn wiedergegebenen Quadriga. Die Beischrift FONTANVS nennt den Namen seines Leitpferdes.
Hinweise auf die politische Bedeutung der Massenunterhaltungen fanden sich bereits bei kaiserzeitlichen Autoren. Satirisch ist die Bemerkung des Dichters Juvenal (Satires X 81) zu panem et circenses – »Brot und Spielen«: Sie seien das einzige, wonach das Volk unter Verzicht auf politische Rechte Verlangen habe. Marcus Cornelius Fronto schrieb über Kaiser Trajan, er habe gewusst, dass das römische Volk vor allem durch zwei Dinge zusammengehalten würde: durch

Abb.52. Trier, Rheinisches Landesmuseum, Inv. 1909,864. Kontorniat, Messing mit Kupfer- und Silbereinlagen, Durchmesser 4,3 cm, Fundort Trier, Amphitheater, siegreicher Wagenlenker in seiner Quadriga.
Getreidespenden und Spiele (Principia historiae 20). Belege der Spätantike finden sich meist in kulturkritischen Äußerungen, etwa beim Presbyter Salvianus, der sich in der 1. Hälfte des 5. Jhs. in der Schrift »Von der Weltregierung Gottes« über Veranstaltungen im Circus und im Amphitheater in Kriegszeiten ereiferte (De gubernatione VI 69–71, 85–87). In der Mitte des 5. Jahrhunderts beklagte der Historiker Priscus die Ausgaben »für unziemliche Schauspiele, unvernünftige Ruhmsucht und uneingeschränkte Vergnügungen« (Fragment V). Darstellungen der Gladiatorenkämpfe (munera) geben die erhalten gebliebenen Diptychen nicht. Das scheint Zufall zu sein, denn in der nordafrikanischen Keramik (S.) gibt es neben Darstellungen von Kämpfen gegen wilde Tiere (venationes) auch Bilder von Szenen der Gladiatorenkämpfe und von Hinrichtungen durch wilde Tiere als Vollstreckung der damnatio ad bestias. Die Gladiatorenkämpfe hatten bei Heiden wie bei Christen so viele Liebhaber, dass sie trotz der Invektiven kirchlicher Autoren weiterlebten, bis sie im späten 5. Jh. aus wirtschaftlichen Gründen zu Ende gingen.
Die Tierhatz im Amphitheater war ein häufiges Darstellungsthema auf Konsulardiptychen. Der Konsul sitzt mit erhobener Mappa und einem Zepter mit Adler und Kaiserbild auf der Sella curulis. Unter ihm folgt eine Andeutung des Amphitheaters mit einigen Zuschauern. Dargestellt sind nicht nur Kämpfer, die mit einem Speer ausgerüstet waren, sondern auch venatores, die nur ein Lasso, eine Peitsche oder eine an einem Stab befestigte netzartige Schlinge besaßen und ihr Leben durch Akrobatik zu retten suchen mussten. Unter den Briefen Cassiodors gibt es ein Schreiben an Maximus, den Konsul des Jahres 523, in dem er ein negatives Bild der Tierkämpfe zeichnete und dem Konsul die Leistungen der Tierkämpfer ausführlich beschrieb (Variae V 42, 6–10). Die Darstellungen der Diptychen entsprechen seinen Beschreibungen. Beim Diptychon in Zürich beginnt die Namens- und Ämterinschrift nach östlichem Brauch auf der rechten Tafel: FL(avivs) AREOB(indvs) DAGAL(aifvs) AREOBINDVS V(ir) I(nlvstris) / EX C(omite) SAC(ri) STA(bvli) ET M(agister) M(ilitvm) P(er) OR(ientem) EX C(onsvle) C(onsvl) OR(dinarivs). – »Flavius Areobindus Dagalaifus Areobindus, hochrangige Exzellenz, früher Aufseher der kaiserlichen Ställe, Heermeister des Ostens und Konsul, (jetzt) ordentlicher Konsul«. Auf der rechten Tafel sieht man Zweikämpfe mit dem Speer gegen Bären, auf der linken Tafel akrobatische Tricks gegen Löwen.
Abb.53. Mainz, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Inv. O.39817. Form zur Herstellung des Mittelbildes rechteckiger Keramikteller mit Darstellung von Tierkämpfen, Ton, Höhe 32 cm, Breite 23,5 cm, Dicke 5 cm, Herkunftsort El Djem (Tunesien).
