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Mit eigenem Glasfasernetz und moderner TV-Versorgung: Stadtwerke Baden-Baden steigen ins Privatkundengeschäft ein

Mit eigenem Glasfasernetz und moderner TV-Versorgung

Stadtwerke Baden-Baden steigen ins Privatkundengeschäft ein

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Das aktuelle Beispiel der Stadtwerke Baden-Baden zeigt, wie man mit Spitzentechnik, attraktiven Angeboten vor Ort und einer langfristig angelegten Strategie mehr sein kann als eine einfache Alternative zu den Großen im Markt.

Eine immer wichtigere Rolle für den regionalen Glasfaserausbau spielen Stadtwerke. Diese können als unabhängige Netzbetreiber im direkten Wettbewerb mit der Telekom und der Vodafone ihre Stärken nutzen. Zu diesen zählen in Jahrzehnten gewachsene und vertrauensvolle Kundenbeziehungen mit der lokalen Wohnungswirtschaft, Haushalten und Gewerbetrieben. Die Stadtwerke Baden-Baden setzen schon lange konsequent auf den Auf- und Ausbau von Glasfaserinfrastrukturen. Nun steigen sie im Sommer 2020 ins Privatkundengeschäft ein. Dabei gilt eine vielfältige TVVersorgung auf DVB-C-Basis, die sich bei verändertem Bedarf jederzeit in Richtung IPTV weiterentwickeln lässt, als wichtiger Baustein für die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der örtlichen Wohnungswirtschaft. Ihre beispielhafte moderne TVLösung haben die SWBB jüngst mit den Stadtwerken Konstanz (SWK) und dem Technologieunternehmen WISI realisiert.

Neugeschäft durch eigene TV-Dienste

Netzbetreiber stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen. Die stark steigende Nutzung von Streamingdiensten und der Transport gigantischer Videodatenmengen erfordern eine kontinuierliche Anpassung der Netzinfrastrukturen hinsichtlich Qualität und Leistung. Zugleich steigen die Erwartungen der Endverbraucher und auch das Mediennutzungsverhalten ändert sich stetig. Strategisch und betriebswirtschaftlich stehen Netzbetreiber vor der Frage, wie sie sich künftig ausrichten sollen. Konzentrieren sie sich und ihre Investitionen aufs Kerngeschäft als Provider schneller Internetzugänge und von Telefoniediensten oder festigen sie ihre Wettbewerbsposition durch den Aufbau neuer Angebote? In der Praxis entscheiden sich immer mehr Anbieter dazu, eigene TV-Dienste

"Für unsere Partner aus der Wohnungswirtschaft ist ein attraktives TV-Angebot im DVB-C Format besonders wichtig. Bei der eingesetzten Technik haben wir darauf geachtet, dass sich diese jederzeit flexibel anpassen lässt, wenn sich die Ansprüche in Zukunft ändern“, erläutert Harald Brill, Abteilungsleiter Informationstechnik der SWBB.

WISI hat in der TV-Kopfstelle eine Reihe Grundeinheiten und technische Komponenten ihres Headendsystems TANGRAM und des optischen Übertragungssystems OPTOPUS verbaut

anzubieten. Dies dient der langfristigen Kundenbindung und eröffnet interessante Möglichkeiten für die Generierung von wertvollem Neugeschäft.

Wohnungswirtschaft wichtiger Partner

Für den Aufbau neuer Dienste ist die Wohnungswirtschaft als Partner sehr wichtig. Denn diese muss ihren Mietern adäquate deutsche und internationale TV-Sender bereitstellen. Das Potential ist bundesweit mit rund 22,5 Millionen Mietwohnungen gewaltig. Allein die professionell-gewerblichen Anbieter bewirt

TV-Angebot der Stadtwerke Baden-Baden Laut aktuellen Planungen soll es im Endausbau insgesamt rund 530 deutsche und internationale TV-Sender in vielen Sprachen und etwa 110 Radioprogramme geben. Etwa die Hälfte der TV-Programme mit allen deutschen öffentlich-rechtlichen, den SD-Versionen der beliebtesten Privatprogramme sowie ausgesuchten internationalen Sendern wird unverschlüsselt empfangbar sein. Die andere Hälfte besteht aus verschiedenen deutschen und internationalen Pay-Programmen mit u.a. dem SKY-Angebot. schaften neun Millionen Wohneinheiten. Bei der Versorgung ihrer Mieter mit TV-, Internet- und Telefoniediensten arbeitet die Wohnungswirtschaft vor Ort schon sehr lange überwiegend mit lokalen und regionalen Netzbetreibern zusammen. Zugleich verfolgen wohnungswirtschaftliche Unternehmen eigene Interessen. Diese müssen Netzbetreiber berücksichtigen. So legen sie bei der TVVersorgung besonderen Wert auf eine Bereitstellung der TV-Signale in DVBC, um den Aufwand für ihre Mieter auf ein Minimum zu begrenzen und ihre aktuellen Koaxialkabel-Infrastrukturen weiterhin nutzen zu können. Zudem müssen Netzbetreiber beim Aufbau einer TV-Versorgung daran denken, nicht nur die bestehende Technik zu erhalten, sondern diese jederzeit aufrüsten zu können, wenn sich der Bedarf der wohnungswirtschaftlichen Partner mittel- bis langfristig weiterentwickelt.

Konsequenter Glasfaserausbau

Die SWBB bauen seit dem Jahr 2000 schrittweise Glasfaserinfrastrukturen in Baden-Baden aus. Im Geschäftskundenbereich wird die betriebene Layer1-Infrastruktur vom Partner TelemaxX vermarktet. Jetzt hat sich das Versorgungsunternehmen dazu entschlossen, eine Layer-2-Infrastruktur zukünftig selber zu vermarkten und zudem den Endkundenmarkt mit eigenen Produkten und Diensten zu adressieren. Den Aufbau ihres flächendeckenden Access-Netzes treiben die SWBB seit etwa acht Jahren intensiv voran. Bei allen Tiefbauarbeiten im Stadtgebiet werden Speed-Pipes mitverlegt. Zudem hat die Kommune die SWBB beauftragt, in Baden-Baden bis 2040 ein flächendeckendes eigenes Netz mit der Glasfaser bis in jedes Haus und Gebäude aufzubauen. Die Vorgaben: Das Netz soll wirtschaftlich betrieben werden und allen interessierten Marktteilnehmern im Rahmen des Open-Access für einen marktüblichen Preis offenstehen. Für den Einstieg ins Privatkundengeschäft konnten die SWBB als einen der ersten wichtigen Schlüsselkunden die städtische GSE (Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung) gewinnen. Seit dem 1. Juni 2020

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bis Anfang 2021 werden die etwa 480 Wohneinheiten der GSE Schritt für Schritt auf die Glasfaser migriert. Konsequent versorgen die SWBB zudem jedes Neubaugebiet in der Stadt im Rahmen der Mitverlegung durch eine Glasfaserinfrastruktur. Darüber hinaus werden im gesamten Stadtgebiet potentielle Kunden angesprochen, bei denen die Glasfaser bereits verlegt wurde. Dem Wettbewerb mit den beiden Marktführern Telekom und Vodafone sieht man optimistisch entgegen. Die teilweise jahrzehntelangen Kundenbeziehungen werden aktiv genutzt und weiter intensiviert. Gas- und Stromkunden profitieren von Bündelprodukten, Rabatten und glasfaserbasierten Diensten zu wettbewerbsfähigen Tarifen.

Moderne TV-Versorgung

Nach intensiver Suche eines Partners für den Aufbau der TV-Versorgung haben sich die SWBB für eine Zusammenarbeit mit dem Technologieanbieter WISI und den Stadtwerken Konstanz (SWK) entschieden. Diese beiden Unternehmen arbeiten schon lange zusammen. Dabei ist in Konstanz eine der bundesweit modernsten TV-Versorgungen entstanden. Inzwischen geben sie ihre Erfahrungen weiter und unterstützen partnerschaftlich andere Stadtwerke mit Dienst- und Beratungsleistungen rund um den Aufbau von TV-Programmpaketen, deren Zuführung und den Aufbau von Kopfstellen. Dabei können die SWK als einer der wenigen Anbieter im Markt ein DVB-C-Signal liefern. Technischer Lösungsaufbau Für die TV-Versorgung der SWBB führen die SWK die Signale als IP-Multicast über eine Leitung von Konstanz über Waldkirch direkt an einen zentralen, aktiv ausgebauten PoP des sternförmigen Glasfasernetzes im Stadtgebiet von Baden-Baden heran. WISI hat in diesem PoP eine Kopfstation eingerichtet. Nach dem Testlauf übernehmen Mitarbeiter der SWK-Abteilung TV-Systeme deren Betriebsführung. Zwei WISI TANGRAM-Grundeinheiten mit je vier IP-zu-DVB-C-Modulen stellen die im PoP empfangenen IP-MulticastSignale für die Weiterverteilung im Netz

Die WISI TANGRAM-Plattform ist eine professionelle und besonders flexible DVB-standardkonforme Signalaufbereitungs- und Verarbeitungs-Plattform in kompakter 1-Höheneinheit-Bauweise. Jede Grundeinheit kann mit 6+1 Modulen bestückt werden und wird mit einem integrierten GigE-Switch bereitgestellt.

bereit. Diese Module liefern je 12 DVBC-Ausgangskanäle, sodass die SWBB auf bis zu 96 DVB-C-Kanäle im 8-MHzRaster zugreifen können. Zugleich besteht noch ausreichend Platz für einen weiteren Ausbau des TV-Angebots. Für die Sicherung einer hohen Verfügbarkeit ist je ein Modul pro Grundeinheit für die Modulredundanz vorgesehen. Für die aktuelle TV-Versorgung stehen somit 72 aktive DVB-C-Ausgangskanäle bereit. Die HF-Kanäle werden über zwei HFSammelfelder zusammengeschaltet und das Signal einem WISI OPTOPUS Chassis LX50 zugeführt. Dieses ist mit Vierfach-Verteilern, einem hochlinearen HFVerstärker und einem optischen 1550nm Transmitter bestückt, die entsprechende Schnittstellen für HF-Monitoring und das optische Playout bereitstellen. Für das Erschließen größerer Teilnehmerzahlen durch die SWBB hat WISI einen optischen Verstärker EDFA LX37W mit 32 Ports und 19dBm optischer Sendeleistung pro Ausgang und zusätzlicher Möglichkeit einer WDM-Einkopplung eingerichtet. Damit lassen sich je nach Bedarf 32- oder 64–fach passive optische Verteiler an jeden Port für einen größeren Rollout anschließen. In den an das Netz angeschlossenen Gebäuden werden

WISI-Fibernodes eingesetzt.

Grafik: SWBB

Seit rund acht Jahren arbeiten die SWBB intensiv am Aufbau eines flächendeckenden Access-Netzes. Dieses ist an das städtische Verbundnetz Baden-Baden angebunden.

Back-up

Für die Sicherung des kontinuierlichen Betriebs der TV-Versorgung bei Wartungsarbeiten oder möglichen Signalausfällen wurde eine eigene Backup-Lösung entwickelt. Eine eigene Empfangsstation mit einer 110-cmSatelliten-Antenne mit optischen Signalumwandlern für die wichtigsten TV-Sender (ASTRA) sowie eine terrestrische Antenne mit Kanalverstärker für DVB-T-Programme wurde am SWBBStandort Waldseestraße errichtet. Zwei dedizierte Glasfaserleitungen in 1310nm-Technologie führen die beiden Signalarten der etwa fünf Kilometer entfernten Kopfstation am aktiven POP-Standort zu. Dort werden die LWL-Signale in vier SAT-ZF-Ebenen und drei DVB-T-Kanäle umgesetzt. Anschließend werden die SAT-ZFSignale verstärkt, zwei Eingangsverteilfeldern zugeführt und danach auf fünf SAT-zu-IP-Gateway-Modulen GT34 mit jeweils acht freigeschalteten Tunern verteilt. Eines dieser Module sichert zudem als Backup die wichtigsten Eingangstransponder ab. Die terrestrischen TV-Signale werden passiv auf drei der vier Eingänge eines DVB-S/ S2/T/C-Gateway-Moduls aufgeteilt. Alle Module sind in einer TANGRAMGrundeinheit mit integrierter Netzteilredundanz eingebaut. Am Ausgang stehen dann über die vier Streaming-Ports der TANGRAM-Einheit die entsprechenden IP-Multicast-Signale bereit. Diese sind kanalgleich zu den aus Konstanz über Waldkirch angelieferten Sendern und werden an einem entsprechenden Switch zusammengeführt. Mittelfristig soll die Verfügbarkeit noch durch eine weitere redundante Leitung aus Konstanz erhöht werden.

Signalverteilung

Bei der Verteilung des DVB-C-Signals setzen die SWBB auf das RFO- und RFoG-Verfahren. Bei RFoG wird das DVB-C-Signal über eine separate Glasfaser vom Verstärker mit einer Wellenlänge von 1550nm bis ins Haus transportiert und dort auf das Koaxialnetz umgesetzt. Vorwiegend für Neubauten nutzen die SWBB das RFO-Verfahren. Dabei wird das DVB-C-Signal ebenfalls mit der Wellenlänge von 1550nm auf das GPON-Signal für Internet und Telefonie modelliert und bis in die Wohnung transportiert. Im ONT wird das Signal anschließend demoduliert und auf das Koaxialnetz der Wohnung umgesetzt.

Fazit

Immer mehr Stadtwerke wie die SWBB stellen sich der kommunalen Aufgabe der Daseinsvorsorge und steigen aktiv in den Ausbau und die Vermarktung von Glasfasernetzen ein. Ihr großer Vorteil ist ihre Servicequalität und die Nähe zum Kunden. Bei den Stadtwerken findet man Menschen, mit denen man noch persönlich reden kann. Eigene moderne TV-Versorgungen, die den Bedarf der Wohnungswirtschaft berücksichtigen, sind dabei ein bedeutender Erfolgsfaktor für unabhängige Netzbetreiber und zugleich ein essenzielles Instrument der Kundenbindung. Beim Aufbau einer modernen TVVersorgung ist es daher wichtig, den richtigen Partner für das TV-Angebot und die technische Lösung zu finden, die zu den eigenen Infrastrukturen passt und den nötigen Raum für zukünftige Erweiterungen bietet. (TF) n

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