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IM PORTRAIT

GASTWIRTE AUS DEM PASSEIERTAL Die „Baurner Thresl“ und der „Tirolerhof Sepp“ - Pioniere in der Passeirer Gastronomie und Hotelerie
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Der Tirolerhof in St. Leonhard ist den meisten Einheimischen und vielen Gästen bekannt. Gemütlich verbrachte Stunden bei einem Glasl Wein, gesellige Gespräche und die gute Hausmannskost die uns in eine Zeit zurückversetzen, in der das Leben noch gemütlicher und ohne Hektik ablief. Wo miteinander geredet, gelacht und Karten gespielt wurde. Wir haben uns mit Walter und Christl Holzknecht in der Pension Sonnenhof getroffen und in diesen Erinnerungen geschwelgt.
Erzählt uns von den Anfängen der Gastronomie in euren Betrieben. Der alte Tirolerhof wurde, nachdem unser Großvater an einem Blinddarmdurchbruch verstorben war, an unseren Vater und dessen Bruder übergeben. Keiner von beiden wollte ursprünglich den Tirolerhof haben, Karl nicht und unser Vater Sepp auch nicht. Unser Vater hat dann aber schlussendlich doch den Tirolerhof und den Bauernhof, sein Bruder Karl das Bräuhaus übernommen. Im Gasthaus Tirolerhof konnte man schon im Jahre 1906 die gute, bürgerliche Küche genießen. Auch Gästezimmer waren vorhanden. Als unsere Eltern den Betrieb übernahmen, kamen viele neue Herausforderungen auf sie zu. Während unsere Mutter im Betrieb kochte und die treibende Kraft im Betrieb war, war unser Vater lieber im Wald beim Bäume fällen, das damals noch viel Geld einbrachte. So konnten Sie den Tirolerhof renovieren und vergrößern. Auch die Arbeit in der Landwirtschaft machte ihm sehr große Freude. Der Umgang mit dem Vieh, die Stallarbeit, die Heuarbeit… all das gehörte zu seinen Aufgaben. Unsere Mutter kümmerte sich um die Gäste, den reibungslosen Ablauf im Gastbetrieb und dass sich die Gäste wohlfühlten. Sie war es, die oft nach Feierabend noch in der Gaststube saß, Gitarre spielte und dazu gesungen hat.

Nachdem ihr Kinder größer wart, erbauten eure Eltern noch weitere Betriebe in St. Leonhard… Ja, so ist es. Wir waren sechs Kinder, Walter, Herbert, Karl, Klaus, Rosele und Christl. Zwei unserer Geschwister, der Karl und das Rosele, sind im selben Jahr verstorben. Das war ein sehr schwerer Schicksalsschlag für unsere Familie. Die Kraft dennoch weiter zu machen und in Zuversicht nach vorne zu schauen, kam durch die viele Arbeit mit den Menschen, die bei uns einkehrten und dem Gastgewerbe, so würde es wohl unsere Mutter heute sagen. So kam es dazu, dass unsere Mutter die Idee hatte, in der Wiese wo heute unser Sonnenhof steht, einen neuen Betrieb zu errichten. Unser Vater willigte ein und baute 1964 dieses größere Haus mit mehr Gästebetten, Bar und Speisesaal. Nebenher war er aber immer mit Leib und Seele Bauer. Nach dem Neubau vom Sonnenhof, wurde der Tirolerhof umgebaut und das dritte Hotel mit Namen Theresia, entstand ebenfalls im Dorfzentrum von St. Leonhard. Zuletzt kam dann noch als vierter Betrieb das Hotel Christopherus dazu, so hatte jedes der Kinder einen eigenen Betrieb. Und eure Eltern arbeiteten weiterhin im Tirolerhof? Unsere Mutter zog von Küche zu Küche, sie wollte überall dabei sein und alle gut einlernen. Es kamen viele Angestellte dazu, ohne deren Hilfe wir die Betriebe nie imstande gewesen wären zu führen. Unser Bruder, der gelernter Metzger war, versorgte die Betriebe mit Fleisch, das fast zur Gänze aus unserem Stall kam. Ebenso die Milch, die Sahne oder der Butter den wir selber für unsere Gäste gemacht haben. Das sind so Kindheitserinnerungen, die man nicht vergisst. Führt ihr die Betriebe auch heute alle noch mit euren Kindern? Das Hotel Christopherus wurde zwischen-


zeitlich verkauft, in unserer Familie sind heute noch das Hotel Theresia, der Sonnenhof und der Tirolerhof. Unser Vater ist leider verstorben, unsere Mutter lebt im Sonnenhof und ist immer noch gerne unter Leuten und in der Bar und das, obwohl sie bereits 92 Jahre alt ist. Die Kapelle am Pichl in St. Leonhard wurde von eurer Familie erbaut, warum? Soweit wir wissen, gab es ein größeres Hochwasser bei dem alle Betriebe unversehrt blieben. Aus Dank und Bitte wurde die Pichl Kapelle erbaut, die dem heiligen Leonhart geweiht ist. Jedes Jahr beim Liertstag, das ist bis heute so geblieben, gehen wir am Abend alle gemeinsam mit den Anrainern einen Rosenkranz beten. Wenn ihr den Tourismus, das Gastgewerbe mit früher und heute vergleicht, was fällt euch da auf? Früher wart alles gemütlicher, ruhiger und die Gäste zufriedener. Heute muss alles schnell gehen. Jede Mail sollte sofort beantwortet werden. Die Leute haben es immer eilig und wollen alles sofort haben. Früher ist man am Abend noch mit den Gästen zusammen gesessen, hat geplaudert oder Karten gespielt. Heute ist das nur mehr selten der Fall. Dafür gibt es jetzt das Handy… schade, dass es das Gesellige am Tisch dadurch bei vielen Familien gar nicht mehr gibt. Tourismus ist für euch? Wir sind in den Tourismus hineingeboren geworden. Unsere Eltern haben es uns vorgelebt und wir führen unsere Betriebe so gut wir können weiter. Es werden viele Arbeitsplätze geschaffen und wir sind unseren Eltern dankbar für alles was sie geleistet haben. Aber der Ausgleich zum Tourismus ist für uns nach wie vor die Landwirtschaft, die wir auch heute noch, so wie unser Vater einst, nebenbei führen und die uns sehr viel Freude macht. ih




Fotos linke Seite: die sechs Geschwister Holz- knecht: Rosele, Karl, Herbert, Walter, Klaus und Christl; die Eltern bei der ersten Hauswanderung (Schwarzsee - Ursprung Passer); die Mamma beim Musizieren; Fotos rechte Seite: Josef Holzknecht (Großvater), Sägewerkbesitzer und Holzfäller im Passeiertal; Thresl und Sepp vor dem Herrgott Kreuz; Der alte Tirolerhof; Fotos unten v.l.: die Kapelle am Pichl; der Vater Sepp im Stall; die vier Geschwister mit der Mutter heute; der Sonnenhof, Sepp bei der Holzarbeit; der Bau vom Hotel Theresia


